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26. Februar 2021
Im Januar ist die deutsche VPI-Inflationsrate deutlich angestiegen, was auch durch Sondereffekte verursacht wurde. Aufgrund des kräftigen Preisanstiegs bei Waren (ohne Energie) stellt sich dennoch die Frage, ob – trotz weiterhin wirkender preisdämpfender Faktoren – eine höhere Inflationsdynamik aufgrund von Angebotsengpässen ins Haus steht. Insgesamt rechnen wir jetzt mit einer (durchschnittlichen) Jahresinflationsrate von 2,0% im Jahr 2021. Zum Jahresende könnte die Inflationsrate sogar vorübergehend auf bis zu 3% in die Höhe schnellen, ehe sie dann wieder zum ersten Quartal 2022 auf rund 1 ½% zurückfallen dürfte. Angesichts der überraschend hohen Januar-Inflationszahlen sehen wir aber für die Zukunft inzwischen mehr Aufwärts- als Abwärtsrisiken. Insbesondere eine über die Angebotsseite in Gang kommende Inflationsdynamik – gepaart mit einer zu zögerlichen bzw. verspäteten Abkehr von der ultra-expansiven Geld- und Fiskalpolitik – stellt unserer Einschätzung nach ein Hauptrisiko für eine künftig höhere Inflationsdynamik dar. [mehr]
PROD0000000000517042 1   |    26. Februar 2021 Aktueller Kommentar 26. Februar 2021 Preissprung im Januar - kommt jetzt die Inflation? Autor www.dbresearch.de Deutsche Bank Research Management Stefan Schneider Sebastian Becker +49(69)910-21548 sebastian-b.becker@db.com Im Januar ist die deutsche VPI-Inflationsrate deutlich angestiegen, was auch durch Sondereffekte verursacht wurde. Aufgrund des kräftigen Preisanstiegs bei Waren (ohne Energie) stellt sich dennoch die Frage, ob - trotz weiterhin wirkender preisdämpfender Faktoren - eine höhere Inflationsdynamik auf grund von Angebotsengpässen ins Haus steht. Insgesamt rechnen wir jetzt mit einer (durchschnittlichen) Jahresinflationsrate von 2,0% im Jahr 2021. Zum Jahresende könnte die Inflationsrate sogar vorübergehend auf bis zu 3% in die Höhe schnellen, ehe sie dann wieder zum ersten Quartal 2022 auf rund 1 ½% zurückfallen dürfte. Angesichts der überraschend hohen Januar-Inflati onszahlen sehen wir aber für die Zukunft inzwischen mehr Aufwärts- als Ab wärtsrisiken. Insbesondere eine über die Angebotsseite in Gang kommende Inflationsdynamik - gepaart mit einer zu zögerlichen bzw. verspäteten Abkehr von der ultra-expansiven Geld- und Fiskalpolitik - stellt unserer Einschätzung nach ein Hauptrisiko für eine künftig höhere Inflationsdynamik dar. Januar-Preissprung übertrifft alle Erwartungen und schürt neue Inflationssor gen Aufgrund der Corona-Pandemie, die zumindest vorerst insgesamt die Inflati on dämpfte, sowie aufgrund mehrerer Sonderfaktoren (temporäre Mehrwert steuersenkung, niedrigere Energiepreise) schwächte sich die Verbraucher preisinflation (VPI) im Jahr 2020 auf lediglich 0,5% (2019: 1,4%) ab. In unse rem im Dezember veröffentlichten Ausblick 2021  hatten wir gleich mehrere Gründe angeführt, warum mit einem Anstieg der Inflationsrate in diesem Jahr zu rechnen sei. Vor dem Hintergrund der absehbaren Wirtschaftserholung, der Wiederanhebung der Mehrwertsteuersätze, steigender Energiepreise so wie der Einführung einer CO2-Bepreisung in den Bereichen Verkehr und Wärme gingen wir von einer spürbaren Beschleunigung der Inflationsrate auf immerhin 1,4% im Jahresdurchschnitt 2021 aus. Preissprung im Januar - kommt jetzt die Inflation? 2   |    26. Februar 2021 Aktueller Kommentar Inflationsausblick für Deutschland Quellen: Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research Obwohl sich aus den vorgenannten Gründen bereits für den Januar 2021 wieder deutlich positive Werte für die Jahresveränderungsrate des VPI abge zeichnet hatten, übertrafen die Januar-Inflationszahlen die Markterwartun gen dennoch deutlich. So machte die (Jahres-) Inflationsrate einen gewalti gen Satz: von -0,3% gg. Vj. im Dezember 2020 auf +1,0% im Januar 2021 (bei einer Konsensprognose von +0,7%). Saisonbereinigt schossen die deutschen Verbraucherpreise sogar um 1,3% nach oben. Auch die Kerninflationsrate zog im Jahresvergleich deutlich an: von +0,4% gg. Vj. im Dezember auf +1,4% im Januar (saisonbereinigter Monatsanstieg: +0.9%). Die Energie- und Nah rungsmittelpreise legten im Monatsvergleich sogar saisonbereinigt um 5,4% bzw. 2% zu. Auch wenn der Januar-Inflationssprung zu einem großen Teil auf temporäre Ereignisse zurückzuführen ist (Wiederanhebung der Mehrwertsteuer, CO2- Bepreisung, Ölpreisanstieg), erklären diese Sonderfaktoren die neu aufge kommene Inflationsdynamik nicht in Gänze. Unseres Erachtens ist vor allem die Preisdynamik bei den in die Kernrate eingehenden Gütern (Waren ohne Energie) eine genauere Betrachtung wert. Denn im Januar schossen die Prei se für diese Warengruppe saisonbereinigt um +2,2% gg. Vm. in die Höhe (stärkster Anstieg seit Februar 1995). Die entsprechende Jahresverände rungsrate stieg dadurch von -1% im Dezember auf +1% im Januar an. Mit Be sorgnis nehmen wir zu Kenntnis, dass der Januar-Preisanstieg wesentlich stärker ausfiel als die durch die Mehrwertsteuersenkung bedingte Juli-Preis senkung (+2,2% gg. Vm. im Januar 2021, verglichen mit -1,4% gg. Vm. im Juli 2020). Welche Gründe sprechen für eine künftig höhere Inflationsdynamik? Insgesamt rechnen wir zwar (noch) nicht mit einer permanent höheren Inflati onsrate von deutlich über 2%. Denn es spricht weiterhin viel für eine struktu   Preissprung im Januar - kommt jetzt die Inflation? 3   |    26. Februar 2021 Aktueller Kommentar rell geringe Inflationsdynamik, wie z.B. die negative Output-Lücke, die schwierige Arbeitsmarktsituation und damit die schwächere Verhandlungs position der Gewerkschaften. Dennoch besteht unserer Meinung nach das Ri siko einer sich über die Angebotsseite beschleunigenden Inflationsdynamik. So könnte die Corona-Pandemie nicht nur die gesamtwirtschaftliche Nachfra ge (und damit das tatsächliche BIP) dämpfen, sondern auch das gesamtwirt schaftliche Angebot (und damit das Produktionspotenzial) reduzieren. Schät zungen der Output-Lücke (Abweichungen des tatsächlichen BIP vom Produk tionspotenzial) müssen daher im Moment mit noch größerer Vorsicht als sonst interpretiert werden. Da es sich bei der Output-Lücke um eine nicht be obachtbare Größe handelt, die z.B. über eine Produktionsfunktion mit den In putfaktoren Arbeit und Kapital geschätzt werden muss, ist es durchaus mög lich, dass die politischen Entscheidungsträger die Unterauslastung der Pro duktionsmöglichkeiten überschätzen, indem sie dauerhafte Kapazitätsverlus te unterschätzen. Angesichts der umfangreichen fiskal- und geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen könnte sich daher die Inflationsdynamik rasch be schleunigen. Des Weiteren könnte der erwartete Anstieg der Unternehmensinsolvenzen dazu führen, dass die überlebenden Unternehmen eine größere Preisset zungsmacht erlangen. Um ihre von der Pandemie in Mitleidenschaft gezoge nen Gewinnmargen zu steigern, könnten sie letztlich zu Preiserhöhungen greifen - insbesondere dann, wenn sich die durch die Pandemie aufgestaute Nachfrage abrupt entlädt. Mittelfristig könnte der Lohn- und Preisdruck auch deshalb zunehmen, weil die rasche Alterung der Bevölkerung zu einem ab sehbar höheren Arbeitskräftemangel führt. Ebenso dürften höhere Sozialver sicherungsbeiträge (für die gesetzliche Kranken-, Arbeitslosen- und Renten versicherung) in den Jahren 2022/23 die Lohnnebenkosten der Arbeitgeber nach oben treiben und damit zusätzlichen Preisdruck entfachen. Und letztlich könnten auch die leeren Staatskassen zu einer größeren Inflationsbeschleuni gung beitragen. Aufgrund der angespannten Finanzsituation der öffentlichen   Deutlich negative Outputlücke dämpft die deutsche Kerninflationsrate Quellen: OECD, IWF, Europäische Kommission, Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research Preissprung im Januar - kommt jetzt die Inflation? 4   |    26. Februar 2021 Aktueller Kommentar Haushalte könnte es durchaus sein, dass die staatlich administrierten Preise für einige Güter und Dienstleistungen des öffentlichen Bereiches bald deut lich angehoben werden. Die oben genannten Inflationsrisiken könnten eintreten, wenn die ultraexpan sive Geld- und Fiskalpolitik über Gebühr beibehalten wird („zu lange zu lo cker"). Sollten sich in einem solchen Szenario die über die letzten Jahre stetig zugenommenen Verflechtungen zwischen Fiskal- und Geldpolitik (Stichwort: „fiskalische Dominanz") tatsächlich als ein Hindernis in der Inflationsbekämp fung erweisen, könnte dies schließlich zu einem Anstieg der Inflationserwar tungen in der Bevölkerung und damit auch tatsächlich zu einer dauerhaft hö heren Inflationsdynamik führen. Deutsche Inflationsrate von bis zu 3% gegen Jahresende 2021 möglich Insgesamt rechnen wir nunmehr damit, dass die VPI-Inflationsrate im Jahres durchschnitt 2021 auf 2,0% ansteigen dürfte (Dezember-Prognose: 1,4%). Dies liegt zuallererst auch daran, dass die Energiepreise sehr viel höher liegen dürften als bislang gedacht. Denn in der Zwischenzeit haben die Zulassungen von COVID-19-Impfstoffen und die Entscheidung der OPEC, die Ölförderung im Jahr 2021 nur langsam zu erhöhen, den Ölpreisen ordentlich Auftrieb ge geben. Insbesondere im Zeitraum März bis Mai dürfte es zu deutlichen Basis effekten bei der Inflationsrate kommen. Denn dann dürfte der Ölpreisanstieg (im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreswert und in EUR gerechnet) sei nen Hochpunkt erreichen. So rechnen wir damit, dass allein die VPI-Energie preise die Inflationsrate in diesem Jahr um einen halben Prozentpunkt an schieben. Außerdem dürfte sich der Inflationsbeitrag der Nahrungsmittelprei se weiter erhöhen (auf ca. einen Viertel Prozentpunkt). Und schließlich rech nen wir angesichts der starken Januarzahlen ebenso mit einer leicht höheren Kerninflationsrate von rund 1,5% (Dezember-Prognose: 1,4%).     Headline-Inflationsrate könnte bis zum Jahresende 2021 sogar auf bis zu 3% hochschießen Quellen: Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research Preissprung im Januar - kommt jetzt die Inflation? 5   |    26. Februar 2021 Aktueller Kommentar Sowohl aktuelle Monatsdaten zum Einkaufsmanagerindex (wie z.B. die Input- und Output-Preise sowie die Kapazitätsauslastung im Verarbeitenden Gewer be) als auch die stark gestiegenen Frachtraten im Schiffsverkehr deuten im Moment auf einen wesentlich stärkeren Preisdruck auf Seiten der Unterneh men hin, der auch die Verbraucherpreise nicht unberührt lassen dürfte. Auf grund der derzeitigen Preisbewegungen halten wir es nunmehr sogar für möglich, dass die (Jahres-) Inflationsrate zum Jahresende hin mitunter Werte von bis zu 3% erreichen könnte. Sollten die preistreibenden Sonderfaktoren im ersten Quartal 2022 - wie von den Notenbanken in Aussicht gestellt - wie der verschwinden, könnte die Inflationsrate allerdings wieder auf rund 1 ½% zurückgehen und im Gesamtjahr 2022 einen Wert von ca. 1,3% erreichen. Angesichts der überraschend hohen Januar-Inflationszahlen sehen wir aber für die Zukunft inzwischen mehr Aufwärts- als Abwärtsrisiken. Insbesondere eine über die Angebotsseite in Gang kommende Inflationsdynamik - gepaart mit einer zu zögerlichen bzw. verspäteten Abkehr von der ultra-expansiven Geld- und Fiskalpolitik - stellen unserer Einschätzung nach ein Hauptrisiko für eine künftig höhere Inflationsdynamik dar. Ein ausführlicher Artikel zu den deutschen Inflationsperspektiven findet sich auch in unserer aktuellen Ausgabe des Ausblicks Deutschland vom 19. Febru ar 2021.   Original in englischer Sprache erschienen am 25. Februar. Preissprung im Januar - kommt jetzt die Inflation? 6   |    26. Februar 2021 Aktueller Kommentar © Copyright 2021. Deutsche Bank AG, Deutsche Bank Research, 60262 Frankfurt am Main, Deutschland. Alle Rechte vorbehalten. Bei Zitaten wird um Quellenangabe „Deutsche Bank Research" gebeten. Die vorstehenden Angaben stellen keine Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung dar. Alle Meinungsaussagen geben die aktuelle Einschätzung des Verfassers wieder, die nicht notwendigerweise der Meinung der Deutsche Bank AG oder ih rer assoziierten Unternehmen entspricht. Alle Meinungen können ohne vorherige Ankündigung geändert werden. Die Meinungen können von Einschätzungen abweichen, die in anderen von der Deutsche Bank veröffentlichten Dokumen ten, einschließlich Research-Veröffentlichungen, vertreten werden. Die vorstehenden Angaben werden nur zu Informa tionszwecken und ohne vertragliche oder sonstige Verpflichtung zur Verfügung gestellt. 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