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Bundesweiter Mietendeckel: Wohl nur unter einer (unwahrscheinlichen) grün-rot-roten Bundesregierung – aber auch dann würde das Wasser noch immer nicht bergauf fließen

Autor
Deutsche Bank Research Management
Stefan Schneider

Nachdem der Berliner Mietendeckel durch das Bundesverfassungsgericht kassiert wurde, diskutiert ganz Deutschland die Folgen. Eine der am häufigsten und potenziell wichtigsten Fragen für viele Vermieter und Mieter lautet, kommt nach der Bundestagswahl im September ein bundesweiter Mietendeckel?

Die Linke fordert in ihrem Wahlprogramm einen Mietendeckel nach Berliner Vorbild für das gesamte Bundesgebiet. Danach dürften Mieten nur noch mit der Inflation steigen und würden bei 2% pro Jahr gedeckelt. Besonders hohe Mieten sollen vermutlich auch nach dem Vorbild des Berliner Mietendeckels abgesenkt werden.  
Die Absicht der Grünen hätte eine ähnliche Wirkung wie ein bundesweiter Mietendeckel. Allerdings sind deren Vorschläge komplexer: Mietpreisbremse weiter verschärfen, Mieterhöhungen auf 2,5% pro Jahr „innerhalb des Mietspiegels“ begrenzen und hierbei zur Berechnung des Mietenspiegels den Betrachtungszeitraum auf 20 Jahre erweitern. Zur Einordnung: Laut bundesweitem Verbraucherpreisindex sind die Mieten in den letzten 20 Jahren um lediglich 1,2% pro Jahr gestiegen. Die 20-Jahre-Regel könnte in vielen Regionen von größerer Bedeutung sein als die 2,5%-Regel. Je nach Ausgestaltung könnte dies für einige Regionen sogar Mietsenkungen implizieren.
Auch die SPD möchte den Betrachtungszeitraum des Mietenspiegels, der in der aktuellen Legislaturperiode bereits von vier auf sechs Jahre erhöht wurde, nun auf acht Jahre verlängern. Auch möchte sie die Mietpreisbremse weiter verschärfen. Zudem fordert die SPD eine zeitlich befristete Deckelung des Mietanstiegs in Höhe der Inflationsrate. Dass derartige Befristungen häufig die Tendenz zur Perpetuierung Richtung Sankt-Nimmerleins-Tag haben, konnten wir zuletzt beim Soli und der Mietpreisbremse beobachten.
Fazit: Alle drei Parteien planen eine massive Verschärfung der Mietenregulierung. Eine rot-rot-grüne Bundesregierung dürfte neben einem bundesweiten Mietendeckel die Regulierungsschraube kräftig anziehen. So planen die drei Parteien, die Modernisierungskostenumlage abzusenken. Dazu kommen weitere potenzielle Belastungen durch die Energiewende, die vornehmlich die Vermieter treffen dürften. Allerdings könnte Grün-Rot-Rot im Bund eben so wenig wie im Berliner Senat verhindern, dass eine weitere Reduzierung der Mietrenditen Investitionen ausbremst und damit die Knappheit am Wohnungsmarkt weiter verschärft. Bei aller Skepsis der Akteure gegenüber Märkten sollten sie doch die fundamentalste ökonomische Logik akzeptieren, dass geringere Renditen das Angebot reduzieren. Da nach der Corona-Krise die Zuwanderung wieder kräftig steigen und die Binnenwanderung Richtung Ballungsräume anhalten dürfte, drohen noch mehr soziale Spannungen.
So wahrscheinlich die weiteren Verschärfungen des Mietenrechts unter Grün-Rot-Rot im Bund wären, so verpasst diese Konstellation nach aktuellen Prognosen jedoch eine Mehrheit im nächsten Bundestag knapp. Eine Ampelkoalition (Grüne, SPD, FDP) könnte dagegen eine Mehrheit haben und für die Liberalen dürfte eine weitere Verschärfung des Mietenrechts eine rote Linie sein. Hier würden wir folglich erwarten, dass das aktuelle Mietenrecht eingefroren würde. Am wahrscheinlichsten bleibt trotz des Sinkflugs der Konservativen in den jüngsten Umfragen eine Koalition zwischen CDU und Grünen. Hier dürften die Grünen den Klimaschutz priorisieren und die CDU nicht gewillt sein, eine weitere Verschärfung des Mietenrechts mitzutragen. Bis zum 26. September müsste es zu weiteren politischen Verwerfungen insbesondere bei der CDU kommen, damit sich an dieser Lage etwas ändert. Daher halten wir die Einführung eines bundesweiten Mietendeckels für eher unwahrscheinlich.
 

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