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Deutsche Industrie auf dem Höhepunkt im Konjunkturzyklus

Autor
Analyst
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Deutsche Bank Research Management
Stefan Schneider

Die deutsche Industrie dürfte sich auf dem Höhepunkt im aktuellen Konjunkturzyklus befinden. Die inländische Produktion stieg 2017 preisbereinigt um 3%. Dies war der stärkste Zuwachs seit 2011. Auch die Erzeugerpreise (+2,3%) nahmen im letzten Jahr so stark zu wie seit 2011 nicht mehr. Zwar entwickelten sich die Auftragseingänge in der Industrie bis zuletzt sehr positiv. Gleichwohl sprechen einige Faktoren dafür, dass die Wachstumsdynamik im Verlauf 2018 nachlassen dürfte. Dazu zählen der starke Euro sowie die zuletzt leicht rückläufigen Geschäftserwartungen. 2018 dürfte die deutsche Industrieproduktion um 2,5% zunehmen. Die hohen Lohnabschlüsse sowie die beabsichtigten Einschränkungen bei befristeten Arbeitsverträgen dürften dämpfend auf die Neueinstellungen der Unternehmen wirken.

Die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe in Deutschland nahm 2017 preisbereinigt um 3% zu und damit kräftiger als noch vor Jahresfrist erwartet. Es war der vierte Anstieg in Folge und zugleich der stärkste seit 2011. Gerade in den letzten beiden Monaten von 2017 erreichte die Industrie ein hohes Produktionsniveau..
Unter den großen Industriebranchen verzeichneten die Elektrotechnik und die Pharmaindustrie mit jeweils etwa 5,5% die höchsten Produktionszuwächse. Die Metallindustrie und die Kunststoffindustrie erzielten ein Plus von etwa 4%, während die Automobilindustrie sowie der Maschinenbau ihre Fertigung um rd. 3% ausweiten konnten. Für alle genannten Branchen war dies der höchste Zuwachs seit (mindestens) 2011. Positiv ist hervorzuheben, dass das konjunkturelle Sorgenkind im deutschen Verarbeitenden Gewerbe, die Chemieindustrie, 2017 die inländische Produktion ebenfalls erhöhen konnte, und zwar um 2%. Von 2014 bis 2016 war Chemieproduktion in Deutschland jeweils geschrumpft.
Zum positiven Konjunkturbild passt, dass die Erzeugerpreise im Verarbeitenden Gewerbe 2017 um 2,3% gestiegen sind, immerhin das erste Preisplus seit 2013. Zu beachten ist gleichwohl, dass vor allem die rohstoffnahen Sektoren zu diesem Anstieg beigetragen haben (Metallerzeugung und Chemieindustrie).

Gute Voraussetzungen für weiteres Wachstum im Jahr 2018, aber geringere Dynamik wahrscheinlich

Die Voraussetzungen für ein weiteres Produktionswachstum im deutschen Verarbeitenden Gewerbe im Jahr 2018 sind gut. So tendierten die Auftragseingänge bis zuletzt nach oben. Ferner lag die Kapazitätsauslastung zu Beginn des 1. Quartals 2018 auf dem höchsten Niveau seit Anfang 2008. Dies spricht dafür, dass die Industrie vermehrt Erweiterungsinvestitionen vornimmt. Der ifo-Geschäftsklimaindex befindet sich auf historisch hohem Niveau, wobei die befragten Unternehmen insbesondere ihre aktuelle Lage sehr positiv einschätzen. Von statistischer Seite wirkt das erwähnte hohe Produktionsniveau Ende 2017 stützend, denn dies bedeutet eine sehr solide Ausgangsbasis für das Jahr 2018.
Gleichwohl gibt es einige Faktoren, die für ein weniger dynamisches Produktionswachstum im Verlauf von 2018 sprechen. Dazu zählt die Aufwertung des Euro gegenüber den Währungen wichtiger Handelspartner. Ende 2017 lag der handelsgewichtete Euro-Wechselkurs um 6% über dem Wert von Ende 2016. Der starke Euro dämpft 2018 die deutschen Exportaussichten. Zudem sanken die ifo-Geschäftserwartungen zuletzt zwei Monate in Folge, wobei sie noch immer deutlich im positiven Bereich liegen. Die kräftigen Lohnerhöhungen in der Metall- und Elektroindustrie (inklusive der Möglichkeit für Beschäftigte, die Arbeitszeiten temporär zu verkürzen) sind vor allem aus Kostensicht eine Belastung für die Unternehmen. Angesichts der hohen Kapazitätsauslastung und gut gefüllter Auftragsbücher dürften sie aber kaum negativ auf die Produktionstätigkeit wirken. Wahrscheinlich ist jedoch, dass die Unternehmen bei Neueinstellungen vorsichtiger agieren, zumal der Fachkräftemangel in einzelnen Sektoren und Regionen einem weiteren Beschäftigungszuwachs ohnehin enge Grenzen setzt. Zumindest dürften die bestehenden Aufträge in diesem Umfeld nicht schneller abgearbeitet werden können als in einer Situation mit höherem Arbeitskräfteangebot. Auch dürften die angekündigten Einschränkungen bei Zeitarbeitsverträgen, die es für die Unternehmen einfacher machen, „Seiteneinsteigern“ eine Chance zu geben, die Neueinstellungen dämpfen.
Nochmal: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die deutsche Industrie sind gut, national und international. Eine Rezession ist derzeit nicht in Sicht, wenngleich die Volatilität und Nervosität an den Finanzmärkten angesichts der anstehenden Zinswende und höherer Inflationserwartungen zuletzt zugenommen hat. Aber der Anstieg der deutschen Industrieproduktion dürfte im Verlauf von 2018 flacher ausfallen als noch 2017. Nicht zuletzt dank des guten Ausgangsniveaus würde daraus 2018 dennoch ein ordentliches Produktionsplus von real 2,5% resultieren. Insofern dürfte sich die deutsche Industrie derzeit auf dem Höhepunkt im aktuellen Konjunkturzyklus befinden.
Englische Fassung vom 12. Februar 2018: ˮGerman industry at its cyclical peakˮ

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