19. November 2021
Die Kredite an Unternehmen und Selbstständige sanken in Q2 erstmals seit 2014, bevor sie sich in Q3 wieder etwas erholten (EUR +11,8 Mrd., +2,8% ggü. Vj.). Das Kreditvolumen mit der Industrie schrumpft deutlich, aber mit Dienstleistern und Selbstständigen wächst es stark. Auslandsbanken und Landesbanken liegen im Minus, Sparkassen und Genossenschaftsbanken profitieren. Anleiheemissionen laufen weiter schwungvoll; Aktien, Commercial Paper & Leasing haben sich normalisiert. Die deutsche Volkswirtschaft ist in Q3, wie schon im Vorquartal, solide gewachsen (+1,8% ggü. Vq.). Hauptstütze war der anziehende private Verbrauch. In Q4 werden vor allem die Industrie und der Bau weiter von Lieferengpässen und steigenden Preisen gebremst. Zudem dürften die kräftig gestiegenen Corona-Infektionen den privaten Verbrauch dämpfen. Die Prognose für das BIP-Wachstum 2021 liegt daher nur noch bei 2,5%; für 2022 dagegen bei 4,5%.
[mehr]Kreditvergabe und Konjunktur in schwierigem Fahrwasser
Jan SchildbachMarc Schattenberg
Die Kredite an Unternehmen und Selbstständige sanken in Q2 erstmals seit 2014, bevor sie sich in Q3 wieder etwas erholten (EUR +11,8 Mrd. Deutschland-Monitor Unternehmensfinanzierung Unternehmensfinanzierung Kredite an Industrie im Rückwärtsgang, robustes Wachstum im Dienstleistungs sektor. Das Kreditvolumen mit Unternehmen und Selbstständigen schrumpfte im zweiten Quartal erstmals seit 2014, bevor es sich in Q3 wieder etwas erholte (EUR +11,8 Mrd.). Es liegt damit nur noch 2,8% über dem Vorjahresniveau. Hauptgrund war das deutliche Minus bei den Krediten an die Industrie. Die Ex pansion bei Dienstleistern und Selbstständigen hielt dagegen im Sommerhalb jahr ungebrochen an bzw. erreichte sogar einen neuen Rekordwert. Das dürfte allerdings teilweise aus der Not geboren sein. Nach den kurzfristigen Krediten waren Bremseffekte zuletzt auch bei mittleren Laufzeiten spürbar. Bei Auslands banken und Landesbanken war der Rückgang am stärksten, während die Ver bünde erneut erhebliche Zuwächse verzeichneten. Die Kreditstandards blieben im Sommerhalbjahr weitgehend unverändert. Die Kreditzinsen stabilisierten sich, auf der Einlagenseite ging es weiter abwärts auf neue Rekordtiefs. Das Einlagenvolumen war in Q2 überraschend rückläufig, legte jedoch im vergange nen Quartal wieder kräftig zu. Finanzierungsalternativen: Weiter starkes Anleihegeschäft; Normalisierung bei Aktien, Commercial Paper (CP) und Leasing. Anleiheemissionen kamen in Q2 und Q3 mit kumuliert EUR 15,6 Mrd. erneut auf ein sehr gutes (wenn auch ge genüber Vorjahr geringeres) Ergebnis. Nach den außergewöhnlich starken Vor quartalen nahm das Volumen neu ausgegebener Aktien in den Sommermona ten ab, trotz einiger Börsengänge und Kapitalerhöhungen. CP und das Leasing konnten sich dagegen ein Stück weit von ihrer vorherigen Schwäche erholen. Konjunktur Mit den Lockerungen der pandemiebedingten Einschränkungen gewann die deutsche Wirtschaft im Sommerhalbjahr wieder spürbar an Schwung. In Q2 legte das BIP um 1,9% ggü. Vq. zu, gefolgt von 1,8% in Q3 . Die Konjunktur wurde vom kräftigen Anziehen des privaten Verbrauchs getragen. In Q2 stütz ten zudem die staatlichen Konsumausgaben. Während die Investitionen nur ver halten aufwärtsgerichtet waren, sorgte der Außenhandel für negative Impulse. Die tiefer gegliederten Ergebnisse für Q3 stehen noch aus. Die Konjunktur wird in Q4 weiter von Lieferengpässen gebremst. Zudem dürften die kräftig angestiegenen Corona-Fallzahlen den privaten Verbrauch dämpfen. Während sich vor allem die personenbezogenen Dienstleistungen bis Anfang Q4 weiter normalisiert haben, trübt die Infektionsentwicklung den Ausblick für das Winterhalbjahr und stellt zudem ein Abwärtsrisiko dar. Industrie und Bau wirtschaft leiden vorerst weiter unter Lieferengpässen und steigenden Preisen. Am Arbeitsmarkt setzte sich die Erholung fort. Der Rückgang der Kurzarbeit führt zu Einkommensgewinnen bei den betroffenen Haushalten. Insgesamt dürfte die Wirtschaftsleistung aber im Winterhalbjahr stagnieren. Die Prognose für das BIP-Wachstum im Jahr 2021 haben wir von 3,1% auf 2,5% angepasst. Autoren Jan Schildbach +49 69 910-31717 jan.schildbach@db.com Marc Schattenberg +49 69 910-31875 marc.schattenberg@db.com Editor Stefan Schneider Deutsche Bank AG Deutsche Bank Research Frankfurt am Main Deutschland E-Mail: marketing.dbr@db.com Fax: +49 69 910-31877 www.dbresearch.de DB Research Management Stefan Schneider 19. November 2021 Kreditvergabe und Konjunktur in schwierigem Fahrwasser Kreditvergabe und Konjunktur in schwierigem Fahrwasser 2 | 19. November 2021 Deutschland-Monitor Unternehmensfinanzierung in Deutschland Kreditvolumen Der allgemeine Abwärtstrend in der Kreditvergabe an Unternehmen und Selbst ständige in Deutschland hielt auch im Sommerhalbjahr an. Nachdem es in Q2 das erste Minus seit 2014 gab, erholte sich das Kreditvolumen in Q3 wieder et was (+0,8% bzw. EUR 11,8 Mrd.). Der Vorjahresvergleich liegt mittlerweile bei +2,8%, nachdem er zuvor auf den niedrigsten Stand seit 2016 gefallen war. Das ist wahrscheinlich noch nicht das Ende der Fahnenstange, in Anbetracht der i n den letzten Monaten aufgrund von erheblichen Lieferengpässen nur schleppen d v erlaufenden Erholung der Gesamtwirtschaft von der Corona-Rezession (z u den D etails des aktuellen Konjunkturverlaufs und -ausblicks siehe Teil 2 im An schluss). Im Euroraum insgesamt lief das Kreditgeschäft mit nichtfinanziellen Unterneh men im Sommer ebenfalls nicht rund. Hier gab es in Q2 einen Rückgang von 0,5% ggü. Vorquartal, welcher in Q3 mit einem leichten Plus von 0,2% nicht ausgeglichen werden konnte. Mit einem Wachstum von 0,9% auf Jahressicht bewegt sich die Kreditvergabe aktuell nahe an der Stagnation, und steht übri gens auch schlechter da als vor Beginn der Corona-Krise. Immer noch unter stützend dürften dabei die Refinanzierungsmaßnahmen der EZB wirken, die den Banken sehr günstige Konditionen im Gegenzug für ein mindestens bis zum Jahresende stabiles Kreditvolumen mit dem Privatsektor anbietet. Hinsichtlich der verschiedenen Branchen in Deutschland verstärkte sich im Sommerhalbjahr die Diskrepanz zwischen einem scharfen Einbruch der Kredite an die Industrie und einem unverändert sehr dynamischen (bzw. sich sogar auf Rekordniveau beschleunigenden) Wachstum im Dienstleistungssektor (bei Selbstständigen). Erstere sind aktuell 8,5% niedriger als vor 12 Monaten - in Q2 war der Rückgang sogar etwas heftiger als nach der Finanzkrise, auch wenn das teilweise an einem Basiseffekt liegt: Zu Beginn der Pandemie hatten sich viele Unternehmen vorsichtshalber mit Liquidität vollgesogen. Das hatte zu ei nem sprunghaften Kreditanstieg geführt, der jetzt die Fallhöhe hebt. Dagegen blieb bei Dienstleistern das Expansionstempo mit 5,8% ggü. Vorjahr nahezu konstant, bei Selbstständigen (mit teilweiser Überschneidung) legte es tendenzi ell sogar weiter zu auf 4,2% (in Q2 wurde hier der beste Wert seit Beginn des Jahrtausends erzielt). Im Vergleich mit der Finanzkrise sind das deutlich „bes sere" Zahlen, möglicherweise allerdings kein Zeichen von Stärke. Denn der er höhte Kreditbedarf dürfte nicht zuletzt den Schwierigkeiten vieler Dienstleister und Selbstständiger aufgrund eingeschränkter Geschäftsmöglichkeiten und feh lender Einnahmen in den letzten anderthalb Jahren geschuldet sein. Paradoxer weise könnte also zumindest in manchen Branchen eine langsamere Kredit vergabe in Zukunft ein Zeichen der Entspannung sein. Darüber hinaus müsste jedoch noch ein Auslaufen der bislang sehr beträchtlichen staatlichen Zu schüsse kompensiert werden. Diese summieren sich bereits auf mehr als EUR 56 Mrd. und spielten in den letzten Monaten eine deutlich größere Rolle als die Hilfskredite der KfW (sie haben sie mittlerweile im Volumen auch überholt). Den Rücksetzer im Sommerhalbjahr im Verarbeitenden Gewerbe verursachten vor allem Maschinenbau/Auto (EUR -3,1 Mrd.), die Chemie (-1,8 Mrd.) und Me tall (EUR -0,5 Mrd.), wobei in Q2 auch sämtliche anderen Einzelbranchen ein (leichtes) Minus verzeichneten - etwas, das seit 2009 nicht mehr vorgekommen ist. Unter den Dienstleistungsbranchen entwickelten sich die immobiliennahen Wirt schaftszweige erneut schwungvoll. Auf sie entfiel in Q2/Q3 der Großteil des Kre ditzuwachses: Wohnungsunternehmen mit kumuliert EUR +9,7 Mrd. sowie Ge werbeimmobilienfirmen mit EUR +6 Mrd. Telekom/Beratung/Werbung, die unter nehmensnahen Dienstleistungen, setzten ihre Kreditexpansion fort (EUR +2 Mrd.); bei den eher volatilen Beteiligungsgesellschaften gab es dagegen nach -1 0 1 2 3 4 5 6 16 17 18 19 20 21 ggü. Vorjahr ggü. Vorquartal Kredite an inländische Unternehmen und Selbstständige* 1 % * ohne sonstige Finanzinstitute Quellen: Bundesbank, Deutsche Bank Research -15 -10 -5 0 5 10 15 16 17 18 19 20 21 Verarbeitendes Gewerbe Dienstleistungssektor Selbstständige ... nach Branche 2 % ggü. Vorjahr Quellen: Bundesbank, Deutsche Bank Research -15 -10 -5 0 5 10 15 16 17 18 19 20 21 Kurzfristige Kredite Mittelfristige Kredite Langfristige Kredite ... nach Fristigkeit* 3 % ggü. Vorjahr * ohne sonstige Finanzinstitute Quellen: Bundesbank, Deutsche Bank Research -15 -10 -5 0 5 10 15 20 16 17 18 19 20 21 Kreditbanken darunter Großbanken darunter Auslandsbanken Landesbanken Sparkassen Kreditgenossenschaften ... nach Bankengruppe* 4 * ohne sonstige Finanzinstitute % ggü. Vorjahr Quellen: Bundesbank, Deutsche Bank Research Kreditvergabe und Konjunktur in schwierigem Fahrwasser 3 | 19. November 2021 Deutschland-Monitor dem hohen Anstieg zu Jahresbeginn eine Korrektur (EUR -1,4 Mrd.). Unspekta kulär lief es in zwei gegenwärtig im Fokus stehenden Branchen, in der Gesund heit (EUR +0,9 Mrd.) und bei Tourismus/Gastronomie (EUR +0,2 Mrd.). Nicht gerade gut sah es zwischen April und September im Kreditgeschäft mit den sonstigen Branchen aus. Verkehr und Handel verbuchten jeweils deutlich geringere Volumina (EUR -3,8 Mrd. bzw. EUR -3,3 Mrd.), und bei den Versor gern/Bergbau sah es nicht viel besser aus (EUR -0,8 Mrd.). Die Landwirtschaft kam in ihrer üblicherweise stärkeren Saison nur auf ein vergleichsweise mode rates Plus von EUR 0,8 Mrd. Lediglich der Bau schnitt rundweg positiv ab (EUR +3,1 Mrd.). Mit Blick auf die unterschiedlichen Fristigkeiten mussten die mittleren Laufzeiten von 1-5 Jahren den größten Dämpfer hinnehmen. Hier ging der 12-Monats-Ver gleich auf nur noch +0,4% zurück. Weiterhin tief in den „roten Zahlen" stecken die kurzfristigen Ausleihungen (-6,4%), während die langfristigen Kredite noch robust ansteigen (+4,6%). Unter den einzelnen Bankengruppen sticht der Absturz der Auslandsbanken heraus. Vor anderthalb Jahren noch mit dem höchsten Wachstum an der Spitze aller Institute, liegen sie mittlerweile auf dem letzten Platz, angesichts eines um 6,7% ggü. Vorjahr geschrumpften Kreditbuchs mit Unternehmen und Selbst ständigen. Damit scheint sich exakt die Situation rund um die Finanzkrise zu wiederholen, vor der die Auslandsbanken stark expandiert waren und Marktan teile gewonnen hatten, nur um sich dann nach der Krise umso schneller aus dem deutschen Markt zurückzuziehen. Auch jetzt sieht es wieder nach einem derart prozyklischen Verhalten aus. Ebenso auf dem Rückzug befinden sich wieder die Landesbanken (-1,8%), während das Geschäft der Großbanken mo derat zulegt (+2,7%) und es sich bei den Förderbanken (einschließlich DZ Bank) nach ihrem letztjährigen Höhenflug offenbar wieder stabilisiert (nur noch +2,2%). Völlig unbeeindruckt von der Schwäche der Konkurrenz zeigen sich - wie schon in früheren Krisen - Sparkassen (+4,9%) und vor allem Kreditgenos senschaften (+7% - und in Q2 das höchste Wachstum seit zweieinhalb Jahr zehnten). Die beiden Verbünde profitieren dabei nicht zuletzt vom anhaltenden Anstieg des Kreditvolumens mit Wohnungsunternehmen und Gewerbeimmobilienfirmen sowie mit Telekom/Beratung/Werbung und dem Bau - allesamt Branchen, in denen sie eine starke Stellung haben. Die Auslandsbanken und Landesbanken litten im Sommerhalbjahr besonders im Maschinenbau/Auto, bei den Beteili gungsgesellschaften und im Verkehr, Erstere darüber hinaus im Handel, Letz tere bei den unternehmensnahen Dienstleistungen und der Chemie. Für die Großbanken ging es nennenswert nur im Verkehr abwärts. Andere Finanzierungsquellen Commercial Paper von Nichtbanken erholten sich im zweiten und dritten Quartal ein Stück weit. Die Nettoemission lag bei zusammen immerhin EUR 4,6 Mrd., allerdings nach einem Rückgang um kumuliert EUR 9,4 Mrd. in den neun Mona ten zuvor. Die Emission von Unternehmensanleihen lief weiter schwungvoll. Netto kamen in Q2/Q3 EUR 7,4/8,3 Mrd. zusammen, was unter den außergewöhnlichen Vor jahreswerten liegt, aber noch deutlich über dem langfristigen Durchschnitt. Im Eurogebiet als Ganzes hat sich der Markt dagegen schon normalisiert, der Net toabsatz von EUR 19/16 Mrd. in Q2/Q3 lag ungefähr auf der Höhe der Vorjahre, von 2020 abgesehen. Dabei hält die EZB ihre Kaufprogramme bislang unverän dert aufrecht; sie erwarb zwischen April und Juni Unternehmenspapiere im Wert von EUR 16 Mrd. (von Juli bis September EUR 15 Mrd.) und damit rechnerisch gut 80% bzw. sogar über 90% aller neu auf den Markt kommenden Emissionen. Die Leasingbranche in Deutschland hat den Einbruch des letzten Jahres weitge- -5 0 5 10 15 20 25 16 17 18 19 20 21 Anleihen inländischer nichtfinanzieller Unternehmen, Nettoemission 6 Mrd. EUR Quellen: EZB, Deutsche Bank Research -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 16 17 18 19 20 21 Commercial Paper inländischer Nichtbanken, Nettoemission 5 Mrd. EUR Quellen: Bundesbank, Deutsche Bank Research 0 2 4 6 8 10 12 14 16 16 17 18 19 20 21 Mobilien Immobilien Mrd. EUR Leasinggeschäft, Neuvolumen* 7 * statistischer Bruch in Q1 2017. Entspricht nicht dem Gesamtmarkt. Quelle: BDL 0 2 4 6 8 10 12 14 16 17 18 19 20 21 Aktienemissionen inländischer Unternehmen (einschl. Finanzinstitute) 8 Mrd. EUR Quellen: Bundesbank, Deutsche Bank Research Kreditvergabe und Konjunktur in schwierigem Fahrwasser 4 | 19. November 2021 Deutschland-Monitor hend aufgeholt und liegt mit Neuabschlüssen bei Mobilien in Höhe von EUR 6,7 Mrd. (entspricht allerdings nicht dem Gesamtmarkt) sowohl in Q2 als auch in Q3 (bei Immobilien: EUR 403 Mio. bzw. EUR 592 Mio.) wieder mehr oder weniger auf Vorkrisenniveau. Das gilt insbesondere für das Schwergewicht, das Pkw Geschäft, aber auch für die sonstigen Ausrüstungsgüter und Lkw & Busse, wo hingegen Maschinen und Büroelektronik den Rückgang noch nicht wieder wett gemacht haben. Der Markt für Aktienemissionen beruhigte sich nach dem fulminanten Jahres start im Sommerhalbjahr etwas. In Q2 fand eine Reihe von Börsengängen statt - und einige Kapitalerhöhungen - allesamt jedoch in mittlerer bis geringer Größe. In Q3 gab es eine größere Kapitalerhöhung in der Verkehrsbranche. Das Gesamtvolumen lag demzufolge bei ordentlichen EUR 3,3 bzw. 5,7 Mrd. Einlagenvolumen Die Einlagen von Unternehmen und Selbstständigen nahmen in Q2 erstmals seit Längerem ab (EUR -15 Mrd.). Überraschenderweise galt das auch für die Sichteinlagen, die im vergangenen Quartal aber schon wieder kräftig anstiegen, um EUR 37 Mrd., während die Termineinlagen angesichts immer tieferer (Nega tiv-)Zinsen ihren Schrumpfkurs fortsetzten (EUR -4,1 Mrd., das 11. Quartalsmi nus in Folge). Insgesamt gab es in Q3 ein Einlagenplus von EUR 33 Mrd., was die Jahreswachstumsrate nach den jüngsten Rückgängen bei 3,6% stabilisierte. Ergebnisse des Bank lending surveys der EZB Die generellen Kreditstandards und die konkreten Kreditkonditionen für Unter nehmen haben sich sowohl in Deutschland als auch in Euroland insgesamt in den letzten beiden Quartalen kaum verändert. Nicht viel anders sah es mit Blick auf die Kreditnachfrage der Unternehmen aus. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Banken die Lage zunehmend zu optimis tisch einschätzen: Im Euroraum-Aggregat ist seit anderthalb Jahren zu be obachten, dass der Anteil der Banken, die in den nächsten drei Monaten einen Nachfragezuwachs erwarten, regelmäßig um rund 15-30 %-Punkte über dem Anteil der Banken liegt, die im folgenden Vierteljahr eine solche Verbesserung auch tatsächlich feststellen. In Deutschland gibt es dieses Phänomen noch nicht so lange, es ist in den letzten Quartalen jedoch auch vermehrt aufgetreten. Insofern muss der zuversichtliche Ausblick auf das Schlussquartal 2021 - netto 19% der deutschen und 23% der EWU-Banken gehen von einem Nachfrage plus aus - mit einigen Fragezeichen versehen werden. Hinsichtlich der (eige nen) Kreditstandards erwarten die Banken erneut weitgehende Konstanz. Zinssätze Nachdem die Kreditzinsen im Neugeschäft zuvor meist unter Druck gewesen waren, stabilisierten sie sich in den letzten Monaten tendenziell. Sie bewegen sich damit etwa auf dem Niveau zu Jahresbeginn. Angesichts des weiterhin starken Wachstums der langfristigen Kredite (Laufzeit > 5 Jahre) kommt den Krediten mit langer Zinsbindung (ebenfalls > 5 Jahre) besondere Bedeutung zu. Diese bleiben außerordentlich günstig, mit einem durchschnittlichen Zins von 1,1%, was praktisch dem Allzeittief entspricht. Ebenfalls auffällig: Der Zinsab stand zwischen großen und kleinen Krediten an Kapitalgesellschaften hat sich seit Anfang 2018 mehr als halbiert, auf nur noch ca. 0,6 %-Punkte. Seitdem sind vor allem Kredite im Volumen < EUR 1 Mio. ungefähr 0,6 %-Punkte günstiger geworden, größere Kredite etwas teurer. Auf der Einlagenseite geht der Zinsverfall dagegen weiter; Unternehmen bezah len mittlerweile 12 Bp. für Sichteinlagen und 49 Bp. für Termingelder, also im Prinzip den EZB-Einlagenzins für Banken. Jan Schildbach (+49 69 910-31717, jan.schildbach@db.com) 1.000 1.050 1.100 1.150 1.200 1.250 1.300 1.350 1.400 1.450 1.500 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 16 17 18 19 20 21 Termineinlagen, ggü. Vorquartal (links) Sichteinlagen, ggü. Vorquartal (links) Volumen insgesamt** (rechts) Mrd. EUR Sicht- und Termineinlagen von inländi schen Unternehmen & Selbstständigen* 9 * einschließlich sonstiger Finanzinstitute ** Enthält Anstieg um EUR 1,1 Mrd. in Q3 20 aufgrund statistischer Umklassifizierungen. Quellen: Bundesbank, Deutsche Bank Research -5 0 5 10 15 20 Q4 18 Q2 19 Q4 19 Q2 20 Q4 20 Q2 21 Q4 21 Deutschland Euroraum * Q4 21 erwarteter Wert ... verschärft ... gelockert Bank lending survey: Kreditstandards für Unternehmen* 10 Quellen: Bundesbank, EZB -20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 Q4 18 Q2 19 Q4 19 Q2 20 Q4 20 Q2 21 Q4 21 Deutschland Euroraum ... gestiegen Bank lending survey: Nachfrage nach Unternehmenskrediten* 11 * Q4 21 erwarteter Wert Quellen: Bundesbank, EZB ... gesunken Kreditvergabe und Konjunktur in schwierigem Fahrwasser 5 | 19. November 2021 Deutschland-Monitor -15 -10 -5 0 5 10 15 20 Q3 18 Q1 19 Q3 19 Q1 20 Q3 20 Q1 21 Q3 21 Deutschland Euroraum ... verschärft ... gelockert Bank lending survey: Kreditkonditionen für Unternehmen insgesamt 12 Quellen: Bundesbank, EZB -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 Q3 18 Q1 19 Q3 19 Q1 20 Q3 20 Q1 21 Q3 21 Deutschland Euroraum ... gesunken ... darunter Margen für durchschnittliche Unternehmenskredite 13 Quellen: Bundesbank, EZB ... gestiegen 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 16 17 18 19 20 21 Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften, ≤ EUR 1 Mio. Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften, > EUR 1 Mio. Kredite an Selbstständige und Personengesellschaften % Ø-Zins im Kredit-Neugeschäft, nach Kredithöhe 15 Quelle: EZB 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 16 17 18 19 20 21 Kredite mit Zinsbindung ≤ 1 Jahr Kredite mit Zinsbindung von 1-5 Jahren Kredite mit Zinsbindung > 5 Jahre ... nach Zinsbindungsfrist 16 %, Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften Quelle: EZB -0,6 -0,5 -0,4 -0,3 -0,2 -0,1 0,0 0,1 0,2 16 17 18 19 20 21 Sichteinlagen Termineinlagen % Ø-Zins auf Einlagen von nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften (Neugeschäft) 17 Quelle: EZB -10 -5 0 5 10 15 20 25 30 Q3 18 Q1 19 Q3 19 Q1 20 Q3 20 Q1 21 Q3 21 Deutschland Euroraum ... gesunken ... darunter Margen für riskantere Unternehmenskredite 14 Quellen: Bundesbank, EZB ... gestiegen Kreditvergabe und Konjunktur in schwierigem Fahrwasser 6 | 19. November 2021 Deutschland-Monitor 18 Konjunkturerholung im Sommer, Stagnation im Winter - Mit den Lockerungen der pandemiebedingten Einschränkungen gewann die deutsche Wirtschaft im Sommerhalbjahr spürbar an Schwung. In Q2 legte das BIP um 1,9% ggü. Vq. zu, gefolgt von 1,8% in Q3. Die Konjunktur wurde vom kräftigen Anziehen des privaten Verbrauchs getragen. In Q2 stützten zudem die staatlichen Konsumausgaben. Während die Investitio nen nur verhalten aufwärtsgerichtet waren, sorgte der Außenhandel für ne gative Impulse. Die tiefer gegliederten Ergebnisse für Q3 stehen noch aus. - Die Konjunktur wird in Q4 weiter von Lieferengpässen gebremst. Zudem dürften die kräftig angestiegenen Corona-Fallzahlen den privaten Verbrauch dämpfen und stellen insgesamt ein Abwärtsrisiko für unsere Prognose dar. Während sich vor allem die personenbezogenen Dienstleistungen bis An fang Q4 weiter normalisierten, trübt die Infektionsentwicklung den Ausblick für das Winterhalbjahr. Industrie und Bauwirtschaft leiden vorerst weiter un ter Lieferengpässen und steigenden Preisen. Am Arbeitsmarkt setzte sich die Erholung fort. Dennoch dürfte die Wirtschaftsleistung im Winterhalbjahr nur stagnieren. Die Prognose für das BIP-Wachstum im Jahr 2021 haben wir von 3,1% auf 2,5% angepasst. Konjunkturerholung im Sommer von begrenzter Dauer Mit der sukzessiven Lockerung der pandemiebedingten Einschränkungen ge wann die deutsche Wirtschaft in Q2 wieder an Schwung und konnte um 1,9% ggü. Vq. zulegen. Ohne die sich bereits im Frühsommer abzeichnenden Lie ferengpässe hätte das Wachstum sicher noch kräftiger ausfallen können. Mit den Lockerungen zog der private Verbrauch (Q2: 3,2% ggü. Vq.) wieder kräftig an. Vor allem, da die zuvor von der Bundes-Notbremse betroffenen Bereiche des stationären Einzelhandels wieder öffnen konnten und auch die personenbe zogenen Dienstleistungen nun zunehmend verfügbar wurden. Gemäß dem ver balen Kommentar zur Schnellmeldung des BIP in Q3 war der private Verbrauch weiterhin der Wachstumstreiber. Die tiefer gegliederten Ergebnisse werden am 25. N ovember veröffentlicht. In Q2 legten die staatlichen Konsumausgaben (1,8% ggü. Vq.) ebenfalls spürbar zu. Dafür dürften nicht zuletzt die pandemie bezogenen Impf- und Testkampagnen verantwortlich gewesen sein. Die Investi tionen in Ausrüstung und Bauten legten jeweils lediglich um magere 0,3% ggü. Vq. zu, wovon kein spürbarer Wachstumsimpuls ausging. Zwar konnte auch der Außenhandel in Q2 an Dynamik gewinnen, jedoch dürften die Exporte unter der rückläufigen Industrieproduktion (Q2: -1,2% ggü. Vq.) gelitten haben. Somit fiel der um die Importe bereinigte Außenbeitrag (Q2: -0,6 %-Punkte ggü. Q1: -1, 0 %-P unkte) erneut negativ aus. Im Gegensatz zum Vorquartal gaben die Vorrats veränderungen in Q2 kaum Impulse (0,1 %-Punkte ggü. Q1: 1,9 %-Punkte). Lieferengpässe bringen Konjunktur mehr und mehr ins Stocken Das Wellenmuster der Corona-Pandemie sowie das synchronisierende Moment der Impfstoffverfügbarkeit - vor allem in der EU - brachten die Konjunktur in vie len Regionen in einen Gleichklang. Die Kehrseite des Aufschwungs sind über dehnte Lieferketten durch gestörte Transportabläufe (pandemiebedingte Störun gen in Umschlaghäfen, fehlende Container), Engpässe und Wartezeiten bei wichtigen Bauteilen und nicht zuletzt steigende Transportkosten und Güter preise. Diese zum Teil gegenläufigen Impulse brachten die deutsche Industrie konjunktur während der Sommermonate gehörig aus dem Tritt. Vor allem die Autoindustrie und ihre Zulieferer sind davon nach wie vor betroffen. Auch die Bauwirtschaft leidet unter Materialengpässen. Eine spürbare Besserung erwar ten wir erst im Verlauf der ersten Jahreshälfte von 2022. Im Gegensatz zu die Deutschland: Konjunkturprognose % gg. Vj. 2020 2021P 2022P Reales BIP -4,6 2,5 4,5 Privater Konsum -5,9 Staatsausgaben 3,5 Anlageinvestitionen -2,2 Ausrüstungen -11,2 Bau 2,5 Lager, %-Punkte -0,9 Exporte -9,3 Importe -8,6 Nettoexport, %-Punkte -0,8 VPI (nat. Def.) 0,5 3,0 2,5 Staatsverschuldung, % BIP 68,7 72,9 70,0 Arbeitslosenquote, % 5,9 5,7 5,3 Budgetsaldo, % BIP -4,3 -6,3 -1,8 Quellen: Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research -15 -10 -5 0 5 10 15 -10 -6 -2 2 6 10 17 18 19 20 21 22 % ggü. Vq. (links) % ggü. Vj. (rechts) Prognose Quellen: Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research Deutsches BIP vor Stagnation im Winterhalbjahr 2021/22 19 0 10 20 30 40 50 60 70 80 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 % der Nennungen ifo Index für die Knappheit von Vorpro dukten und Rohstoffen in der Industrie 20 Quelle: ifo Institut Kreditvergabe und Konjunktur in schwierigem Fahrwasser 7 | 19. November 2021 Deutschland-Monitor sen Wirtschaftsbereichen konnten sich Handel, Dienstleistungen und Gastge werbe während der Sommermonate gut behaupten. Insgesamt blieb das Wachstum der deutschen Wirtschaft in Q3 aber aufgrund der schwachen Indus triekonjunktur hinter den Erwartungen zurück. Bau- und Ausrüstungsinvestitionen in Q2 leicht aufwärtsgerichtet In Q2 konnten die Bruttoanlageinvestitionen wieder leicht zulegen (Q2: 0,5% ggü. Vq., rev. Q1: -0,7%). Ohne die angebotsseitigen Engpässe hätte die Dyna mik sicher noch kräftiger ausfallen können. Da sich die Lieferprobleme im Som mer aber eher verschärft haben, dürften die Bruttoanlageinvestitionen auch in Q3 kaum mehr an Schwung gewonnen haben. Die Bauinvestitionen legten in Q2 um 0,3% ggü. Vq. (Q1: -0,2%) zu. Eine kräfti gere Aufwärtsbewegung blieb wegen Materialmangels und fehlender Fachkräf te n aus. Gleichzeitig bleibt die Nachfrage nach Bauleistungen weiterhin hoch. Das zeigt z.B. die Entwicklung der Baugenehmigungen für Wohnungen. Von Ja nuar bis September 2021 lagen sie 5,4% über der Vergleichsperiode des Vor jahres. Angesichts praller Auftragsbücher (Rekordniveau im Aug: 4,6 Monate Reichweite) ist die Stimmung der Bauunternehmer bestens. Laut ifo-Umfrage wurden die Geschäftsaussichten im Bauhauptgewerbe in Q3 so positiv beurteilt wie zuletzt in Q3 2019. Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Fir men während des Sommers zunehmend über Materialmangel (Q3: 37,6% ggü. Q2: 34,7%) klagten. Somit dürften die Bauinvestitionen in Q3 kaum stärker als im Vorquartal zugelegt haben. Die während der Sommermonate kräftig gestie gen Umsätze (Q2: 3,2% ggü. Vj., Jul/Aug: 6,5%) - gewöhnlich ein guter Indika tor für die Investitionen - sind aufgrund des rasanten Anstiegs der Baupreise aktuell weniger aussagekräftig. Die Ausrüstungsinvestitionen entwickelten sich in Q2 nur mäßig (0,3% ggü. Vq., Q1: -0,4%). Zum überwiegenden Teil kann dies auf einheimische Produktions ausfälle und globale Lieferverzögerungen zurückgeführt werden. Das spiegelt sich auch in den zunehmend rückläufigen inländischen Investitionsgüterumsät zen (Q3: -4,7% ggü. Vq., Q2: -3,4%) wider. Besonders ausgeprägt waren die Quartalsrückgänge in der Automobilindustrie (Q3: -11,2% ggü. Vq, Q2: -4,9%). Vor diesem Hintergrund könnten die Ausrüstungsinvestitionen in Q3 erneut schrumpfen. Da sich hier die Lieferengpässe erst im Verlauf der ersten Jahres hälfte von 2022 allmählich entspannen dürften, ist zu erwarten, dass etwaige Kapazitätserweiterungen in den kommenden Quartalen eher geringer ausfallen. Einige Unternehmen könnten sie sogar zurückstellen, da die Exportaussichten unsicherer geworden sind - vor allem dann, wenn die Unternehmen den aktuel len Nachfrageanstieg nur für vorübergehend halten. Privater Verbrauch war das Zugpferd der Konjunktur im Sommer Die Konsumnachfrage der privaten Haushalte stützte das BIP-Wachstum in Q2 mit 1,6 %-Punkten und auch in Q3 dürfte die Dynamik weiterhin kräftig gewesen sein. Mit den Lockerungen der pandemiebedingten Einschränkungen zog die Nachfrage in den zuvor beeinträchtigten Bereichen sprunghaft an. Vor allem im stationären Einzelhandel, im Gastgewerbe und bei Tourismusangeboten wurde dies deutlich sichtbar. Bis auf einen kleinen Rücksetzer im September stieg die Kauflaune der Verbraucher stetig an. Die jüngst sprunghaft gestiegenen Corona-Neuinfektionen lassen für Q4 aber eine erneute Eintrübung erwarten. Zudem werden auch für den Endverbraucher zunehmend angebotsseitige Eng pässe spürbar, die sich in ausgedehnten Lieferzeiten und teilweise deutlichen Güterpreisanstiegen niederschlagen. -16 -12 -8 -4 0 4 8 12 16 15 16 17 18 19 20 21 Investitionen, insgesamt Ausrüstungsinvestitionen Bauinvestitionen Bau- und Ausrüstungsinvestitionen in Q2 von Lieferengpässen ausgebremst 21 % ggü. Vq., sb. Quelle: Statistisches Bundesamt 70 74 78 82 86 90 -16 -11 -6 -1 4 9 14 15 16 17 18 19 20 21 Investitionen in Maschinen & Ausrüstungen (links) Kapazitätsauslastung ifo (rechts) Kapazitätsauslastung sinkt nach Plateau im Sommer 22 Quellen: Statistisches Bundesamt, ifo %, ggü. Vq. %, sb. -12 -8 -4 0 4 8 12 15 16 17 18 19 20 21 Quelle: Statistisches Bundesamt %, ggü. Vq., sb. Privater Verbrauch in Q2 mit sprunghafter Erholung nach Ende der Restriktionen 23 Kreditvergabe und Konjunktur in schwierigem Fahrwasser 8 | 19. November 2021 Deutschland-Monitor Zusammen mit den kräftig aufwärtsgerichteten Energiepreisen (Okt: 4% ggü. Vm., 18,6% ggü. Vj.) dämpft dies die reale Kaufkraft der privaten Haushalte. Im laufenden Jahr dürfte die durchschnittliche Inflationsrate (nat. Def.) bei rund 3% liegen und trotz auslaufender Basiseffekte (MwSt.-Effekt und CO 2 -Bepreisung) bei etwa 2,5% im Jahr 2022 verharren. Im Zuge der Erholung des privaten Verbrauchs normalisierte sich die Sparquote in Q2 wieder auf 16,8% (Q1: 19,0%). Auch in Q3 dürfte sich diese Entwicklung graduell fortgesetzt haben. Während der pandemiebedingten Einschränkungen kam es bei den privaten Haushalten zu einem außergewöhnlichen Anstieg der Ersparnisse. Das Volumen dürfte sich auf gut EUR 160 Mrd. summieren. Wenn gleich zu berücksichtigen bleibt, dass diese Ersparnisse nicht gleichmäßig über die Haushalte verteilt sind, würde von einem Abschmelzen eine zusätzliche Un terstützung für den privaten Verbrauch ausgehen. Als Nebeneffekt könnte dies den privaten Haushalten ermöglichen höhere Preise zu tolerieren. Das wiede rum würde eine Normalisierung der erhöhten Inflationsraten dämpfen. Arbeitsmarkt weiter mit deutlichem Aufwärtstrend Die Konjunkturerholung im Sommerhalbjahr 2021 spiegelt sich auch in einem anhaltend kräftigen Aufwärtstrend am deutschen Arbeitsmarkt wider. Seit Ende Q2 gingen die Arbeitslosenzahlen bis zum Oktober saisonbereinigt um rund 215.000 zurück. Die Frühindikatoren des ifo-Instituts und des IAB, wie auch die Unterkomponenten der Einkaufsmanagerindizes (PMI), signalisieren aktuell aber eine Abschwächung des positiven Trends in den kommenden Monaten. Das anhaltend schwierige Umfeld für die Industrie und die zu erwartenden ne gativen Auswirkungen steigender Corona-Neuinfektionen auf den privaten Ver brauch dämpfen die Einstellungspläne der Unternehmen, jedenfalls vorüberge hend. In den beiden letzten Monaten des Jahres 2021 dürften die Arbeitslosen zahlen aber noch einmal um rund 40.000 zurückgehen. Für das Gesamtjahr 2021 prognostizieren wir nunmehr eine Arbeitslosenquote von 5,7% (2020: 5,9%). Im kommenden Jahr dürfte die Quote weiter auf 5,3% sinken. Die Kurzarbeit ging in Q3 stetig zurück. Seit Jahresmitte dürfte die Zahl der Kurzarbeiter um rund eine Million auf inzwischen rund 500.000 (Stand Oktober) gesunken sein. Damit sind auch Einkommensgewinne bei den betroffenen Haushalten verbunden. Umfrageergebnissen des ifo Instituts zufolge verringer ten sich die Zahlen im Dienstleistungssektor und im Gastgewerbe wie erwartet deutlich. Im Gegensatz dazu sind sie in mehreren Industriezweigen seit Ende des Q3 wieder leicht angestiegen (Automobilsektor und Zulieferer, Metallindus trie), weil die Produktion aufgrund von Lieferengpässen gedrosselt werden musste. Dennoch dürfte die Gesamtzahl der Kurzarbeiter bis zum Jahresende 2021 auf rund 400.000 sinken. Industrieproduktion in Q3 erneut im Rückwärtsgang Das Verarbeitende Gewerbe wird in Deutschland weiterhin von Lieferengpässen und steigenden Preisen für Vorprodukte in Mitleidenschaft gezogen. Im Sommer beschleunigte sich der Rückgang der Industrieproduktion von -1,1% ggü. Vq. in Q2 auf -2,4% in Q3. Besonders heftig war der Einbruch (Q3: -13,6% ggü. Vq.) in der Automobilindustrie, hauptsächlich infolge fehlender Halbleiter. Im Vergleich zu Q1 lag das Minus sogar bei 23%! Nach Berechnungen des ifo Instituts dürf ten die Lieferengpässe die Bruttowertschöpfung in der deutschen Industrie bis lang um rund EUR 40 Mrd. (rund 5%) verringert haben. Sie dürften im Jahr 2022 nur ganz allmählich abklingen und in manchen Sektoren könnte es sogar noch länger dauern. Währenddessen erreichte der Auftragsbestand im Sommerhalb 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 Deutsche Haushalte verfügen noch über aufgestaute Kaufkraft 24 Quelle: Deutsche Bundesbank Bargeld und Einlagen, % ggü. Vj., nsb. 4,5 5,0 5,5 6,0 6,5 7,0 7,5 300 400 500 600 700 800 900 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 Offene Stellen (links) Arbeitslosenquote (rechts) '000 % Quelle: Bundesagentur für Arbeit Kräftige Belebung des Arbeitsmarktes im Sommerhalbjahr 25 0 1 2 3 4 5 6 Q1 22 Q4 21 Q3 21 Q2 21 Q1 21 Q4 20 Q3 20 Q2 20 Q1 20 Prognose Mio. Kurzarbeit im Sommer kräftig gesunken 26 Quellen: Bundesagentur für Arbeit, ifo Institut, Deutsche Bank Research Kreditvergabe und Konjunktur in schwierigem Fahrwasser 9 | 19. November 2021 Deutschland-Monitor jahr ein Rekordhoch nach dem anderen. Angesichts der lahmenden Industrie produktion dürfte sich das Abarbeiten aber hinziehen, entsprechend lag die Auf tragsreichweite zuletzt bei 7,4 Monaten (Sep.). Aktuell blicken die Unternehmen skeptischer auf die zukünftige Produktionsentwicklung. Diese Unterkomponente des Einkaufsmanagerindexes PMI lag im Oktober (61,0) gut 9 Punkte unter dem Rekordhoch (70,2) vom Juni. Ein ähnliches Bild zeigen auch die ifo Exporter wartungen. Nachdem sie im Juni (24,2) so optimistisch waren wie seit Januar 2011 (27,7) nicht mehr, fielen sie bis Oktober wieder auf 13 Punkte zurück. Vor diesem Hintergrund haben wir unsere Prognose für die deutsche Industriepro duktion im Jahr 2021 von 8,0% auf 3,5% reduziert (2020: -9,6%). Im Jahr 2022 erwarten wir eine Steigerung der Produktion um 7,0%. EZB mit ruhiger Hand - Erwartung länger erhöhter Inflationsraten Im Oktober verkündete die EZB erwartungsgemäß, an der moderaten Reduktion der monatlichen Nettokäufe im Rahmen des Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) festzuhalten. Auch die Leitzinsen blieben unverändert. Die Pressekonferenz enthielt zwei Schlüsselbotschaften. Erstens werde die Inflation in Euroraum länger erhöht bleiben, bevor sie mittelfristig wieder unter den Ziel wert von 2% fallen werde. Dieser Ausblick deckt sich im Großen und Ganzen mit unserer eigenen Inflationsprognose: ein etwas länger anhaltender Inflations anstieg in den Jahren 2021 und 2022, gefolgt von einem Rückgang unter den Zielwert im Jahr 2023. Zweitens stehe eine vom Finanzmarkt für 2022 erwartete Zinsanhebung im Widerspruch zur Inflationsprognose und zur Forward Guidance der EZB. Die Guidance ist bewusst so angelegt, dass eine Reaktion (wie 2011) auf vorübergehende Inflationsanstiege vermieden wird. Präsidentin Lagarde unterstrich, dass die Prognose und die Forward Guidance auch nicht mit einer Zinsanhebung „irgendwann in nächster Zukunft" nach 2022 vereinbar seien. Vielmehr habe sich der Markt „selbst überholt". Gleichwohl bedeutet dies nicht, dass die EZB ihren geldpolitischen Kurs nicht auch anpassen wird. Die Nettokäufe im Rahmen des PEPP dürften im März 2022 enden. Eine Bestäti gung erwarten wir im Dezember. Ferner dürfte der Ankauf von Vermögenswer ten nach dem Ende des PEPP flexibler sein als vor der Pandemie. Das Asset Purchase Programme (APP) könnte dann in die gemeinsame Beurteilung von Finanzierungsbedingungen und Inflationsaussichten aufgenommen werden. Wir gehen davon aus, dass sich der Gesamtbetrag der Ankäufe im Jahr 2022 ge genüber 2021 mehr als halbieren und im Jahr 2023 weiter deutlich schrumpfen wird. Zudem könnten im Dezember Änderungen an den TLTRO-III angekündigt werden, da die Maßnahmen im derzeitigen Umfang nicht mehr gerechtfertigt sind. Gleichwohl dürfte dies so erfolgen, dass ein Klippeneffekt vermieden wird. Marc Schattenberg (+49 69 910-31875, marc.schattenberg@db.com) © Copyright 2021. Deutsche Bank AG, Deutsche Bank Research, 60262 Frankfurt am Main, Deutschland. Alle Rechte vorbehalten. Bei Zitaten wird um Quellenangabe „Deutsche Bank Research" gebeten. Die vorstehenden Angaben stellen keine Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung dar. Alle Meinungsaussagen geben die aktuelle Einschätzung des Ver fassers wieder, die nicht notwendigerweise der Meinung der Deutsche Bank AG oder ihrer assoziierten Unternehmen entspricht. Alle Meinungen kön nen ohne vorherige Ankündigung geändert werden. Die Meinungen können von Einschätzungen abweichen, die in anderen von der Deutsche Bank veröffentlichten Dokumenten, einschließlich Research-Veröffentlichungen, vertreten werden. Die vorstehenden Angaben werden nur zu Informations zwecken und ohne vertragliche oder sonstige Verpflichtung zur Verfügung gestellt. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Angemessenheit der vorste henden Angaben oder Einschätzungen wird keine Gewähr übernommen. In Deutschland wird dieser Bericht von Deutsche Bank AG Frankfurt genehmigt und/oder verbreitet, die über eine Erlaubnis zur Erbringung von Bankge schäften und Finanzdienstleistungen verfügt und unter der Aufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bundesanstalt für Finanzdienstleis tungsaufsicht (BaFin) steht. Im Vereinigten Königreich wird dieser Bericht durch Deutsche Bank AG, Filiale London, Mitglied der London Stock Exchange, genehmigt und/oder verbreitet, die von der UK Prudential Regulation Authority (PRA) zugelassen wurde und der eingeschränkten Aufsicht der Financial Conduct Authority (FCA) (unter der Nummer 150018) sowie der PRA unterliegt. In Hongkong wird dieser Bericht durch Deutsche Bank AG, Hong Kong Branch, in Korea durch Deutsche Securities Korea Co. und in Singapur durch Deutsche Bank AG, Singapore Branch, verbreitet. In Japan wird dieser Bericht durch Deutsche Securities Inc. genehmigt und/oder verbreitet. In Australien sollten Privatkunden eine Kopie der betreffenden Produktinformation (Product Disclosure Statement oder PDS) zu jeglichem in diesem Bericht erwähnten Finanzinstrument beziehen und dieses PDS berücksichtigen, bevor sie eine Anlageentscheidung treffen. -2 0 2 4 6 8 10 12 18 19 20 21 Produzentenpreise Importpreise Konsumentenpreise % gg. Vj. Quelle: Statistisches Bundesamt Deutsche Inflation (ohne Energie) auf verschiedenen Ebenen 28 60 70 80 90 100 110 120 16 17 18 19 20 21 Produktion Aufträge Quelle: Statistisches Bundesamt Verarbeitendes Gewerbe in DE, 2015=100 Industrieproduktion in Q2 weiter im Rückwärtsgang, Auftragslage sehr gut 27