2. April 2013
Bereits im dritten Jahr in Folge scheint monatlichen Konjunkturbefragungen wie dem ifo-Geschäftsklima oder dem Index der Einkaufsmanager (PMI) nach einer deutlichen Belebung um die Jahreswende im Frühjahr die Puste auszugehen. Wir erwarten in unserem jüngsten weltwirtschaftlichen Ausblick erst in Q3 einen leichten Anstieg des EWU-BIP und haben unsere Prognose für den Jahresdurchschnitt 2013 auf -0,6% reduziert (2014 +1,0%). Unsere vergleichsweise vorsichtige Wachstumsprognose für Deutschland (+0,3% und +1,5% in 2014) haben wir allerdings nicht nach unten angepasst.
[mehr]Stimmungsindikatoren – erneuter Dämpfer im Frühjahr
Bernhard GräfOliver RakauStefan Schneider
Bereits im dritten Jahr in Folge scheint monatlichen Konjunkturbefragungen wie dem ifo-Geschäftsklima oder dem Index der Einkaufsmanager (PMI) nach einer deutlichen Belebung um die Jahreswende im Frühjahr die Puste auszugehen. Ausblick Deutschland: Stimmungsindikatoren – erneuter Dämpfer im Frühjahr Aktuelle Themen Konjunktur Bereits im dritten Jahr in Folge scheint monatlichen Konjunkturbefragungen wie dem ifo-Geschäftsklima oder dem Index der Einkaufsmanager (PMI) nach einer deutlichen Belebung um die Jahreswende im Frühjahr die Puste auszugehen. Nachdem beide Indikatoren seit November deutlich zulegen konnten, gab es im März einen – vergleichsweise geringen – Rückgang beim ifo-Index und einen deutlicheren Rückschlag beim PMI (sowohl im verarbeitenden Gewerbe als auch bei den Dienstleistungen). Falls sich diese Entwicklung fortsetzen sollte, könnte dies ein Beleg für die These sein, dass der massive Konjunktureinbruch im Winterhalbjahr 2008/09 von den üblichen Verfahren der Saisonbereinigung zumindest zum Teil als Saisoneffekt interpretiert wird und somit monatliche Indi- katoren im Winter durch die Saisonbereinigung zu gut ausfallen und es im Sommerhalbjahr dann zu einer Gegenbewegung kommt. Gegen diese These spricht allerdings, dass ein entsprechendes Muster im laufenden Jahr – zumin- dest bis dato – weder in den USA noch in China zu beobachten ist. Somit könn- ten die politischen Irrungen und Wirrungen in Europa, insbesondere im Zusam- menhang mit den Wahlen in Italien und den Verhandlungen über das Zypernpa- ket, der wichtigere Faktor sein. Dazu passt der ebenfalls deutliche Rückgang des Flash-PMIs für die Eurozone insgesamt (46,6 nach 47,9). Damit dürften Hoffnungen auf eine baldige Stabilisierung der Konjunktur in der Eurozone erst einmal vom Tisch sein. Wir erwarten in unserem jüngsten weltwirtschaftlichen Ausblick erst in Q3 einen leichten Anstieg des EWU-BIP und haben unsere Prognose für den Jahresdurchschnitt 2013 auf -0,6% reduziert (2014 +1,0%). Autor Bernhard Gräf +49 69 910-31738 bernhard.graef@db.com Oliver Rakau +49 69 910-31875 oliver.rakau@db.com Stefan Schneider +49 69 910-31790 stefan-b.schneider@db.com Editor Stefan Schneider Deutsche Bank AG DB Research Frankfurt am Main Deutschland E-Mail: marketing.dbr@db.com Fax: +49 69 910-31877 www.dbresearch.de DB Research Management Ralf Hoffmann | Bernhard Speyer Inhaltsverzeichnis Seite Prognosetabellen ............................................3 Inflationsrisiko Geldpolitik: Ist sie zu locker für Deutschland? .............................................4 Verfügbare Einkommen: Arbeitsmarktboom und Eurokrise hinterlassen Spuren ............... 15 Warum konnte die deutsche Wirtschaft die jüngste Krise so gut bewältigen? ................... 21 Grafik des Monats ......................................... 30 Chartbook: Konjunktur .................................. 31 Chartbook: Branchen .................................... 34 Chartbook: Finanzmärkte .............................. 35 Chartbook: Wirtschaftspolitik ......................... 40 Eventkalender ............................................... 41 Datenkalender .............................................. 42 Finanzmarktprognosen ................................. 42 Datenmonitor ................................................ 43 2. April 2013 Ausblick Deutschland Stimmungsindikatoren – erneuter Dämpfer im Frühjahr 40 45 50 55 60 65 90 95 100 105 110 115 Okt. 10 Apr. 11 Okt. 11 Apr. 12 Okt. 12 ifo Erwartungen PMI Quellen: Thomson Reuters, Markit Rücklaufige Stimmungsindikatoren im Frühjahr – alle Jahre wieder? DX Ausblick Deutschland 2 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Unsere vergleichsweise vorsichtige Wachstumsprognose für Deutschland (+0,3% und +1,5% in 2014) haben wir allerdings nicht nach unten angepasst. Hauptgrund sind bessere Konjunkturaussichten für die USA (hier haben unsere Kollegen ihre Prognose für das laufende Jahr von 1,7% auf 2,3% angehoben) und, damit in Zusammenhang stehend, eine stärkere Zuversicht, dass sich die Konjunktur in Asien deutlicher erholt. Überdies könnte unsere Prognose für das deutsche BIP-Wachstum im ersten Quartal von 0,1% gegen Vorquartal (nach einem Rückgang von 0,6% im vierten Quartal des letzten Jahres) übertroffen werden. Ungeachtet der schwachen Märzzahlen haben die Vertrauensindikato- ren im Durchschnitt des ersten Quartals deutlich gegenüber dem Schlussquartal des letzten Jahres zugelegt. Darauf basierende einfache Regressionsmodelle signalisieren daher Wachstumsraten zwischen 0,2% und 0,6%. Mit Blick auf die instabile politische Lage in Italien, die unseres Erachtens auch das italienische Wachstum deutlich belasten dürfte (wir erwarten nunmehr ein Rückgang des BIP um 1,8%), steht allerdings zu befürchten, dass die Stimmung in der Eurozone längere Zeit leiden könnte. Die Diskussion um das Programm für Zypern hat gezeigt, dass die Bereitschaft zur Solidarität in der Öffentlichkeit, aber auch bei den politischen Entscheidungsträgern, deutlich niedriger ausfällt, wenn die Notlage als selbstverschuldet oder gar als Resultat von den eigenen Vorteil übermäßig betonenden Verhalten erachtet wird. Außerdem hat das un- glückliche und teilweise auch ungeschickte Agieren beim Aushandeln des Zy- pernpakets allen vor Augen geführt, dass der Knackpunkt derartiger Programme letztlich in der Verteilung der Anpassungslasten, zum einen zwischen dem Land und der Troika, zum anderen zwischen den verschiedenen Gruppen des Lan- des selbst liegt. Da dafür kein Regelwerk zur Verfügung steht und im Gegenteil sich herausbildende Grundsätze durch die Akteure wiederholt revidiert wurden, wird wie in anderen ungeregelten Verteilungskonflikten auch letztlich mit Moral und Gerechtigkeit argumentiert, die aber von den jeweiligen Betroffenen – we- nig überraschend – sehr unterschiedlich gesehen werden. Angesichts zuneh- mender Euro-Verdrossenheit in den Problemländern und den näher rückenden Wahlen in Deutschland könnte es daher zu stärkeren Spannungen in Europa kommen. Stefan Schneider (+49 69 910-31790, stefan-b.schneider@db.com) Ausblick Deutschland 3 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Wachstum, Inflation, Leistungsbilanz, Budgetsaldo BIP - Wachstum Inflation* Leistungsbilanzsaldo Budgetsaldo in % gg. Vj. in % gg. Vj. in % des BIP in % des BIP 2012P 2013P 2014P 2012P 2013P 2014P 2012P 2013P 2014P 2012P 2013P 2014P Euroland - 0,6 - 0,6 1,0 2,5 1,6 1,6 1,2 1,7 1,6 - 3,2 - 3,0 - 2,6 Deutschland 0,7 0,3 1,5 2,0 1,6 1,6 7,0 6,3 6,1 0,2 - 0,4 - 0,2 Frankreich 0,0 - 0,6 1,1 2,2 1,4 1,5 - 2,4 - 2,2 - 1,9 - 4,6 - 3,8 - 3,2 Italien - 2,4 - 1,8 0,4 3,3 1,8 1,6 - 0,6 0,4 0,4 - 3,0 - 2,6 - 2,8 Spanien - 1,4 - 1,6 0,5 2,4 1,9 1,3 - 0,8 0,5 0,3 - 10,0 - 6,2 - 5,3 Niederlande - 0,9 - 0,5 0,8 2,8 2,6 1,7 9,9 8,2 8,0 - 4,0 - 3,8 - 3,0 Belgien - 0,2 - 0,3 1,0 2,6 1,4 1,6 - 0,5 0,5 1,0 - 3,0 - 3,2 - 3,0 Österreich 0,8 0,8 1,6 2,6 2,3 2,0 1,8 2,2 2,4 - 3,0 - 2,7 - 2,4 Finnland - 0,2 - 0,3 1,0 3,2 2,3 2,2 - 1,8 - 0,8 - 1,0 - 1,9 - 1,6 - 1,4 Griechenland - 6,4 - 4,5 0,5 1,0 - 0,3 - 0,1 - 3,0 - 2,0 - 1,0 - 6,8 - 5,2 - 4,1 Portugal - 3,2 - 2,2 0,8 2,8 0,5 1,2 - 1,5 1,0 1,5 - 4,9 - 5,0 - 3,8 Irland 0,9 0,5 1,7 1,9 1,2 1,4 2,5 3,5 4,0 - 7,8 - 7,9 - 6,4 Großbritannien 0,3 0,5 1,8 2,8 3,0 2,6 - 3,7 - 3,1 - 2,5 - 7,8 - 7,1 - 6,4 Dänemark - 0,6 0,3 1,5 2,4 2,0 2,0 5,2 5,0 4,5 - 4,4 - 2,5 - 2,0 Norwegen 3,0 2,2 2,6 0,7 1,8 2,0 14,1 14,0 13,0 13,9 10,5 10,0 Schweden 1,2 1,3 2,3 0,9 1,0 1,5 7,2 6,5 6,0 - 0,7 - 0,5 0,0 Schweiz 1,0 1,0 1,5 - 0,7 0,2 0,6 11,5 10,5 10,0 0,3 0,5 0,5 Tschech. Rep. - 1,2 0,7 2,8 3,3 2,1 2,0 - 2,4 - 2,3 - 2,3 - 5,0 - 3,2 - 2,7 Ungarn - 1,7 - 0,2 1,6 5,7 2,6 3,1 1,0 1,6 0,9 - 3,0 - 2,9 - 2,8 Polen 2,1 1,4 2,3 3,7 1,8 2,5 - 3,5 - 2,3 - 3,0 - 3,6 - 3,5 - 2,9 USA 2,2 2,3 3,2 2,1 2,3 2,6 - 3,0 - 3,1 - 3,4 - 6,8 - 6,3 - 5,3 Japan 2,0 1,4 0,6 0,0 0,0 2,0 1,0 1,2 2,3 - 9,6 - 9,4 - 7,4 Welt 2,9 3,2 4,0 3,3 3,3 3,6 *Inflationsdaten für EU - Länder basieren auf harmonisierten Verbraucherpreisindizes außer bei Deutschland. Dies kann zu Diskrepanzen zu anderen DB Pub likationen führen. Quellen: Nationale Behörden, Nationale Zentralbanken, Deutsche Bank Prognosen Deutschland: BIP-Wachstum nach Komponenten, % gg.Vq., Jahresdaten % gg.Vj. 2012 2013 2010 2011 2012 2013P 2014P Q1 Q2 Q3 Q4 Q1P Q2P Q3P Q4P BIP 4,2 3,0 0,7 0,3 1,5 0,5 0,3 0,2 - 0,6 0,1 0,4 0,4 0,3 Privater Konsum 0,9 1,7 0,6 0,6 1,0 0,2 0,2 0,0 0,1 0,1 0,2 0,4 0,3 Staatsausgaben 1,7 1,0 1,4 1,3 0,7 0,6 - 0,3 0,7 0,4 0,3 0,5 0,1 0,1 Anlageinvestitionen 5,9 6,2 - 2,5 0,2 3,1 - 1,0 - 1,9 - 0,4 - 0,7 0,7 1,0 0,6 0,6 Ausrüstungen 10,3 7,0 - 4,8 - 1,4 4,4 - 1,1 - 3,0 - 2,2 - 2,0 0,5 0,9 1,0 1,0 Bau 3,2 5,8 - 1,5 1,9 1,9 - 0,8 - 1,4 0,7 - 0,1 0,9 1,0 0,3 0,3 Lager, % - Punkte 0,6 0,2 - 0,5 0,0 0,0 - 0,2 - 0,1 - 0,3 0,2 0,0 0,0 0,0 0,0 Exporte 13,7 7,8 3,7 3,1 5,4 0,7 3,3 1,5 - 2,0 1,0 1,4 1,6 1,3 Importe 11,1 7,4 1,8 4,2 5,5 - 0,7 2,3 0,6 - 0,6 1,4 1,6 1,7 1,6 Nettoexport, % - Punkte 1,7 0,6 1,0 - 0,3 0,3 0,7 0,7 0,5 - 0,8 - 0,1 0,0 0,1 0,0 K onsumentenpreise* 1,1 2,1 2,0 1,6 1,6 2,1 1,9 2,0 2,0 1,6 1,6 1,6 1,5 Arbeitslosenquote, % 7,7 7,1 6,8 6,9 6,7 6,8 6,8 6,8 6,9 6,9 6,9 6,9 6,9 Budgetsaldo, % BIP - 4,1 - 0,8 0,2 - 0,4 - 0,2 Leistungsbilanzsaldo, % BIP 6,2 6,2 7,0 6,3 6,1 *Inflationsdaten für Deutschland basieren auf nationaler Abgrenzung. Dies kann zu Diskrepanzen zu anderen DB Publikationen fü hren. Quellen: Bundesbank, DB Research Ausblick Deutschland 4 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Inflationsrisiko Geldpolitik: Ist sie zu locker für Deutschland? — Aufgrund der aktuellen schwachen Konjunkturentwicklung ist die Inflation in Deutschland auf kurze Sicht kein Thema. — Der von uns berechnete Taylor-Zins zeigt, dass die Geldpolitik der EZB für den gesamten Euroraum wohl angemessen, für Deutschland allerdings deutlich zu expansiv ausgerichtet ist. — Dies birgt auf mittlere und längere Sicht Inflationsgefahren für Deutschland. — Gelingt es nicht, die extrem lockere Geldpolitik rechtzeitig zurückzufahren, obliegt es der Fiskalpolitik, einem beschleunigten Preisauftrieb entgegen- zuwirken, um Fehlentwicklungen, wie in früheren Jahren in anderen Län- dern, zu vermeiden. — Damit könnten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Zum ei- nen würde eine Inflationsbeschleunigung vermieden, zum anderen ein Ab- bau der öffentlichen Verschuldung vorangetrieben. — Inflationsbekämpfung sollte aber nicht die eigentliche Aufgabe der Fiskalpo- litik sein. Allerdings könnte die Fiskalpolitik angesichts der extremen Her- ausforderungen der Geldpolitik (Bankenkrise, Unterstützung des Euro) hier zunächst das geeignetere Mittel sein. — Darüber hinaus könnte eine verstärkte makro-prudenzielle Steuerung zu einer Differenzierung der in der Währungsunion homogenen Geldpolitik bei- tragen und so einer Inflationsbeschleunigung entgegenwirken. Im Februar lag die deutsche Inflationsrate bei 1,5%, ohne Energie und Nah- rungsmittel sogar nur bei gut 1% (Graphik 1). Mit Blick auf die schwächere Kon- junkturentwicklung mit entsprechend steigender Unterauslastung der Produkti- onskapazitäten erwarten viele Prognostiker eine Abflachung des Preisauftriebs. Nach der jüngst veröffentlichten Einschätzung der Deutschen Bundesbank geht die Inflation im Jahresdurchschnitt 2013 von 2,0% auf 1,5% zurück und verharrt auch 2014 in etwa auf diesem Niveau. Deutsche Bank Research erwartet mit durchschnittlich 1,6% im laufenden und kommenden Jahr eine ähnliche Ent- wicklung. Die Inflationsrisiken sind auf kurze Sicht als gering einzuschätzen. Doch gilt das auch für die mittlere und insbesondere die längere Frist oder lauert mit Blick auf die extrem lockere Geldpolitik der EZB ein erhebliches Inflationspotenzial? Un- sere Analyse mittels der Taylor-Regel zeigt, dass die aktuelle geldpolitische Ausrichtung der EZB zwar für den Durchschnitt des Euroraums als angemes- sen, für Deutschland jedoch als deutlich zu locker einzustufen ist. Dies deutet auf Gefahren für die längerfristige Preisstabilität in Deutschland hin, insbeson- dere wenn sich die von uns zum Abschluss skizzierten Entwicklungen hin zu einer veränderten Rolle der Geldpolitik manifestieren sollten. Geldpolitik und Inflation – der Transmissionsmechanismus „Inflation ist immer und überall ein monetäres Phänomen“. 1 Diese viel zitierte Äußerung von Milton Friedman, Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften im Jahr 1976, basiert auf seiner Untersuchung der monetären Entwicklung der USA sowie der von ihm aufgestellten Neuformulierung der Quantitätstheorie des 1 Die Äußerung wird üblicherweise der First Wincott Memorial Lecture: The Counter-Revolution in Monetary Theroy von Milton Friedman im Jahr 1970 zugeschrieben. -1,0 -0,5 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 07 08 09 10 11 12 13 Inflation insgesamt Kerninflation *) *) Ohne Nahrungsmittel- und Energiepreise Deutschland: Inflation 1 % gg.Vj. Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research Ausblick Deutschland 5 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Geldes. 2 Die Grundlage dafür bildet die von Irving Fisher 1911 erstmals mathe- matisch formulierte sogenannte Tausch- bzw. Verkehrsgleichung. Diese postu- liert, dass die Summe der Güter und Dienstleistungen in einer Volkswirtschaft multipliziert mit ihren durchschnittlichen Preisen gleich dem Produkt aus Geld- menge und Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ist: Y * P = M * V mit Y = Güter und Dienstleistungen P = Preisniveau M = Geldmenge V = Umlaufgeschwindigkeit Bei dieser Gleichung handelt es sich um eine Identität, die immer erfüllt sein muss. Daraus hat Friedman über Annahmen über die Entwicklung der Umlauf- geschwindigkeit, abgeleitet beispielsweise aus der Kassenhaltungstheorie, so- wie der Unterstellung einer stabilen Geldnachfrage die Quantitätstheorie formu- liert. In ihrer einfachsten Form wird Y und V als konstant unterstellt, so dass eine Veränderung der Geldmenge (M) zu einer gleich großen Veränderung des Preisniveaus (P) führt. Wird die Geldmenge erhöht, steigt die Inflation in glei- chem Maße. Soweit die Theorie. Massive Liquiditätsausweitung (noch) nicht in der Wirtschaft angekommen Warum hat sich jedoch die massive Ausweitung der Bilanz der EZB – seit Aus- bruch der Finanzkrise im Herbst 2008 verdoppelte sich das Bilanzvolumen auf rund EUR 3.000 Mrd. (Graphik 2) – bislang noch nicht in einer spürbaren Be- schleunigung des Preisauftriebs niedergeschlagen? Der Grund liegt vor allem darin, dass die von der EZB über zwei dreijährige Refinanzierungsgeschäfte den Finanzinstituten bereitgestellte Liquidität im Umfang von insgesamt fast EUR 1.020 Mrd. nur zu einem sehr kleinen Teil in der Wirtschaft angekommen ist. So ist die Kreditvergabe an den privaten Sektor in der Eurozone aktuell rück- läufig, und in Deutschland steigt sie mit +½% nur äußerst moderat (Graphik 3). Gleichzeitig ist ein Großteil der Liquidität wieder bei der EZB gelandet. Seit Mitte 2011 hatten sich die Einlagen der Finanzinstitute bei der EZB um über EUR 600 Mrd. auf zeitweise über EUR 1.100 Mrd. erhöht und betragen aktuell immer noch EUR 700 Mrd. (Graphik 4). Entsprechend steigt derzeit die Geldmenge in der weiten Abgrenzung M3 3 lediglich um gut 3% (Graphik 5), denn mit dem Geldmengenkonzept wird – grob gesprochen – nur die Liquidität gemessen, die in einer Volkswirtschaft außerhalb des Finanzsektors ankommt, und nicht dieje- nige, die die EZB dem Finanzsektor bereitstellt. Daraus allerdings zu folgern, dass es damit keine Inflationsrisiken gibt, greift zu kurz. Denn die Geldmengenentwicklung war in den Jahren vor dem Ausbruch der Finanzkrise äußerst dynamisch und nahm in der Spitze um mehr als 12% zu. Entsprechend ist die Geldmenge von 1999 bis 2008 deutlich stärker gestie- gen als die EZB anvisiert hatte. So erachtete die EZB nach ihrem früher veröf- 2 Vgl. Friedman, M. (1956). The Quantity Theory of Money – A Restatement. Studies in the Quanti- ty Theory of Money. University Chicago Press. Friedman, M., Schwartz, A.J. (1963). A Monetary History of the United States, 1867-1960. Princeton University Press. 3 Zur Geldmenge M3 zählen das umlaufende Bargeld, die täglich fälligen Sichteinlagen inländi- scher Nichtbanken bei Banken, die Termineinlagen mit vereinbarter Laufzeit von bis zu zwei Jah- ren, die Spareinlagen mit einer vereinbarten Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten, die Anteile an Geldmarktfonds und andere Geldmarktpapiere sowie Pensionsgeschäfte und Schuldver- schreibungen mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren. 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 07 08 09 10 11 12 13 EZB Bilanz 2 EUR Mrd. Quelle: EZB - 4 - 2 0 2 4 6 8 10 12 14 99 01 03 05 07 09 11 13 Deutschland Eurozone Kredite an den privaten Sektor 3 Ausstehende Kredite, % gg.Vj. Quelle: EZB 0 200 400 600 800 1.000 1.200 1.400 07 08 09 10 11 12 13 EUR Mrd. Quelle: EZB Einlagen der Finanzinstitute bei der EZB 4 - 4,0 - 2,0 0,0 2,0 4,0 6,0 8,0 10,0 12,0 14,0 99 01 03 05 07 09 11 13 EWU: Geldmenge M3 5 % gg.Vj. Quellen: EZB, DB Research Ausblick Deutschland 6 | 2. April 2013 Aktuelle Themen fentlichten Referenzwert ein Wachstum der Geldmenge M3 von 4 ½% p.a. als angemessen. 4 Legt man diesen Maßstab zu Grunde, hat sich seit Beginn der Währungsunion eine hohe Überschussliquidität gebildet (Graphik 6), so dass der Geldmantel dieser Berechnung zufolge derzeit um fast 20% über dem als angemessen betrachteten liegt. Welche Geldmenge ist die Richtige? Die Kritik an der Quantitätstheorie moniert, dass es sich bei der gemessenen Geldmenge nicht nur um Transaktionskasse, die zum Kauf von Gütern und Dienstleistungen benutzt wird, handelt, sondern dass auch zusätzliches Geld zu Spekulationszwecken gehalten wird, das nicht nachfragewirksam (bei Gütern und Dienstleistungen) wird und somit auch nicht die Preise für diese Kategorien treibt. Die Frage, was genau die Geldmenge ist und damit zusammenhängend, welche Geldmenge nun die Richtige ist, sowie wie sich die Umlaufgeschwindig- keit des Geldes verändert, ist mindestens so alt wie die Quantitätsgleichung selbst. Soll damit die Entwicklung der Konsumentenpreise erklärt werden, ist es notwendig, als Geldmenge in der Quantitätsgleichung nur diejenige Größe zu verwenden, die für Käufe von Gütern und Dienstleistungen dient. Da aber der Übergang von Transaktionskasse zu Spekulationskasse fließend ist, werden zur Abschätzung der Geldmenge verschiedene Geldmengenaggregate verwendet, die von einer engen Abgrenzung in Form von Zentralbankgeld bis zur weiten Definition der Geldmenge M3 gehen. Vor diesem Hintergrund ist es zu erklären, dass die Inflation, gemessen am Anstieg der Konsumentenpreise, also jener Preise der Güter und Dienste, die ein Haushalt normalerweise konsumiert, in der Eurozone trotz der überaus kräf- tigen Geldmengenausweitung seit 1999 im Schnitt nur bei 2,1% p.a. lag. Tem- porär stärkere Ausschläge waren auf externe Faktoren, wie beispielsweise Öl- preissteigerungen, zurückzuführen, was die Kerninflationsrate (d.h. die Inflati- onsrate ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise), die in diesem Zeitraum ledig- lich 1,6% p.a. betrug, veranschaulicht (Graphik 7). Die „Überschussliquidität“ schlug sich nicht in den Konsumentenpreisen, sondern vielmehr in den Preisen für Vermögenswerte, insbesondere für Immobilien, nieder. So sind die Haus- preise von 1999 bis 2007 in Irland, Spanien und Frankreich im Schnitt zweistel- lig, in Griechenland um 9 ½% und in Italien immer noch um fast 8% jährlich gestiegen (Graphik 8). Doch wie sind nun die aktuelle Geldpolitik der EZB für Deutschland und damit die Inflationsrisiken für Deutschland zu beurteilen? Um die Frage zu beantwor- ten wird im Folgenden die Taylor-Regel herangezogen. Die Taylor-Regel Die 1993 von John Taylor 5 vorgestellte geldpolitische Regel besagt, dass eine Notenbank ihren Leitzins in Abhängigkeit von der aktuellen Inflations- und Kon- junkturentwicklung setzen soll. Die Taylor-Regel bezieht sich lediglich auf den Leitzins einer Notenbank. Unorthodoxe geldpolitische Maßnahmen, wie sie von vielen Notenbanken in den letzten Jahren zur Bekämpfung der Krise sowie zur Stimulierung der Konjunktur ergriffen wurden, werden durch das Konzept nur 4 Bei der Ableitung des Referenzwerts wurde letztendlich die Quantitätsgleichung, d.h. die Bezie- hung zwischen Geldmengenwachstum, Inflation, Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts und Veränderungen der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, zu Grunde gelegt. Bei einer Inflati- onsrate von knapp unter 2%, einem trendmäßigen Rückgang der Umlaufgeschwindigkeit von jährlich ½ bis 1% sowie einem Wachstum des Produktionspotenzials von 2 bis 2 ½% p.a. ergibt sich eine Geldmengenausweitung von rund 4 ½% p.a. 5 Taylor, J.B. (1993). Discretion versus policy rules in practice. Carnegie-Rochester Conference Series on Public Policy 39. S. 195-214. 4.000 5.000 6.000 7.000 8.000 9.000 10.000 99 01 03 05 07 09 11 13 Geldmenge M3 M3 bei Ausweitung um 4,5% p.a.* EUR Mrd. Quellen: EZB, DB Research *) Entsprechend des früher veröffentlichten Referenzwertes für das von der EZB als angemessen erachtete Wachstum der Geldmenge M3 Überschussliquidität EWU: Geldmenge & Überschussliquidität 6 - 1 0 1 2 3 4 5 99 01 03 05 07 09 11 13 Insgesamt Ohne Energie & Nahrungsmittel EWU: Inflation 7 Konsumentenpreisindex, % gg.Vj. Quelle: Eurostat - 2 0 2 4 6 8 10 12 14 IE ES FR GR BE NL IT FI DE Hauspreisentwicklung 8 1999 - 2007, % p.a. Quelle: OECD Ausblick Deutschland 7 | 2. April 2013 Aktuelle Themen indirekt erfasst, was aktuell sicherlich eine erhebliche Einschränkung der Aus- sagefähigkeit über die Ausrichtung der Geldpolitik bedeutet. Zu den unorthodo- xen Maßnahmen gehören beispielsweise die früheren Security Market (SMP) sowie Covered Bond Purchase Programme (CBPP) der EZB, mit denen sie Staatsanleihen im Umfang von EUR 208 Mrd. und hypothekenbesicherte Anlei- hen über EUR 68,5 Mrd. gekauft hat, sowie das beschlossene Outright Monetary Transaction Programm (OMT), mit dem sie unlimitiert Staatsanleihen von Ländern kaufen kann, die sich unter den europäischen Rettungsschirm begeben. Formal lässt sich die Taylor-Regel beschreiben durch: Taylor-Zins = i r + π* + α Y gap + β π gap mit i r = realer Gleichgewichtszinssatz π* = erwartete Inflationsrate Y gap = Produktionslücke oder Output gap, d.h. die relative Abweichung zwischen dem tatsächlichen und dem potenziellen Produktionsniveau, Y gap = (Y t – Y pot ) / Y pot *100 mit Y t = Produktionsniveau zum Zeitpunkt t und Y pot = Produktionspo- tenzial π gap = Inflationslücke, d.h. die Abweichung der tatsächlichen Inflationsrate vom Inflationsziel der Notenbank, π gap = π t – π ziel, mit π t = Inflationsrate zum Zeitpunkt t und π ziel = Inflationsziel der Notenbank α = Gewichtungsfaktor der Produktionslücke β = Gewichtungsfaktor der Inflationslücke Damit setzt sich der Taylor-Zins aus drei Komponenten zusammen, dem nomi- nalen Gleichgewichtssatz (realer Gleichgewichtszinssatz plus erwartete Inflati- on) sowie den gewichteten Produktions- und Inflationslücken. Dabei entspricht der reale Gleichgewichtszinssatz bei Normalauslastung der Produktionskapazi- täten und Erreichen des Inflationsziels dem Zinssatz, der durch die Geldpolitik nicht verändert werden muss. Es ist also der Zins, der ein durch die Produkti- ons- und Inflationslücke definiertes Gleichgewicht stabilisieren würde. Sind al- lerdings die Kapazitäten überausgelastet und ist die Inflation höher als das Ziel, muss den drohenden Inflationsgefahren durch höhere Leitzinsen entgegenge- wirkt werden und umgekehrt. Taylor schlug vor, die Produktions- und Inflations- lücke mit jeweils 0,5 gleich zu gewichten. Taylor-Regel als Richtlinie für Geldpolitik Taylor sieht seine Regel als allgemeine Richtlinie für die Geldpolitik, die auch für den Euroraum Anwendung finden kann. 6 Aus dem Vergleich des Taylor-Zinses mit dem tatsächlichen Leitzins zeigt sich, ob eine Notenbank eher zu expansiv oder zu restriktiv agiert. Ein deutlich über dem Leitzins liegender Taylor-Zins lässt darauf schließen, dass die Geldpolitik zu expansiv ist und umgekehrt. 6 Gerlach, S., G. Schnabel (1999). The Taylor Rule and Interest Rates in the EMU Area: A Note. BIS Working Papers. No. 73. Sauer, S., Sturm, J.-E. (2003).ECB Monetary Policy: How well does the Taylor Rule describe it? Ausblick Deutschland 8 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Taylor-Regel mit praktischen und konzeptionellen Schwächen … Auf den ersten Blick erscheint die Taylor-Regel recht überzeugend. Das Kon- zept weist jedoch eine Reihe praktischer und konzeptioneller Probleme auf. 7 Dies gilt neben der Festlegung der Gewichte für die Produktions- und Inflations- lücke, die die Struktur der Wirtschaft widerspiegeln sollen, auch für die Wahl des Preisindexes für die Inflationsmessung. Hierfür bieten sich verschiedene Maße an, beispielsweise der Deflator des Bruttoinlandsprodukts, der Deflator der pri- vaten Konsumausgaben, der Index der Konsumentenpreise insgesamt sowie die sogenannte Kerninflationsrate, d.h. der Konsumentenpreisindex ohne Ener- gie- und Nahrungsmittelpreise. Die Entwicklung der verschiedenen Inflations- maße kann recht unterschiedlich ausfallen (Graphik 9) und führt somit auch zu unterschiedlichen Taylor-Sätzen. Zudem kann der Taylor-Zins in bestimmten Situationen falsche Signale geben, beispielsweise bei Mehrwertsteuererhöhungen, die sich in einer höheren Inflati- on niederschlagen. Es kann aber wohl kaum im Interesse einer Notenbank lie- gen, diesen temporären Inflationseffekten mit einer restriktiveren Geldpolitik zu begegnen. Das gleiche gilt auch für externe Einflüsse auf die Preisentwicklung, wie beispielsweise Ölpreiserhöhungen. Erstrundeneffekte von Ölpreiserhöhun- gen stehen wohl kaum im Fokus von Notenbanken. Ein weiteres Problem liegt darin, dass auch nicht ohne weiteres davon ausge- gangen werden kann, dass die Inflationserwartungen über einen längeren Zeit- raum konstant sind, was ein Blick auf die Konsensus-Prognosen für Deutsch- land belegt (Graphik 10). Taylor schlug in seinem Originalaufsatz von 1993 für die Inflationsrate die durchschnittliche Inflationsrate der vorangegangenen 4 Quartale vor. Da die Geldpolitik aber auf die Zukunft ausgerichtet werden muss, wurde sein Vorschlag auf die erwartete Inflationsrate erweitert. Ein Schwachpunkt des Taylor-Konzepts liegt zudem in der bei der Betrachtung der Inflationslücke verwendeten laufenden Inflationsrate. Diese besitzt zusam- men mit der Produktionslücke nur bedingte Informationen über die künftige Preisentwicklung, auf die jedoch die Geldpolitik wegen der nicht unerheblichen Zeitverzögerungen geldpolitischer Maßnahmen ausgerichtet werden muss. Überdies muss eine Notenbank ihre Entscheidungen hinsichtlich des Leitzinses auf Basis von Echtzeit-Daten, d.h. denjenigen Daten, die zum Zeitpunkt der Entscheidung zu Verfügung stehen, treffen. Diese unterliegen aber zum Teil erheblichen Revisionen. Unproblematisch ist dagegen das Inflationsziel. So hat die EZB ihr vorrangiges Ziel, die Sicherung der Preisniveaustabilität in der Eurozone, als Anstieg des harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) für das Euro-Währungsgebiet gegenüber dem Vorjahr von unter, aber nahe zwei Prozent, spezifiziert. Dies stellt allerdings kein explizites „Inflationsziel“ bzw. eine Zielvariable der Geldpoli- tik dar, wie dies beispielsweise beim „inflation targeting“ der Fall ist. Schwierig ist dagegen die Ermittlung der Produktionslücke, also die relative Abweichung zwischen dem tatsächlichen Output und dem Produktionspotenzial. Gedanklich lässt sich das Bruttoinlandsprodukt in das Produktionspotenzial und eine konjunkturelle Komponente zerlegen. Unter dem Produktionspotenzial ei- ner Volkswirtschaft versteht man die gesamtwirtschaftliche Leistung, die sich unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts mit den jeweils verfügbaren Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital bei normaler Auslastung erstellen lässt. Die Konjunktur besteht folglich in den Schwankungen des Auslastungsgrades des gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzials. Für die Geldpolitik ist die Kenntnis des Wachstumspotenzials wichtig, da es das Tempolimit angibt, mit 7 Vgl. Deutsche Bundesbank (1999). Taylor-Zins und Monetary Conditions Index. Monatsbericht April. -1,0 -0,5 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 05 06 07 08 09 10 11 12 Verbraucherpeise Kerninflation* Deflator privater Konsum Deflator BIP Preisentwicklungen in Deutschland 9 % gg.Vj. Quelle: Statistisches Bundesamt *) Verbraucherpreise ohne Energie & Nahrungsmittel 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 99 01 03 05 07 09 11 13 Inflationsprognosen für Deutschland 10 Auf Jahressicht, % Quelle: Consensus Economics Ausblick Deutschland 9 | 2. April 2013 Aktuelle Themen dem die Wirtschaft auf lange Sicht wachsen kann, ohne dass es zu Spannun- gen auf dem Arbeitsmarkt sowie einer Beschleunigung der Inflation kommt. Das Produktionspotenzial kann allerdings nicht direkt beobachtet werden, son- dern muss mit statistischen Verfahren geschätzt werden. Die Möglichkeiten hierfür reichen von einfachen arithmetischen Mitteln über Instrumente zur Trendanalyse, statistische Filtermethoden bis zu produktionstheoretischen An- sätzen, beispielsweise über die Schätzung einer neoklassischen Produktions- funktion. Univariate Filtermethoden sind zwar einfach zu handhaben, verwen- den allerdings nur Zeitreiheninformationen der Produktion selbst und lassen daher keinerlei Aussage über die Ursachen von Veränderungen des Produkti- onspotenzials zu. Zudem können am aktuellen Rand Verzerrungen entstehen. Je nach der Wahl der Methode ergeben sich für das Wachstumspotenzial zum Teil recht unterschiedliche Werte (Tabelle 11). Diese Schätzungen unterliegen zudem erheblichen Revisionen. Eine Untersuchung der EZB kommt darüber hinaus zu dem Schluss, dass die Schätzungen der Output gaps mittels real-time Daten nur sehr bedingt zur Inflationsprognose taugen. 8 Ein damit zusammen- hängendes Problem bildet auch die Bestimmung des „gleichgewichtigen Zins- satzes“. … bildet aber die Geldpolitik in den vergangenen Dekaden recht gut ab Trotz der konzeptionellen Schwächen haben wir bei der Einschätzung der geld- politischen Ausrichtung der EZB auf die Taylor-Regel zurückgegriffen, da sie die Geldpolitik der Deutschen Bundesbank in den vergangenen Dekaden sowie die Politik der EZB ab 1999 recht gut beschreibt (Graphiken 12 und 13). Am aktuel- len Rand zeigt die Taylor-Regel für Deutschland ein wesentlich höheres Leit- zinsniveau an – ein starkes Indiz für eine zu lockere Geldpolitik für Deutschland. Allerdings ist der absolute Taylor-Zins allenfalls ein grober Hinweis und kann aufgrund der beschriebenen Probleme auch zu Fehlinterpretationen führen. Allerdings machen die mit der gleichen Methodik für Länder und Ländergruppen berechneten Taylor-Zinsen die Unterschiede der geldpolitischen Ausrichtung sichtbar und lassen somit Vergleiche zwischen Ländern bzw. Ländergruppen zu. Die Vorgehensweise Für unsere Untersuchung haben wir den Taylor-Zins für den Euroraum insge- samt, für Deutschland, die Gruppe der GIIPS-Länder (Griechenland, Italien, Irland, Portugal und Spanien) sowie für die BANFF-Länder (Belgien, Österreich, Niederlande, Frankreich und Finnland), die quasi für den Rest der Eurozone stehen, für den Zeitraum von Q1 1999 bis Q3 2012 berechnet. Dabei sind wir pragmatisch vorgegangen und haben einfach zu handhabende Methoden sowie simple Approximationen verwendet. So ging in unsere Kalkula- tion des Taylor-Zinses der durchschnittliche Anstieg des Konsumentenpreisein- dexes ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise von Q1 1997 bis Q3 2008, also bis unmittelbar vor Ausbruch der Krise, als Annäherung an die Inflationserwar- tungen ein. Der mittels der Inflationserwartungen nach dem EZB Survey of Pro- fessional Forecasters berechnete Taylor-Zins weicht lediglich im Jahr 2009 stär- ker von unserer Approximation ab. Da diese Survey-Daten aber nur für die Eu- rozone insgesamt vorliegen, haben wir uns auf den Konsumentenpreisindex 8 Vgl. Marcellina, M., A. Musso (2010). Real time estimates of the euro area output gap – realiability and forecasting performance. EZB Working Paper Series. Nr. 1157 Deutschland: Wachstumspotenzial 11 Schätzungen für 2012, % gg.Vj. Sachverständigenrat 1,1 IWF 1,3 OECD 1,5 EU Kommission 1,6 Quellen: Sachverständigenrat, Jahresgutachten 2012/13, Nov. 2012, IMF World Economic Outlook, Oct. 2012, OECD Ec o- nomic Outlook, 92, Nov. 2012, EU Kommission, European Economic Forecast, Spring 2013 - 2 0 2 4 6 8 10 12 78 82 86 90 94 98 02 06 10 Abstand Taylor - zu Leitzins Leitzins Bundesbank, EZB Taylor - Zins Deutschland: Taylor & Leitzins 12 % Quellen: Statistisches Bundesamt, IWF, EZB, DB Research Deutsche Bundesbank EZB 0 1 2 3 4 5 6 99 01 03 05 07 09 11 Taylor EZB Refi - Satz EWU: Taylor & Leitzins 13 % Quellen: OECD, Global Insight, Eurostat, DB Research Ausblick Deutschland 10 | 2. April 2013 Aktuelle Themen ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise beschränkt, der für alle europäischen Länder von Eurostat veröffentlicht wird. Den durchschnittlichen Wert des realen Leitzinses für die betrachteten Länder bzw. Ländergruppen im Zeitraum Q1 1997 bis Q3 2008 haben wir als Annähe- rung für den langfristigen gleichgewichtigen Realzins 9 verwendet und für das Inflationsziel der EZB 1,9% unterstellt. Bei der Gewichtung der Inflations- und Produktionslücke haben wir für alle Länder und Ländergruppen die von Taylor vorgeschlagenen Werte von jeweils 0,5 benutzt. 10 Bei der Schätzung der Produktionslücke 11 haben wir uns für den dabei wohl am meisten verwendeten Hodrick-Prescott-Filter entschieden. Um die Randproble- me solcher Filter zu vermeiden, haben wir die Ergebnisse am aktuellen Rand um die Schätzungen des Wachstumspotenzials verschiedener Institutionen, wie beispielsweise OECD, IWF und EU Kommission, ergänzt und korrigiert. Für Deutschland deckt sich unsere „einfache“ Berechnung des Output gaps größ- tenteils mit der mittels einer Produktionsfunktion geschätzten Produktionslücke der EU Kommission (Graphik 14). Für die GIIPS-Länder beträgt die Produkti- onslücke am aktuellen Rand unseren Berechnungen zufolge 5 ½%, für die EWU insgesamt knapp 3% des potenziellen BIP, während die Produktionskapazitäten in Deutschland leicht überausgelastet sind (Graphik 15). 12 Die Ergebnisse: „One size fits all“ gilt nicht immer Unsere Analyse zeigt, dass sich die Entwicklung des EZB Refi-Satzes gut durch den Taylor-Zins für die Eurozone insgesamt beschreiben lässt (Graphik 16). Dies erscheint logisch, da die EZB ihre Geldpolitik nicht auf ein einzelnes Land, sondern auf die durchschnittliche wirtschaftliche Entwicklung des Euroraumes ausrichtet. Obwohl die EZB nach eigener Aussage keiner mechanistischen Re- gel folgt, passt die Taylor-Regel für ihre bisherigen Entscheidungen recht gut. Auch der von uns berechnete Taylor-Zins für die BANFF-Länder unterscheidet sich kaum von dem für die Eurozone insgesamt. Weicht aber die Inflations- bzw. Wachstumsentwicklung eines Landes deutlich vom Durchschnitt der Eurozone ab, so ist auch das geldpolitische Korsett, das für die durchschnittliche Entwicklung des Euroraums passt, nicht optimal für das Land, was unsere Berechnung des Taylor-Zinses für die GIIPS-Länder sowie für Deutschland zeigt. Für Deutschland ist die Geldpolitik derzeit viel zu locker, 9 Die in der wissenschaftlichen Literatur verwendeten Methoden zur Schätzung des natürlichen (gleichgewichtigen) Realzinses findet sich bei: Europäische Zentralbank (2004). Der natürliche Realzins im Euro-Währungsgebiet. Monatsbericht Mai. Die Verwendung des durchschnittlichen realen Zinssatzes könnte zu einer Unterschätzung führen, da die Geldpolitik für die GIIPS-Länder zu expensiv war. 10 Da die Gewichte die Struktur einer Wirtschaft widerspiegeln sollen, müssten sie eigentlich öko- nometrisch geschätzt werden. Da wir die Berechnung allerdings für Ländergruppen durchgeführt haben, deren Mitglieder sehr unterschiedliche Strukturen aufweisen, wie beispielsweise Italien und Griechenland in der Gruppe der GIIPS-Länder, haben wir uns dazu entschlossen, für alle Be- rechnungen die von Taylor vorgeschlagene Gewichtung zu verwenden. 11 Einen Überblick über die verwendeten Methoden zur Schätzung der Produktionslücke sowie die Ergebnisse findet sich bei: Chagny, O., Döpke, J. (2001). Measures of the Output Gap in the Eu- ro-Zone: An Empirical Assessment of Selected Methods. Kiel Working Paper No. 1053. Ebenso bei: IMF (2008). Financial Stress, Downturns, and Recoveries. World Economic Outlook. October 2008. 12 Diese Einschätzung vertritt auch der Sachverständigenrat, der für 2012 und 2013 ein positives Output gap von 0,5% bzw. 0,2% des potenziellen BIP schätzt. Vgl. Sachverständigenrat (2012). Stabile Architektur für Europa – Handlungsbedarf im Inland. Jahresgutachten 2012/13. November 2012. Siehe ebenso: Hofmann, B., Bogdanova, B. (2012). Taylor rules and monetary policy: a global “Great Deviation”? BIS Quarterly Review. September 2012. -5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 5 70 75 80 85 90 95 00 05 10 DB Research EU Kommisision Deutschland: Produktionslücke 14 Tatsächliches - potenzielles BIP in % des potentiellen BIP Quellen: EU Kommission, DB Research - 6 - 4 - 2 0 2 4 6 99 01 03 05 07 09 11 EWU DE GIIPS BANFF Produktionslücken 15 Tatsächliches - potenzielles BIP in % des potenziellen BIP Quellen: OECD, DB Research 0 1 2 3 4 5 6 99 01 03 05 07 09 11 EWU DE GIIPS BANFF EZB Refi - Satz Taylor - Zinsen & Leitzins 16 % Quellen: OECD, Global Insight, Eurostat, DB Research Ausblick Deutschland 11 | 2. April 2013 Aktuelle Themen während sie vor allem für die GIIPS-Länder zu restriktiv ist. Damit gilt „one size fits all“ nicht immer. 13 GIIPS-Länder: EZB lange Zeit zu locker, aktuell zu restriktiv Der Taylor-Zins für die GIIPS-Länder lag in den Jahren 2001 bis 2008 deutlich über dem EZB-Leitzins, was darauf hindeutet, dass die Geldpolitik der EZB für diese Ländergruppe in diesem Zeitraum zu expansiv war, was sicherlich maß- geblich zum stark kreditgetriebenen Boom in diesen Ländern beigetragen hat. 14 Inflation und Wirtschaftswachstum (und damit entsprechend die Auslastung der Produktionskapazitäten) waren in den GIIPS-Ländern in diesem Zeitraum pro Jahr um rund ½%-Punkt höher als im Euroraum und um fast 1%-Punkt höher als in Deutschland. Aber selbst die GIIPS-Länder sind keine homogene Gruppe. So ist beispielsweise die spanische Wirtschaft von 2001-2007 um 3,4% p.a. und die griechische sogar um 4,2% p.a. gewachsen, während Italiens reales BIP lediglich um 1,2% p.a. zugelegt hatte. Gegenüber Deutschland wiesen Spanien und Griechenland ein Wachstumsplus von 2,0 bzw. 2,8%-Punkten jährlich auf. Gleiches gilt auch für die Inflationsentwicklung, die von 2001-2007 in Spanien und Griechenland 3,2% bzw. 3,4% p.a. betrug und damit um 1,5 bzw. 1,7%- Punkte über der deutschen lag. Am aktuellen Rand liegt der Taylor-Zins für die GIIPS-Länder merklich unter dem Refi-Satz der EZB, die Geldpolitik der EZB wäre dementsprechend für diese Ländergruppe zu restriktiv, was angesichts des moderaten Preisauftriebs sowie der tiefen Rezession in diesen Ländern mit einer erheblichen Unteraus- lastung der Kapazitäten plausibel erscheint (Graphik 17). Die Wirtschaftsleis- tung der GIIPS-Länder liegt derzeit um 6,5% unter ihrem Vorkrisenniveau von Anfang 2008 und um 5,5% unter ihrem Potenzial. Allerdings ist die Einschät- zung des Restriktionsgrades der Geldpolitik für die GIIPS-Länder derzeit äu- ßerst schwierig. So sind die Inflationsraten wohl durch Steueranhebungen nach oben überzeichnet, so dass die „tatsächliche“ Inflationslücke geringer ist, was auch einen niedrigeren Taylor-Zins für diese Ländergruppe implizieren würde. Andererseits sind aufgrund der Strukturbrüche die Schätzungen des Produkti- onspotenzials und damit der Produktionslücken dieser Länder sehr ungewiss. Ein niedrigeres Wachstumspotenzial würde jedoch die Produktionslücke ver- kleinern und somit zu einem höheren Taylor-Zins führen. Geldpolitik für Deutschland derzeit merklich zu locker Auffallend ist ebenfalls die starke Abweichung von EZB Refi-Satz und dem „deutschen“ Taylor-Zins etwa seit Mitte 2010 für Deutschland (Graphik 18). Da- mit signalisiert die Taylor-Regel, dass die Geldpolitik für Deutschland derzeit viel zu locker ist. Nach ihr wäre ein Leitzinssatz von gut 3% für Deutschland ange- messen. Aufgrund des kräftigen Wachstums in den vergangenen Jahren liegt die gesamtwirtschaftliche Kapazitätsauslastung seit 2011 unseren Berechnun- gen zufolge wieder leicht über ihrem langfristigen Mittel, und die Inflationsrate beträgt rund 2%. Angesichts dieser fundamentalen Daten erscheint ein Leitzins von nur 0,75% für Deutschland deutlich zu niedrig, was nicht zu vernachlässi- gende Inflationsrisiken für Deutschland birgt. 13 Vgl. Nechio, F. (2011). Monetary Policy When One Size Does Not Fit All. Federal Reserve Bank of San Francisco. Economic Letter 2011-18. 14 Unter Hinweis auf die großen Unterschiede zwischen kurzfristigen Zinsen und kalkuliertem Tay- lor-Zins weist der Sachverständigenrat darauf hin, dass die einheitliche Zinspolitik die realwirt- schaftlichen Divergenzen in der Eurozone verstärkt hat. Seinen Berechnungen zufolge lagen die kurzfristigen Zinsen in Spanien, Griechenland und Portugal von 1999 bis 2007 im Durchschnitt um 2 bis 2 ½%-Punkte über dem Taylor-Zins. Vgl. Sachverständigenrat (2010). Chancen für ei- nen stabilen Aufschwung. Jahresgutachten 2010/11. 2.400 2.500 2.600 2.700 2.800 2.900 3.000 3.100 3.200 99 01 03 05 07 09 11 Reales BIP Potenzial, HP gefiltertes reales BIP GIIPS: BIP & Potenzial 17 Mrd. 2005er EUR, Jahresbasis Quellen: OECD, DB Research 0 1 2 3 4 5 6 99 01 03 05 07 09 11 Taylor EZB Refi - Satz Deutschland: Taylor & Leitzins 18 % Quellen: OECD, Global Insight, Eurostat, DB Research Ausblick Deutschland 12 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Falsche Politik der EZB? Bedeutet dies, dass die EZB mit ihrer aktuellen Ausrichtung die falsche Politik verfolgt? Wohl nicht. So muss die EZB ihre Geldpolitik auf den Durchschnitt der Eurozone ausrichten. Eine gemeinsame Geldpolitik kann anders nicht funktio- nieren. Zudem befindet sich die Politik insgesamt, d.h. sowohl die Geld- als auch die Fiskalpolitik, seit dem Ausbruch der Finanzkrise sowie der Verschul- dungskrise der Peripherieländer der Eurozone in unbekanntem Terrain mit er- heblichen Unsicherheiten bezüglich der Wirkungsstärke und -verzögerung ihrer Maßnahmen. 15 Darüber hinaus divergiert seit 2009 die fundamentale Entwicklung innerhalb des Euroraums so stark wie seit der Gründung der EWU nicht, was die weite Sprei- zung der Produktionslücken innerhalb der Eurozone belegt. Diese ist derzeit fast drei Mal so hoch wie im Zeitraum 1995 bis 2008 (Graphik 19). Während die Kapazitäten in Deutschland leicht überausgelastet sind, weist Griechenland nach Einschätzung der OECD und der EU Kommission eine Produktionslücke von fast 15% auf. Dies birgt natürlich erhebliche Probleme für eine gemeinsame Geldpolitik, die zudem auch noch asymmetrisch in Expansions- und Restriktionsphasen wirkt. Während hohe Zinsen dämpfend auf die Kreditnachfrage des privaten Sektors wirken, ist die umgekehrte Wirkung ungewiss oder könnte durch andere Fakto- ren kompensiert werden, was gerade die aktuelle Entwicklung zeigt. Trotz histo- risch niedriger Zinsen ist die Kreditnachfrage des privaten Sektors in Deutsch- land derzeit sehr schwach und in der Eurozone insgesamt sogar leicht rückläu- fig. Salopp gesprochen ist die Geldpolitik wie ein Strick: Ziehen kann man daran recht gut, schieben lässt sich damit allerdings nicht. Da eine Notenbank überdies ihre Geldpolitik nicht an der aktuellen Inflation, sondern dem mittelfristig erwarteten Preisanstieg ausrichten muss, muss sie ihre Entscheidungen zudem auf Basis von Prognosen fällen. Wie revisionsanfäl- lig diese Prognosen gerade in den letzten Jahren waren, und wie hoch die Un- sicherheit der für die Geldpolitik relevanten Größen, wie beispielsweise die Pro- duktionslücke, war, zeigen exemplarisch die Prognosen der EU Kommission, 16 die jeweils im Frühjahr und Herbst eines Jahres erstellt werden (Graphik 20). Hinterher ist man immer schlauer So war die EU Kommission in ihrer im Herbst 2008 erstellten Schätzung für die Produktionslücke der Eurozone für das Jahr 2009 lediglich von einer Unteraus- lastung des Produktionspotenzials von knapp ¾% des potenziellen BIP ausge- gangen (Graphik 21). Nur ein halbes Jahr später, im Frühjahr 2009, veran- schlagte sie die Produktionslücke schon auf -2 ¾%. Hätte die EZB nach der Taylor-Regel auf Basis der Kommissionsprognose vom Frühjahr 2009 entschie- den, hätte sie ihren Leitzins um 1%-Punkt niedriger setzen müssen als auf Basis der Prognose vom Herbst 2008. In ihrer aktuellen Prognose vom Herbst 2012 schätzt die EU Kommission die Produktionslücke der Eurozone für das Jahr 2009 nun auf 3 ½% des potenziellen BIP, was im Nachhinein betrachtet nach der Taylor-Regel einen um 1 ½%-Punkte niedrigeren Leitzins impliziert als nach der Prognose vom Herbst 2008. Dies zeigt die erheblichen Unsicherheiten, un- ter denen geldpolitische Entscheidungen getroffen werden mussten. 15 Vgl. Blanchard, O., D. Leigh (2013). Growth Forecast Errors and Fiscal Multipliers. IMF Working Paper. WP/13/1. 16 Ähnlich starken Revisionen unterlagen auch die Output gap-Schätzungen der OECD und des IWF. 0,00 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40 0,45 94 96 98 00 02 04 06 08 10 12 Standardabweichung der gewichteten Output gaps der einzelnen EWU-Länder, % potenzielles BIP Quellen: OECD, DB Research EWU: Streuung der Produktionslücken 19 - 4 - 3 - 2 - 1 0 1 2 3 1991 1994 1997 2000 2003 2006 2009 2012 Herbst 2004 Herbst 2008 Herbst 2012 EWU: Produktionslücke - Schätzungen der EU Kommission 20 % potenzielles BIP Zeitpunkt der Prognose Quelle: EU Kommission - 4,5 - 4,0 - 3,5 - 3,0 - 2,5 - 2,0 - 1,5 - 1,0 - 0,5 0,0 H08 F09 H09 F10 H10 F11 H11 F12 H12 F13 F = Frühjahr, H = Herbst % potenzielles BIP Zeitpunkt der Prognose Quelle: EU Kommission EWU: Produktionslücke 2009 - Schätzungen der EU Kommission 21 Ausblick Deutschland 13 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Fiskalpolitik und makro-prudenzielle Steuerung ist gefordert Deutschland und die EZB befinden sich in einem Dilemma. Die Leitzinsen der EZB sind für Deutschland mit Blick auf die Fundamentaldaten zu niedrig und bergen auf längere Sicht nicht zu vernachlässigende Inflationsrisiken. Hand- lungsspielraum für die EZB darauf zu reagieren, gibt es aufgrund der stark di- vergierenden Entwicklungen innerhalb der Eurozone derzeit nicht. Zudem spre- chen auch die weiterhin hohe Verunsicherung an den Finanzmärkten und die noch ungelösten Probleme europäischer Banken für weiter extrem niedrige Refi- Sätze. Eine schnelle Kehrtwende in der Ausrichtung der Geldpolitik ist somit nicht zu erwarten. Damit sind die Grundbausteine, die in den Peripherieländern der Eurozone in den Jahren 2001 bis 2008 zu erheblichen Vermögenspreisbla- sen, insbesondere im Immobiliensektor, geführt haben, auch in Deutschland vorhanden. So sind die Realzinsen am kurzen und langen Ende des Marktes negativ. Aktuell beträgt die reale Rendite von 10jährigen Bundesanleihen fast 0, diejenige der 3-Monats-Geldmarktpapiere sogar rund -1 ½%. Im Zeitraum 1980 bis 2000 lag die reale Rendite von Bundesanleihen im Schnitt bei 4,4% und von 2000 bis 2009 noch bei 2,6% (Graphik 22). Entsprechend ist, wenn die Inflationsrisiken sichtbarer werden, die Fiskalpolitik gefordert, mittels einer restriktiveren Politik einen Ausgleich zu der zu lockeren Geldpolitik zu schaffen, um die Fehler der Peripherieländer zu vermeiden. Für die GIIPS-Länder war die geldpolitische Ausrichtung im Zeitraum 2001 bis 2008 eindeutig zu locker und wurde nicht durch die nationale Fiskalpolitik korrigiert, mit den bekannten Folgen. Makro-prudentielle Aufsicht zur Differenzierung der Geldpolitik Helfen kann auch eine verstärkte makro-prudentielle Aufsicht zur Differenzie- rung der in der Währungsunion homogenen Geldpolitik und damit beim Kampf gegen inflationäre Gefahren. 17 Makro-prudentielle Politik kann eingesetzt wer- den, um die eigentlich homogene Geldpolitik durch zusätzliche Instrumente zu differenzieren. Das Arsenal makro-prudentieller Instrumente liefert hierfür Mög- lichkeiten, beispielsweise durch den Einsatz regional oder sektoral differenzier- ter geldpolitischer oder aufsichtsrechtlicher Maßnahmen. Zu denken ist hier z.B. an unterschiedliche Mindestreservevorschriften oder eine Variation der Eigen- kapitalvorschriften. Solche Maßnahmen mit dem Ziel einer asymmetrischen Wirkung der Geldpolitik sind auch und gerade in Krisenzeiten möglich und ge- eignet. Zwei Fliegen mit einer Klappe … Mit einer restriktiveren Fiskalpolitik und mit makro-prudenzieller Steuerung könnten in Deutschland zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Zum einen können über „Anreiz- und Bestrafungsmaßnahmen“ inflationären Tenden- zen entgegengewirkt werden. Hierzu zählen neben allgemeinen Steuererhö- hungen und Ausgabenkürzungen auch gezielte Maßnahmen zur Vermeidung von Preisblasen am Immobilienmarkt, wie z.B. regulatorischen Maßnahmen (Anhebung der Risikogewichte bei der Eigenkapitalgewichtung der Banken, Bildung von Rückstellungen für künftige Marktkorrekturen, höhere Eigenkapital- basis für Bauherren), die Einführung bzw. Erhöhung von Gebühren (beispiels- 17 Vgl. Speyer, B. (2012). Makro-prudenzielle Aufsicht und das ESRB: Unterschätzt. Deutsche Bank Research. Research Briefing. Globale Finanzmärkte. 29. März 2012. -3,0 -2,0 -1,0 0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 6,0 7,0 8,0 80 84 88 92 96 00 04 08 12 10J Rendite Staatsanleihen 3M Geldmarktsatz Deutschland: Realzinsen 22 Nominale Zinsen - Inflationsrate, % Quellen: Statistisches Bundesamt, Global Insight Ausblick Deutschland 14 | 2. April 2013 Aktuelle Themen weise von Notaren), der Abbau von Subventionen für bestimmte Gewerbebau- tätigkeiten sowie die Anhebung der Hebesätze auf die Grundsteuer. 18 Zum anderen würde damit eine weitere Konsolidierung der öffentlichen Finan- zen und insbesondere ein Schuldenabbau vorangetrieben. Zwar ist die aktuelle Lage der öffentlichen Finanzen in Deutschland ausgesprochen günstig. Nach einem leichten Überschuss im vergangenen Jahr dürfte sich im laufenden Jahr vor allem konjunkturbedingt nur ein geringfügiges Budgetdefizit von unter ½% des BIP ergeben. Allerdings ist eine weitere Konsolidierung – vor allem mit Blick auf die demografische Entwicklung – dringend geboten. So wurden in den letz- ten Dekaden mit Ausnahme von wenigen Jahren permanent zum Teil hohe Fehlbeträge im öffentlichen Sektor erwirtschaftet, und die öffentliche Verschul- dung stieg von deutlich unter 20% des BIP im Jahr 1970 auf zuletzt über 80% an (Graphik 23). Die Antwort, was getan werden muss, falls die Inflationsrisiken sichtbarer wer- den, ist klar. Ob die Politiker dazu allerdings das Rückgrat haben, wenn es hart auf hart kommt, bleibt jedoch fraglich. Vor diesem Hintergrund sollte die jüngste Forderung einiger Parteien, den Solidaritätszuschlag zu reduzieren bzw. abzu- schaffen, nochmals überdacht werden. … aber bitte nicht zu kräftig „zuschlagen“ Allerdings muss angesichts der erheblichen Wachstumsrisiken behutsam vor- gegangen werden. Gerade die jüngsten Forschungsergebnisse lassen vermu- ten, dass die Fiskalmultiplikatoren, d.h. die Stärke der Wirkungen der fiskali- schen Maßnahmen auf das Wirtschaftswachstum, vor allem in Krisenzeiten höher sind als für „normale“ Zeiten angenommen. 19 Zudem ist die Fiskalpolitik nicht die erste Wahl bei der Inflationsbekämpfung, da eine solche Ausrichtung die Lenkungsfunktion von Steuern und Abgaben verzerren und zu einem un- ausgewogenen Policy-Mix führen würde. Nicht ohne Grund wurde die Sicherung der Preisstabilität auf unabhängige Notenbanken mit eigenem Instrumentarium übertragen. Bernhard Gräf (+49 69 910-31738, bernhard.graef@db.com) 18 Einen detaillierten Überblick über mögliche Maßnahmen zur Eindämmung von Blasen am Immo- bilienmarkt findet sich bei: Möbert, J. (2012). Deutscher Wohnimmobilienmarkt: Risiko einer Preisblase bis 2020? Deutsche Bank Research. Aktuelle Themen. 1. Oktober 2012. 19 Der IWF hatte in seinem World Economic Outlook vom Oktober 2012 darauf hingewiesen, dass die Fiskalmultiplikatoren, die üblicherweise mit 0,5 angesetzt werden, insbesondere in den aktuel- len Krisenzeiten zu niedrig sein könnten. Seiner Einschätzung zufolge könnten sie zwischen 0,9 und 1,7 liegen, was bedeutet, dass eine Konsolidierung um 1%-Punkt des BIP zu einem Produk- tionsverlust von bis zu 1,7% führen würde, was von vielen Ökonomen, u.a. auch von Bundes- bankpräsident Jens Weidmann, in Frage gestellt und mit der geringen Anzahl an Beobachtungen, der starken Abhängigkeit der Ergebnisse von der Auswahl der Länder begründet wurde. Zudem seien die Entwicklungen in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich, so dass eine Querschnittsanalyse, wie vom IWF bei seiner Untersuchung angewendet, dem nicht genügend Rechnung tragen würde. Nichtsdestotrotz veranschaulicht diese Diskussion überaus deutlich die derzeit bestehen Unsicherheiten hinsichtlich fiskalischer Wirkungen. Vgl. IMF (2012). Coping with High Debt and Sluggish Growth. World Economic Outlook. October 2012. Blanchard, O., Leigh, D. (2013). Growth Forecast Errors and Fiscal Multipliers. IMF Work- ing Paper. WP/13/1. Corsetti, G., Meier, A., Müller, G.J. (2012). What Determines Government Spending Multipliers? IMF Working Paper. WP/12/150, sowie: Bousard, J., de Castro, F., Salto, M. (2012). Fiscal Multipliers and Public Debt Dynamics in Consolidations. European Commission. Economic Papers 460. 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 - 6 - 5 - 4 - 3 - 2 - 1 0 1 2 70 73 76 79 82 85 88 91 94 97 00 03 06 09 12 Budgetsaldo (links) Verschuldung (rechts) Deutschland: Öffentliche Finanzen 23 % BIP Quellen: Sachverständigenrat, DB Research Ausblick Deutschland 15 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Verfügbare Einkommen: Arbeitsmarktboom und Eurokrise hinterlassen Spuren — Die verfügbaren Einkommen stiegen 2012 nominal um 2,2%. Real blieb wegen der nur leicht gesunken Inflation ein Plus von 0,6%. — Wie in den zwei Vorjahren lieferten die Arbeitnehmereinkommen dank des stabilen Arbeitsmarktes den wichtigsten Beitrag, während die Unterneh- mens- und Vermögenseinkommen unter der schwächeren Konjunktur, der Eurokrise und den Niedrigzinsen litten und dadurch die Einkommensent- wicklung dämpften. — 2013 dürfte sich die Entwicklung des Vorjahres in etwa fortsetzen: Die ver- fügbaren Einkommen könnten dank höherer Löhne und geringerer Abgaben sowie steigender Renten um knapp 2 ½% steigen, wobei die anderen Ein- kommensarten eher dämpfen. Das reale Plus könnte dank fallender Inflation etwas höher als 2012 ausfallen. — Die Lohnrunde dürfte 2013 wie auch schon 2012 einen Anstieg der tarifli- chen Stundenlöhne von gut 2 ½% bringen. Damit dürfte der verteilungs- neutrale Spielraum erneut leicht „überausgeschöpft“ werden. Würde diese Entwicklung anhalten oder sich gar beschleunigen, könnte das (negative) Beschäftigungseffekte mit sich bringen. Deutschland solle seine Binnenwirtschaft stärken und so die Importnachfrage anschieben. Diese Forderung wird und zuletzt verstärkt an das Land herange- tragen. In einer unserer letzten Ausgaben des „Ausblick Deutschland“ 20 haben wir davor gewarnt, dies durch kurzfristige Stimulierungsmaßnahmen anzustre- ben, da so keine nachhaltige Stärkung der Binnenwirtschaft erreicht werden kann. Nachhaltig kann der private Konsum – der gut 60% der Binnennachfrage ausmacht – nur durch dauerhaft höhere verfügbare Einkommen gestärkt wer- den. Nach dieser Maßgabe ist Deutschland auf einem guten Weg: Zwar waren die Einkommen 2012 merklich von der Eurokrise beeinflusst. Dennoch haben gestiegene reale Einkommen dem Konsum 2012 wie in den zwei Vorjahren Impulse gegeben, vor allem wenn man die Entwicklung mit der Schwächeperio- de Mitte der 2000er vergleicht und bedenkt, dass die wirtschaftliche Dynamik im Jahresverlauf 2012 stark abgenommen hatte. Getragen vom stabilen Arbeits- markt mit recht kräftigen Lohnerhöhungen und abnehmender Inflation dürften die privaten Haushalte 2013 merkliche reale Einkommenszuwächse verzeich- nen und den Konsum dadurch zum wichtigsten Wachstumstreiber machen. Verfügbare Einkommen: 2012 etwas gedämpfter aufwärts Die privaten Haushalte in Deutschland verzeichneten 2012 ein moderates Plus ihrer (nominalen) verfügbaren Einkommen. Die Einkommen stiegen 2012 nomi- nal um 2,3% an. Das war in etwa die Höhe, die wir Anfang 2012 prognostiziert hatten und sogar etwas höher als der Schnitt der 10 Jahre zuvor (1,9%). In den Jahren 2011 und 2012 betrugen die Anstiege vor allem auch dank der Nachhol- effekte nach der Krise noch je rd. 3%. Trotz einer etwas niedrigeren Inflationsrate als im Vorjahr blieb 2012 in realer Rechnung nur ein sehr geringes Einkommensplus von 0,2% (2011: +1,2%). Das ist halb so viel wie im Schnitt der 10 Vorjahre, obwohl die Krisenjahre dazugehö- ren. Auch wenn man statt den Verbraucherpreisen die Preisentwicklung des privaten Konsums heranzieht, um den realen Einkommenszuwachs zu errech- nen, bleibt das Plus mit 0,6% gegenüber +0,5% in den 10 Jahren zuvor moderat (2011: 1,2%). 20 Ausblick Deutschland: „Währungskrieg“ und pazifistische Europäer. 18. Februar 2013. -2 0 2 4 00 02 04 06 08 10 12 Nominal Real* Real** Verfügbare Einkommen 2012 nur mit kleinem Plus in realer Rechnung 1 Verfügbare Einkommen der privaten Haushalte, % gg. Vj. * mit Verbraucherpreisindex deflationiert ** mit Deflator des privaten Konsums deflationiert Quelle: Statistisches Bundesamt - 6 - 4 - 2 0 2 4 6 92 94 96 98 00 02 04 06 08 10 12 Privater Konsum BIP Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research Privater Konsum: Wachstumsbeitrag, % - Punkte; BIP: Wachstum, % gg.Vj.; real Konsum trug 2010 - 2012 wieder stäker zum Wachstum bei 2 Ausblick Deutschland 16 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Angesichts des rückläufigen Wirtschaftswachstums – das reale BIP stieg 2012 um 0,7% nach 3% im Vorjahr – ist das wenig überraschend. Aufgrund der schwächeren Einkommensdynamik blieb der Konsum aber hinter den Anfang 2012 noch vielfach geäußerten positiven Erwartungen zurück. 21 Der private Konsum legte 2012 mit real 0,6% weniger stark zu als im Vorjahr, in dem das Wachstum noch 1,7% betrug. Bei einer nahezu konstanten Sparquote (10,3% gg. 10,4% im Vorjahr) floss das Lohnplus komplett in den Konsum. Zwar war das Konsumplus insgesamt nur moderat. Trotzdem war der private Verbrauch angesichts des schwachen BIP-Wachstums neben dem Export ein wichtiger Wachstumstreiber und stand für gut die Hälfte des gesamtwirtschaftli- chen Wachstums. Auch in den zwei Vorjahren war der Wachstumsbeitrag des Konsums merklich positiv. Dies kontrastiert besonders deutlich mit der Zeit Mitte der 2000er, in der der Beitrag nahe null und 2007 sogar negativ war. Eurokrise und Arbeitsmarktboom hinterließen 2012 Spuren Die insgesamt etwas moderatere (nominale) Einkommensentwicklung verdeckt, dass die Arbeitnehmer 2012 erneut vom starken Arbeitsmarkt profitieren konn- ten. Dieser ließ sich von der Eurokrise und dem verlangsamten BIP-Wachstum kaum bremsen. Währenddessen zeigten sich bei den Einkommen aus unter- nehmerischer Tätigkeit und die Vermögenseinkommen, die nur wenig wuchsen, ein merklicher Einfluss der Konjunktur und Krise. Diese Dichotomie zeigte sich insbesondere im zweiten Halbjahr 2012, als die Einkommen der Arbeitnehmer im Vorjahresvergleich kräftig weiter expandierten mit Raten von nominal über 3%, während die Vermögens- und Unternehmereinkommen nur noch wenig zulegen konnten. Ursächlich dafür ist, dass bei einer konjunkturellen Verlang- samung Löhne und Beschäftigung zunächst kaum reagieren, die Schwächung der Einkommen damit fast ausschließlich bei den Gewinn- und Vermögensein- kommen – der Residualgröße – anfallen. Das im Vergleich zu den anderen Ein- kommenskomponenten starke Wachstum der Arbeitnehmerentgelte hat dafür gesorgt, dass die Lohnquote 2012 um 1%-Punkt auf 68% angestiegen ist und damit wieder deutlich über dem letzten Tief von 64% (2007) lag. Zudem sind die Einkommen der Arbeitnehmer damit das dritte Jahr in Folge der wichtigste Wachstumstreiber der verfügbaren Einkommen. 21 Im Januar 2012 wurde laut Consensus Economics im Schnitt 1% Konsumwachstum bei 0,5% BIP-Wachstum erwartet. -15 -10 -5 0 5 10 15 00 02 04 06 08 10 12 Arbeitnehmerentgelt Betriebsübersch./Selbstständigeneink. Vermögenseinkommen Monetäre Sozialleistungen % gg. Vj., nominal Quelle: Statistisches Bundesamt Arbeitnehmerentgelt wächst stärker als in letzter Dekade 3 - 15 - 10 - 5 0 5 10 15 08 09 10 11 12 Verfügbare Einkommen Arbeitnehmerentgelt Betriebsüberschuss/Selbstständigen - einkommen, Vermögenseinkommen Monetäre Sozialleistungen Einkommensdynamik Ende 2012 stark gesunken 4 % gg. Vj., nominal Quelle: Statistisches Bundesamt - 4 - 3 - 2 - 1 0 1 2 3 4 5 93 95 97 99 01 03 05 07 09 11 Nettolöhne und - gehälter Monetäre Sozialleistungen Betriebsüberschuss/Selbstständigeneinkommen, Vermögenseinkommen Verfügbare Einkommen Arbeitnehmereinkommen trieben zuletzt die verfügbaren Einkommen 5 Beitrag zum Wachstum der nominalen verfügbaren Einkommen, % - Punkte; Verfügbare Einkommen, % gg. Vj. Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research Ausblick Deutschland 17 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Die Arbeitnehmerentgelte expandierten im Gesamtjahr 2012 mit nominal 3,6% erneut kräftig (2011: 4,6%; 2010: 3,0%). Der Vergleich zur von hoher Arbeitslo- sigkeit und Strukturreformen geprägten Zeit Anfang/Mitte der 2000er (2000- 2006: +1,1% p.a.) zeigt deutlich auf, wie gut die Lage am deutschen Arbeits- markt derzeit ist. Getragen wurde das Plus bei den Arbeitnehmerentgelten 2012 durch den deutlichen Anstieg bei der Entlohnung je Stunde von 3,1%. Zudem trug auch der anhaltende Beschäftigungsaufbau (+1,1% oder 459 Tsd.) kräftig zu dieser Entwicklung bei. Das Beschäftigungsplus geht vor allem auf die (Net- to-) Zuwanderung von 340.000 Personen zurück, die – wenn auch von niedri- gem Niveau aus – zunehmend durch Migranten aus den Peripheriestaaten ge- trieben wird. 22 Dahingegen leisteten die Arbeitnehmer im Durchschnitt weniger Stunden (-0,7% gg. Vj.), was die Einkommen der Arbeitnehmer dämpfte. Dies war auf die leicht zurückgegangene Wochenarbeitszeit und auf den Abbau der Salden auf den Arbeitszeitkonten zurückzuführen. Zieht man von den Arbeit- nehmerentgelten Steuern und Sozialabgaben ab, erhält man die Nettolöhne und -gehälter. Diese machen rd. 40% der verfügbaren Einkommen aus. Im Gegensatz zu den Arbeitnehmerentgelten blieb das Wachstum der Einkom- men aus Betriebsüberschüssen und selbstständiger Tätigkeit und der Vermö- genseinkommen deutlich hinter ihren jeweiligen Vorjahresraten zurück. Die ab- nehmende Konjunkturdynamik in Deutschland, die Rezession in der Eurozone und das globale Niedrigzinsumfeld hinterließen hier deutliche Spuren: — Die Einkommen aus Betriebsüberschüssen und selbstständiger Tätigkeit, die für knapp 13% der Einkommen stehen, nahmen um 0,4% (2011: 1,5%) zu. Zwar ist eine Verlangsamung gegenüber den Vorjahresraten nicht über- raschend, da sie noch durch einen Nachholeffekt nach der Krise und den hohen BIP-Wachstumsraten geprägt waren. Aber auch im Vergleich zum durchschnittlichen Wachstum der 10 Jahre vor 2012 (1,1% p.a.) zeigt sich die Schwäche. Zudem befinden sich die Einkommen aus dieser Quelle mit EUR 211 Mrd. noch deutlich unter dem Vorkrisen-Höchststand von EUR 231 Mrd. (2008). — Der Anstieg der Vermögenseinkommen ging ebenfalls stark zurück von 6,3% auf 3,7%, wobei aber der Durchschnitt der 10 Vorjahre nur leicht hö- her bei 3,8% liegt. Diese Einkommensart steht für 23% der verfügbaren Einkommen. Der Einfluss der extremen Niedrigzinsphase wird bei den Ein- kommen aus „Übrigen Zinsen, Pachteinkommen“ sehr deutlich. Nach einem Plus von 3,4% im Jahr 2011 fielen sie im letzten Jahr um 4,3% und dämpf- ten die Vermögenseinkommen dadurch merklich. Bei den „Ausschüttungen und Gewinnentnahmen“ (z.B. empfangene Dividenden), die für weit über die Hälfte der Vermögenseinkommen stehen, machte sich die Konjunktur be- merkbar. Das Wachstum dieser Einkommenskomponente halbierte sich na- hezu auf 4,3% (2011: 8,3%), blieb aber im Vergleich zur letzten Dekade noch positiv (2001/2011: +4,0% p.a.). Beispielhaft sieht man dies auch am Gewinnwachstum der Dax-Unternehmen, das ins Minus fiel. Die Rezession in der Eurozone und die rückläufige Dynamik der Weltwirtschaft machten sich nicht nur direkt beim Absatz und Gewinn deutscher Unternehmen be- merkbar, sondern auch indirekt bei Tochterunternehmen und Beteiligungen im Ausland. Beispielsweise befindet sich gut ein Drittel der deutschen Di- rektinvestitionen (knapp EU 380 Mrd.) in den rezessionsgeplagten anderen EWU-Ländern. Ebenfalls dämpfend auf die verfügbaren Einkommen wirkte der schwache An- stieg der monetären Sozialleistungen von nur 1,2% (Anteil an verfügbaren Ein- kommen: 28,7%). Allerdings ist das immer noch höher als im Vorjahr mit -0,7% (2011/2001: 1,5% p.a.). Erneut gibt es zwei gegenläufige Entwicklungen: 22 Aktuelle Grafik. Immer mehr Zuwanderer aus südeuropäischen Partnerländern. 7. Dezember 2012. 58 60 62 64 66 68 70 72 74 91 93 95 97 99 01 03 05 07 09 11 Lohnquote*, % Quelle: Statistisches Bundesamt *Anteil Arbeitnehmerentgelt an Volkseinkommen Lohnquote auf aufsteigenden Ast 6 - 15 - 10 - 5 0 5 10 15 01 03 05 07 09 11 Betriebsüberschuss/ Selbstständigeneinkommen Vermögenseinkommen Nominal, % gg. Vj. Quelle: Statistisches Bundesamt Unternehmens - und Vermögens - einkommen: Geringere Dynamik 7 - 80 - 60 - 40 - 20 0 20 40 60 80 2002 2004 2006 2008 2010 2012 Quellen: Worldscope, Datastream Ertrag je Aktie, % gg. Vj. Erträge der Dax - Unternehmen 2013 wohl nur wenig höher als 2012 8 Ausblick Deutschland 18 | 2. April 2013 Aktuelle Themen — Dank der niedrigen Arbeitslosigkeit sanken die Einkommen aus Arbeitslo- sengeld leicht um 0,4% (2011: -16,6%). Bei der Arbeitslosenhilfe waren es sogar -2,7% (2011: -13,5%). Zusammen stehen diese Einkommensbestand- teile für gut 7% der empfangenen monetären Sozialleistungen. — Im Gegensatz dazu stiegen die Einkommen aus der staatlichen Rente und den Beamtenpensionen recht stark. Die staatliche Rente macht gut die Hälf- te der monetären Sozialleistungen aus. Das Plus betrug 2012 1,7% im Ver- gleich zu 0,7% im Vorjahr und 1,2% im Schnitt der 10 Jahre zuvor. Die gut 2%-ige Rentenerhöhung fand erst zur Mitte des Jahres statt und trieb die Wachstumsraten der Sozialleistungen in der zweiten Jahreshälfte Richtung 2% (Grafik 4). Gespaltene Einkommensentwicklung setzt sich 2013 abgeschwächt fort Die deutsche Wirtschaft dürfte im laufenden Jahr mit real 0,3% noch einmal etwas schwächer als im Vorjahr wachsen. Dennoch sollten die verfügbaren Einkommen in etwa mit dem gleichen Tempo wie 2012 zunehmen. Wir erwarten ein Plus von gut 2 ½%. Dabei dürften sich die zuvor beschriebenen divergieren- den Trends 2013 in abgeschwächter Form fortsetzen, da vor allem die Expansi- on der Arbeitnehmerentgelte weniger dynamisch ausfallen dürfte, während die anderen Komponenten ähnlich stark wie zuvor oder nur leicht schwächer als im Vorjahr wachsen sollten. Die Arbeitnehmerentgelte sollten mit 2,8% (zuvor 3,6%) zwar etwas langsamer wachsen, aber immer noch den größten Wachstumsbeitrag zum verfügbaren Einkommen liefern. Dabei unterstellen wir, dass die Stundenlöhne wie im Vor- jahr um rd. 2 ½% ansteigen (im nächsten Abschnitt mehr dazu). Gleichzeitig erwarten wir, dass die Beschäftigung vor allem wegen der geringen Konjunktur- dynamik im Winter mit 0,5% nur noch halb so stark zulegen dürfte wie im Vor- jahr. Das wäre dennoch der achte Beschäftigungsanstieg in Folge. Einen zu- sätzlichen Impuls erhalten die Einkommen der Arbeitnehmer durch die Anfang 2013 in Kraft getretene Senkung der Rentenbeiträge um 0,7%-Punkte. Diese kommt hälftig den Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu Gute. Der Beitrag zur Pflegeversicherung wird dagegen leicht angehoben. Die Einkommen aus Betriebsüberschüssen, selbstständiger Tätigkeit und Ver- mögen dürften 2013 mit etwa 2% noch einmal langsamer als im Vorjahr zule- gen. Dafür spricht einerseits das – nominal wie real – verlangsamte BIP- Wachstum in Deutschland, die anhaltende Rezession in der Eurozone als auch die recht niedrigen Prognosen für die Gewinne der Dax-Unternehmen. Nicht zuletzt ist ein Ende der Niedrigzinsphase nicht absehbar. So erwarten wir von den großen Zentralbanken bis Jahresende keinen Zinsschritt. Der Anstieg der Einkommen aus monetären Sozialleistungen dürfte im laufen- den Jahr mit knapp 1,5% etwas höher als im Vorjahr ausfallen (1,2%). Das liegt an den Nachwirkungen der Rentenerhöhung zur Mitte des Vorjahres und der zur Mitte 2013 anstehenden erneuten Anhebung. Diese dürfte laut dem Bun- desarbeitsministerium für Rentner in den alten Bundesländern mit 0,25% deut- lich niedriger als für jene aus den neuen Bundesländern mit über 3% ausfallen. Dennoch sollten die Einkommen aus dieser Quelle wie im Vorjahr im Schnitt um etwa 1 ¾% zulegen können. Bei den Einkommen aus Arbeitslosengeld und -hilfe könnte der von uns prognostizierte leichte Anstieg der Arbeitslosigkeit für eine geringe Zunahme sorgen. Der stabile Arbeitsmarkt bei gleichzeitig niedrigem Zinsniveau lässt uns eine unveränderte oder leicht sinkende Sparquote erwarten (2012: 10,3%). Damit sollte das Einkommensplus komplett dem Konsum zu Gute kommen. Unsere -2 0 2 4 6 8 10 12 14 00 02 04 06 08 10 12 14 Arbeitslosenquote, % Beschäftigung, % gg. Vj. Arbeitsmarkt: Stabile Arbeitslosigkeit, aber geringe Beschäftigungsdynamik 9 Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research 0 1 2 3 4 5 6 07 08 09 10 11 12 13 EZB BoE Fed Globales Niedrigzinsumfeld 10 Leitzinssätze, % Quellen: Fed, EZB, Bank of England 6 8 10 12 14 16 91 95 99 03 07 11 Quelle: Statistisches Bundesamt Sparquote der privaten Haushalte, % Sparquote zuletzt mit Abwärtstrend 11 Ausblick Deutschland 19 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Prognose für das verfügbare Einkommen von +2,4% bei einer erwarteten Infla- tion von 1,6% deutet demnach auf Aufwärtsrisiken für unsere Prognose des realen privaten Konsums hin. Diese liegt aktuell bei +0,6%. Unabhängig davon, ob der private Konsum nun 0,6% oder etwas stärker wächst, würde er Haupt- treiber des gesamtwirtschaftlichen Wachstums sein. Dies liegt daran, dass die positiven Beiträge des Staatskonsums und des Bausektors durch die negativen Beiträge des Außenhandels und der Ausrüstungsinvestitionen ausgeglichen werden sollten. Vergleichsweise hohe Lohnabschlüsse auch 2013 Neben der zu Beginn diskutierten Forderung an Deutschland, seine Binnenwirt- schaft z.B. durch steuerliche Maßnahmen oder Ausgabenprogramme zu stär- ken, gibt es auch regelmäßige Appelle, dies durch höhere Löhne zu erreichen. Gleichzeitig hätte dies den Vorteil, die relative Wettbewerbsfähigkeit der europä- ischen Partnerländer zu verbessern. Freilich führt die Argumentation über Löh- ne ebenfalls ins Leere, wenn die Lohnerhöhungen nicht durch Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt und Produktivitätsfortschritte gedeckt sind. Denn so würden nur die erreichten Arbeitsmarkterfolge gefährdet und eine nachhaltige Entwicklung verhindert. Zudem entwickelten sich die Löhne in den letzten drei Jahren schon relativ positiv. So wuchsen die nominalen Bruttomonatsverdienste in dieser Zeit um jeweils über 2 ½%. 2012 waren es 2,6%. In den 10 Jahren zuvor lag die Rate bei im Schnitt 1,5%. In realer Rechnung zeigt sich ein eben- so markanter Unterschied: 2012 legten die Reallöhne um 0,6% zu nach 1,0% und 1,5% in den zwei Jahren zuvor. In den 10 Jahren vor 2012 schrumpften die Reallöhne pro Jahr im Schnitt um 0,1%. Dieser Richtungswechsel hat zusam- men mit dem kräftigen Beschäftigungsaufbau der letzten Jahre den Arbeits- nehmern wie oben beschrieben ordentliche Einkommenszuwächse ermöglicht, die dem Konsum zunehmend Impulse gaben. Die Forderungen und ersten Ergebnisse der Tarifrunde 2013 deuten für das laufende Jahr darauf hin, dass die Gewerkschaften und Arbeitnehmer wieder recht hohe Lohnsteigerungen durchsetzen können. So lagen die Tarifabschlüs- se für 2013 laut WSI-Tarifarchiv bislang bei gut 2 ½% (Öffentlicher Dienst der Länder) bis 3% (Eisen- und Stahlindustrie). Dazu kommen Tarifforderungen von in vielen Fällen mehr als 6%, die nach einer ganz groben Daumenregel zur Hälf- te erfüllt werden dürften. - 1 0 1 2 3 4 11 12 13 Privater Konsum Ausrüstungsinv. Bauinvestitionen Außenbeitrag BIP (% gg. Vj.) Außenhandel 2012 (noch) mit höchstem Wachstumsbeitrag 12 Wachstumsbeitrag zum realen BIP, % - Punkte Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research - 2 - 1 0 1 2 3 4 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 Real Nominal Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research Bruttomonatsverdienste, % gg. Vj. Reallöhne 2013 wohl mit vierten An - stieg in Folge 13 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 Tariflöhne Modellösung Tarifliche Stundenlöhne, % gg. Vj. Tariflöhne: 2013 erneut recht hohes Wachstum zu erwarten 14 Quellen: Bundesbank, DB Research, Statistisches Bundesamt - 6 - 4 - 2 0 2 4 6 00 02 04 06 08 10 12 Verteilungsneutraler Spielraum* Tariflohnindex Differenz Tariflöhne und verteilungsneutraler Spielraum 15 Stundenbasis, nominal, % gg. Vj. * Inflationsrate + Produktivitätssteigerung Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research Ausblick Deutschland 20 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Unserem Modell 23 zufolge steigen die (nominalen) tariflich vereinbarten Stun- denlöhne 2013 um 2,6% und damit genauso stark wie im Vorjahr. Die Berech- nung berücksichtigt die Kerninflation und das Produktivitätswachstum der letz- ten zwei Jahre sowie die von uns für das laufende Jahr prognostizierte Arbeits- losenquote. Die Prognose ist im Vorjahresvergleich in etwa unverändert, weil die leicht gestiegene Kerninflation durch die im Zuge der Wachstumsabschwä- chung 2012 gesunkene Produktivität ausgeglichen wurde. Die Arbeitslosenquo- te hat kaum einen Effekt, da wir erwarten, dass sie sich 2013 kaum ändert. Vergleicht man das letzte Jahr und unsere Prognose für 2013 mit den Jahren zuvor, zeigt sich erneut die Verbesserung am deutschen Arbeitsmarkt. So über- traf das 2,6%-ige Lohnplus den Schnitt der 10 Vorjahre von 1,6% deutlich. Um- gekehrt sind Löhne aber auch Kosten der Unternehmen. Steigen die Löhne deutlich stärker als die Produktivität und die Absatzpreise der Produkte der Un- ternehmen, dann kann dies auf längere Sicht wegen einer geschwächten Wett- bewerbs-/Gewinnsituation der Unternehmen Beschäftigungseffekte nach sich ziehen. Die Summe aus der Wachstumsrate der Produktivität und der Konsum- entenpreise wird daher auch als verteilungsneutraler Spielraum bezeichnet. Nimmt man unsere Prognose zur Grundlage, dürfte der verteilungsneutrale Spielraum 2013 zum zweiten Mal in Folge etwas mehr als ausgeschöpft wer- den, da die Produktivität wohl nur wenig steigt und die Inflation sinken dürfte, wohingegen die Löhne aber erneut recht kräftig zulegen. Das moderate „Über- ausschöpfen“ der Jahre 2012 und 2013 kann mit dem „Unterausschöpfen“ der Vorjahre nur unzureichend verglichen werden. Diese waren durch die Arbeits- kräftehortung im Krisenjahr 2009 und deren Nachwirkungen geprägt. Dennoch bleibt die Frage, ob durchschnittliche Lohnsteigerungen von 2 ½%-3% und das Übertreffen des verteilungsneutralen Spielraums schon 2013 eine Gefahr für das deutsche „Beschäftigungswunder“ bilden. Angesichts 1) der guten Wettbe- werbsposition vieler deutscher Unternehmen, 2) dem in Teilen bestehenden Fachkräftemangel und 3) dem erwarteten (nur) moderaten Überausschöpfen ist dies wohl für den Moment noch zu verneinen. Sollte der verteilungsneutrale Spielraum in diesem und den nächsten Jahren allerdings im zunehmenden Ma- ße übertroffen werden, sind negative Beschäftigungseffekte zu erwarten. Oliver Rakau (+49 69 910-31875, oliver.rakau@db.com) 23 Für Details zum verwendeten Modell siehe Aktuelle Themen Nr. 523: Deutschland: Nicht länger die Insel der Glückseligen. 22. August 2011. Ausblick Deutschland 21 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Warum konnte die deutsche Wirtschaft die jüngste Krise so gut bewältigen? Schon die globale Konjunkturerholung 2009/2010 kam für die meisten Beobach- ter überraschend 24 ; die Entwicklung in Deutschland aber sorgte dafür, dass sich der "kranke Mann Europas", so das international verbreitete Bild, in ein neues Aushängeschild verwandelte. Dabei waren der boomende Export und der ro- buste Arbeitsmarkt von entscheidender Bedeutung. 1. Die Entwicklung Deutschlands im Einzelnen In der Tat hatte die deutsche Wirtschaft aufgrund ihrer starken Abhängigkeit vom Export während der Weltwirtschaftskrise 2008/2009 massive Rückschläge zu verkraften. Da Deutschland unter den G-20 die Volkwirtschaft mit der größten Anfälligkeit für externe realwirtschaftliche und Finanzschocks ist, kam dies nicht gänzlich überraschend 25 . Zwischen dem Höchststand vom 1. Quartal 2008 und dem Tiefststand vom 2. Quartal 2009 schrumpfte das deutsche BIP um 6,8% (USA -4,7%, Großbritannien -6,2% und Japan -9,2%). Allerdings erhöhte sich die Arbeitslosenquote in Deutschland nur minimal um 0,7 Prozentpunkte; in den USA und Großbritannien stieg die Arbeitslosigkeit hingegen auf das Doppelte und in Japan von 3,8% auf 5,4% 26 . Zudem verlief die Konjunkturerholung in Deutschland am schnellsten unter den G4-Ländern; das BIP überstieg bereits im 1. Quartal 2011 seinen Vorkrisenhöchststand, während dies in den USA erst im 4. Quartal 2011 gelang. Japan (2,4 %-Punkte) und Großbritannien (3,1 %- Punkte) haben beide ihr Vorkrisenniveau noch nicht wieder erreicht. Diese Erho- lung erscheint noch beeindruckender, wenn man berücksichtigt, dass der Rest des Euro-Währungsraums, Deutschlands größter Handelspartner, der ca. 40% der deutschen Exporte absorbiert, seit der Talsohle im 4. Quartal 2009 lediglich ein geringfügiges Wachstum von 1,2% erzielen konnte. Allerdings wurden die negativen Auswirkungen angesichts der Politik der EZB und der Flucht der An- leger in Qualitätswerte zum Teil durch das extrem niedrige Zinsniveau sowie den – bis vor kurzem – relativ schwachen Euro-Wechselkurs kompensiert. Die kräftige Erholung der Weltwirtschaft ist hauptsächlich auf die bislang nie dagewesene und global koordinierte Lockerung der Geld- und Fiskalpolitik zu- rückzuführen. Weltweit haben die Regierungen eine antizyklische Politik einge- leitet. Unter den G20-Ländern betrug das durchschnittliche Volumen dieser Maßnahmen 2009 und 2010 etwas mehr als 2% des BIP, 2011 ging es auf ca. 1% des BIP zurück 27 . Die Zentralbanken nahmen aggressive Zinssenkungen vor und begannen, ihre Bilanzen für eine weitere konjunkturelle Stimulierung einzusetzen. 2. Strukturelle Vorteile in einer sich verändernden Weltwirtschaft Die relative Stärke der deutschen Wirtschaft basiert auf einer Reihe von seit langem bestehenden strukturellen Vorteilen und insbesondere der Rolle des innovativen und exportorientierten Mittelstands, der dank des dualen Ausbil- dungssystems über hochqualifizierte Arbeitskräfte verfügt. 99,5% der 3,6 Millio- nen deutschen Unternehmen sind kleine und mittelständische Firmen mit weni- ger als 500 Beschäftigten. Auf sie entfallen 60% der sozialversicherungspflichtig 24 So prognostizierte zum Beispiel der IWF im April 2009 eine globale Wachstumsrate von 1,9%. Tatsächlich aber expandierte die Weltwirtschaft um 5%. 25 Country report No 11/168. IWF Juli 2011. 26 Zwischen Oktober 2008 (7,6%) und April 2009 (8,3%); nationale Definition. 27 Fiscal Monitor. Nov. 2010. IWF. 90 92 94 96 98 100 102 104 08 09 10 11 12 DE EWU JP UK US Reales Bruttoinlandsprodukt, Q1 2008=100 Quelle: Eurostat Deutschland: Tiefe Rezession und kräftige Erholung 1 0 2 4 6 8 10 12 14 08 09 10 11 12 DE EWU JP UK US Arbeitslosenquote, % Quelle: Eurostat Deutschland: Arbeitslosigkeit nur vorübergehend höher 2 Ausblick Deutschland 22 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Beschäftigten und 37% des gesamtwirtschaftlichen Umsatzes 28 . Allerdings sind letztlich die Besitz- und Managementverhältnisse die Charakteristika, die den Mittelstand ausmachen, und weniger die Unternehmensgröße. Der Kern des Mittelstands sind Familienunternehmen, in denen die Risiken von der der Fami- lie entstammenden Firmenleitung getragen werden. Zu diesen Unternehmen gehören viele der sogenannten "hidden champions", die mit durchschnittlich ca. 2.000 Mitarbeitern im Schnitt das Doppelte in Forschung und Entwicklung inves- tieren und eine Umsatzrentabilität verzeichnen, die mehr als doppelt so hoch ist wie der deutsche Durchschnitt. Viele Innovationen werden von ihren hochquali- fizierten Beschäftigten entwickelt. Hierbei stellt die breite technische Expertise, die von 60% der deutschen Erwerbsbevölkerung im dualen Ausbildungssystem erworben wird in Kombination mit einer spezialisierten Weiterbildung "on the job" eine wichtige Ressource für die innovativen Kapazitäten des Unternehmens dar. Zwei Drittel dieser Unternehmen sind Weltmarktführer und viele haben die- se Position bereits seit über einem Jahrzehnt inne. 29 Die internationale Ausrich- tung dieser Firmen lässt sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zurückverfol- gen, als Deutschland aus zahlreichen kleinen und unabhängigen Staaten be- stand und grenzüberschreitender Handel eine Notwendigkeit darstellte. In der jüngeren Vergangenheit konnten insbesondere kleinere Firmen im Rahmen der deutschen Wiedervereinigung und der Expansion der Unternehmen in die neu- en Bundesländer wertvolle Erfahrungen sammeln, die sie ermutigten, auch den nächsten Schritt zu wagen und auf die internationale Ebene vorzustoßen. Dabei war häufig Osteuropa das nächste Ziel, da die neuen ostdeutschen Kollegen dort bereits über intensive Kontakte und Marktkenntnisse verfügten. Der Anteil der Exporte am deutschen BIP hat sich zwischen 1992 (24%) und 2012 (51,7%) mehr als verdoppelt. Allerdings waren die deutschen Unterneh- men bei der Erschließung neuer Exportmärkte nicht nur erfolgreicher als ihre europäischen Kollegen. Auch führte ihre Internationalisierungsstrategie zu einer Globalisierung der Wertschöpfungsketten. Mehr als ein Drittel aller deutschen Exporte enthalten importierte Vorprodukte. Dies erlaubt es den deutschen Un- ternehmen, wettbewerbsfähig zu bleiben und sich im deutschen Teil der Wert- schöpfungskette auf Segmente mit hohem Mehrwert zu fokussieren. Mittelstän- dische Unternehmen sind in der Regel stärker auf industrielle Produkte, insbe- sondere Investitionsgüter, ausgerichtet. Dank ihres Produktfokus und ihrer in- ternationalen Ausrichtung konnten sie in erheblichem Maße von der starken Wachstumsdynamik der Schwellenländer profitierten. Besonders von der stei- genden Nachfrage aus den Schwellenländern nach Qualitätsprodukten profitier- te auch die deutsche Autoindustrie, die deutlich globaler aufgestellt ist als ihre europäischen Wettbewerber 30 . Der Anteil der Exporte in Schwellen- und Ent- wicklungsländer hat sich seit Anfang der 90er Jahre nahezu verdoppelt und erreichte 2011 28%. Insbesondere die deutschen Exporte in die BRIC-Länder haben sich mehr als verdoppelt; sie belaufen sich derzeit auf 10% des deut- schen Gesamtexports 31 . In der Folge konnte Deutschland als einzige Industrie- nation seinen globalen Marktanteil trotz der Ausweitung der Marktanteile der Schwellenländer in etwa behaupten 32 . 28 Institut für Mittelstandsforschung. Bonn. http://www.ifm-bonn.org 29 Hidden Champions – Aufbruch nach Globalia. Die Erfolgsstrategien unbekannter Weltmarktfüh- rer, Hermann Simon, Frankfurt 2012. 30 So verkauften zum Beispiel VW und BMW 2012 mehr Autos in China als im deutschen Heimat- markt. 20% bis 30% ihres Gesamtgewinns wurden in China erwirtschaftet. 31 Die deutschen Ausfuhren nach China sind im Vergleich zu 1992 im Schnitt um 18% gg. Vj. ge- stiegen. 32 Veränderungen der Marktanteile im weltweiten Güterhandel von 2000 bis 2011 (in Prozentpunk- ten): Deutschland -0,5, Italien -0,9, Großbritannien -1,7, Frankreich -1,8, Japan -2,9 und USA -4,0. 0 10 20 30 40 50 60 91 95 99 03 07 11 Exporte Importe Deutschland, Anteil am nominalen Bruttoinlands- produkt, % Quelle: Eurostat Deutschland: Exportanteil am BIP seit Anfang der '90er verdoppelt 3 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 90 94 98 02 06 10 US EWU FR Schwellen - und Entwicklungsländer BRIC China Anteil an deutschen Warenexporten nach Ländern und Regionen, % Quelle: IWF Schwellen - und Entwicklungsländer von zunehmender Bedeutung 4 0 2 4 6 8 10 12 14 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 CN FR DE IT JP UK US Anteil am Welthandelsvolumen, % Quelle: UNCTAD Deutschland mit nahezu stabilem Anteil am Welthandel 5 Ausblick Deutschland 23 | 2. April 2013 Aktuelle Themen 3. Gezogene Lehren – vor der weltweiten Krise 2008/2009 Nachdem die New-Economy-Blase im Jahr 2000 geplatzt war, war es zuneh- mend offensichtlich, dass sich in Deutschland in Folge der Belastung der Wie- dervereinigung, die erheblich unterschätzt worden waren, schwere strukturelle Ungleichgewichte herausgebildet hatten. Für sein Jahresgutachten 1999/2000 wählte der Sachverständigenrat den Titel "Wirtschaftspolitik unter Reformdruck". In der Einführung stellten die Experten fest, es könne nicht länger bestritten werden, dass in zahlreichen Bereichen wie den öffentlichen Finanzen, bei der Besteuerung, den Sozialversicherungssystemen sowie dem Funktionieren des Arbeitsmarktes sowie im Bildungssektor Reformen notwendig seien 33 . In der Tat hatte sich die öffentliche Verschuldung von 40,4% des BIP im Jahr 1991 bis 1999 auf 60,9% des BIP erhöht. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre verlang- samte sich das deutsche BIP-Wachstum auf magere 1,9% p.a., d.h. ca. einen Prozentpunkt niedriger als der EU-Durchschnitt und nahezu gleichauf mit Italien (1,5%). Die Arbeitslosenquote hatte sich von 5,5% (1991) auf 8,6% (1999) er- höht; ein ähnlicher Trend zeigte sich auch bei der Langzeitarbeitslosigkeit (von 3,2 auf 4,4%) 34 . Während der auf das Platzen der New-Economy-Blase folgen- den Rezession wurde die schlechte Performance der deutschen Wirtschaft im- mer deutlicher. Die 2001-2003 erzielten Wachstumsraten waren nicht nur die niedrigsten in Europa, sondern auch unter den Industrieländern weltweit 35 . Politik: Agenda 2010 Angesichts dieser düsteren wirtschaftlichen Entwicklung stieß der damalige Bundeskanzler Schröder mit seiner Regierungskoalition aus SPD und Bünd- nis90/Die Grünen eine Reihe von Reformen unter dem späteren Titel "Agenda 2010" an. Ziel dieser Reformen war es, die größen- und kostenmäßig explodie- renden sozialen Sicherungssysteme umzubauen, wobei die Lohnnebenkosten auf ein Niveau unter 40% gesenkt werden sollten, um eine Flexibilisierung des Arbeitsmarkts sowie eine Konsolidierung der öffentlichen Finanzen zu erreichen. Neben der Deregulierung in einigen anderen Bereichen (Handelsrecht) lag das Kernziel der Reformen auf dem Arbeitsmarkt; zwischen 2003 und 2005 wurden mit den sogenannten "Hartz-Reformen" eine Reihe entsprechender Maßnah- men eingeleitet. Ein Schlüsselelement hierbei war die Zusammenlegung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe; dadurch wurden die Leistungen für Arbeitssu- chende deutlich gekürzt. Gemäß dem Prinzip "Fördern und Fordern" waren Langzeitarbeitslose nun gehalten, auch Jobangebote anzunehmen, für die sie überqualifiziert waren und die erhebliche Einschnitte bei der Bezahlung bedeu- teten. Die Attraktivität des Niedriglohnsektors (mit monatlichen Bruttogehältern zwischen EUR 400 und EUR 800) wurde gestärkt und der Beschäftigungsschutz für Mitarbeiter kleiner Unternehmen gelockert. Zudem wurde die Bundesanstalt für Arbeit, eine Verwaltungsbehörde, die die Arbeitslosen "verwaltete", indem sie Sozialleistungen verteilte, umstrukturiert und in eine moderne Agentur um- gebaut – die Bundesagentur für Arbeit – deren klarer Fokus auf der Wiederein- gliederung der "Klienten" in die Arbeitswelt liegt. Im staatlichen Gesundheitswesen wurden die Leistungen gestrafft, wobei Leis- tungen, die nicht unter das Versicherungsprinzip fallen (wie z.B. In-vitro- Fertilisation) nicht mehr übernommen bzw. zuzahlungspflichtig wurden. Da die 33 Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Ent- wicklung 1999/2000. 34 Harmonisierte Wachstumsquoten, Eurostat. 35 Das deutsche BIP expandierte um 0,4% p.a., EU 1,5%, USA 1,8% und Japan 0,8%. - 6 - 1 4 9 14 19 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 91 95 99 03 07 11 Öffentliche Verschuldung Reales BIP - Wachstum Arbeitslosenquote Deutschland; % des BIP (links); % (rechts) Quellen: Eurostat, Europäische Kommission Die 90er Jahre: Öffentliche Verschuld - ung und Arbeitslosigkeit steigen 6 Ausblick Deutschland 24 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Anreizstrukturen der wichtigsten Beteiligten jedoch kaum verändert wurden, ist die Gesundheitsreform nach wie vor eine offene Baustelle 36 . In der staatlichen Rentenversicherung wurde 2005 ein Nachhaltigkeitsfaktor eingeführt, um den negativen demographischen Effekten Rechnung zu tragen 37 . Dabei werden Ausbildungsjahre nicht länger auf die Rentenansprüche des Ver- sicherten angerechnet. Die Option des vorgezogenen Ruhestands – die bisher als Hauptventil der Unternehmen zum Beschäftigungsabbau und zur Übertra- gung der Belastung auf die öffentliche Hand genutzt wurde – wurde mittels kor- rekt berechneter Abschläge bei der Altersversorgung weniger attraktiv gestaltet. Das gesetzliche Rentenalter wurde von 65 auf 67 Jahre angehoben, wobei die Umstellung zwischen 2012 und 2031 schrittweise erfolgt. Trotz dieser Reformen stieg die Zahl der Arbeitslosen weiter an und kletterte Anfang 2005 über die Marke von 5 Millionen 38 . Zwischen 2006 und 2007 fiel allerdings die Zahl der Beschäftigungslosen (Jahresdurchschnitt) um 724.000 – der kräftigste Rückgang seit den 1950er Jahren. Im Spätsommer 2008 – kurz bevor die Auswirkungen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise am deut- schen Arbeitsmarkt spürbar wurden – war die Arbeitslosenzahl unter 3,2 Millio- nen gesunken und die Arbeitslosenquote von 12% im Frühjahr 2005 auf 7,6% gefallen. Die Arbeitsmarktreformen könnten zu einer strategischen Neuausrichtung der Gewerkschaftspolitik beigetragen haben. Die großen Gewerkschaften, z.B. in der Metall-, Chemie- und Bauindustrie, gaben ihre Forderung nach deutlichen Lohnerhöhungen zugunsten größerer Arbeitsplatzsicherheit auf, akzeptierten längere Wochenarbeitszeiten ohne Lohnausgleich und zeigten sich bei Firmen- tarifverträgen sogar noch flexibler. 39 Zudem wurde in den Tarifverträgen eine flexible Arbeitszeitgestaltung, einschließlich Jahresarbeitszeitkonten, eingeführt, die es den Unternehmen erlaubten, die Arbeitszeiten flexibel an Nachfrage- schwankungen anzupassen. 40 Die hervorragende Entwicklung am Arbeitsmarkt liegt aber sicherlich zu einem großen Teil in dem kräftigen Wirtschaftswachstum begründet. 2006 und 2007 wuchs das reale BIP um 3,7% bzw. 3,3%. Selbst im 2. Hj. 2008 betrug das BIP- Wachstum noch 2,6% (gg. Vj.). Obwohl die tatsächlichen Auswirkungen der Hartz-Reformen aufgrund fehlender kontrafaktischer Evidenz nur schwer abzu- schätzen sind, kann man wahrscheinlich fairerweise sagen, dass die Kausalität in beide Richtungen weist 41 . Zudem konnte der deutsche Arbeitsmarkt dank dieser strukturellen Veränderungen die Auswirkungen der Finanz- und Wirt- schaftskrise deutlich besser bewältigen als dies in anderen großen Volkswirt- 36 2009 führte die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP einen zentralisierten Gesundheits- fonds ein. Er schaffte einen Ausgleich unterschiedlicher Morbiditätsrisiken und mehr Möglichkei- ten, zwischen unterschiedlichen (öffentlichen) Anbietern zu wechseln, so dass der Wettbewerb innerhalb des Systems angekurbelt wurde. 37 Zusammen mit dem sogenannten Riester-Faktor, wonach das Rentenniveau gekürzt wird und parallel durch die staatlich subventionierte Riester-Rente zunehmend private Vorsorge getroffen wird, hätte dies in Jahren mit negativem Lohnwachstum und steigenden Rentenbeiträgen zu tat- sächlichen Rentenkürzungen geführt. Dies konnte nur durch Ad-hoc-Interventionen der Bundes- regierung vermieden werden. 38 Allerdings führte die Zusammenlegung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe zu einer Wanderung aus der stillen Reserve in die reguläre Arbeitslosigkeit, um den Anspruch auf Leistungen zu si- chern. Laut BA trieb dieser sogenannte Hartz IV-Effekt die offizielle Arbeitslosenzahl 2005 um durchschnittlich 380.000 in die Höhe. 39 Sachverständigenrat. Jahresgutachten 2004/05 und 2005/06. 40 Laut einer Umfrage des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung haben etwa ein Drittel aller Unternehmen 2009 in Reaktion auf die Krise ihre Arbeitszeitkonten um durchschnittlich 45 Stunden pro Beschäftigtem gekürzt. Bei 5% der Firmen bauten die Beschäftigten negative Ar- beitszeitsalden auf. IAB Kurzbericht 22/2010. 41 In der Tat gab die Bundesregierung eine große Zahl von Bewertungsstudien durch unabhängige Experten einschließlich des Sachverständigenrats (Jahresgutachten 2006/07) in Auftrag. In die- sen Untersuchungen wurden jedoch individuelle Maßnahmen beleuchtet – und dies mit gemisch- ten und teilweise sehr ernüchternden Ergebnissen – und nicht versucht, die Gesamtwirkung der Hartz-Reformen zu bewerten. Ausblick Deutschland 25 | 2. April 2013 Aktuelle Themen schaften der Fall war. Die durchschnittliche jährliche Arbeitslosenquote als Pro- zentsatz der Erwerbsbevölkerung (wie von der OECD berechnet) stieg nur ge- ringfügig von 7,6% im Jahr 2008 auf 7,8% 2009 an – trotz des überdurchschnitt- lich ausgeprägten BIP-Rückgangs – war dann aber bereits im folgenden Jahr wieder rückläufig (auf 7,2%) 42 . In der gesamten OECD erhöhte sich die Arbeits- losigkeit 2009 sprunghaft von 6,1% auf 8,3% und stieg 2010 weiter auf 8,5%. Unter den großen nationalen und internationalen Think Tanks besteht ein breiter Konsens darüber, dass die hervorragende Entwicklung des deutschen Arbeits- markts durch die zuvor eingeleiteten Reformen zu erklären ist. Für ihren Bericht über die deutsche Wirtschaft aus dem vergangenen Jahr hat die OECD den Titel "Frühere Arbeitsmarktreformen haben sich während der Krise ausgezahlt" gewählt 43 . Nach Schätzungen der OECD wäre die Arbeitslosenquote ohne die vorangegangenen Reformen um 3 Prozentpunkte höher ausgefallen. In einer weiteren Studie schätzt der IWF, dass die deutsche strukturelle Arbeitslosen- quote von einem Niveau über 8% auf ca. 6 ¼% gesunken ist 44 . Die Untersu- chung der OECD auf andere Erklärungsfaktoren – wie den demographisch be- dingten geringeren Anstieg der Erwerbsbevölkerung in Deutschland, die asym- metrischen sektoralen Effekte der Krise (die hauptsächlich die eher kapitalinten- siven und weniger die beschäftigungsintensiven Branchen belasten) – hat aller- dings – wenn überhaupt – nur äußerst geringe Auswirkungen nachweisen kön- nen. Zudem hat die OECD die Auswirkungen von Kurzarbeit und deren Beitrag zur positiven Arbeitsmarktentwicklung beleuchtet. Während der Krise wurden die Kurzarbeiterregelungen sowohl im finanziellen Umfang als auch hinsichtlich der Anspruchsberechtigung ausgeweitet, so dass die Kosten, die den Unternehmen durch die Weiterbeschäftigung ihrer Mitarbeiter entstanden, erheblich geringer waren als in vielen anderen OECD-Ländern mit ähnlichen Programmen 45 . Die Inanspruchnahme der Kurzarbeiterregelung erreichte Mitte 2009 mit 1,5 Millio- nen Beschäftigten ihren Höhepunkt, fiel bis Mitte 2011 aber wieder auf unter 100.000. Auf Basis einer durchschnittlichen Arbeitszeitkürzung um 30% konnten so 500.000 Arbeitsplätze erhalten werden. Berücksichtigt man dabei mögliche Trittbrettfahrereffekte, so könnte der tatsächliche Arbeitsplatzerhalt bei lediglich ca. 235.000 liegen. Laut Berechnungen des IAB wurden 2009 durch Kurzarbeitsprogramme und Jahresarbeitszeitkonten die durchschnittlichen Arbeitsstunden je Beschäftigtem um 3,2% reduziert; dies entspricht (rein rechnerisch) 1,2 Millionen Vollzeitjobs 46 . Gemäß Schätzungen von Burda und Hunt sind ca. ein Drittel des Arbeitszeitab- baus um insgesamt 3,2% auf Kurzarbeiterregelungen zurückzuführen. Die Re- duzierung der üblichen Wochenarbeitszeit macht ca. ein weiteres Viertel aus, gefolgt von in etwa gleichen Beiträgen durch Überstundenabbau, Abbau von Arbeitszeitkonten sowie einen Anstieg des Anteils der Teilzeitbeschäftigten (je- weils etwas weniger als 20%) 47 . 42 Quelle: http://www.oecd-ilibrary.org/sites/unemp-table-2012-1-en/index.html 43 OECD Economic Surveys Germany 2012. 44 Staff report for the Article IV consultations with Germany. IWF 2011. 45 In Kurzarbeit Beschäftigte erhalten zwischen 60% und70% ihres Nettoeinkommens je "gearbeite- ter" Stunde. Die Unternehmen werden hierfür durch die Bundesagentur für Arbeit entschädigt. Die maximale Dauer der Kurzarbeiterregelung wurde von 6 auf 24 Monate verlängert. 46 IAB Kurzbericht 3/2010. 47 What Explains the German Labour Market Miracle in the Great Recession? Michael Burda, Jen- nifer Hunt, in Brookings Papers on Economic Activity. Frühjahr 2011. Im Gegensatz zu vielen an- deren Beobachtern machen die Autoren für den "fehlenden Beschäftigungsabbau" die Zurückhal- tung der Arbeitgeber bei der Einstellung von Mitarbeitern in der vorangegangenen Boomphase verantwortlich. 0 2 4 6 8 10 12 91 95 99 03 07 11 DE US EWU OECD Arbeitslosenrate, % Quelle: OECD Deutscher Arbeitsmarkt: Während der Krise bemerkenswert widerstandsfähig 7 Ausblick Deutschland 26 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Fiskalische Position – mit Spielraum Alles in allem haben die im Rahmen der Agenda 2010 umgesetzten Reformen und der dynamische Konjunkturaufschwung 2006/2007 zu einer deutlichen Ver- besserung der Haushaltsposition Deutschlands beigetragen; 2007/2008 wurde ein ausgeglichener Haushalt erreicht. Dies ermöglichte eine erhebliche Auswei- tung des Haushaltsdefizits auf 3,1% im Jahr 2009 bzw. 4,2% 2010, was nicht nur auf die Wirkung der fiskalpolitischen Stabilisatoren, sondern auch auf die aktive, prozyklische Ausgabenpolitik (Kurzarbeit, öffentliche Investitionen, Ab- wrackprämien etc.) zurückzuführen ist. Die expansiven fiskalpolitischen Pro- gramme beliefen sich zwischen 2009 und 2011 auf 1,7%, 2,2% bzw. 1,7% des BIP 48 . Laut OECD stieg das strukturelle Defizit 2009 um 3/4 Prozentpunkte und 2010 weitere 1 ¾%-Punkte des BIP, bevor es 2011 wieder um 2,3 Prozentpunk- te zurückgeführt werden konnte. Unternehmen – vorsichtiger, mit geringeren Ungleichgewichten Burda und Hunt führen an, dass das Beschäftigungswachstum in den Jahren 2006 und 2007 ungewöhnlich gering ausfiel, da die Unternehmen in Bezug auf die Nachhaltigkeit des Aufschwungs skeptisch waren. Dies führen sie auf die laut ifo-Geschäftsklimaindex gedämpften Geschäftserwartungen zurück. Der Index erreichte jedoch im März 2006 mit 108,2 seinen Höhepunkt und verzeich- nete im Mai 2007 eine erneute lokale Spitze (107,8); beide Werte lagen aller- dings nur geringfügig unter dem früheren Höchststand der gesamtdeutschen Datenreihe vom Oktober 1994 (109,5) 49 . Zudem wurde 2006 bei der Arbeitspro- duktivität je Stunde ein Rekordanstieg von 3,6% in der Gesamtwirtschaft ver- zeichnet; im Verarbeitenden Gewerbe schnellte der Wert sogar um 10% nach oben. Ohne den strukturellen Wandel am Arbeitsmarkt wäre dies vermutlich nicht möglich gewesen und dieser dürfte ebenfalls der Grund dafür sein, warum die Unternehmen die anziehende Nachfrage befriedigen konnten, obwohl nur vergleichsweise wenig neue Arbeitsplätze geschaffen wurden. 50 Dennoch hatte sich das Verhalten der Unternehmen vermutlich verändert, was aber eher im Zusammenhang mit den schmerzhaften Erfahrungen nach dem Platzen der New-Economy-Blase zu sehen ist. Während dieser Blase hatten die deutschen Unternehmen in erheblichem Maße Fremdkapital aufgenommen und ihren Verschuldungsgrad erheblich erhöht. Angespornt durch die Hausse am Aktienmarkt waren viele Unternehmen im M&A-Geschäft (Fusionen und Über- nahmen) aktiv und dies insbesondere im boomenden IT-Sektor. In der Folge stieg die externe Mittelaufnahme der Unternehmen außerhalb des Finanzsek- tors, die im vorangegangenen Jahrzehnt ca. EUR 100 Mrd. betragen hatte, im Jahr 2000 auf EUR 292,5 Mrd. an, so dass sich der Verschuldungsgrad auf 190% der Bruttowertschöpfung erhöhte 51 . Nach 2001 nahmen die Unternehmen einen Umbau ihrer Bilanzen vor, indem sie ihre internen Mittel deutlich auswei- teten und den Grad der Verschuldung reduzierten. Trotz anziehender Investiti- onsausgaben zwischen 2002 und 2008 wurden durch einbehaltene Gewinne und Abschreibungen im Nicht-Finanzsektor überschüssige Mittel angesammelt. Diese Entwicklung steht in deutlichem Kontrast zu dem massiven Anstieg der 48 Fiscal Monitor. IWF, Nov. 2010. Die geringere Veränderung des strukturellen Defizits erklärt sich zum Teil aus der positiven Wirkung der fiskalpolitischen Maßnahmen auf das BIP-Wachstum. 49 Die unteren Wendepunkte liegen üblicherweise zwischen 85 und 95. Die Datenreihe fiel im De- zember 2008 auf ein Rekordtief von 78,7. 50 Ein weiterer Grund für den geringen Abbau von Arbeitsplätzen könnte in der Erwartung der deut- schen Unternehmen gelegen haben, dass der Konjunkturrückgang von 2008/09 nur kurzlebig sein dürfte. Dies hätte allerdings in krassem Kontrast zu den Vorhersagen von Seiten der Kon- junkturexperten gestanden. 51 Die langfristige Entwicklung der Unternehmensfinanzierung in Deutschland – Ergebnisse der gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung. Deutsche Bundesbank. Monatsbericht Januar 2012. - 12 - 8 - 4 0 4 8 12 16 20 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 91 95 99 03 07 11 Budgetsaldo (rechts) Öffentliche Verschuldung (links) Deutschland, % BIP Öffentliche Defizite nach Krise 2009/10 schnell wieder unter Kontrolle 8 Quelle: Europäische Kommission Ausblick Deutschland 27 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Verschuldung der Unternehmen in den anglo-amerikanischen Volkswirtschaften sowie den Ländern der europäischen Peripherie. Private Haushalte: Schuldenabbau In ähnlicher Weise haben auch die privaten Haushalte in Deutschland die finan- ziellen Exzesse der Problemländer nicht mit vollzogen. Zwar stiegen die Ver- bindlichkeiten der privaten Haushalte von 82,5% der verfügbaren Einkommen auf 116,4% im Jahr 2000; danach fand jedoch ein Abbau des Verschuldungs- grads statt, der bis 2008 wieder unter das Niveau von 100% der verfügbaren Einkommen gesunken war. Im Verlauf der Krise wurde ein weiterer leichter Rückgang auf 97,2% verzeichnet; aufgrund der soliden Arbeitsmarktentwicklung hatten die privaten Haushalte aber wenig Anreize, ihr Deleveraging noch ag- gressiver voranzutreiben. Zudem waren die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland zwischen 2000 und 2008 gesunken, was kaum zu kreditfinanzier- ten Investitionen anregte. Deutschland hatte seine eigene Immobilienblase nach der Wiedervereinigung, d.h. in den frühen 1990er Jahren erlebt; diese war durch eine Zuwanderung aus den Balkanstaaten weiter befeuert worden. Zwischen 1989 und 1994 stiegen die Preise für Wohnimmobilien um 7,1% p.a. an. Seit 1995 stagnieren die Hauspreise jedoch. 52 Schlussfolgerungen Alles in allem lässt sich das hervorragende Abschneiden der deutschen Wirt- schaft während der Krise auf drei wichtige strukturelle Veränderungen zurück- führen: 1. Die im Rahmen der Agenda 2010 eingeführten Reformen, und hier insbe- sondere die strukturellen Veränderungen am Arbeitsmarkt, die aus einer Kombination aus Hartz IV-Reformen und einer kooperativeren und flexible- ren Haltung der Tarifparteien bestanden. Der zweite Faktor war zum Teil durch den ersten bedingt sowie durch den stärker spürbaren globalen Wett- bewerb (auch über die Globalisierung der unternehmensinternen Wert- schöpfungsketten). 2. Eine Neuausrichtung des Unternehmenssektors nach den Exzessen der New-Economy-Blase in Bezug auf Produkte, Wertschöpfungskette, Export- märkte und Bilanzen sowie – auf jeden Fall – eine verstärkt langfristig aus- gerichtete Neuorientierung des deutschen Mittelstands mit seinen zahlrei- chen heimlichen Champions. 3. Solide Bilanzen der privaten Haushalte, da sich keine Blase am Wohnim- mobilienmarkt bildete. Zusätzlich zu diesen strukturellen Faktoren ist auch die Fiskalpolitik der Regie- rung zum Teil für die erwähnten Erfolge verantwortlich. Die stabile Situation vor der Krise, aktive Maßnahmen der Politik, die für den privaten Sektor die richti- gen Anreize setzte, sowie ein klares Bekenntnis zur Defiziteindämmung, wenn es die konjunkturelle Situation erlaubt, trugen allesamt dazu bei, die Auswirkun- gen der Krise abzufedern. Allerdings spielten diese Faktoren alle zusammen, so dass eine klare Abgrenzung der einzelnen Beiträge nicht möglich ist. 52 Lediglich 2011 und 2012 wurde ein etwas kräftigerer Preisanstieg um 3,2% bzw. 3,5% verzeich- net. Quelle: BulwienGesa AG 70 80 90 100 110 120 130 140 95 97 99 01 03 05 07 09 11 Schulden in % der verfügbaren Einkommen Deutsche Privathaushalte: Keine übermäßige Verschuldung 9 Quellen: Eurostat, Statistisches Bundesamt 50 60 70 80 90 100 95 97 99 01 03 05 07 09 11 Staat Private Haushalte Nicht - finanzielle Unternehmen Schulden in % des BIP Quelle: Eurostat Steigende Verschuldung der öffentlichen Hand 10 Ausblick Deutschland 28 | 2. April 2013 Aktuelle Themen 4. Künftige Herausforderungen Die Transformation der deutschen Wirtschaft vom kranken Mann zum Aushän- geschild Europas oder gar der Welt (zumindest der Industrieländer) in weniger als zehn Jahren zeigt, dass selbst verhärtete Strukturen und eine langfristige Politik relativ rasch aufgebrochen und angepasst werden können, ganz zu schweigen von den permanenten Veränderungen der Weltwirtschaft, die die relative Position einer Volkswirtschaft in Frage stellen. Für die deutsche Wirt- schaft ergeben sich so zwei große Herausforderungen: i. Die massiven Exportüberschüsse und die Abhängigkeit vom weltweiten Konjunkturzyklus. ii. Die demographische Entwicklung mit den Folgen einer erheblichen Alterung der Gesellschaft und einer schrumpfenden Erwerbsbevölkerung. Exportfokus: Neuausrichtung 2012 verzeichnete Deutschland mit EUR 188 Mrd. (7,1% des BIP) den zweit- größten Handelsbilanzüberschuss seiner Geschichte und dies trotz eines ge- dämpften Weltwirtschaftswachstums von ca. 3% und einer Rezession in den Ländern des Euro-Währungsraums, Deutschlands wichtigstem Handelspartner. Angesichts der zwischen 2000 und 2008 stagnierenden Lohnstückkosten in Deutschland sowie des nur schwachen Wachstums der realen Inlandsnachfrage von 0,7% p.a. wurde Deutschland beschuldigt, auf Kosten seiner Handelspart- ner zu wachsen. Tatsächlich entfielen während dieses Zeitraums 0,9 Prozent- punkte bzw. durchschnittlich knapp 2/3 des realen BIP-Wachstums auf den Au- ßenbeitrag. Aufgrund der sich vollziehenden strukturellen Veränderungen war dies jedoch ein zum Teil vorübergehendes Phänomen 53 . Seit 2010 expandiert die inländische Wirtschaft im Schnitt um 1,6%; dieser Wert liegt über dem deut- schen Potenzialwachstum. Trotz der verschlechterten relativen Wettbewerbsfä- higkeit Deutschlands, die auf höhere Lohnstückkosten (2011 +1,2%, 2012 +2,7%) in Deutschland sowie sinkende Lohnstückkosten in den Ländern der EWU-Peripherie zurückgeht, dürften sich die Leistungsbilanzüberschüsse nur allmählich zurückbilden, da die Preiselastizität der deutschen Exporte relativ gering ist und die Nachfrage aus den Ländern außerhalb des Euro-Raums rela- tiv kräftig ist. Ein wichtiger Faktor für die vergleichsweise schwache Inlands- nachfrage im vergangenen Jahrzehnt waren die Finanzierungsüberschüsse des Unternehmenssektors. Daher empfiehlt die OECD, den Abgabenkeil auf Ar- beitseinkommen zu vermindern und den Wettbewerb im Dienstleistungssektor zu stärken, um die Investitionstätigkeit zu fördern 54 . Demographie: Die Grenzen des Wachstums 55 Der 2003 einsetzende – aber aufgrund starker Zuwanderung 2011 und 2012 zeitweilig unterbrochene – Bevölkerungsrückgang in Deutschland dürfte sich beschleunigen und bis 2060 zu einem Verlust von 20% auf 65 Millionen (derzeit 82 Mio.) führen. Gleichzeitig wird die Erwerbsbevölkerung um ca. 14 Mio. bzw. knapp 35% schrumpfen. Dieser Rückgang der Arbeitsbevölkerung dürfte bis ca. 2030 anziehen und mit ca. 1 ¼% pro Jahr ihren Höhepunkt erreichen. Wenn Deutschland alle Register zöge, d.h. die altersspezifischen Erwerbsquoten von Männern und Frauen das höchste Niveau unter den Industrieländern erreichten, könnten so bis 2030 eine Ausweitung der Erwerbsbevölkerung um ca. 6 ½ Mio. 53 Vergleiche: „Ist etwas faul in der deutschen Binnenkonjunktur?“ Ausblick Deutschland. Deutsche Bank Research. Dezember 2010. 54 Going for growth. Country notes Germany. OECD 2013. 55 Vergleiche: Arbeitsmarkt Deutschland – Tiefgreifende Herausforderungen durch den demogra- phischen Wandel, in Ausblick Deutschland. Deutsche Bank Research. August 2011. - 50 0 50 100 150 200 250 91 95 99 03 07 11 EWU Nicht - EWU Handelsbilanzsaldo, Mrd. EUR Quelle: Deutsche Bundesbank Deutschland: Handelsbilanzüber - schuss gg. EWU - Ländern sinkt 11 - 6 - 4 - 2 0 2 4 6 92 94 96 98 00 02 04 06 08 10 12 BIP Inländische Verwendung Real, % gg. Vj. Quelle: Eurostat Deutschland: Inländische Nachfrage schwächelte Anfang der 2000er 12 Ausblick Deutschland 29 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Arbeitskräfte erzielt und die demographisch bedingten Verluste weitgehend ausgeglichen werden. Dieses "Best-Case"-Szenario würde umfangreiche struk- turelle Veränderungen am deutschen Arbeitsmarkt erforderlich machen, die deutlich über die der Hartz-IV-Reformen hinausgehen. Die zu beobachtende Kursänderung innerhalb der großen politischen Parteien weg von Reformen zur Flexibilisierung des Arbeitsmarkts und hin zu stärkerer Intervention der Regie- rung lässt jedoch in dieser Hinsicht einige Skepsis aufkommen. Unter der An- nahme, dass ca. ein Drittel der notwendigen Veränderungen umgesetzt werden, würde Deutschlands Potenzialwachstum bis 2030 dennoch um ca. 3/4% von seinem jetzigen Niveau von ca. 1 1/4% sinken. Ein wenig beruhigen kann je- doch die Tatsache, dass die Leistungsbilanz nicht unerheblich weitgehend von demographischen Einflüssen bestimmt wird. Daher wir das Entsparen der al- ternden deutschen Gesellschaft fast schon per definitionem zu einem spürbaren Abbau der Leistungsbilanzüberschüsse führen. Stefan Schneider (+49 69 910-31790, stefan-b.schneider@db.com) 60 65 70 75 80 85 50 60 70 80 90 00 10 20 30 40 50 60 Historie Untere Grenze Obere Grenze Netto-Zuwanderung: Untere Grenze 100.000 pro Jahr, obere Grenze 200.000 pro Jahr Erheblicher Bevölkerungsrückgang in Deutschland erwartet 13 Mittlere Prognose - Variante, Mio. Quelle: Statistisches Bundesamt Ausblick Deutschland 30 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Grafik des Monats Deutschland: Der Reformverweigerer(?) Deutschland? Reformverweigerer? Das folgt zumindest aus dem jährlichen OECD-Bericht „Going for Growth 2013“, der eine nützliche Ergänzung der mak- roökonomischen Daten zur Wettbewerbsfähigkeit (z.B. Lohnstückkosten) bildet. In diesem Bericht stellt die OECD für die Mitgliedsländer Reformprioritäten vor und bewertet, ob und wie weitgehend die Vorschläge umgesetzt wurden. Der angegebene Reformaktivitäts-Indikator gibt an, in wie vielen Jahren Reform- schritte unternommen wurden relativ zur Anzahl der Jahre, in denen die Priorität bestand. Da Reformen unterschiedlich schwer umzusetzen sein können, gibt es einen adjustierten Indikator, der bspw. politisch umstrittene Reformen der Ren- tenversicherung stärker gewichtet. Laut dem OECD-Indikator hat Deutschland in den letzten Jahren kaum Refor- men umgesetzt, wobei sich das Tempo seit 2009 sogar eher verlangsamt hat. Im Gegensatz dazu hat sich die Reformgeschwindigkeit in der EWU merklich erhöht, und gerade bei den sogenannten GIIPS-Ländern hat es eine dramati- sche Beschleunigung gegeben, insbesondere laut dem adjustierten Indikator. Nun gibt es zwei (eng miteinander verbundene) Gründe, aus denen Deutsch- lands „Schneckentempo“ nicht über zu bewerten ist: 1) Der OECD-Bericht gibt nicht an, wie groß der Reformbedarf überhaupt ist. So hat Deutschland vor al- lem vor 2005 wichtige Strukturreformen umgesetzt, die auch jetzt noch positive Wirkungen entfalten. Die relative Wachstumsstärke Deutschlands über die letz- ten Jahre, die sich vermutlich zunächst fortsetzt, deutet in diese Richtung. 2) Die Effekte der vorgeschlagenen Reformen bspw. auf das Wachstum werden nicht bemessen. So dürften die Arbeitsmarkt- und Produktmarktreformen bei den GIIPS-Ländern kurzfristig stärkere Wachstumseffekte haben als die weniger umfassenden Vorschläge für Deutschland. Dennoch: Das nagende Gefühl, dass Deutschland noch Reformpotenzial hat, bleibt. Gerade mit Blick auf den anlaufenden Bundestagswahlkampf und die bislang prominenten Themen scheinen Reformen für eine (dauerhafte) Stärkung des Binnenmarktes nicht sehr hoch auf der politischen Agenda zu stehen. Mit einer Arbeitslosenquote von knapp 7% steht Deutschland im europäischen Ver- gleich zwar sehr gut da. Aber kann man sich damit zufrieden geben? Oliver Rakau (+49 69 910-31875, oliver.rakau@db.com) 0 5 10 15 20 25 30 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 DE EWU NL EU SE FR GB* AT* IE IT* US PT ES GR* OECD 2005 - 2009 2009 - 2010 2011 - 12 2011 - 12 bereinigt um Hürden bei Umsetzung Arbeitslosenquote 2012 (rechts) Quellen: OECD, DB Research OECD Reformaktivitäts - Indikator (links); %, harmonisiert (rechts) * Daten zu Arbeitslosigkeit nur bis November bzw. Dezember 2012 Deutschland: Der Reformverweigerer(?) DX Ausblick Deutschland 31 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Chartbook: Konjunktur (1) — Mit 0,7% gg. Vj. wuchs das deutsche BIP 2012 deutlich langsamer als noch 2011 (+3,0%). Wir gehen davon aus, das Q4 2012 ( - 0,6% gg. Vq.) den Tiefpunkt markiert und in Q1 ein leichter BIP - Anstieg folgt. Danach sollte sich das Wachstum beschleunigen (2013 im Schnitt: +0,3%) . — Trotz der Rückgänge des ifo und der PMIs im März b e- finden sich die Indikatoren auf einem deutlich höheren Niveau als Ende 2012. Dies stützt unsere Prognose e i- nes leicht positiven Wachstums in Q1. — Das Wachstum dürfte 2013 vom Konsum getragen we r- den. Dahingegen dämpft der Außenhandel . Auch Invest i- tionen bleiben schwach. — Trotz der konjunkturellen Abschwächung in 2012 hat sich die deutsche Wirtschaft im Vergleich zu vielen a n- deren EWU - Ländern, deren BIP stagnierte bzw. sogar schrumpfte, noch gut entwickelt. — Angesichts des verbleibenden Anpassungsbedarfs in einigen EWU - Ländern dürft e die EWU in H1 2013 in d er Rezession verharren und danach auf einen sehr flachen Wachstumspfad einschwenken. Die Wi rtscha f t ist 2012 um 0, 6 % ge schrumpf t . 2013 dürfte das BIP trotz einer erwarteten Erholung im Jahresverlauf erneut schrumpfen (-0,6%). — Nach 4 kräftigen Anstiegen zuvor hat der ifo - Index im März einen Dämpfer erhalten. Zwar fielen die Erwartu n- gen moderat und die Geschäftslage leicht. Beide Ko m- ponenten blieben aber deutlich über dem Q4 - Schnitt. Bislang gehen wir davon aus, dass dies monatliche Schwankungen sind und keine Trendwende markiert. — Während die Einschätzungen im exportlastigen Vera r- be i tenden Gewer be moderat fielen, stützten die inländ i- schen Sektoren Bau und Einzelhandel. Der Großhandel bewertete das Geschäftsklima deutlich negativer. De s- sen Antworten sind aber generell recht volatil. — Die deutschen und europäischen Einkaufsmanagerind i- zes (PMI) h aben im März enttäuscht. Der deutsche I n- dustrie - PMI (48,9) fiel wieder unter die Wachstum s- schwelle, da die Bestellungen (48,6) rückläufig waren . Die Produktion wurde nur leicht gedrosselt (49,8) . — Der Index blieb im März (49,7) aber deutlich über dem Q4 - Sch nitt und deutet auf ein kleines Prod. - minus hin. — Der PMI im Dienstleistungssektor ging kräftig zurück (51,6 nach 54,7), blieb aber im expansiven Bereich . Zwar dämpften die Neuaufträge und Preisentwicklung; die Erwartungen blieben aber auf hohem Niveau (57,5) und die Beschäftigungskomponente legte stark zu (53) . -1 0 1 2 3 4 5 6 -0,5 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 10 11 12 13 % gg. Vq. (links) % gg. Vj. (rechts) Entwicklung des realen BIP Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research - 1,0 - 0,5 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 10 11 12 13 14 EWU ex DE DE BIP Entwicklung: DE vs. EWU % gg. Vq. Quelle: Eurostat 70 80 90 100 110 120 130 08 09 10 11 12 13 Erwartungen Lage Klima Ifo - Index - Gewerbliche Wirtschaft insgesamt 2005=100 Quelle: ifo 30 35 40 45 50 55 60 65 08 09 10 11 12 13 Insgesamt Verarb. Gewerbe Dienstleistungen Einschätzung der Einkaufsmanager PMI, Index Quelle: Markit Ausblick Deutschland 32 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Chartbook: Konjunktur (2) — Die Nachfrage nach deutschen Gütern hat sich im Jan u- ar 2013 unerwartet deutlich eingetrübt. Im Vormonat s- ver gleich fielen die Bestellungen um 1,9% (Dez.: +1,1%). Auch im Vorjahresvergleich befindet sich das Auftragsn i- veau im Minus ( - 2,5% nach zuvor - 1,9%). — Im Januar wurde allerdings die Statistik umgestellt, R e- visionen vorgenommen und das chinesische Neujahrs - Fest könnte für Sondereffekte gesorgt haben. Da her sol l- te der Auftragsrückgang nicht überbewertet werden. — Angesichts der Stimmungsdaten, die sich in den letzten Monaten auch in wichtigen Exportmärkten merklich ve r- bessert haben, sollten sich die Auf träge wieder erholen. — — D ie Industrieproduktion stagn ierte i m Januar im Vorm o- natsvergleich , was auch in etwa zum Einkaufsmanage r- index für Januar (49,8) passte. Im Vormonat stieg die Produktion um 0,6%. — Die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe ( - 0,2%) fiel nur leicht, vor allem da die Konsumgüterproduzenten d eutlich zulegen konnten und damit d en Rückgang bei den Investitionsgüterhersteller n teilweise ausglichen. Der Bau steigerte die Ausbrin gung deu tlich (+3, 0%). — Die Stimmungsindikatoren deuten erst für das zweite Quartal 2013 auf eine bessere Industrie konjunk tur hin. — Das Niveau der Beschäftigung lag im Feb. 0,7% über Vj. und befindet sich mit 41,7 Mio. Personen nahe dem hi s- torischen Höchststand. Das Niveau der sozialversich e- rungspflichtig Beschäftigten liegt 1,4% über Vj. — Der Beschäftigungsaufbau hat sich im Jahresverlauf 2012 verlangsamt. Während die Beschäftigung im Jan u- ar noch um gut 1,4% gg. Vj. stieg, war en es in Januar 2013 nur noch 0, 6% gg. Vj. Im Februar lag das Beschä f- ti gungswachstum gg. Vj. bei 0, 7%. Dies könnte e in er s- tes Anzeichen sein, dass die temporäre Abschwächung der Dynamik am Arbeitsmarkt auslaufen könnte . — Der Arbeitsmarkt startete gut ins Jahr 2013. Nachdem die Zahl der Arbeitslosen in der zweiten Jahreshälfte 2012 zu steigen begann (im Schnitt um 8 T sd. im M o- nat), kam der Anstieg im ersten Quartal 2013 zum Stil l- stand . Die Arbeitslosen quote lag im März konstant bei 6,9%. — Frühindikatoren – ifo, PMI, Stellenindex BA - X – deuten auf einen robusten Arbeitsmarkt in den nächsten Mon a- ten hin. Ab Mitte 2013 dür fte sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt wieder verbessern. — Wir erwarten, dass die Arbeitslosenquote im Jahre s- durchschnitt 2013 von 6,8% (2012) auf 6,9% ansteigt. -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 30 11 12 13 Insgesamt Inland Ausland - EWU Ausland - Nicht - EWU Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe % gg. Vj. Quelle: Statistisches Bundesamt 77 82 87 92 97 102 107 112 117 -25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 08 09 10 11 12 13 Industrieproduktion (links) ifo - Erwartungen (4 M. verz., re.) % gg. Vj. (links), 2005=100 (rechts) Quellen: ifo, Statistisches Bundesamt Industrieproduktion und ifo-Erwartungen 90 95 100 105 110 115 120 - 0,5 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 08 09 10 11 12 13 Erwerbstätige (links) ifo - Beschäftigungsbarometer (um 6 Monate verzögert, rechts) % gg. Vj (links), 2005=100 (rechts) Erwerbstätige und ifo - Beschäftigungsbarometer - 100 - 50 0 50 100 150 200 4 5 6 7 8 9 10 08 09 10 11 12 13 Veränd. der Arbeitslosigkeit (rechts) Arbeitslosenquote (links) Arbeitslosigkeit % der zivilen Erwerbspersonen (links); gg. Vm., '000 (rechts) Quelle: Bundesagentur für Arbeit Ausblick Deutschland 33 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Chartbook: Konjunktur (3) — Zu Beginn des Jahres hat der Preisauftrieb stark nac h- g e lassen. Nachdem die Inflation 2012 im Schnitt 2,0% betrug, fiel sie im Februar auf 1, 5 % (Januar: 1,7%) . — Der im Vorjahresvergleich schwächere Preisauftrieb bei Energie und Nahrungsmitteln spielte den Hauptreiber i m Februar, während die Kerninflation bei 1 ,1% lag . — Angesichts der Import - ( - 1,6% gg. Vj. im Feb.) und Pr o- duzentenpreis e (+1,2% gg. Vj. in Feb.) könnte die Inflat i- on in den nächsten Monaten noch etwas sinken und sich dann mit dem anziehenden Wachstum wieder leicht b e- schleunigen . Im Jahresdurchschnitt erwarten wir eine Rate von 1,6%. — Das Wachstum des Welthandels verlangsamte sich 2012 auf 2,2% nach +5,8% im Jahr zuvor. Auch der deutsche Warenexport entwickelte sich 2012 sch lechter als noch 2011 (+3,4% gg . +11,5% zuvor). — Im Gesamtjahr erzielte Deutschland den nach 2007 zweitgrößten Handelsbilanzüberschuss in Höhe von EUR 188 Mrd. oder 7,1% des BIP. Die Exporte stiegen 2012 um 3,4%; die Importe aber nur um 0,7%. — Mit einem Plus von 1,4% gg. Vm. im Januar starteten die Exporte gut ins Jahr. Mit +3, 1% waren die Importe alle r- dings stärker, wodurch der Handelsbilanzüberschuss etwas sank (EUR 15,7 Mrd. nach EUR 16,9 Mrd.). — Seit dem Beginn der Eurokrise ist der Anteil der EWU - Exporte an den gesamten deutschen Exporten um n a- hezu 10% - Punkte auf zuletzt etwa 38% gefallen (Asien 17% und USA 8%). — In Folge der Eurokrise und der Rezession in zahlreichen EWU - Ländern sind die Exporte dorthin gg. Vj. rückläufig, wodurch der deut sche Handelsbilanzüberschuss gg . den EWU - Staaten deutlich gesunken ist. — Mehr als ausg eglichen wird dieser Rückgang bisher aber durch den Anstieg der Exporte nach Asien und in die USA, was 2012 insbesondere durch den Export von A u- tos getrieben war. — Die Exporte dürften zunächst schwach bleiben. Darauf deuten die Exporterwartungen hin, die i m Oktober 2012 auf ein 40 - Monatstief gefallen waren und trotz dann deu t licher Anstiege im März auf Höhe des langfristigen Durchschnitts notierten. — Dagegen dürften die Importe bei einem noch recht h o- hen Beschäftigungsniveau und realen Einkommensz u- wächsen relativ stabil bleiben. — Der Wachstumsbeitrag der Nettoexporte dürfte auch im ersten Quartal 2013 negativ bleiben. Im 4. Quartal 2012 senkte er das BIP - Wachstum um 0,8% - Punkte. -1,0 -0,5 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 08 10 12 Kerninflationsrate Inflationsrate Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research % gg. Vj. Inflationsrate und Kerninflationsrate 0 5 10 15 20 25 30 35 40 - 30 - 20 - 10 0 10 20 30 40 08 09 10 11 12 13 Handelsbilanz (rechts) Exporte (links) Importe (links) Warenhandel % gg. Vj. (links), EUR Mrd. (rechts) Quelle: Deutsche Bundesbank - 40 - 30 - 20 - 10 0 10 20 30 40 08 09 10 11 12 13 Insgesamt Asien Eurozone USA Deutsche Warenexporte Warenexporte, % gg. Vj., gl. 3M Durchschnitt Quelle: Deutsche Bundesbank 75 80 85 90 95 100 105 110 115 - 30 - 20 - 10 0 10 20 30 08 09 10 11 12 13 Warenexporte (links) ifo - Exporterwartungen (um 3 Monate verzögert) (rechts) Exporte & ifo - Exporterwartungen % gg. Vj. (links), Index (rechts) Quellen: Deutsche Bundesbank, ifo Ausblick Deutschland 34 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Chartbook: Branchen — Die reale P roduktion des Verarbeitenden Gewerbes in Deutschland ist 2012 um 1, 1 % ge sunken . Vor allem im 4. Quartal lag die Fertigung unter dem Durchschnitt des Gesamtjahres. Für 2013 halten wir eine Stagnation der P roduktion für wahrscheinlich. — Die Auftragseingänge lagen 2012 um 6% unter dem Niveau von 2011. Insbesondere die Aufträge aus der E u- rozone gingen stark zurück und zeigen bis zuletzt noch keinen stabilen Aufwärtstrend. Die Bestellungen von a u- ßerhalb der Eurozone wirken insgesamt stützend. — Risiken für die Industrie best ehen in einer Konjunktura b- kühlung in wichtigen Exportmärkten. — Die Produktion in der Automobilindustrie lag im 4. Qua r- tal 2012 spürbar unter dem Durchschnitt des Gesamtja h- res . Insgesamt nahm die P roduktion im letzten Jahr leicht ab . — Die Geschäftserwartungen gaben im März deutlich nach, nachdem sie zuvor dreimal in Folge gestiegen waren. Die Kapazitätsauslastung in der Automobilindustrie hat sich Anfang 2013 stabilisiert. — Auch aufgrund des statistischen Unterhangs erwarten wir für 2013 ein en Produktionsrückgang in der Autom o- bilindustrie von real 2%. — Mit dem Rückgang der Aufträge im Maschinenbau im Verlauf des vergangenen Jahres, zeigte auch die Pr o- duktion Schwächen. Im Gesamtjahr 2012 war die Fert i- gung aber noch um 1 ,4 % gewachsen. — Die Auftragseingänge im Maschinenbau sendeten z u- letzt uneinheitlich Signale. Eine Stabilisierung der Eur o- zone und eine Wachstumsbeschleunigung in Asien könnten 2013 die Auslandsnachfrage beleben. — Für 2013 rechnen wir mit einem Rückgang der Produkti- on im Maschinenbau um 1%. Dabei unterstellen wir im Verlauf von 2013 eine aufwärts gerichtete Produktion s- entwicklung, welche den Unterhang aus 2012 ausgleicht. — In den frühzyklischen Branchen sind noch keine starken Konjunkturimpulse für 2013 zu erkennen. — In der Ch emieindustrie hat sich die Produktion in den letzten Monaten stabilisiert. Ein Rückgang war 2012 j e- doch unvermeidlich ( - 2,8%) . 2013 dürfte die Fertigung um 1,5% zulegen. — Die Produktion in der kunststoffverarbeitenden Industrie stabilisierte sich zuletzt. Z udem sind die Geschäftserwa r- tungen zuletzt in den positiven Bereich zurückgekehrt . — Die Metallerzeugung sank 2012 zwar um 3 ,6% , 2013 könnte sie jedoch ein marginales Produktionsplus erzi e- len. 70 80 90 100 110 120 130 08 09 10 11 12 13 Aufträge Produktion 2005=100, sb. Quelle: Statistisches Bundesamt Verarbeitendes Gewerbe: Produktion und Aufträge 20 30 40 50 60 70 80 90 100 60 70 80 90 100 110 120 130 08 09 10 11 12 13 Kapazitätsauslastung (rechts) Produktion (links) Automobilindustrie: Produktion & Kapazitätsauslastung 2005=100, sb. (links), Kapazitätsauslastung in % (rechts) Quellen: Statistisches Bundesamt, ifo 60 80 100 120 140 08 09 10 11 12 13 Produktion Auftragseingang Maschinenbau: Aufträge und Produktion 2005=100, sb. Quelle: Statistisches Bundesamt 60 80 100 120 140 08 09 10 11 12 13 Chemie Kunststoffe Metallerzeugung und - bearbeitung Produktion: Frühzyklische Branchen 2005=100, sb. Quelle: Statistisches Bundesamt Ausblick Deutschland 35 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Chartbook: Finanzmärkte (1) — Die EZB dürfte ihren Leitzins (Refi 0,75%) nur dann noch weiter senken, wenn die Konjunktur noch einmal ei n- bricht bzw. heftige Turbulenzen an den Finanzmärkten aufkommen. Nicht zuletzt wegen Rückzahlung bei den LTROs ist die EZB - Bilanz um etwa EUR 454 Mrd. gg . dem Höchststand (29. Juni 2012) geschrumpft. Dies könnte ein erstes Anzeichen für einen – wenn auch pa s- si ven – be ginnenden Ausstieg aus der unkonventionellen Geldpolitik sein . — D ie EZB steht weiter bereit unter Konditionalität OMT zu starten und hat damit zur relativen Ru he an den Märkten (trotz Italien und Zypern) beigetragen. — Die Kosten besicherter Interbanken - Refinanzierung sind auf Rekordtief von etwa 0,15% p.a. ( - 0,6% - P. gg. Vj.). — Die Rendite deutscher Anleihen waren seit Jahresanfang von 1,32% auf zwischenzeitlich 1,70% Ende Januar g e- stiegen. — Mit dem politischen Schwebezustand in Italien und den Schwierigkeiten bei den Verhandlungen des Hilfspakets für Zypern sind die Ren diten deutscher Anleihen wieder auf momentan 1,27% gesunken. — Trotz eines Realzinses nahe Null bevorzugen viele A n- leger den „sicheren Hafen“ Deutschland, eines der wen i- gen Länder mit AAA - Rating in Europa. — Die Intra - EWU - Renditeabstände haben sich durch EZB - Präsident Draghis Ankündigung, dass die EZB alles tun wird, um den Euro zu erhalten (26. Juli) und den klaren politischen Willen insbesondere der Bundesregierung die Eurozone zusammenzuhalten, deutlich verringert. — Daneben hob EZB Präsident Draghi die Stabilisierung bei den Bankeinlagen in der Peripherie, Kapitalzuflüsse aus dem Ausland und sin kende Target2 Salden als we i- tere Indizien für eine Defragmentierung hervor. — Die Renditeabstände von italienischen und spanischen Anleihen haben am deutlichsten auf die in Aussicht g e- stellte EZB - Intervention (OMT) reagiert. — Die Spreads sanken seit Anfang September in Spanien um etwa 180 und Italien um etwa 110 Basispunkte . — Am kurzen Ende (3J), dem Fokus eines OMT - P rogramms, gingen die Renditeabstände in Spanien um rund 35% und in Italien um etwa 24% zurück. — Zuletzt sorgte n a llerdings gestiegene Unsicherheiten im Zusammenhang mit Italien und Zypern für wieder ste i- gende Renditeabstände . 0 1 2 3 4 5 6 08 09 10 11 12 13 EZB - Leitzins 3M - Satz EWU: Leitzins & 3M Satz % Quellen: EZB, Global Insight 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 11 12 13 % Quelle: Global Insight Rendite 10 - jähriger deutscher Staatsanleihen 0 50 100 150 200 11 12 13 Niederlande Finnland Frankreich Österreich EWU: Renditeabstände Gegenüber dt. Staatsanleihen, Basispunkte Quelle: Global Insight 0 100 200 300 400 500 600 700 11 12 13 Spanien Italien EWU: Renditeabstände Gegenüber dt. Staatsanleihen, Basispunkte Quelle: Global Insight Ausblick Deutschland 36 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Chartbook: Finanzmärkte (2) — Derzeit liegt der Dax bei etwa 7 . 800 Punkten. Die opt i- mistischere Einschätzung der Euro - Schuldenkrise hat den Dax weiter getrieben, nicht zuletzt da es bei teilwe i- se negativen Realzinsen am deutschen Anleihemarkt an Anlagealternativen fehlt. Der Abstand der Dividenden - zur Anleiherendite liegt auf hohem Niveau. Zuletzt gab es eine holprige Berg - und Talfahrt, insbesondere nach den Wahlen in Italien und den schwierigen Verhandlu n- gen des Hilfspakets für Zypern. — Dax seit Beginn der Schuldenkrise relativ zu Aktien im Euroraum mit deutlich besserer Wertentwicklung. Uns e- re Aktien - Analys ten erwarten einen Stand des Dax von 8 . 000 und des Stoxx 600 von 315 zum Jahresende 2013. — Rohstoffpreise – insbesondere Industrie und Energi e- rohstoffpreise – dürften in 2013 aufgrund des kräftigere n Wachstum s in China – dem größten Rohstoffimporteur – und der moderaten Wachstumsbel ebung in den Indus t rieländern leicht steigen. — Nahrungsmittelpreise sind in Q3 2012 wegen Dürren (z.B. USA und Osteuropa) deutlich gg. Q2 gestiegen, fi e- len zuletzt aber wieder recht deutlich. Im Februar 2013 lagen sie fast 20% unter dem Höchststand des ve rga n- genen Jahres. — Nach einem schwachen Winterhalbjahr, dürfte sich die Nachfrage nach Öl in H2 2013 im Zuge der weltweiten Konjunkturbelebung erhöhen. Zusätzliche preistreibende Wirkungen könnten von der Angebotsseite (z.B. geopol i- tische Risiken, Iran) ausgehen. — Insgesamt dürfte der Ölpreis in etwa um sein derzeitiges Niveau schwanken. Z um Ende des Jahres erwarten u n- sere Rohstoffstrategen einen Ölpreis von USD 115 per Barrel Brent . — Im Jahresverlauf 2013 dürften die Realzinsen nahe Null , ein schwächer er USD und Goldk ä uf e von Zentralbanken zur Diversifizierung ihrer Währungsreserven den Gol d- preis steigen lassen. — Unsere Rohstoff - Analysten erwarten eine Notierung von USD 2.000 per Feinunze zum Jahresende. Momentan liegt der Goldpreis bei etwa USD 1 . 600 pe r Feinunze. 3.000 4.000 5.000 6.000 7.000 8.000 07 08 09 10 11 12 13 Dax 30 EuroStoxx 50 (normiert) Aktienindizes Quellen: Global Insight, DB Research 0 20 40 60 80 100 120 140 160 08 09 10 11 12 13 Nahrungsmittel Industrierohstoffe Insgesamt Energierohstoffe Rohstoffpreise HWWI Index, 2010=100, EUR Basis Quelle: HWWI 0 20 40 60 80 100 120 140 160 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 USD je Barrel EUR je Barrel Quellen: Global Insight, Reuters, DB Research Ölpreis Brent Blend, USD oder EUR je Barrel 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 USD je Feinunze EUR je Feinunze Quellen: Global Insight, Reuters, DB Research USD oder EUR je Feinunze Goldpreis Ausblick Deutschland 37 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Chartbook: Finanzmärkte (3) — Trotz der öffentlichen Debatte über Inflationsgefahren, erwarten die von der EZB befragten privaten Prognost i- ker keinen Anstieg der Inflation. Ihre Erwartungen über die Inflationsrate (EWU) in 2 Jahren fielen zuletzt leicht auf 1,8%. Unverändert wird in 5 Jahren eine Inflationsr a- te von 2,0% erwartet. — Die aus der Differenz 10 - jähriger nomineller deutscher Staatsanleihen und der Rendite inflationsgeschützter A n- leihen berechnete Inflationserwartung für die nächst en 10 Jahre schwankt seit Anfang 2011 zwischen 2 und gut 2 ½%. — Allerdings dürfte diese „implizite Inflationserwartung“ verzerrt sein. Zum einen ist der derzeitige Realzins nahe Null ökonomisch nur schwer zu erklären. Zum anderen sind die Anleiherenditen du rch massive Käufe einiger großer Zentralbanken und bestehender „safe haven“ - Käufe wohl nach unten verzerrt. — Der Euro stieg seit dem Tief Mitte des Jahres 2012 bis Anfang Februar um 13% auf EUR/USD 1,37. Dies ging auf die deutliche Reduktion des Extremri sikos eines Auseinanderbrechens der Eurozone und der damit ve r- bundenen Reduktion der Kapitalflucht, Verbesserung des Leistun gsbilanzsaldos der Eurozone und die expa n- sivere Geldpolitik der Fed relativ zu r EZB sowie d ie U n- sicherheit über die Lösung der fiska lisc hen Probleme in den USA zurück. — In Folge de r Unsicherheiten in Italien und Zypern sowie der relativ starken US - Konjunkturzahlen wertete der E u- ro seit dem Hoch im Februar um 5% ab und notiert akt u- ell bei einem EUR/USD Kurs von 1,28. — Unsere Wechselkurss trategen erwarten einen EUR/USD Kurs von 1, 26 in 3 Monaten. — In H2 2013 dürfte sich das Wachstum der USA auf etwa 3% erhöhen und f ür einen stärkeren USD sorgen – u n- sere Strategen rechnen mit einem EUR/USD Kurs von 1, 23 in 6 Monaten. Und sehen die aktuelle USD - Stärke als Beginn eines mehrjährigen USD - Aufwertungszyklus. -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 30 35 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 07 08 09 10 11 12 13 Implizite Inflationserwartung (links) In 2 Jahren* (links) Lange Frist* (links) Preisentwicklung nächste 12 M** (rechts) Inflationserwartungen Eurozone % gg. Vj. (links), Saldo der pos. u. neg. Antworten (rechts) * ECB Survey of Professional Forecasters, ** EC Consumer Survey Quellen: EZB, Europäische Kommission, Bloomberg 0,8 0,9 1 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 80 85 90 95 100 105 110 115 120 125 130 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 Nom. eff. EUR - Wechselkurs (l.) Realer eff. EUR - Wechselkurs (l.) USD je EUR (r.) Wechselkursentwicklung des Euro 1999Q1=100 (links), USD je EUR (rechts) Quellen: EZB, Reuters Ausblick Deutschland 38 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Chartbook: Finanzmärkte (4) — Wachstum der Unternehmenskredite in Deutschland schwächte sich im letzten Quartal 2012 weiter ab und sank im Januar auf - 0,4%. — Damit liegt Deutschland zwar immer noch deutlich über dem Durchschnitt des Euroraums, dennoch schlägt sich die seit sechs Quartalen rückläufige Investitionstätigkeit in Kreditvolumen nieder. Teilweise auch Substitution durch Anleiheemission. — Im Euroraum zuletzt nochmals beschleun igter Rückga ng des Kreditvolumens: - 4,1% gg. Vorjahr im Jan., bedingt durch anhaltendes Deleveraging und Schwierigkeiten in Krisenländern. — Im zweiten Halbjahr 2012 leichte Beschleunigung des Hypothekarkreditwachstums in Deutschland; im Januar stieg das Kreditvolumen um rund 2% gg . Vorjahr und e r- reicht damit fast Zuwächse der Vorkrisenperiode . — Niedriges Zinsniveau und in Teilen positive Erwartungen an den Immobilienmärkten wirkten sich bisher nur b e- grenzt auf die Kreditnachfrage aus, da Investitionen zum Teil durch Portfolioumschichtungen finanziert werden. — Nach wie vor höheres Hypothekarkreditwachstum in Deutschland als in EWU; der zuletzt sprunghafte Anstieg in EWU vor allem bedingt durch Einbruch in der 2. Ja h- reshälfte 2011 (Basiseffekt). — Zinssätze für Unternehmens - und Hypothekarkredite im Januar weiterhin auf historisch niedrigem Stand. — Das niedrige Zinsniveau senkt Refinanzierungskosten der Banken, was wiederum auch an Kunden weiterg e- geben wird. — Unternehmen schätzen Kreditvergabe weiter als unpro b- lematisch ein. — Im Februar leichter Anstieg des Anteils der Unterne h- men, die die Kreditvergabe als restriktiv einstufen; bei Industrie unternehmen: +1 Prozentpunkt gg . Vormonat; Bauunternehmen +0,1 Prozentpunkte. — Im historischen Vergleich sehr geringe Kredithürde s o- wohl für das Baugewerbe als auch das verarbeitende Gewerbe. -8,000 -4,000 ,000 4,000 8,000 12,000 16,000 06 07 08 09 10 11 12 13 Euroraum Deutschland Kredite an Unternehmen % gg. Vorjahr Quellen: EZB, DB Research -2 0 2 4 6 8 10 12 14 06 07 08 09 10 11 12 13 Euroraum Deutschland Privates Hypothekenvolumen % gg. Vorjahr Quellen: EZB, DB Research 0 1 2 3 4 5 6 7 06 07 08 09 10 11 12 13 EZB - Leitzins Ø - Zins für private Hypotheken (Neugeschäft) Ø - Zins für Unternehmenskredite < EUR 1 Mio. (Neugeschäft) Zinsen für Kredite % Quellen: EZB, Bundesbank 0 10 20 30 40 50 60 09 10 11 12 13 Verarbeitendes Gewerbe Bau Kredithürde Anteil der Unternehmen, die angeben, die Kreditvergabe sei "restriktiv" (in %) Quelle: ifo Ausblick Deutschland 39 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Chartbook: Finanzmärkte (5) — Wie bereits Ende letzten Jahres, weiterhin schwache Emissionstätigkeit des Bundes und der Länder: Brutt o- emissionen im Januar 2013 bei E UR 38 Mrd. — Günstige Kassenlage des Bundes und relativ niedriges Plandefizit haben Neufinanzierungsbedarf der öffentl i- chen Hand sinken lassen. — Inkrafttreten einer EWU - weiten Regelung: Seit Januar 2013 werden Anleihen des Bundes mit einer Laufzeit von mindestens 1 Jahr mit Umschuldungsklauseln (CAC) begeben. — Nach schwacher Emissionstätigkeit im Dezember, Emi s- sionsvolumen von Bankanleihen im Januar 2013 wieder gestiegen. Mit knapp EUR 80 Mrd . leicht über langjähr i- gem Monatsdurchschnitt. — Weiterhin komfortable Ref inanzierungssituation der Ba n- ken in Deutschland. — I n den vergangenen Jahren Bedeutungsverlust von Pfandbriefen und klassischen Bankschuldverschreibu n- gen; Wachstum nahezu ausschließlich bei Anleiheemi s- sionen durch öffentlich - rechtliche Förderbanken . — Im Januar 2013 mit EUR 1 Mrd. relativ schwache Anle i- heemission nicht - finanzieller deutscher Unternehmen in Deutschland. Finanzierungsbedarf in den Vormonaten bereits weitgehend gedeckt (Dezember 2012: EUR 6,2 Mrd.). — Nach wie vor jedoch sehr vorteilhaftes U mfeld für die Emission von Unternehmensanleihen: allgemein niedr i- ges Zinsniveau, geringe Risikoaufschläge und search for yield auf Seiten der Investoren. — Markt für Unternehmensanleihen wächst nach wie vor schneller als der für Unternehmenskredite. — Leichte Belebung der Aktienemissionen in Deutschland: EUR 0 , 7 Mrd. Bruttoemissionen im Januar im Vergleich zu 0,4 Mrd. im Dezember 2012. — Nach wie vor unterdurchschnittliche Emissionstätigkeit trotz günstigen Marktumfelds. — Unternehmen decken Eigenmittelbed arf vorzugsweise intern bzw. haben insgesamt geringen Eigenmittelbdarf. 0 100 200 300 400 500 600 700 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Emission von Staatsanleihen Jahresverlauf kumuliert, Mrd. EUR Quellen: Bundesbank, DB Research 0 200 400 600 800 1.000 1.200 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Emission von Bankanleihen Jahresverlauf kumuliert, Mrd. EUR Quellen: Bundesbank, DB Research 0 5 10 15 20 25 30 35 40 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Emission von Unternehmensanleihen Jahresverlauf kumuliert, Mrd. EUR Quellen: Bundesbank, DB Research 0 5 10 15 20 25 30 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Emission von Aktien Jahresverlauf kumuliert, Mrd. EUR Quellen: Bundesbank, DB Research Ausblick Deutschland 40 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Chartbook: Wirtschaftspolitik — Der Schuldenstand war bis Ende 2010 kräftig auf fast 83% des BIP gestiegen. Davon sind fast 13% - Punkte auf Finanzmarktstützungsmaßnahmen sowie Maßnahmen im Rahmen der europäischen Rettungsmechanismen zurückzuführen. — Wegen des kräftigen BIP - Wachstums und d er Verwe r- tung/Abbau von Finanzaktiva war der Schuldenstand bis zum 1. Quartal 2012 auf gut 81% gefallen. Angesichts der Verwertung und zumindest temporär neu hinzuko m- mender Aktiva im Rahmen der Ersten Abwicklungsa n- stalt ist der Schuldenstand Schätzungen zu folge Ende 2012 wieder auf knapp 82% gestiegen. Der Anstieg der Verschuldung ist in erster Linie bei den Ländern festz u- stellen. Beim Bund ist der Verschuldungsgrad zuletzt (Q3) leicht gefallen. — I n Deutschland hat der Gesamtstaat (in Maastricht A b- grenzu ng) mit 0,2% des BIP e rstmals seit 2007 wieder einen Überschuss erzielt. Seit der Wiedervereinigung war dies damit erst zum dritten Mal der Fall. 2012 hat dabei die verbesserte Finanzlage von Kommunen und Sozialversicherungen das Defizit von Ländern und Ko mmunen leicht mehr als ausgeglichen. Bund und Länder konnte n ihre Defizite gegenüber 2011 jeweils in etwa halbieren. — Das dur ch die Schuldenbremse vorgegebene maximal zulässige strukturelle Defizit von 0,35% des BIP konnte der Bund im vergangen Jahr nach v orläufigen Berec h- nungen bereits im vergangen Jahr einhalten. — Das Gros der Meinungsumfragen zeigt weiterhin keine klaren Bewegungen, v.a. nicht für die beiden großen Parteien. Die CDU schwankt um die Marke von 40%. Die SPD bewegt sich im Bereich von 24% bis 29%. Bei den meisten Meinungsforschungsinstituten liegen die Regi e- rungsparteien, Union und FDP, und die Herausforderer von der Opposition, SPD und Grüne, mehr oder minder gleich auf. Besonders im rot - grünen Lager besteht die Tendenz, dass Gewinne/V erluste einer Partei, etwa der SPD, durch Verluste/Gewinne der anderen, d.h. der Grünen, kompensiert werden. Allerdings hat die FDP bei mehreren Umfragen in jüngerer Zeit die 5% - Hürde übe r- sprungen. Die meisten Deutschen wollen Angela Merkel weiterhin als K anzlerin. Ihre hohen Popularitätswerte sind zuletzt indes etwas gefallen. Zudem sind die Wähler wenig begeistert über eine Fortsetzung der gegenwärt i- gen CDU/FDP Regierung. 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 05 06 07 08 09 10 11 12 Bund Länder Gemeinden Verschuldung des Staates in % des BIP, Maastricht - Abgrenzung, Quartalswerte Quellen: Deutsche Bundesbank, DB Research - 5,0 - 4,0 - 3,0 - 2,0 - 1,0 0,0 1,0 2008 2009 2010 2011 2012 Bund Länder Kommunen Sozialversicherungen Gesamtstaat Defizite Bund, Länder Kommunen und Sozialversicherungen in % des BIP, Maastricht/VGR Abgrenzung Quellen: Statistisches Bundesamt, DB Research 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 Sep 2009 Nov 2011 Jan 2012 Mär Mai Jul Sep Nov Jan 2013 Mär CDU/CSU SPD FDP Grüne Linke Piraten 15,5 26,5 6 6 39,5 2,5 Wahl 2009 Deutscher Bundestag, wenn morgen gewählt würde Quelle: IfD Allensbach Wahl - bzw. Umfrageergebnisse, % Ausblick Deutschland 41 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Ansprechpartner für die Chartbooks: Konjunktur und Finanzmärkte: Heiko Peters (+49 69 910-21548, heiko.peters@db.com) Oliver Rakau (+49 69 910-31875, oliver.rakau@db.com) Jan Schildbach (+49 69 910-31717, jan.schildbach@db.com) Branchen: Antje Stobbe (+49 69 910-31847, antje.stobbe@db.com) Wirtschaftspolitik: Dieter Bräuninger (+49 69 910-31708, dieter.braeuninger@db.com) Frank Zipfel (+49 69 910-31890, frank.zipfel@db.com) Dieter Bräuninger (+49 69 910-31708, dieter.braeuninger@db.com) Nicolaus Heinen (+49 69 910-31713, nicolaus.heinen@db.com) Deutschland: Termine der Finanz-, der Wirtschafts- und der Europapolitik Datum Ereignis Anmerkungen 4. April Sitzung des EZB - Rates, Pressekonferenz Überprüfung des geldpolitischen Kurses. 11./12. April ECOFIN und Eurogruppe in Irland U.a. siebte bzw. neunte Beratung des Fortschrittsberichts zu Portugal bzw. Irland. Gespräche zur fiskalpolitischen Koordinierung. 14. April Außerordentlicher Parteitag der SPD Beratung und Beschluss des Regierungsprogramms. 18./19. April Treffen der G20 - Finanzminister und Notenbank - gouverneure in Washington Beratung zur Lage der Weltwirtschaft und des internationalen Finanzsystems. 19. - 21. April Frühjahrstagung von IWF und Weltbank in Washington Debatte über Lage der Weltwirtschaft und an internationalen Finanzmärkten. 26. - 28. April Bundesdelegiertenkonferenz Bündnis90/Die Grünen in Berlin Debatte und Beschluss über Bundestagswahlprogramm . Anfang Mai Europäische Kommission Veröffentlichung der BIP - Frühjahrsprognosen. 2. Mai Sitzung des EZB - Rates in Bratislava Überprüfung des geldpolitischen Kurses. 4./5. Mai Außerordentlicher Bundesparteitag der FDP U.a. Verabschiedung des Wahlprogramms. 6. - 8. Mai Arbeitskreis Steuerschätzung Gegenüber Herbstprognose leichte Abflachung des prognostizierten Anstiegswinkels der Steuereinnahmen für 2013 (+3%) und darüber hinaus zu erwarten. 10./11. Mai Treffen der G 7 - Finanzminister und - Note nbank - gouverneure in Buckinghamshire/ London Debatte über Lage der Weltwirtschaft und an internationalen Finanzmärkten. 13./14. Mai ECOFIN und Eurogruppe in Brüssel Beratung der wirtschaftlichen Lage im Eurogebiet (Basis Frühjahrsprognose der Kommission) einschließlich Makro - Ungleichgewichte. 22./23. Mai Europäischer Rat in Brüssel Informelles Treffen der Staats - und Regierungschefs. Ende Mai Sitzung des Stabilitätsrates 6. Juni Sitzung des EZB - Rates, Pressekonferenz Überprüfung des geldpolitischen Kurses. 17./18. Juni G8 - Gipfel in Großbritannien Schwerunkte der britischen Präsidentschaft: Stärkung des Wachstums der Weltwirtschaft, Liberalisierung des int. Handels, Maßnahmen gegen Steuervermeidung u.a. 20./21. Juni ECOFIN und Eurogruppe in Luxembu rg U.a. dritte bzw. achte bzw. zehnte Beratung des Fortschrittsberichts zu Griechenland bzw. Portugal bzw. Irland; dritter Bericht zum Programm für spanischen Finanzsektor; (möglicher weise) Erweiterung des Eurogebi etes (Lettland) 27./28. Juni Europäischer Rat in Brüssel Länderspezifische wirtschaftspolitische Empfehlungen Quelle: DB Research Ausblick Deutschland 42 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Heiko Peters (+49 69 910-21548, heiko.peters@db.com) Oliver Rakau (+49 69 910-31875, oliver.rakau@db.com) Deutschland: Datenkalender Datum Uhrzeit Daten Berichtszeitraum DB Schätzung Letzter Wert 2. Apr 2013 14:00 Vorläufiger VPI (sb . ), % gg. Vm. (gg. Vj.) Mär 0,5 (1,5) 0,6 (1,5) 5. Apr 2013 12:00 Auftragseingang im Ver. Gewerbe (Index, sb.), % gg. Vm. Feb 1,5 - 1,9 8. Apr 2013 12:00 Industrieproduktion (Index, sb.), % gg. Vm. Feb 0,5 0,0 9. Apr 2013 8:00 Handelsbilanz (EUR Mrd., sb.) Feb 14,6 15,6 9. Apr 2013 8:00 Warenexporte (EUR Mrd., sb.), % gg. Vm. (gg. Vj.) Feb 1,8 (3,2) 1,3 (2,2) 9. Apr 2013 8:00 Warenimporte (EUR Mrd., sb.), % gg. Vm. (gg. Vj.) Feb 3,7 (3,1) 3,3 (2,3) 23. Apr 2013 9:30 PMI Verarbeitendes Gewerbe (Flash) Apr 48,5 48,9 23. Apr 2013 9:30 PMI Dienstleistungssektor (Flash) Apr 51,5 51,6 24. Apr 2013 10:30 ifo Geschäftsklima (Index, sb.) Apr 106,5 106,7 28. Apr 2013 8:00 Einfuhrpreise (Index, sb.) % gg. Vm. (gg. Vj.) Mär 0,2 ( - 2,0) 0,3 ( - 1,6) 29. Apr 2013 8:00 Einzelhandelsumsätze (Index, sb.), % gg. Vm. Mär - 0,5 0,4 30. Apr 2013 10:00 Arbeitslosenrate (%, sb.) Apr 6,9 6,9 15. Mai 2013 8:00 Reals BIP (Index, sb.), % gg. Vq. Q1 2013 0,1 - 0,6 Quellen: DB Research, Statistisches Bundesamt, Bundesagentur für Arbeit, ifo, Markit Finanzmarktprognosen US JP EWU GB CH SE DK NO PL HU CZ Le itzinssatz, % Aktuell 0 - 0,25 0 - 0,1 0,75 0,50 0,00 1,00 0,30 1,50 3,25 5,00 0,05 3M 0 - 0,25 0 - 0,1 0,75 0,50 0,00 1,00 0,30 1,50 3,25 4,25 0,05 6M 0 - 0,25 0 - 0,1 0,75 0,50 0,00 1,00 0,40 1,50 3,25 3,50 0,05 12M 0,10 0,10 0,75 0,50 0,00 1,25 0,50 1,75 3,25 3,50 0,05 3M Geldmarktsatz, % Aktuell 0,28 0,25 0,21 0,51 3M 0,35 0,30 0,25 0,51 6M 0,35 0,30 0,25 0,52 12M 0,35 0,30 0,35 0,60 10J Staatsanleihen Renditen, % Renditeabstände gg. EWU, % - Punkte Aktuell 1,83 0,53 1,24 1,73 - 0,53 0,53 0,19 0,90 3M 2,25 0 ,70 1,65 2,25 - 0,90 0,25 0,25 0,65 6M 2,50 0,80 1,75 2,45 - 0,65 0,20 0,30 0,70 12M 3,00 0,90 2,00 2,90 - 0,65 0,20 0,30 0,75 Wechselkurse EUR/ USD USD/ JPY EUR/ GBP GBP/ USD EUR/ CHF EUR/ SEK EUR/ DKK EUR/ NOK EUR/ PLN EUR/ HUF EUR/ CZK Aktuell 1,28 94,15 0,85 1,51 1,22 8,28 7,45 7,44 4,17 304,12 25,81 3M 1,26 96,00 0,87 1,45 1,25 8,20 7,46 7,30 4,10 292,00 25,20 6M 1,23 98,00 0,86 1,43 1,25 8,00 7,46 7,20 4,06 280,00 25,20 12M 1,20 100,00 0,85 1,41 1,25 7,80 7,46 7,10 4,00 280,00 25,03 Quellen: Bloomberg, Deutsche Bank Ausblick Deutschland 43 | 2. April 2013 Aktuelle Themen Deutschland: Datenmonitor Q1 2012 Q2 2012 Q3 2012 Q4 2012 Q1 2013 Okt 2012 Nov 2012 Dez 2012 Jan 2013 Feb 2013 Mrz 2013 Konjunkturumfragen Gesamtwirtschaft ifo Geschäftsklima 109,2 107,2 102,3 101,4 106,1 100,1 101,5 102,5 104,3 107,4 106,7 ifo Geschäftserwartungen 101,9 100,1 94,3 95,6 103,0 93,4 95,4 98,1 100,7 104,6 103,6 PMI Composite 52,9 49,3 47,9 49,1 52,9 47,7 49,2 50,3 54,4 53,3 51,0 Produzierendes Gewerbe ifo Verarbeitendes Gewerbe 104,3 102,5 96,4 95,1 101,1 94,3 94,6 96,3 99,1 102,4 101,9 PMI Verarbeitendes Gewerbe 49,9 45,5 45,0 46,3 49,7 46,0 46,8 46,0 49,8 50,3 48,9 Produktion (% gg. Vp.) - 0,1 0,1 0,4 - 2,4 - 1,5 - 0,5 0,6 0,0 Auftragseingang (% gg. Vp.) - 0,3 0,1 - 1,8 0,6 3,7 - 2,6 1,1 - 1,9 Grad der Kapazitätsauslastung 85,1 84,9 83,7 82,1 82,9 Bauhauptgewerbe Produktion (% gg. Vp.) - 2,9 2,6 0,5 - 2,3 - 1,2 1,1 - 6,5 - 0,2 Auftragseingang (% gg . Vp.) 9,2 - 5,6 - 1,5 2,1 22,5 - 20,6 0,8 9,9 ifo Bauhauptgewerbe 123,1 120,0 118,1 117,6 125,7 115,8 118,3 118,8 122,7 127,1 127,3 Dienstleistungen PMI Dienstleistungen 52,9 51,3 49,4 50,0 54,0 48,4 49,7 52,0 55,7 54,7 51,6 Ko nsumentennachfrage EC Konsumentenbefragung - 0,3 - 1,1 - 7,9 - 10,0 - 6,5 - 9,3 - 10,2 - 10,4 - 7,6 - 6,4 - 5,4 Einzelhandelsumsätze (% gg. Vp.) - 0,7 1,0 - 0,9 - 0,9 1,0 Neuzulassungen PKW (% gg. Vj.) 1,3 0,2 - 7,0 - 6,2 0,5 - 3,5 - 16,4 0,0 - 10,5 A ußenhandel Auslandsaufträge (% gg. Vp.) 0,0 0,7 - 1,2 1,8 6,3 - 4,7 1,6 - 3,0 Exporte (% gg. Vp.) 2,1 1,5 1,3 - 2,0 0,1 - 2,2 0,2 1,3 Importe (% gg. Vp.) 1,1 - 0,2 0,2 - 0,8 2,8 - 3,8 - 1,5 3,3 Nettoexporte (EUR Mrd.) 43,5 47,9 50,8 47,1 14,7 15,6 16,9 15,6 Arbeitsmarkt Arbeitslosenquote (%) 6,8 6,8 6,8 6,9 6,9 6,9 6,9 6,9 6,9 6,9 6,9 Veränderung Arbeitslosigkeit (Tsd. gg. Vp.) - 32,3 14,7 21,7 30,3 - 7,3 18,0 4,0 0,0 - 13,0 0,0 13,0 Beschäftigung (% gg. Vj.) 1,4 1,2 1,1 0,8 0,9 0,8 0,7 0,6 0,7 ifo Beschäftigungsbarometer 108,5 107,8 106,5 106,3 105,6 106,4 106,9 106,6 106,9 Pr eise, Löhne und Arbeitskosten Preise HVPI (% gg. Vj.) 2,4 2,1 2,1 2,0 2,1 1,9 2,0 1,9 1,8 Kern - HVPI (% gg. Vj.) 1,3 1,4 1,2 1,3 1,2 1,2 1,5 1,1 1,3 Harmonisierter PPI (% gg. Vj.) 3,3 2,0 1,4 1,5 1,5 1,4 1,5 1,7 1,2 Rohstoffe ohne Energie (% gg. Vj.) - 9,6 - 7,8 - 4,5 0,7 - 0,3 1,5 1,1 - 3,7 - 2,7 Ölpreis (USD) 118,4 108,2 109,7 110,1 111,8 109,2 109,4 113,1 116,3 Inflationserwartungen EC Haushaltsumfrage 28,3 25,0 27,0 31,2 26,6 31,2 31,2 31,2 27,6 26,5 25,6 EC Unternehmensumfrage 10,0 6,4 0,8 2,9 3,7 2,1 2,1 4,6 5,4 3,2 2,5 Lohnstückkosten (gg. Vj.) Lohnstückkosten 2,1 2,9 3,3 3,0 Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer 2,3 2,4 2,5 2,7 Arbeitnehmerentgelt je Stunde 1,8 3,2 3,5 4,0 Monetärer Sektor (gg. Vj.) M3 6,9 7,0 6,8 6,0 9,2 8,2 6,0 6,1 Trend von M3 8,1 7,8 6,8 6,1 Kredite an Unternehmen und Privatpersonen 2,1 0,7 0,6 - 0,4 - 0,2 - 0,6 - 0,4 - 0,3 Kredite an öffentliche Haushalte 13,5 22,0 10,4 13,5 12,1 4,3 13,5 - 5,4 % gg. VP = Veränderung gegenüber der Vorperiode Quellen: Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Bundesbank, Europäische Kommission, Eurostat, Statistisches Bundesamt, HWWI, ifo, Markit Ausblick Deutschland Unsere Publikationen finden Sie unentgeltlich auf unserer Internetseite www.dbresearch.de Dort können Sie sich auch als regelmäßiger Empfänger unserer Publikationen per E - Mail eintragen. Für die Print - Version wenden Sie sich bitte an: Deutsche Bank Research Marke ting 60262 Frankfurt am Main Fax: +49 69 910 - 31877 E - Mail: marketing.dbr@db.com Schneller via E - Mail: marketing.dbr@db.com Im Ausblick Deutschland aus der Reihe Aktuelle Themen/Konjunktur we r- den volkswirtschaftliche und wirtschaftspolitische Themen zu Deutschland behandelt. Jede Ausgabe enthält zudem Übersichtstabellen zu finanz - und wirtschaftspolitischen Terminen sowie einen detaillierten Datenmonitor zu deutschen Wirtschaftsindikatoren. Die Ausgabe erscheint monatlich. Sie wird ergänzt durch ein Update aus der Reihe Research Briefing/Konjunktur zur Monatsmitte, das neben einem aktuellen Überblick über wichtige Konjunktur - und Finanzmarktindikatoren ebenfalls eine Übersicht über wichtige Branchen sowie über das aktuelle wirtschaftspolitische Geschehen bietet. Wieder die Insel der Glückseligen? ( Research Briefing – Konjunktur ) ................................ ..... 1 2 . März 2013 Tiefpunkt (wohl) durchschritten ( Aktuelle Themen ) ................................ .............................. 1. März 2013 „Währungskrieg“ und pazifistische Europäer ( Research Briefing – Konjunktur ) ................................ 18. Februar 2013 Langsam aufwärts in 2013 (Aktuelle Themen) ................................ ......................... 28. Januar 2013 BIP - Prognosen - mit Vorsicht zu handhaben (Research Briefing – Konjunktur) ............................ 18. Dezember 2012 Deutsche Konjunktur am Wendepunkt? (Aktuelle Themen) ................................ ..................... 3. Dezember 2012 BIP - Prognose 2013: Nur noch 1/4% (Research Briefing – Konjunktur) ............................ 15. November 2012 Eurokrise bringt Wirtschaft im Winterhalbjahr zum Stillstand (Aktuelle Themen) ................................ ..................... 1. November 2012 Herbst ... die Prognosen fallen (Research Briefing – Konjunktur) ................................ 15. Oktober 2012 © Copyright 2013. Deutsche Bank AG, DB Research, 60262 Frankfurt am Main, Deutschland. Alle Rechte vorbehalten. Bei Zitaten wird um Quellenan- gabe „Deutsche Bank Research“ gebeten. Die vorstehenden Angaben stellen keine Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung dar. 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