5. März 2019
Sparen liegt den Deutschen am Herzen. Bemerkenswert ist, dass die Deutschen im hohen Alter ihre Sparquote noch steigern. Die über 75-Jährigen sparen für eine mögliche Notsituation und um etwas zu vererben mit dem Ziel, die Lebensumstände ihrer Erben zu verbessern. Hohe generationenübergreifende Transfers können langfristig die Vermögensverteilung in der Gesellschaft beeinflussen. 2018 war ein Rekordjahr im Bankgeschäft mit privaten Haushalten in Deutschland: Die Nettokreditaufnahme erreichte EUR 48,9 Mrd. und die Einlagen erhöhten sich um EUR 108,7 Mrd. Die neuen Kredite wurden überwiegend für die Immobilienfinanzierung aufgenommen. Die Vergabe von Konsumentenkrediten war 2018 überdurchschnittlich hoch, schwächte sich aber zum Jahresende ab.
[mehr]Warum sparen ältere Deutsche? Vor allem, um zu vererben und für das hohe Alter vorzusorgen
Heike MaiOrçun Kaya
Sparen liegt den Deutschen am Herzen. Deutschland-Monitor Finanzen der privaten Haushalte Im Blick: Warum sparen ältere Deutsche? Sparen liegt den Deutschen am Herzen. Ihre Sparquote ist fast doppelt bzw. dreimal so hoch wie im Durchschnitt des Euroraums und der EU. Neben einer relativ hohen Sparquote während des gesamten Arbeitslebens ist der Anstieg in der zweiten Hälfte des Ruhestands bemerkenswert. 45% der Deutschen über 75 Jahre sparen für eine mögliche Notsituation, was die hohe Bedeutung des Langlebigkeitsrisikos aus Sicht älterer Menschen zeigt. Auch das Vererbungsmotiv wird besonders relevant: 50% der älteren Deut- schen geben ihre Ersparnisse lieber an ihre Erben weiter, als sie selbst zu ver- brauchen. Die Deutschen sorgen sich v.a. um die finanzielle Lage ihrer Erben. Grob die Hälfte der potenziellen Erblasser will das Vermögen ihrer Erben erhöhen und deren Lebensbedingungen verbessern. Da ein Viertel der zukünftigen Erben ei- nen Nachlass im Wert von EUR 100.000 und mehr erhalten wird, können solche generationenübergreifenden Transfers langfristig die Vermögensverteilung in der Gesellschaft beeinflussen. Bankkredite und Einlagen der Haushalte im vierten Quartal 2018 Die Nettokreditaufnahme erreichte 2018 den Rekordwert von EUR 48,9 Mrd., womit die jährliche Wachstumsrate erstmals seit 2000 die 4%-Marke überstieg. Die Kreditvergabe wurde auch im Schlussquartal überwiegend von der Immobi- lienfinanzierung getragen (EUR +10,3 Mrd.). Bei Konsumentenkrediten ging der Zuwachs auf EUR 1 Mrd. zurück, war aber für das Gesamtjahr mit über EUR 8 Mrd. sehr hoch. Die Privathaushalte profitierten jeweils von weiteren leichten Zinsrückgängen. Aufgrund des Wettbewerbsdrucks waren die Margen für Immobilienkredite einmal mehr rückläufig. Die Kreditrichtlinien für die Genehmigung von Kreditan- trägen wurden jedoch unverändert beibehalten, und die Anzahl der abgelehnten Kreditgesuche stieg weiter an. Mit Blick auf die Konjunkturabkühlung ist auch im laufenden Quartal keine Lockerung zu erwarten. Die privaten Haushalte legten 2018 mit EUR 108,7 Mrd. so viel auf Bankkonten an wie noch nie seit der Euroeinführung. Im vierten Quartal betrugen die Zu- flüsse EUR 46,1 Mrd., die Wachstumsrate erreichte starke 5,2% ggü. Vj. Die Sparkassen profitierten davon zuletzt überproportional. Autoren Orçun Kaya +49 69 910-31732 orcun.kaya@db.com Heike Mai +49 69 910-31444 heike.mai@db.com Editor Jan Schildbach Deutsche Bank AG Deutsche Bank Research Frankfurt am Main Deutschland E-Mail: marketing.dbr@db.com Fax: +49 69 910-31877 www.dbresearch.de DB Research Management Stefan Schneider 5. März 2019 Warum sparen ältere Deutsche? Vor allem, um zu vererben und für das hohe Alter vorzusorgen Warum sparen ältere Deutsche? 2 | 5. März 2019 Deutschland-Monitor Die Deutschen lieben es, zu sparen Sparen liegt den Deutschen am Herzen. Ihre Sparquote (Ersparnis im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen) liegt deutlich höher als in den meisten anderen europäischen Ländern. Im Jahr 2017 betrug die Sparquote in Deutschland bei- spielsweise rund 10% – das ist doppelt so hoch wie der Durchschnitt im Euro- raum und mehr als dreimal so hoch wie der EU-Durchschnitt. Nur die Schweden sparten noch mehr, während spanische und britische Haushalte sogar negative Sparquoten aufwiesen. 1 Die Sparquote der Deutschen ist außerdem seit der Wiedervereinigung mehr oder weniger unverändert geblieben. Trotz historisch niedriger Zinssätze sind Bankeinlagen – die wohl sicherste Form des Sparens – weiterhin die wichtigste Form der Geldanlage in Deutschland. Im Jahr 2018 ent- fielen auf sie 42% des Finanzvermögens der Deutschen; das entspricht der enormen Summe von EUR 2.157 Mrd. Bemerkenswert ist, dass deutsche Haushalte ihr ganzes Leben lang vergleichs- weise hohe Sparquoten aufweisen. Das hat erhebliche Folgen für die Vermö- gensverteilung. Anstieg der Sparquote in der zweiten Hälfte des Ruhestands Die Lebenszyklushypothese, das Standardmodell für Konsum und Sparen, nimmt an, dass Menschen in den mittleren Lebensjahren mehr sparen und ihre Ersparnisse zum Renteneintritt hin und darüber hinaus reduzieren und so den Konsum glätten. Im Einklang mit diesen Vorstellungen ist für deutsche Haus- halte ein Verhältnis zwischen Sparquote und Alter in Form eines umgekehrten U zu beobachten – zumindest bis zum Renteneintritt. 2 Die Sparquote steigt wäh- rend des Übergangs von der Jugend zum mittleren Alter. Ihren Höhepunkt er- reicht sie im Alter von Ende 30 oder Anfang 40. Das Nettovermögen der Haus- halte korreliert für gewöhnlich mit dem Sparverhalten. So sparen wohlhabende Haushalte in der Regel mehr – sowohl absolut als auch relativ gesehen. Be- trachtet man die Verteilung des Nettovermögens nach Alter ist ebenfalls ein um- gekehrtes U-Muster zu erkennen, allerdings mit einer zeitlichen Verzögerung gegenüber der Entwicklung der Sparquote. Junge Menschen besitzen in der Regel ein geringes Vermögen und können nur begrenzt sparen, weil ihr Ein- kommen noch verhältnismäßig niedrig ist. Das Nettovermögen der Haushalte erreicht seinen Höhepunkt bei ungefähr EUR 80.000 kurz vor dem Renteneintritt und sinkt danach. Diese Zahlen bilden Veränderungen der Altersstruktur und Einkommensverteilung zwischen Kohorten im Zeitverlauf nur teilweise ab. Das heißt, der Rückgang des Nettovermögens während der Rente dürfte nicht da- rauf zurückzuführen sein, dass der Konsum das Einkommen übersteigt (die Sparquote bleibt positiv), oder auf negative Vermögenspreisentwicklungen. Der Hauptgrund könnte vielmehr ein generationsspezifischer Effekt sein, da diejeni- gen, die heute älter als 75 Jahre sind, vom Strukturbruch des Zweiten Welt- kriegs betroffen waren. Obwohl sie kurz nach dem Renteneintritt am niedrigsten ist, geht die Sparquote nicht gleichmäßig mit steigendem Alter zurück. 3 Ältere Haushalte erhöhen ihre Sparquote in der zweiten Hälfte des Ruhestands, das heißt, wenn sie 75 Jahre oder älter sind. Auch wenn sie weniger sparen als mit Anfang 40, 1 Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Sozialversicherungssystemen in Europa, was die Höhe der Sparquoten beeinflusst. 2 Die Sparquote in Grafik 2 ist deutlich höher als die in Grafik 1. Erstere basiert auf Umfragewerten, die Makrodaten in Grafik 1 stammen hingegen aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Vgl. DIW (13+14 / 2018) Kasten 1 für weitere Informationen. 3 Für eine ausführliche Übersicht vgl. Ansgar Belke, Christian Dreger und Richard Ochmann (2015), Do Wealthier Households Save More? The Impact of the Demographic Factor, Interna- tional Economics and Economic Policy, 12-2, 163-173. -6 0 6 12 18 SE DE NL FR AT DK Euroraum EU IT ES UK PT Quellen: OECD, Deutsche Bank Research Sparquote der Deutschen gehört zu den höchsten in Europa 1 % des verfügbaren Haushaltseinkommens, 2017 0 20 40 60 80 100 0 4 8 12 16 20 <24 25-3435-44 45-54 55-6465-74 >75 Median-Sparquote (% des verfügbaren Haushaltseinkommens, links) Nettovermögen (EUR ‘000, rechts) Ersparnis und Vermögen von Haushalten: Wie ein umgekehrtes U bis zur Rente 2 2013, nach Alter des Haushaltsvorstands* * Anhand einer Befragung von etwa 43.000 Haushalten Quellen: DIW (13+14 / 2018), Deutsche Bank Research Warum sparen ältere Deutsche? 3 | 5. März 2019 Deutschland-Monitor ist ihre Sparquote immer noch bemerkenswert hoch. Verglichen mit den 65- bis 74-Jährigen, die wahrscheinlich ihren Lebensstil aus der Zeit vor der Rente fort- führen, aber mehr Zeit für zusätzliche Aktivitäten haben, (müssen) die über 75- Jährigen ihre Ausgaben für diese Aktivitäten vermutlich zurückfahren. Rund zehn Jahre nach dem Renteneintritt ist das Nettovermögen außerdem relativ hoch. Aber warum sparen ältere Deutsche in der zweiten Hälfte ihres Ruhe- stands weiter? Es kann verschiedene Gründe geben, warum sie nicht entspa- ren: i) geringerer Konsum, teilweise infolge von Immobilität, ii) das Langlebig- keitsrisiko oder iii) Erbschaften, die als Motiv an Bedeutung gewinnen. Wir wer- den diese drei Gründe ausführlicher betrachten. Die Ausgaben von Haushalten im Alter von 75 Jahren oder mehr setzen sich in gewissem Umfang anders zusammen als die Ausgaben jüngerer Haushalte. Sie haben in der Regel weniger finanzielle Verpflichtungen, da sie keine Kinder un- terstützen müssen und ältere Hausbesitzer größtenteils ihre Immobilienkredite abbezahlt haben. Sie haben außerdem niedrigere Kosten im Alltag, zum Bei- spiel Fahrtkosten. Ausgaben für Gesundheit machen hingegen 8% der Gesamt- ausgaben älterer Haushalte aus – gegenüber 3% bei jüngeren Haushalten. Auch Geschenke und Schenkungen an jüngere Generationen sind bei Älteren besonders hoch und entsprechen 11% aller Ausgaben. Der Anteil von weiteren Kostenfaktoren wie Lebensmittel, Bekleidung, Kommunikation und Freizeit usw. ist in den verschiedenen Altersgruppen ungefähr gleich. Zusammengenommen bedeutet das, dass sich die Ausgabenmuster für ältere Haushalte zwar verän- dern, die höheren Sparquoten von älteren Menschen aber nicht nur auf niedri- geren Konsum oder Immobilität zurückzuführen sind. Gleichzeitig sinkt das Ein- kommensniveau im Rentenalter – und damit auch die absoluten Ausgaben. Umfragen liefern Erkenntnisse bezüglich anderer Sparmotive älterer Haushalte. 4 Sie zeigen, dass vorsorgliches Sparen ein wichtiger Antrieb ist: 45% der Men- schen ab 75 Jahren sagen, dass sie für eine mögliche Notsituation sparen. Das deutet darauf hin, dass Langlebigkeit und Langlebigkeitsrisiken (zum Beispiel unsichere Kosten für medizinische Versorgung und Pflege) wichtige Themen für ältere Menschen sind. Außerdem gewinnt das Vererbungsmotiv deutlich an Be- deutung. Etwa 80% der Rentner wollen ihren Erben etwas hinterlassen. 5 Wer- den Haushalte gefragt, ob sie „ihre Ersparnisse/ihr Vermögen lieber an ihre Nachkommen weitergeben als sie selbst zu verbrauchen“, gibt es fast einen li- nearen Zusammenhang zwischen zustimmenden Antworten und dem Alter. 50% der älteren Menschen stimmen dieser Aussage ganz oder zum Teil zu, ein beträchtlicher Wert. Insgesamt scheinen ältere Deutsche stark von Vorsichts- und Vererbungsgedanken motiviert zu sein. 6 Warum vererben die Deutschen? Ältere Menschen, die etwas vererben möchten, können verschiedene Ziele ver- folgen. Mögliche Motive können sein: i) der Nutzen, den ältere Menschen dar- aus ziehen, Vermögen an ihre Nachkommen weiterzugeben (Altruismus), ii) der Nutzen, der unmittelbar aus der Schenkung als solcher gezogen wird („Warm Glow“), oder iii) Belohnung der Erben dafür, dass sie den Erblasser unterstützen (strategisches Vererben). In Umfragen geben vier von fünf Befragten an, dass es ihnen sehr oder teilweise wichtig sei, was ihre Nachkommen mit ihrem Erbe tun. Mit Blick auf die verschiedenen Optionen sagen knapp 60% der Erblasser, sie wünschten sich, dass ihre Erben investieren oder Vermögen aufbauen. Die 4 Vgl. Studie zur wirtschaftlichen Lage privater Haushalte, 2014. 5 Für eine umfassende Analyse vgl. Deutsche Bank (2018), Erben und Vererben. 6 In der Literatur wird zwischen unbeabsichtigtem und beabsichtigtem Vererben unterschieden. Ersteres bezieht sich auf Menschen, die unerwartet versterben, und deren vorhandener Besitz ungeplant auf ihre Erben übergeht. Letzteres bezieht sich auf Menschen, die immer etwas verer- ben wollten. 33 34 40 50 25 35 45 55 <35 35-49 50-64 >65 A l t e r i n J a h r e n Quellen: Deutsche Bank, IfD Allensbach Vererben als Sparmotiv 3 „Ich möchte meine Ersparnisse, mein Vermögen lieber an meine Nachkommen weitergeben, als sie selbst zu verbrauchen.” % der Befragten, die zustimmen/voll zustimmen: 58 49 44 40 26 20 30 40 50 60 Geldanlage, Vermögensaufbau, Altersvorsorge Erfüllung von besonderen Wünschen oder Träumen Generelle Verbesserung des Lebensstandards Verbesserung der Wohnsituation Kauf eines Hauses, einer Wohnung Quellen: Deutsche Bank, IfD Allensbach % der Antworten auf: „Angenommen, Sie dürften es sich aussuchen, wofür Ihre Haupterben die Erbschaft einsetzen: Für was sollten Ihre Erben das Erbe verwenden?“ Vererbungsmotive: Altruismus und „W arm Glow“ 4 Warum sparen ältere Deutsche? 4 | 5. März 2019 Deutschland-Monitor Hälfte der Erblasser wünscht sich, dass ihre Erben sich besondere Wünsche er- füllen. Etwa 40% würden gern mit dem Erbe den Lebensstandard ihrer Erben erhöhen oder ihre Wohnsituation verbessern. Das zeigt, wie wichtig altruistische und Warm-Glow-Motive sind. Anders gesagt scheinen ältere Menschen den Konsum ihrer Nachkommen in ihrer eigenen Nutzenfunktion zu berücksichtigen. Erbschaften, d.h. generationenübergreifende Transfers, können die Vermögens- verteilung in einer Gesellschaft verändern (oder verstärken). So rechnen unge- fähr 60% der Deutschen damit, dass sie Geld und/oder Immobilien vererben werden. Das deutet auf erhebliche Vermögensübertragungen hin. Schätzungen zufolge erhöhen Erbschaften das Vermögen der Empfänger insgesamt um durchschnittlich ein Drittel. 7 In Deutschland erhält jeder vierte Erbe eine Erb- schaft im Wert von EUR 100.000 oder mehr. Während wohlhabende Menschen jedoch große Summen hinterlassen, können Menschen mit niedrigem Einkom- men kaum oder gar nichts sparen und vererben. Diese ungleichmäßigen gene- rationenübergreifenden Transfers können die Ungleichheit in Deutschland lang- fristig verstärken. Orçun Kaya (+49 69 910-31732, orcun.kaya@db.com) 7 Vgl. Simon H. Boserup, Wojciech Kopczuk und Claus T. Kreiner (2016), The Role of Bequests in Shaping Wealth Inequality: Evidence from Danish Wealth Records, American Economic Review, 106(5), 656-661. Warum sparen ältere Deutsche? 5 | 5. März 2019 Deutschland-Monitor Bankkredite und Einlagen der Haushalte Kreditvolumina Die privaten Haushalte in Deutschland erhöhten ihre Bankkredite im vierten Quartal 2018 netto um EUR 11,7 Mrd., der höchste Wert in einem Schlussquar- tal seit der Jahrtausendwende. Insgesamt erreichte die Nettokreditaufnahme der Haushalte für 2018 damit den Rekordwert von EUR 48,9 Mrd. und toppte noch das Plus des Vorjahres von 41,7 Mrd. Die jährliche Wachstumsrate über- stieg 2018 erstmals seit 2000 wieder die 4%-Marke. Sie ist in Deutschland seit 2012 höher als im Durchschnitt des Euroraums; dort lag sie 2018 bei 3%. Das Kreditwachstum in Deutschland beruhte in Q4 ganz überwiegend auf einem lebhaften Geschäft in der Immobilienfinanzierung. Die privaten Haushalte nah- men netto EUR 10,3 Mrd. an neuen Wohnungsdarlehen auf. Die jährliche Wachstumsrate stieg erneut auf jetzt 4,3%. Wie schon in der Vergangenheit wa- ren es im vierten Quartal v.a. Genossenschaftsbanken (EUR 3,5 Mrd.), Spar- kassen (EUR 2,7 Mrd.) und Großbanken (EUR 2 Mrd.), die ihre Immobilienfinan- zierung ausweiteten. Hintergrund des boomenden Immobilienmarktes ist einerseits der Nachfrage- überhang nach Wohnungen, der angesichts von fehlendem Bauland, staatlicher Förderung des Immobilienerwerbs und der hohen Kapazitätsauslastung im Bau- gewerbe nur über viele Jahre abzutragen sein wird. Die Erwartung weiterer Preissteigerungen verstärkt wiederum die Nachfrage – morgen könnte kaufen noch teurer sein als heute. Abgefedert werden die hohen Preise durch das his- torisch niedrige Zinsniveau und die gute Einkommenssituation der Haushalte. Die Anzahl der Erwerbstätigen stieg 2018 erneut, die Arbeitslosenquote sank auf 5%, die Löhne im Tarifbereich stiegen kräftig. Da die Abschwächung der Konjunktur noch nicht den Arbeitsmarkt erreicht hat, ist auch für dieses Jahr eine dynamische Vergabe von Wohnungsdarlehen zu erwarten. Der Bestand an Konsumentenkrediten wuchs im Herbst um EUR 1 Mrd. ggü Vq. (4,8% ggü. Vj.). Insgesamt lag die Zunahme 2018 das dritte Jahr in Folge bei über EUR 8 Mrd., was für den deutschen Markt mehr als das Doppelte des lang- jährigen Mittels darstellt. Im letzten Quartal 2018 entfiel fast die gesamte Netto- neuvergabe von Konsumentenkrediten auf die Regionalbanken (EUR 1,3 Mrd.) – darunter auch Auslandsbanken – wohingegen das Geschäft der Großbanken in diesem Segment nahezu stagnierte (EUR 140 Mio.). Sparkassen (EUR -240 Mio.) und Genossenschaftsbanken (EUR -80 Mio.) bauten ihre Portfolios sogar ab. Sonstige Kredite und Debetsalden nahmen leicht um EUR 480 Mio zu. Die Kreditnachfrage verstärkte sich im Schlussquartal noch einmal, wie 10% der deutschen Banken im Bank lending survey (BLS) berichteten. Dazu trug das starke Verbrauchervertrauen bei. Die gestiegene Nachfrage nach Wohnungs- krediten beruhte nach Einschätzung der Banken außerdem auf dem niedrigen Zinsniveau (24%) und der erwarteten Entwicklung auf dem Wohnimmobilien- markt (14%). Die Vergabe von Konsumentenkrediten profitierte ebenfalls vom Zinsniveau, allerdings in geringerem Ausmaß (6%), und von der Anschaffung langlebiger Konsumgüter wie Autos oder Möbel (6%). Für das laufende Quartal bleiben die Banken optimistisch, 10% rechnen mit einer weiteren Steigerung der Nachfrage nach Wohnungs- und Konsumentenkrediten. Kreditrichtlinien für die Genehmigung von Kreditanträgen Die Banken beließen die Kreditrichtlinien für die Vergabe von Immobilienkredi- ten wie auch für Konsumentenkredite im vierten Quartal unverändert. Die Zahl der abgelehnten Kreditanträge nahm jedoch in beiden Fällen zu, wie 10% bzw. 6% der Banken angaben. Für das laufende Quartal planen einige wenige Ban- ken, die Kreditrichtlinien zu verschärfen. Für Immobilienkredite wäre dies die 800 840 880 920 960 1.000 0 3 6 9 12 15 13 14 15 16 17 18 ggü. Vorquartal (links) Gesamt (rechts)* Immobilienkredite Mrd. EUR Quelle: Deutsche Bundesbank 5 *enthält erhebliche Umklassifizierung in Q3 18. 130 140 150 160 170 180 -1 0 1 2 3 4 13 14 15 16 17 18 ggü. Vorquartal (links) Gesamt (rechts)* Konsumentenkredite Mrd. EUR Quelle: Deutsche Bundesbank 6 *enthält erhebliche Umklassifizierungen in Q3 13, Q2 & Q3 18. -30 -20 -10 0 10 20 30 Q3/16 Q1/17 Q3/17 Q1/18 Q3/18 Q1/19 Immobilienkredite Konsumentenkredite … verschärft … gelockert Bank lending survey: Kreditrichtlinien* Quelle: Deutsche Bundesbank *Q1/19 erwarteter Wert 7 Warum sparen ältere Deutsche? 6 | 5. März 2019 Deutschland-Monitor erste Verschärfung seit Mitte 2016. Dies könnte der Verlangsamung der Kon- junktur geschuldet sein, welche sich in der Zukunft auf die Risikoeinschätzung der Banken auswirken dürfte. Kreditbedingungen Der Wettbewerbsdruck im Markt für Wohnungsdarlehen führt jedoch zu sinken- den Margen der Banken. Seit Anfang 2017 werden kontinuierlich Margenreduk- tionen im BLS berichtet. Im letzten Quartal 2018 meldeten netto 14% der Ban- ken eine geringere Marge bei durchschnittlichen Immobilienkrediten und 10% der Institute bei risikoreichen Wohnungsdarlehen. Die Margen für Konsumen- tenkredite wurden nicht angepasst. Hier war der Wettbewerbsdruck geringer. Einlagenvolumina Die Zuflüsse zu Bankeinlagen fallen zum Jahresende immer hoch aus, aber im Schlussquartal 2018 waren sie mit EUR 46,1 Mrd. außergewöhnlich groß und stellten den viertgrößten Quartalszuwachs seit 2000 dar. Im Gesamtjahr 2018 legten die privaten Haushalte mit EUR 108,7 Mrd. soviel neues Geld auf Bank- konten an wie noch nie seit der Euroeinführung. Die jährliche Wachstumsrate erreichte starke 5,2% und lag über dem Einlagenwachstum der Privathaushalte im Euroraum. Auf Deutschland entfielen Ende 2018 31% aller Bankeinlagen von privaten Haushalten im Euroraum. Den Großteil ihrer neuen Einlagen legten die deutschen Privathaushalte wie schon in den Vorquartalen als Sichteinlagen an (EUR 42,2 Mrd. ggü. Vq.; 8,5% ggü. Vj.). Termineinlagen stiegen im vierten Quartal um den relativ hohen Be- trag von EUR 2 Mrd. (1,3% ggü. Vj.). Die Spareinlagen wuchsen um EUR 1,9 Mrd., blieben aber aufgrund der unterjährigen Abflüsse um 0,7% unter dem Vor- jahresbestand. Seit Jahren verzeichnen Spareinlagen überhaupt nur im Schlussquartal Zuflüsse. Die Sparkassen profitierten in Q4 am meisten vom Ein- lagenwachstum. Sie erhielten EUR 28,8 Mrd. oder knapp zwei Drittel der neuen Sichteinlagen, obwohl ihr Marktanteil in diesem Segment mit gut einem Drittel deutlich darunter liegt. Außerdem sammelten die Sparkassen EUR 5 Mrd. an Spareinlagen ein. Zinssätze Der durchschnittliche Zinssatz für Sichteinlagen stieg im vierten Quartal wieder leicht um 1 Bp. auf 0,02%, liegt aber weiterhin unter dem EWU-Durchschnitt von 0,04%. Der Eonia verharrte bei -0,36% und die Rendite 10-jähriger Bundesan- leihen gab leicht nach auf 0,24%. Angesichts der negativen EZB-Einlagenzins- sätze ist ein spürbarer Anstieg der Einlagenverzinsung für Privatpersonen in nächster Zukunft nicht zu erwarten. Neu ausgereichte Immobilienkredite verbilligten sich noch einmal marginal um 2 Bp. auf 1,90%. Der Zinssatz auf neue Konsumentenkredite sank um 16 Bp. auf 5,80%. Beide Werte liegen deutlich unter den Zinssätzen, die im EWU- Durchschnitt für neue Wohnungsdarlehen (2,1%) oder Konsumentenkredite (5,97%) verlangt werden. Insgesamt bewegten sich die Zinssätze in Deutsch- land wie auch im Durchschnitt des Euroraums im vergangenen Jahr seitwärts oder gaben minimal nach. Der Abstand bei den Zinsen für Immobilienkredite zwischen Deutschland und dem Eurogebiet insgesamt wurde 2018 allerdings geringer. Heike Mai (+49 69 910-31444, heike.mai@db.com) 650 775 900 1.025 1.150 1.275 1.400 -10 0 10 20 30 40 50 13 14 15 16 17 18 ggü. Vorquartal (links) Gesamt (rechts) Sichteinlagen Mrd. EUR Quelle: Deutsche Bundesbank 8 500 520 540 560 580 600 620 -6 -4 -2 0 2 4 6 13 14 15 16 17 18 ggü. Vorquartal (links) Gesamt (rechts) Spareinlagen Mrd. EUR Quelle: Deutsche Bundesbank 9 210 220 230 240 250 260 -6 -4 -2 0 2 4 13 14 15 16 17 18 ggü. Vorquartal (links) Gesamt (rechts) Termineinlagen Mrd. EUR Quelle: Deutsche Bundesbank 10 Warum sparen ältere Deutsche? 7 | 5. März 2019 Deutschland-Monitor © Copyright 2019. Deutsche Bank AG, Deutsche Bank Research, 60262 Frankfurt am Main, Deutschland. Alle Rechte vorbehalten. Bei Zitaten wird um Quellenangabe „Deutsche Bank Research“ gebeten. Die vorstehenden Angaben stellen keine Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung dar. Alle Meinungsaussagen geben die aktuelle Einschätzung des Ver- fassers wieder, die nicht notwendigerweise der Meinung der Deutsche Bank AG oder ihrer assoziierten Unternehmen entspricht. Alle Meinungen kön- nen ohne vorherige Ankündigung geändert werden. Die Meinungen können von Einschätzungen abweichen, die in anderen von der Deutsche Bank veröffentlichten Dokumenten, einschließlich Research-Veröffentlichungen, vertreten werden. Die vorstehenden Angaben werden nur zu Informations- zwecken und ohne vertragliche oder sonstige Verpflichtung zur Verfügung gestellt. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Angemessenheit der vorste- henden Angaben oder Einschätzungen wird keine Gewähr übernommen. In Deutschland wird dieser Bericht von Deutsche Bank AG Frankfurt genehmigt und/oder verbreitet, die über eine Erlaubnis zur Erbringung von Bankge- schäften und Finanzdienstleistungen verfügt und unter der Aufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bundesanstalt für Finanzdienstleis- tungsaufsicht (BaFin) steht. Im Vereinigten Königreich wird dieser Bericht durch Deutsche Bank AG, Filiale London, Mitglied der London Stock Exchange, genehmigt und/oder verbreitet, die von der UK Prudential Regulation Authority (PRA) zugelassen wurde und der eingeschränkten Aufsicht der Financial Conduct Authority (FCA) (unter der Nummer 150018) sowie der PRA unterliegt. In Hongkong wird dieser Bericht durch Deutsche Bank AG, Hong Kong Branch, in Korea durch Deutsche Securities Korea Co. und in Singapur durch Deutsche Bank AG, Singapore Branch, verbreitet. In Japan wird dieser Bericht durch Deutsche Securities Inc. genehmigt und/oder verbreitet. In Australien sollten Privatkunden eine Kopie der betreffenden Produktinformation (Product Disclosure Statement oder PDS) zu jeglichem in diesem Bericht erwähnten Finanzinstrument beziehen und dieses PDS berücksichtigen, bevor sie eine Anlageentscheidung treffen. © Copyright 2019. Deutsche Bank AG, Deutsche Bank Research, 60262 Frankfurt am Main, Deutschland. Alle Rechte vorbehalten. Bei Zitaten wird um Quellenangabe „Deutsche Bank Research“ gebeten. Die vorstehenden Angaben stellen keine Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung dar. 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In Deutschland wird dieser Bericht von Deutsche Bank AG Frankfurt genehmigt und/oder verbreitet, die über eine Erlaubnis zur Erbringung von Bankge- schäften und Finanzdienstleistungen verfügt und unter der Aufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bundesanstalt für Finanzdienstleis- tungsaufsicht (BaFin) steht. Im Vereinigten Königreich wird dieser Bericht durch Deutsche Bank AG, Filiale London, Mitglied der London Stock Exchange, genehmigt und/oder verbreitet, die von der UK Prudential Regulation Authority (PRA) zugelassen wurde und der eingeschränkten Aufsicht der Financial Conduct Authority (FCA) (unter der Nummer 150018) sowie der PRA unterliegt. In Hongkong wird dieser Bericht durch Deutsche Bank AG, Hong Kong Branch, in Korea durch Deutsche Securities Korea Co. und in Singapur durch Deutsche Bank AG, Singapore Branch, verbreitet. In Japan wird dieser Bericht durch Deutsche Securities Inc. genehmigt und/oder verbreitet. In Australien sollten Privatkunden eine Kopie der betreffenden Produktinformation (Product Disclosure Statement oder PDS) zu jeglichem in diesem Bericht erwähnten Finanzinstrument beziehen und dieses PDS berücksichtigen, bevor sie eine Anlageentscheidung treffen. -30 -20 -10 0 10 20 30 40 Q3/16 Q1/17 Q3/17 Q1/18 Q3/18 Q1/19 Immobilienkredite Konsumentenkredite … gestiegen … gesunken Bank lending survey: Kreditnachfrage* Quelle: Deutsche Bundesbank *Q1/19 erwarteter Wert 11 -30 -20 -10 0 10 20 30 Q2/16 Q4/16 Q2/17 Q4/17 Q2/18 Q4/18 Durchschnittliche Immobilienkredite Risikoreichere Immobilienkredite … gestiegen … gesunken Bank lending survey: Margen bei Immobilienkrediten Quelle: Deutsche Bundesbank 12 -30 -20 -10 0 10 20 30 Q2/16 Q4/16 Q2/17 Q4/17 Q2/18 Q4/18 Durchschnittliche Konsumentenkredite Risikoreichere Konsumentenkredite … gestiegen … gesunken Bank lending survey: Margen bei Konsumentenkrediten Quelle: Deutsche Bundesbank 13 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 13 14 15 16 17 18 Euroraum Deutschland Zinssatz für Immobilienkredite %, effektiver Jahreszins, Neugeschäft Quelle: EZB 14 5 6 7 8 9 13 14 15 16 17 18 Euroraum Deutschland Zinssatz für Konsumentenkredite %, effektiver Jahreszins, Neugeschäft Quelle: EZB 15 0,0 0,2 0,3 0,5 0,6 13 14 15 16 17 18 Euroraum Deutschland Zinssatz für täglich fällige Einlagen % Quelle: EZB 16