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13. März 2023
Mit den überraschend starken harten Daten für Januar steigen die Chancen, dass in Q1 ein weiterer BIP-Rückgang vermieden werden könnte. Dies ist noch nicht unsere Basisprognose, doch es würde Deutschland vor einer technischen Rezession bewahren. Allerdings erwarten wir weiterhin eine Stagnation der Investitionsausgaben des privaten Verbrauchs. Daher halten wir an unserer 0%-Prognose für das deutsche BIP-Wachstum 2023 fest, obwohl die Aufwärtsrisiken seit Jahresbeginn zugenommen haben. [mehr]
Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach. Mit den überraschend starken har ten Daten für Januar steigen die Chancen, dass in Q1 ein weiterer BIP-Rück gang vermieden werden könnte. Dies ist noch nicht unsere Basisprognose, doch es würde Deutschland vor einer technischen Rezession bewahren. Aller dings erwarten wir weiterhin eine Stagnation der Investitionsausgaben des pri vaten Verbrauchs. Daher halten wir an unserer 0%-Prognose für das deutsche BIP-Wachstum 2023 fest, obwohl die Aufwärtsrisiken seit Jahresbeginn zuge nommen haben. Inflation : VPI - Revision: Niedrigeres Inflationsniveau z erstreut die Sorgen nicht . Aufgrund des neuen Wägungsschemas haben wir unsere Inflationsprognosen moderat nach unten revidiert. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine technisch bedingte Anpassung und nicht um eine veränderte Einschätzung der Inflationsdynamik. Arbeitsmarkt mit ruhigere r Gangart bis zum Frühjahr . Der Rückgang der Arbeits losigkeit dürfte sich vorerst verlangsamen. Der Beschäftigungsaufbau wird von Zuwanderern getragen. Die Lohnrunde nimmt Fahrt auf, dank kräftiger Einmal zahlungen könnten die Effektivlöhne in 2023 gut 5% zulegen. Deutsche Industrie: Erneut leichter Rückgang im Jahr 2023 wahrscheinlich, aber Automobilindustrie erholt sich. Wir erwarten, dass die Produktion im Verar beitenden Gewerbe im Jahr 2023 um 0,5% schrumpfen wird (2022: -0,4%). Die Produktion in energieintensiven Sektoren dürfte erneut deutlich sinken. Die Au tomobilindustrie könnte angesichts nachlassender Versorgungsprobleme bei Halbleitern einen Anstieg der Inlandsproduktion um 10% verzeichnen. Bei den anderen Investitionsgüterbranchen sind wir etwas vorsichtiger. Quo vadis Hauspreise: Massive Korrektur oder Preisdelle? Basis - Szenario: Preisdelle. Die Hauptfrage im Jahr 2023 dürfte sein, wie weit die Hauspreise fal len werden. Höhere Zinsen könnten für eine kräftige Korrektur sorgen. Aber die Angebotsknappheit, der Inflationsschutz und insbesondere höhere Mieten deu ten auf einen verhaltenen Preisrückgang hin. Unternehmenskredite : Jetzt folgt der Kater. Die Kreditvergabe an Unternehmen und Selbstständige hat sich in Q4 etwas abgekühlt, blieb aber in H2 insgesamt stark. Wirtschaftspolitischer Ausblick 2023 - Fokus auf industrielle Wettbewerbsfähig keit und Energiewende. Weniger (fiskalischer) Spielraum für Kompromisse, aber keine Gefahr für Zusammenhalt der Koalition. Sowohl Wirtschaftsminister Ha beck als auch Finanzminister Lindner dürften in Kürze Vorschläge für eine grüne Industriepolitik und eine Unternehmensteuerreform vorlegen. EZB. Einlagen zins satz im Sommer bei 3 ¾% - zunehmende Aufwärtsrisiken. Die Kerninflation ist hartnäckig. Keine Zinssenkung vor Mitte 2024 erwartet. Autor en Stefan Schneider und Team Economic Research, Frankfurt Editor Stefan Schneider Deutsche Bank AG Deutsche Bank Research Frankfurt am Main Deutschland E-Mail: marketing.dbr@db.com Fax: +49 69 910-31877 www.dbresearch.de DB Research Management Stefan Schneider Inhaltsverzeichnis Seite Prognosen ................................................... 2 Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach .. 3 Inflation: VPI-Revision: Niedrigeres Inflati onsniveau zerstreut die Sorgen nicht ........... 7 Arbeitsmarkt mit ruhigerer Gangart bis zum Frühjahr ..................................................... 13 Deutsche Industrie: Erneut leichter Rück gang im Jahr 2023 wahrscheinlich, aber Automobilindustrie erholt sich .................... 16 Quo vadis Hauspreise: Massive Korrektur oder Preisdelle? Basis-Szenario: Preisdelle .................................................. 20 Unternehmenskredite: Jetzt folgt der Kater 22 Wirtschaftspolitischer Ausblick 2023 - Fokus auf industrielle Wettbewerbsfähigkeit und Energiewende ........................................... 24 EZB: Einlagenzinssatz im Sommer bei 3 ¾% - zunehmende Aufwärtsrisiken ....... 30 Datenkalender ........................................... 31 Finanzmarktprognosen .............................. 32 Datenmonitor ............................................. 33 Original in englischer Sprache: 9. März 2023 13. März 2023 Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Wachstum, Inflation, Leistungsbilanz, Budgetsaldo BIP-Wachstum Inflation* Leistungsbilanzsaldo Budgetsaldo in % gg. Vj. in % gg. Vj. in % des BIP in % des BIP 2022 2023P 2024P 2022 2023P 2024P 2022 2023P 2024P 2022 2023P 2024P Euroland 3,5 0,5 1,0 8,4 6,2 2,0 0,8 1,5 1,8 -4,2 -4,4 -4,0 Deutschland 1,8 0,0 1,0 6,9 6,1 2,3 3,8 3,2 3,9 -2,6 -2,6 -2,6 Frankreich 2,6 0,5 1,0 5,9 5,8 2,5 -2,1 -1,5 -1,2 -5,8 -5,9 -5,0 Italien 3,8 0,7 0,9 8,7 6,4 1,5 -0,9 -0,4 0,3 -5,7 -5,1 -4,3 Spanien 5,5 0,8 0,9 8,3 4,1 1,6 0,9 1,0 1,0 -5,3 -5,9 -5,4 Niederlande 4,5 0,5 1,2 11,6 6,0 2,6 6,9 7,0 7,1 -4,1 -2,3 -0,9 Belgien 10,3 5,0 1,9 Österreich 8,6 6,3 2,0 Finnland 7,2 5,3 1,8 Griechenland 9,3 6,3 1,3 Portugal 8,1 5,3 1,3 Irland 8,1 5,3 1,6 Großbritannien 4,0 -0,5 0,8 9,1 6,8 2,4 -6,3 -3,9 -3,1 -7,1 -6,7 -5,3 Dänemark 3,6 0,1 1,4 8,5 4,0 2,2 Norwegen 3,2 1,0 1,2 5,8 4,5 3,1 Schweden 2,7 -0,5 1,5 8,1 6,3 2,2 Schweiz 2,1 0,6 1,4 2,8 2,4 1,5 Tschech. Rep. 2,4 -0,2 2,1 15,1 11,3 4,2 -4,9 -3,5 -2,3 -5,3 -4,6 -3,0 Ungarn 4,6 0,6 2,9 14,5 17,9 5,7 -6,2 -4,3 -3,0 -6,2 -4,2 -3,3 Polen 4,9 0,9 2,8 14,3 12,3 6,6 -3,2 -3,2 -2,0 -4,1 -5,6 -3,5 USA 2,1 1,7 -0,4 8,0 4,2 2,7 -4,1 -4,7 -4,5 -4,1 -5,3 -5,8 Japan 1,0 1,3 0,6 2,5 3,1 2,4 1,9 4,3 4,4 -6,9 -4,7 -3,5 China 3,0 6,0 6,3 2,0 2,5 3,1 2,3 1,8 1,5 -5,0 -5,0 -4,0 Welt 3,3 2,8 3,0 8,7 6,9 4,6 * Außer für Deutschland basieren die Inflationsdaten für EU-Länder auf harmonisierten Verbraucherpreisindizes. Dies kann zu Diskrepanzen zu anderen DB Publikationen führen. Quellen: Nationale Behörden, Nationale Zentralbanken, Deutsche Bank Prognosen Deutschland: BIP-Wachstum nach Komponenten, % gg.Vq., Jahresdaten % gg.Vj. 2022 2023 2021 2022 2023P 2024P Q1 Q2 Q3 Q4 Q1P Q2P Q3P Q4P BIP 2,6 1,8 0,0 1,0 0,8 0,1 0,5 -0,4 -0,3 0,2 0,3 0,2 Privater Konsum 0,4 4,3 0,0 1,2 0,7 0,6 0,7 -1,0 -0,4 0,6 0,7 0,3 Staatsausgaben 3,8 1,2 1,0 1,4 0,6 0,5 -1,2 0,6 0,5 0,3 0,3 0,5 Anlageinvestitionen 1,2 0,4 -2,7 1,9 2,3 -1,2 1,3 -2,5 -0,1 -0,4 -0,3 0,5 Ausrüstungen 3,5 3,3 -0,2 2,1 1,8 1,1 5,4 -3,6 -1,8 0,8 0,5 0,6 Bau 0,0 -1,7 -4,5 -0,3 3,5 -3,2 -0,9 -2,9 1,0 -1,7 -1,0 0,4 Lager, %-Punkte 0,5 0,5 0,1 -0,3 -0,2 0,6 0,1 0,3 -0,2 -0,1 -0,1 0,0 Exporte 9,7 2,9 2,5 3,3 -0,3 0,7 1,9 -1,0 1,1 1,0 1,3 0,7 Importe 9,0 6,0 2,7 3,1 -0,5 2,3 2,1 -1,3 1,0 0,9 1,3 1,0 Nettoexport, %-Punkte 0,8 -1,2 0,0 0,2 0,1 -0,7 0,0 0,1 0,1 0,1 0,1 -0,1 Konsumentenpreise (VPI)* 3,1 6,9 6,1 2,3 Arbeitslosenquote, % 5,7 5,3 5,4 5,2 Industrieproduktion** 4,8 -0,4 -0,5 1,0 Budgetsaldo, % BIP -3,7 -2,6 -2,6 -2,6 Öffentlicher Schuldenstand, % BIP 68,6 67,7 66,1 66,0 Leistungsbilanzsaldo, % BIP 7,4 3,8 3,2 3,9 Leistungsbilanzsaldo, EUR Mrd. 265 115,0 130 164 *Inflationsdaten für Deutschland basieren auf nationaler Abgrenzung (VPI). Dies kann zu Diskrepanzen zu anderen DB Publikationen (HVPI) führen. **Verarbeitendes Gewerbe (NACE C) Quellen: Statistisches Bundesamt, Deutsche Bundesbank, Arbeitsagentur, Deutsche Bank Research 2 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach - Mit den überraschend starken harten Daten für Januar steigen die Chancen, dass das BIP im ersten Quartal vor einem weiteren Rückgang bewahrt wer den kann. Dies ist noch nicht unsere Basisprognose, doch es würde Deutschland vor einer technischen Rezession bewahren. - Das internationale Umfeld, einschließlich der globalen Lieferkettenprob leme, hat sich deutlich verbessert. Trotz des starken Rückgangs werden je doch die immer noch erhöhte Unsicherheit und die Realeinkommensver luste aufgrund der hohen Inflation die Investitionsausgaben und den priva ten Verbrauch in der ersten Jahreshälfte stagnieren lassen. - Da die restriktivere Geldpolitik zunehmend spürbar wird und sich die Rezes sion in den USA, die nun für das vierte Quartal erwartet wird, abzeichnet, wird ein Aufschwung im weiteren Jahresverlauf eher gedämpft ausfallen. Daher halten wir an unserer 0%-Prognose für das deutsche BIP-Wachstum 2023 fest, obwohl die Aufwärtsrisiken seit Jahresbeginn zugenommen ha ben. In seiner Regierungserklärung vom 27.02.2022 hat Bundeskanzler Scholz argu mentiert, dass der Schock durch den russischen Einmarsch in die Ukraine eine „Zeitenwende" ausgelöst hat. Der Begriff „Wende" wird in Deutschland stark mit der deutschen Wiedervereinigung 1989/90 assoziiert und ist - trotz der aufer legten individuellen und kollektiven Belastungen - stark positiv konnotiert. Da mals galten die deutsche Wiedervereinigung und der Zusammenbruch des Sow jetblocks als endgültiger Beweis dafür, dass das „Ende der Geschichte" (Fuku yama) erreicht und dass die Welt tatsächlich flach sei (Friedman). Rund 30 Jahre später ist das Handeln des Landes, das letztlich den Weg zur deutschen Wiedervereinigung freigemacht hatte, nun für die (nächste) „Zeitenwende" ver antwortlich. Russlands Angriff lieferte den endgültigen Beweis dafür, dass die sozioökonomische Entwicklung mit der Vorherrschaft westlicher, liberaler Demo kratien (wie von Fukuyama behauptet) bisher kein Happy End gefunden hat. Die Auswirkungen dieser historischen Zäsur werden vor allem mittel- und län gerfristig entscheidende Parameter für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung sein. Bislang zeichnen sie sich jedoch nur in Umrissen ab und sind sicherlich noch nicht in ihrer gesamten Tragweite zu verstehen, was die konkre ten Schritte in Politik und der Unternehmensstrategien erklären könnte, die im Vergleich zu den in Reden und Umfragen geäußerten Absichten eher zögerlich erscheinen. Aber auch für die eher zyklische Entwicklung der nächsten 12 bis 24 Monate ist die Unsicherheit spürbar. In normalen Zeiten finden zyklische Schwankungen um einen stabilen Trend herum statt, wobei sich die Ungewissheit auf die Frage beschränkt, ob das Trendwachstum - die Steigung des Trends - um ein oder zwei Zehntelprozentpunkte höher oder niedriger ausfallen könnte als geschätzt. Diesmal gibt es Bedenken, dass die Steigung viel flacher werden könnte, wie in der Debatte über Wohlfahrtsverluste zum Ausdruck kommt. Diese Ungewissheit wirkt sich auf das Verhalten der Wirtschaftsakteure aus, was sich bereits in vorsichtigeren Ausgaben- und Investitionsentscheidungen sowie in postulierten neuen politischen Prioritäten zeigt. Diese neuen Prioritäten haben jedoch bisher noch nicht zu einer umfassenden Neubewertung der alten Prioritäten geführt. Da die „Zeitenwende" zusammen mit einer langen Liste an derer „Wenden" in Bereichen wie der Geldpolitik, der Klimapolitik, der Verkehrs politik und der langsamen, aber sich stetig verschlechternden demografischen Entwicklung auftritt, werden sich die Haushaltszwänge verschärfen, wie bereits in der Debatte zwischen den verschiedenen Ministerien im Vorfeld des Bundes haushalts für das kommende Jahr zu erkennen ist. 3 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Starke Konjunkturdaten im Januar - kann eine technische Rezes sion vermieden werden? Bei der Vorstellung der Jahreszahlen für das BIP 2022 Mitte Januar überraschte das Statistische Bundesamt mit der optimistischen Aussage, dass die Wirtschaft im vierten Quartal stagniert haben könnte. In der Schnellmeldung für Q4 Ende Januar veröffentlichte das Statistikamt dann einen BIP-Rückgang um -0,2% ge gen Vorquartal, um diesen schließlich in der endgültigen Q4-Schätzung weiter auf -0,4% zu senken, nicht zuletzt aufgrund der unerwartet schwachen Dezem berdaten (IP, Einzelhandelsumsatz). Der ursprüngliche Rückgang der Industrie produktion im Dezember um 3,1% auf Monatsbasis wurde auf -2,4% nach oben korrigiert. Wichtiger ist jedoch, dass die Produktion im Januar um 3,5% im Ver gleich zum Vormonat gestiegen ist, wobei der witterungsbedingte Anstieg im Baugewerbe um 12,6% im Vergleich zum Vormonat zusätzliche Unterstützung bot (dies könnte allerdings zu einer Gegenbewegung im Februar führen). Mit den neuen Daten hat sich der negative Übertrag, mit dem die Industrieproduk tion in Q1 gestartet wäre, in einen positiven Übertrag von 1,9% verwandelt, was fast eine Garantie für einen soliden Produktionsanstieg im Quartalsvergleich für Q1 ist. Die Einzelhandelsumsätze hingegen starteten ziemlich schwach ins neue Jahr und sanken im Januar um 0,3% gegenüber dem Dezember, für den der ursprüngliche Einbruch von -5,3% zumindest auf -1,7% korrigiert wurde. Dennoch deutet die schwache Januarzahl auf einen weiteren Rückgang des pri vaten Verbrauchs im ersten Quartal hin. Auch unsere BIP-Brückenmodelle auf der Grundlage von Umfragedaten (ifo, PMI usw.) zeigen im Durchschnitt einen geringen Rückgang im Quartalsvergleich, und wir bleiben bei unserer Prognose eines ¼%-igen Rückgangs des Q1-BIP. Der Produktionsanstieg im Januar hat jedoch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ein negatives Q1-Ergebnis und da mit eine technische Rezession vermieden werden kann, wenn auch wahrschein lich nur um Haaresbreite. Hohe Unsicherheit belastet Investitionen und Verbrauch Die auf Nachrichten basierende wirtschaftliche Unsicherheit hat sich im Ver gleich zu ihrem Höchststand im September fast halbiert, ist aber immer noch etwa dreimal so hoch wie ihr langfristiger Durchschnitt. Privater Konsum wird kaum mehr als stagnieren Im 4. Quartal sanken die Verbraucherausgaben um 1% gegenüber dem Vor quartal. Die größten Rückgänge gab es bei den eher diskretionären Ausgaben komponenten wie Freizeit und Unterhaltung (-7,4% gg. Vj.) sowie Beherbergung und Gastronomie (-7,6%). Natürlich dürfte es sich dabei teilweise um eine Nor malisierung handeln, nachdem beide Komponenten im Sommer von einem post-Corona-Nachfrageschub profitiert hatten. Die Stabilisierung der Sparquote von 11,4% im vierten Quartal nach einem Tiefstand von 11,2% im zweiten Quar tal und das gedrückte Verbrauchervertrauen von -34 (Q1-Durchschnitt) im Ver gleich zu einem langfristigen Durchschnitt von +7,3 sind jedoch wahrscheinlich Anzeichen für eine generelle Konsumzurückhaltung. Innerhalb des GfK-Konsu mentenvertrauensindex war die „Kaufbereitschaft" im Januar/Februar sogar noch etwas schwächer als in Q4. Unsere abgesenkte Inflationsprognose, bei der es sich um eine technische Anpassung unter anderem infolge der Aktuali sierung des Basisjahres handelt (siehe „Revision des Verbraucherpreisindex", S. 7), wird nicht zu einem höheren real verfügbaren Einkommen führen, da zur Deflationierung der nominalen Werte der private Konsumdeflator verwendet wird, der von der Revision nicht betroffen ist. Er hat sich im Laufe des Jahres weiter beschleunigt und erreichte im vierten Quartal eine Jahresrate von 8,8%. -15 -10 -5 0 5 10 15 -10 -6 -2 2 6 10 19 20 21 22 23 % gg. Vq. % gg. Vj. (rechts) Prognose Quellen: Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research Deutsche Wirtschaft: Technische Rezession im Winter 2022/23? 1 90 95 100 105 110 115 120 95 96 97 98 99 100 101 Jan 22 Apr 22 Jul 22 Okt 22 Jan 23 Produktion (links) Aufträge Einzelhandelsumsätze Index, 2015=100 Index Konjunkturdaten: Guter Start in 2023 2 Quelle: Deutsche Bundesbank 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 2005 2008 2011 2014 2017 2020 2023 ifo Erwartungen minus aktuelle Einschätzung Nachrichtenbasierte wirtschaftliche Unsicherheit (rechts) Index Index Quellen: ifo, policyuncertainty.com, Deutsche Bank Unsicherheit nimmt ab, bleibt aber hoch 3 -80 -70 -60 -50 -40 -30 -20 -10 0 10 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 15 16 17 18 19 20 21 22 Sparquote Bereitschaft zu sparen (rechts) % d. verfügb. Einkommens Index Sparquote der privaten Haushalte stabilisiert sich 4 Quellen: EU-Kommission, Deutsche Bundesbank 4 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Nach einem mageren Anstieg des real verfügbaren Einkommens um 0,1% im Jahr 2022 gehen wir davon aus, dass die real verfügbaren Einkommen im ers ten Halbjahr weiterhin unter Druck stehen werden. In der zweiten Jahreshälfte werden ein deutlicherer Rückgang der Inflationsrate und ein höheres Lohn wachstum infolge der diesjährigen Tarifabschlüsse eine spürbarere Verbesse rung ermöglichen. Allerdings wird der private Konsum im Jahresdurchschnitt 2023 mehr oder weniger stagnieren. Ausrüstungsinvestitionen werden 2023 leicht schrumpfen Die Ausrüstungsinvestitionen sanken im vierten Quartal um 3,6% gegenüber dem Vorquartal, nachdem sie zuvor um 5,4% gestiegen waren. Ausschlagge bend dafür waren massive Ausschläge bei den öffentlichen Investitionsausga ben (+31,6% im 3. Quartal, gefolgt von einem Rückgang um 26,2% im 4. Quar tal), die allerdings nur 7 ½% der Gesamtinvestitionen ausmachen. Aber auch die privaten Investitionen gingen zurück, und zwar um 1,7%, nach einem be scheidenen Anstieg von 0,8% in Q3, wobei der Nachholbedarf bei Fahrzeugen eine treibende Kraft für den Q3-Anstieg war. Die Mehrzahl unserer Proxy-Indikatoren deutet darauf hin, dass die Investitions ausgaben auch in den kommenden Quartalen gedämpft bleiben werden. 1.) Der Saldo der Geschäftserwartungen im Verarbeitenden Gewerbe liegt immer noch bei -13,5 (Jan./Feb.). 2.) Die Einschätzung der eigenen preislichen Wettbe werbsfähigkeit außerhalb der EWU durch die Unternehmen blieb im vierten Quartal extrem niedrig (-13,3), nachdem sie im dritten Quartal einen histori schen Tiefstand von -15,6 erreicht hatte. 3.) Die Kapazitätsauslastung ging auf 84,2 zurück und liegt damit weniger als einen Prozentpunkt über ihrem langfristi gen Durchschnitt. 4.) Im Jahr 2022 sanken die inländischen Aufträge für Kernin vestitionsgüter (ohne Kraftfahrzeuge und sonstige Transportmittel) um durch schnittlich 2 ¾% pro Quartal. 5.) In der Umfrage zur Kreditvergabe der Banken im ersten Quartal meldeten per Saldo 35% aller Banken eine geringere Kredit nachfrage für Investitionszwecke (nach -19,4% im vierten Quartal). 6.) Der An stieg der Bruttobetriebsgewinne im Jahresvergleich hat sich von 6,2% (Q1) auf 3,9% in Q4 verlangsamt. Eine Analyse des ifo Instituts argumentiert, dass die Bruttobetriebsgewinne in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) die tatsächliche Gewinnentwicklung unterzeichnen könnten, da die Abschreibungen auf der Grundlage von Wiederbeschaffungswerten berechnet werden. 1 Es wird eine alternative Berechnung vorgestellt, bei dem die Gewinnmargen aus den Deflatoren der Bruttowertschöpfung der Sektoren approximiert werden. Wäh rend dieses Maß einen Anstieg der Gewinnspannen in wichtigen Dienstleis tungssektoren wie Handel, Verkehr und Gaststätten sowie im Baugewerbe er kennen lässt, gibt es keine Anzeichen für steigende Gewinnspannen im Verar beitenden Gewerbe. Der im Hinblick auf die Investitionsausgaben wichtigste Sektor erhält also keine Unterstützung durch steigende Gewinnmargen. Alles in allem erwarten wir für 2023 einen leichten Rückgang der Investitionsausgaben. Internationales Umfeld hellt sich auf Seit Dezember gewinnt der Bundesbank-Frühindikator für die weltweite Indus trieproduktion allmählich an Fahrt. Mit einem Stand von 99,6 bleibt er leicht un ter seinem neutralen Wert von 100. Die globalen Angebotsprobleme haben sich laut dem Global Supply Pressure Index der New Yorker Fed deutlich entspannt. Dies scheint insbesondere für Deutschland zu gelten, wo die Verbesserung nach einem vom PMI abgeleiteten Maß am stärksten war. 1 ifo Institut, Joachim Ragnitz „Gewinninflation und Inflationsgewinner", Dezember 2022 und Aktua lisierung März 2023. -65 -45 -25 -5 15 35 18 20 22 -25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 Capex (Maschinen & Ausrüstungen) Inländ. Investitionsgüterbestellungen ohne Kfz u. sonst. Verkehrsmittel Geschäftserwartungen (Verarb. Gewerbe) % gg. Vj., gleit. 3M-Durchschn., Saldo % gg. Vq. Deutscher Investitionszyklus 6 Quellen: Deutsche Bundesbank, ifo Institut 70 74 78 82 86 90 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 16 17 18 19 20 21 22 23 Investitionen in Maschinen & Ausrüstungen (links) Kapazitätsauslastung (ifo, rechts) Kapazitätsauslastung in Q1 nur knapp über dem langfristigen Durchschnitt 5 Quellen: Statistisches Bundesamt, ifo % gg. Vq., sb. %, sb. -20 -10 0 10 20 30 40 50 19 20 21 22 23 DEU USA CHN EWU Aktuelle Lieferzeiten minus geschätzter normalen Lieferzeiten Lieferkettenprobleme lösen sich auf 7 Quellen: IHS Markit, Deutsche Bank Research 5 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach China: Jüngste Daten stützen unsere Wachstumsprognose von 6% Diese Verbesserungen sind wahrscheinlich auch auf die Entwicklungen in China zurückzuführen. Das Ende der chinesischen Null-Covid-Politik hat einen kräfti gen Aufschwung bei den Stimmungsindikatoren und den Immobilienverkäufen ausgelöst, was die Erwartungen unserer Kollegen bestätigt, dass die Wirtschaft in diesem Jahr um etwa 6% wachsen wird und damit deutlich stärker als die zu vor erwarteten 4 ½%. Ein um 1 Prozentpunkt höheres chinesisches Wachstum trägt im Durchschnitt etwa gut ¼ Prozentpunkt zum deutschen Wachstum bei. Da die diesjährige Wachstumsbeschleunigung vor allem vom Inland ausgeht und der wichtige chinesische Automobilmarkt zunehmend von der Inlandspro duktion gespeist wird, sind die Auswirkungen dieses Mal wahrscheinlich gerin ger, als die historische Elastizität vermuten lässt. US-Rezession nun wohl erst in Q4 Die US-Wirtschaft scheint vorerst der Schwerkraft zu trotzen, die durch die straf fere Fed-Politik ausgelöst wird. Unsere US-Kollegen gehen inzwischen davon aus, dass die Fed die Zinsen weiter auf 5,6% anheben muss, um die Wirtschaft ausreichend zu bremsen und die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Sie sind nach wie vor der Meinung, dass dies nicht ohne eine harte Landung erreicht werden kann, erwarten aber nun, dass die Wirtschaft erst im letzten Quartal die ses Jahres in eine Rezession fallen wird. Das globale BIP-Wachstum wird nun voraussichtlich um 2,8% im Jahr 2023 steigen, etwa ¾ Prozentpunkt mehr als wir in unserem World Outlook im Dezember 2022 prognostiziert haben. Deutsches BIP-Wachstum für das Jahr 2023 weiter 0%, Auf wärtsrisiken nehmen zu Die deutlich verbesserte Gasversorgungslage und das bessere weltwirtschaftli che Umfeld waren die Gründe dafür, dass wir unsere BIP-Prognose für 2023 be reits Mitte Januar von -1% auf 0% angehoben haben. Seitdem haben wir erfah ren, dass das BIP im 4. Quartal nicht stagniert hat, wie zuvor vom Statistischen Bundesamt in Aussicht gestellt, sondern stattdessen um 0,4% schrumpfte. Alles in allem halten wir daher an unserer BIP-Prognose für das Gesamtjahr 2023 fest. Eine weitere Verbesserung der globalen Wachstumsaussichten könnte Aufwärtsrisiken für diese Prognose mit sich bringen. Andererseits könnte eine weitere Eskalation in den Beziehungen zwischen den USA und China, die wei tere Sanktionen gegen chinesische Exporte auslöst, falls China als Lieferant von Rüstungsgütern an Russland wahrgenommen wird, die jüngsten positiven Entwicklungen konterkarieren. Stefan Schneider (+49 69 910-31790, stefan-b.schneider@db.com) -30 -20 -10 0 10 20 30 -40 -20 0 20 40 60 00 02 04 06 08 10 12 14 16 18 20 22 ifo Geschäftserwartungen PMI Exportnachfrage (links) Unternehmen: Wettbewerbssituation außerh. EWU, % (rechts) Index, % gg. Vj. Index Export: Stimmungsindikatoren 8 Quellen: ifo, IHS Markit, CPB, EU-Kommission 6 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Revision des Verbraucherpreisindex: Niedrigeres Inflationsniveau zerstreut die Sorgen nicht - Die turnusgemäße Generalrevision des VPI für 2023 führte zu einer deutli chen Abwärtskorrektur des Inflationsprofils/-niveaus für Deutschland im Jahr 2022. Diese lässt sich hauptsächlich durch eine nunmehr deutlich niedrigere Warenkorbgewichtung für Energie erklären. - Aufgrund des neuen Wägungsschemas revidieren wir unsere Prognosen für die jahresdurchschnittliche VPI-Inflationsrate moderat nach unten auf 6,1% im Jahr 2023 und 2,3% im Jahr 2024 (von zuvor 6,5% und 2,5%). Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine technisch bedingte Anpassung und nicht um eine veränderte Einschätzung der Inflationsdynamik. - Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Gesamtinflationsrate im Laufe des Jahres 2023 aufgrund ausgeprägter Basis-Effekte bei den Energiepreisen deutlich sinken wird. Im Gegensatz zu diesen „disinflationären" Effekten im Bereich der Energie dürfte die Kerninflation im ersten Halbjahr 2023 sehr hoch bleiben, ehe sie in der zweiten Jahreshälfte allmählich zurückgehen könnte. Unserer Ansicht nach besteht ein Risiko, dass zu hohe Lohnab schlüsse - und damit Zweitrundeneffekte - die Kerninflation länger als er wartet bei 5% oder mehr halten. Wegfall der „Dezember-Hilfe" für Gas und Fernwärme führt zu An stieg der Januar-Inflationsrate auf 8,7% Die Inflationsrate in Deutschland gemäß des definierten Verbraucherpreisindex (VPI; nationale Definition) stieg im Januar auf 8,7% (Dezember: 8,1%). Im Ver gleich zum Vormonat stieg der VPI wie von uns vorhergesagt um 1,0%. Dies geht aus dem revidierten Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamte hervor, der nunmehr auf der Grundlage der „neuen" (Basisjahr 2020) statt der „alten" (Basisjahr 2015) Warenkorbgewichte berechnet wurde (siehe Pressemit teilung). Die neuen VPI-Warenkorbgewichte werden für die nächsten fünf Jahre festgeschrieben. 2 Im Gegensatz zum VPI ging die Jahresveränderungsrate des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI; europäische Definition) in Deutschland auf 9,2% (Dezember: 9,6%) zurück. Der sprunghafte Januar-Anstieg der Jahresveränderungsrate des VPI war größ tenteils auf höhere Energiepreise zurückzuführen (siehe Abbildung), die um 8,3% gg. Vm. bzw. 23,1% gg. Vj. zulegten (Dezember: 20,3% gg. Vj.). Insbe sondere die Preise für Erdgas (46,1% gg. Vm. / 51,7% gg. Vj.) und Fernwärme (63,9% gg. Vj. / 26,0% gg. Vj.) überstiegen ihre Dezember-Niveaus deutlich, nachdem diese zuvor - aufgrund der einmaligen Übernahme der monatlichen Abschlagszahlungen für Gas- und Fernwärmekunden durch den Bund - stark gesunken waren (Dezemberhilfe). 3 Gleichzeitig dürften die „Energiepreisbrem sen" der Bundesregierung, die den Preis für ein Verbrauchskontingent von 80% deckeln, die Preisdynamik bei Strom, Gas und Fernwärme gedämpft haben. Nach Schätzung des Statistischen Bundesamtes könnten sich der inflations 2 Wobei das Statistische Bundesamt beschlossen hat, auf der oberen Ebene des Gewichtungs schemas Durchschnittswerte für die Jahre 2019 bis 2021 zu verwenden, um der Tatsache Rech nung zu tragen, dass das Pandemiejahr 2020 mit Blick auf das Konsumverhalten atypisch war. 3 Für diejenigen Privathaushalte, die direkt einen Gas-/Fernwärmevertrag mit einem Versorger ab geschlossen haben (wie z.B. Hauseigentümer), hat das Statistische Bundesamt einen Dezember Preis von etwa null berücksichtigt. 0 2 4 6 8 10 21 22 23 VPI: Kraftstoffe VPI: Haushaltsenergie VPI: Nahrungsmittel VPI: Kernrate (ohne Energie u. Nahrungsmittel) VPI Verbraucherpreisindex (VPI) 1 % gg. Vj. bzw. Beiträge in Pp. Quellen: WEFA, Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research -2 0 2 4 6 8 10 12 19 20 21 22 23 HVPI: Kraftstoffe HVPI: Haushaltsenergie HVPI: Nahrungsmittel HVPI: Kernrate (ohne Energie u. Nahrungsmittel) HVPI Harmonisierter Verbraucherpreisindex 2 % gg. Vj. bzw. Beiträge in Pp. Quellen: Eurostat, Deutsche Bank Research 7 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach dämpfende Effekt der „Strompreisbremse" auf weniger als ¼ Prozentpunkt be laufen haben, wohingegen die „Gas-/Wärmepreisbremse" die Jahresverände rungsrate des VPI zwischen ¼ und ½ Prozentpunkten reduziert haben dürfte. 4 Unterdessen stiegen die Nahrungsmittelpreise saisonbereinigt um 1,0% gg. Vm., sodass die Jahresveränderungsrate weiterhin bei hohen 20,2% liegt (De zember: 20,4%). Und schließlich stiegen die Verbraucherpreise ohne Energie und Nahrungsmittel (Kerninflationsrate) im Vorjahresvergleich auf 5,6% (De zember: 5,2%) (siehe Abbildung) - und dies, obwohl die Jahresveränderungsra ten sowohl für langlebige als auch für kurzlebige Gebrauchsgüter zurückgingen. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass die Dienstleistungspreisin flation - die nach wie vor durch eine moderate Mietpreisinflation von knapp 2% gedämpft wird - deutlich auf 4,5% anstieg (Dezember: 3,9%). Der kräftige An stieg der Dienstleistungspreisinflation ohne die gewichteten Wohnungsmieten hat den auf Jahressicht nachlassenden Preisauftrieb bei den Gebrauchsgütern mehr als kompensiert (siehe Abbildung). Höhere Löhne - über die derzeit in ei nigen Dienstleistungssektoren (wie z.B. im öffentlichen Dienst auf Bundes- und Gemeindeebene sowie im Verkehrssektor) zwischen den Tarifpartner verhan delt wird - könnten die Dienstleistungspreisinflation weiter beflügeln. Vorläufiger Februar-Wert: Inflationsrate stagniert bei 8,7% Wie von uns vorhergesagt stieg der Verbraucherpreisindex im Februar nach der vorläufigen Schätzung des Statistischen Amtes (siehe Pressemitteilung) um 0,8% im Vormonats- bzw. 8,7% im Vorjahresvergleich. Damit lag das Ergebnis über den Konsensus-Erwartungen von „nur" +0,6% bzw. 8,5%. Der HVPI stieg indessen um 1,0% im Vergleich zum Vormonats- bzw. um 9,3% im Vorjahres wert. Wie üblich veröffentlichte das Statistische Bundesamt lediglich die Werte für den Gesamtindex sowie ausgewählte VPI-Unterkomponenten (wie z.B. zur Energie oder den Nahrungsmitteln). Der endgültige Februar-Wert sowie das de taillierte Zahlenwerk zu den tiefer gegliederten Unterkomponenten werden erst am 10. März veröffentlicht. Obwohl die Inflationsrate auf einem hohen Niveau stagnierte, belegen die Fe bruar-Zahlen einen nachlassenden Preisdruck für Energie. So sank die Jahres rate der VPI-Energiepreiskomponente (Haushaltsenergie und Kraftstoffe) auf „nur noch" 19,1%. Wir gehen zudem davon aus, dass ausgeprägte Basiseffekte im Bereich Energie schon im März einen spürbar dämpfenden Einfluss auf die Gesamtinflationsrate haben dürften. Konkret erwarten wir, dass die Jahresver änderungsrate der VPI-Energiepreiskomponente bis dahin die 5%-Marke unter schreiten dürfte, was dazu beitragen würde, die Gesamtinflationsrate auf einen Wert von „nur noch" um die 7% zu drücken. Vor allem die Heizöl- und Kraftstoff preisinflation - die unserer Einschätzung nach im März negativ werden könnte - dürfte maßgeblich für diesen Rückgang werden. Aber auch die Jahresverände rungsraten für Gas und Strom könnten sich im März angesichts des deutlichen Rückgangs bei den Großhandelspreisen und dank der staatlichen Energiepreis bremsen abschwächen. Trotz dieser positiven Aspekte könnte der Preisdruck jenseits des Energiebe reichs in den nächsten Monaten groß bleiben. Bei den Nahrungsmittelpreisen stieg die Jahresveränderungsrate im Februar auf 21,8% an. Darüber hinaus deuten die Verkaufspreiserwartungen im Lebensmitteleinzelhandel auf einen anhaltend hohen Preisdruck hin. Auch wenn laut den Februar-Umfragedaten des ifo Instituts im Saldo etwas weniger Lebensmitteleinzelhändler vorhaben die 4 Obwohl die Energiepreisbremsen erst ab März greifen, hat die Bundesregierung beschlossen, die privaten Haushalte auch rückwirkend für die ersten beiden Monate des Jahres zu entlasten. Da her hat das Statistische Bundesamt die dämpfenden Effekte der Preisbremsen bereits in den In flationszahlen für die Monate Januar und Februar berücksichtigt. Die Energiepreisbremsen sind zunächst bis zum Jahresende 2023 befristet, könnten aber bis April 2024 verlängert werden. -2 0 2 4 6 8 10 21 22 23 VPI: Kernrate (ohne Energie u. Nahrungsmittel) VPI: Gebrauchsgüter mit mittlerer Lebensdauer VPI: Langlebige Güter VPI: Dienstleistungen Quellen: WEFA, Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research % gg. Vj. Die Dienstleistungspreisinflation ist im Februar auf 4,7% gestiegen 3 0 2 4 6 8 10 12 21 22 23 Neues Basisjahr 2020 Altes Basisjahr 2015 Verbraucherpreisindex, % gg. Vj. Quellen: WEFA, Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research VPI-Gesamtinflationsrate 4 8 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Verkaufspreise anzuheben, liegt der Anteil jener Unternehmen, die dies beab sichtigen, noch immer auf einem historisch hohen Niveau (siehe Abbildung). Darüber hinaus stieg die Kerninflation nach saisonbereinigten Daten der Deut schen Bundesbank im Februar weiter an, und zwar um +0,5% im Vergleich zum Vormonat bzw. um 5,7% gegenüber dem Vorjahreswert. Wir gehen davon aus, dass sich die Kerninflation auch in nächster Zeit nicht wesentlich abschwächen dürfte, da noch immer viele Unternehmen dabei sind, ihre höheren Kosten an die Endverbraucher weiterzugeben. Obwohl der Preisdruck auf den vorgelagerten Stufen (Produzenten, Importeure, Großhändler) bereits deutlich nachgelassen hat, könnte es noch einige Zeit dauern, bis auch die Verbraucher von dieser Entwicklung profitieren. Angesichts dieser Zeitverzögerungen gehen wir auch davon aus, dass die Kernrate im Durchschnitt der ersten Jahreshälfte bei hohen 5 ½% liegen und erst im zweiten Halbjahr allmählich nachlassen dürfte. Angesichts der anstehenden Tariflohn verhandlungen besteht zudem ein Risiko, dass zu hohe Lohnabschlüsse die Kernrate noch länger über der Marke von 5% halten könnten. 2023er VPI-Revision: Niedrigeres Warenkorbgewicht für Energie hat zu deutlicher Abwärtskorrektur bei der Inflationsrate geführt Auch wenn sich die Inflationsdynamik auch nach der Revision im Rahmen unse rer Erwartungen bewegte, führte die turnusgemäße, alle fünf Jahre stattfindende Überarbeitung bzw. Umstellung des VPI zu einem deutlich niedrigeren Inflati onsniveau/-profil für das vergangene Jahr 2022. Auf der Grundlage der neuen 0 2 4 6 8 10 12 21 22 Basisjahr 2020 Jahresveränderungsrate des VPI (% gg. Vj.) bzw. Beiträge (Pp.) 8 -10 0 10 20 30 40 50 19 20 21 22 23 Verbraucherpreisindex (VPI) Erzeugerpreisindex Erzeugerpreisindex für landwirtschaftliche Produkte Importpreisindex Großhandelspreisindex % gg. Vj. Quellen: WEFA, Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research Preisentwicklung auf den vorgelagerten Stufen 7 0 2 4 6 8 10 12 21 22 Kernrate Haushaltsenergie Kraftstoffe Nahrungsmittel VPI Basisjahr 2015 Quellen: WEFA, Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research 0 1 2 3 4 5 6 21 22 23 Neues Basisjahr 2020 Altes Basisjahr 2015 Quellen: WEFA, Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research VPI ohne Energie und Nahrungsmittel, % gg. Vj. VPI-Kerninflation 5 -10 0 10 20 30 40 50 21 22 23 Neues Basisjahr 2020 Altes Basisjahr 2015 Quellen: WEFA, Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research VPI-Energiepreisindex, % gg. Vj. VPI-Energiepreisinflation 6 9 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Warenkorbgewichte (mit dem Basisjahr 2020) überstieg die Jahresverände rungsrate des VPI im Jahr 2022 nie die 10 %-Marke und erreichte im Okto ber/November „lediglich" Spitzenwerte von 8,8% (siehe Abbildung). Folglich wurde auch der Jahresdurchschnitt der VPI-Inflationsrate für das Jahr 2022 nachträglich um einen vollen Prozentpunkt auf „nur noch" 6,9% nach unten kor rigiert. Der Jahresdurchschnittswert für das Jahr 2021 blieb jedoch unverändert bei 3,1%. Die mit der Revision verbundenen Änderungen sind im Wesentlichen auf ein deutlich geringeres Warenkorbgewicht für Energie zurückzuführen, das auf „nur noch" ca. 7,4% (von zuvor 10,4%) gesunken ist. Dabei ging der größte Teil des Rückgangs auf eine deutlich niedrigere Bedeutung von Haushaltsenergie zu rück, dessen Gewicht um ca. 2,5 Prozentpunkte (Pp.) zurückging (siehe Abbil dung). Im Bereich der Haushaltsenergie fielen insbesondere die Warenkorbge wichte für Gas (-1,3 Pp.) und Heizöl (-0,8 Pp.) deutlich. Infolge des geänderten Wägungsschemas trugen die Energiepreise im gegenwärtigen Inflationszyklus weit weniger zum Anstieg der Gesamtinflationsrate bei als bisher angenommen. Aber auch das Inflationsprofil für die VPI-Energiekomponente wurde aufgrund der relativen Verschiebungen in der Gewichtung der zugrunde liegenden Ener gieprodukte nach unten korrigiert (siehe Abbildung). Das Statistische Bundesamt räumte ein, dass die diesjährige VPI-Revision zu außergewöhnlich hohen Revisionsdifferenzen geführt hat, erklärte dies jedoch mit (a) der Verwendung einer neuen Datenbasis und (b) einer Umstellung des Basisjahres auf 2020 (bzw. auf der oberen Wägungsebene auf eine Durch schnittsbetrachtung für den Zeitraum 2019-21). In diesem Zusammenhang merkte das Statistische Bundesamt an, dass es für die Ableitung der oberen Warenkorbgewichte (d.h. der Gewichtung für die aggregierten Gruppen) fortan nicht mehr auf die amtlichen Haushaltsbefragungen, sondern auf Daten aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) zurückgreift. Insgesamt ergab sich aufgrund der Verwendung von VGR-Daten für den privaten Verbrauch (so wie der Umstellung auf den neuen Berechnungszeitraum 2019-21) ein deutlich niedrigeres Warenkorbgewicht für Energie (-3 Pp.). Gleichzeitig erhöhte sich die Bedeutung von Nahrungsmitteln (+2 Pp.) und der in die Kernrate einfließenden Waren und Dienstleitungen (+1 Pp.) in der Inflationsmessung. Für weitere Ein zelheiten siehe auch das Hintergrundpapier des Statistischen Bundesamtes. 0 50 100 150 200 250 300 350 Wohnung, Wasser und Haushaltsenergie Verkehr Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke Freizeit, Unterhaltung und Kultur Andere Waren und Dienstleistungen Möbel, Leuchten, Geräte u.a. Haushaltszubehör Gesundheit Gaststätten- und Beherbergungsdienstleistungen Bekleidung und Schuhe Post und Telekommunikation Bildungswesen 2015 2020 in Promille Quelle: Statistisches Bundesamt VPI-Wägungsschema nach Abteilungen 10 0 25 50 75 100 125 Energie insgesamt Haushaltsenergie Strom Gas Heizöl Feste Brennstoffe Fernwärme Kraftstoffe 2015 2020 In Promille Quelle: Statistisches Bundesamt Warenkorbgewichte für Energie: Neues (2020) vs. altes (2015) Wägungsschema 9 -40 -20 0 20 40 60 80 100 15 16 17 18 19 20 21 22 23 Volkswirtschaft insgesamt Einzelhandel Verarbeitendes Gewerbe Dienstleistungen Nahrungs- und Genußmittel (Einzelhandel) Saldo (%) Quellen: ifo, WEFA, Deutsche Bank Research Verkaufspreiserwartungen (ifo Umfrage)* 11 * Saldo der Umfragemeldungen (saisonbereinigt) bezüglich der erwarteten Verkaufspreise in den nächsten drei Monaten. 10 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Mind the Gap: VPI vs. HVPI Im Verlauf des letzten Jahres hat sich die Differenz zwischen VPI- und HVP Inflationsrate aufgrund der unterschiedlichen Berechnungsweise nach und nach vergrößert (siehe auch die untere Tabelle). Im letzten Quartal 2022 lag die HVPI-Inflationsrate um mehr als einen vollen Prozentpunkt über der nach dem „alten" (2015er) Wägungsschema berechneten VPI-Inflationsrate. Im Vergleich zu der auf dem „neuen" (2020er) Wägungsschema ermittelten VPI-Inflationsrate betrug die Inflationsdifferenz in der Spitze sogar 2,5 Pp. (Durchschnitt zwischen September und November). Allerdings hat sich der Abstand mittlerweile wieder auf „nur noch" einen halben Prozentpunkt (Durchschnitt für Januar/Februar) ver ringert (siehe Abbildung). Grundsätzlich liegt die Differenz zwischen der nach den harmonisierten, europä ischen Regeln und der nationalen Vorgehensweise berechneten Inflationsrate weitestgehend in den unterschiedlich hohen Warenkorbgewichten für Energie und Nahrungsmittel begründet. In Anbetracht der Tatsache, dass der Berech nung des HVPI im Jahr 2022 ein deutlich größeres Warenkorbgewicht für Ener gie und Nahrungsmittel zugrunde lag (von ca. 12,1% bzw. 11,1% verglichen mit „lediglich" 7,4% bzw. 10,5% für den VPI nach der „neuen" 2020er Wägung), war der von der Energie und den Nahrungsmitteln ausgelöste Preisschock im HVPI viel deutlicher als im VPI zu sehen. Darüber hinaus kommt es aufgrund der unterschiedlich hohen Berücksichtigung der Wohnungsmieten zu weiteren Differenzen zwischen der HVPI- und VPI Inflationsrate. Während im VPI auch die sogenannten „unterstellten" Mieten (für selbst genutztes Wohneigentum) berücksichtigt werden, werden im HVPI „nur" die tatsächlich gezahlten Wohnungsmieten erfasst, sodass der Anteil der Woh nungsmieten im VPI insgesamt deutlich höher ist als im HVPI. Im Jahr 2023 ha ben sich die Gewichtungsunterschiede für Energie zwischen dem HVPI und dem VPI (im Vergleich zum Jahr 2022) in etwa halbiert, was dazu beigetragen hat, dass sich der Abstand zwischen diesen beiden Inflationsmaßen seit dem Jahreswechsel verringert hat. -1 0 1 2 3 21 22 23 HVPI vs. VPI (neu) HVPI vs. VPI (alt) Quellen: WEFA, Statistisches Bundesamt, Eurostat, Deutsche Bank Research HVPI- minus VPI-Inflationsrate 12 Prozentpunkte Tabelle : Vergleich zwischen den Wägungsschemata Gewichte (in Promille) VPI HVPI Differenz in Pp. 2020 2015 Differenz in Pp. Waren 496,64 546,41 -49,8 496,64 468,16 28,5 Dienstleistungen 503,36 453,59 49,8 503,36 531,84 -28,5 VPI ohne Energie und Nahrungsmittel 821,41 786,2 35,2 821,41 811,30 10,1 Waren (ohne Energie u. Nahrungsmittel) 318,05 332,61 -14,6 318,05 279,46 38,6 Nettokaltmieten 172,43 72,83 99,6 172,43 196,32 -23,9 Energie 73,90 97,04 -23,1 73,90 103,83 -29,9 Haushaltsenergie 43,44 55,03 -11,6 43,44 68,82 -25,4 Strom 24,50 29,63 -5,1 24,50 25,92 -1,4 Gas 11,28 13,65 -2,4 11,28 24,77 -13,5 Fernwärme 3,30 2,75 0,6 3,30 5,15 -1,9 Feste Brennstoffe 0,61 0,85 -0,2 0,61 1,44 -0,8 Heizöl 3,75 8,15 -4,4 3,75 11,54 -7,8 Kraftstoffe 30,46 42,01 -11,6 30,46 35,01 -4,6 Benzin 23,19 31,79 -8,6 23,19 25,66 -2,5 Dieselkraftstoff 6,92 9,68 -2,8 6,92 8,64 -1,7 Sonstige Kraftstoffe 0,35 0,54 -0,2 0,35 0,71 -0,4 Nahrungsmittel 104,69 116,76 -12,1 104,69 84,87 19,8 Quellen: Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research VPI (2020) vs. HVPI (2023) Gewichte Neue (2020) vs. alte (2015) VPI Gewichte 13 11 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Aktualisierte VPI-Inflationsprognosen: Wir erwarten nunmehr 6,1% für 2023 und 2,3% für 2024 In Anbetracht des neuen (2020er) Wägungsschemas im VPI haben wir unsere VPI-Inflationsprognosen moderat nach unten auf 6,1% im Jahr 2023 bzw. 2,3% im Jahr 2024 (beides Jahresdurchschnittswerte) revidiert (bisherige Prognose: 6,5% bzw. 2,5%). Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine technisch be dingte Anpassung und nicht um eine geänderte Einschätzung der Inflationsdy namik. Denn die Revision des VPI hat grundsätzlich nichts an unseren kurz- bis mittelfristigen Erwartungen für die Inflation geändert. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass die Gesamtinflationsrate im Laufe des Jahres 2023 dank aus geprägter Basiseffekte (bei den Energiepreisen) deutlich sinken dürfte. Im Ge gensatz zu den vorgenannten „disinflationären" Auswirkungen im Bereich der Energie dürfte allerdings die Kerninflation auf absehbare Zeit sehr hoch bleiben. Wir erwarten, dass diese im Durchschnitt des ersten Halbjahres 2023 bei 5 ½% liegen und erst in der zweiten Jahreshälfte allmählich zurückgehen dürfte. Unse rer Ansicht nach besteht aber nach wie vor ein Risiko, dass zu hohe Lohnab schlüsse - und damit Zweitrundeneffekte - die Kerninflation länger als erwartet bei 5% oder mehr halten. Sebastian Becker (+49 69 910-21548, sebastian-b.becker@db.com) -2 0 2 4 6 8 10 16 17 18 19 20 21 22 23 24 Insgesamt Kernrate % gg. Vj. Quellen: WEFA, Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research Aufgrund von Basiseffekten dürfte die VPI-Gesamtinflationsrate im Jahresverlauf 2023 deutlich fallen 14 12 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Arbeitsmarkt mit ruhigerer Gangart bis zum Frühjahr - Die zu erwartende technische Rezession im Winterhalbjahr 2022/23 geht auch am deutschen Arbeitsmarkt nicht ganz spurlos vorbei, trotz zunehmen der struktureller Engpässe. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit dürfte sich vorerst weiter verlangsamen. Der Beschäftigungsaufbau speist sich zu ei nem Löwenanteil aus zugewanderten Arbeitskräften. - Die Lohnrunde des Jahres 2023 gewinnt an Fahrt. Forderungen nach Inflati onsausgleich geben den Ton an. Insgesamt werden für rund 11 Mio. Be schäftigte neue Verträge verhandelt. In den aktuell laufenden Verhandlun gen im Öffentlichen Dienst zeichnet sich noch keine Einigung ab. Es dürfte vorerst zu weiteren Warnstreiks kommen. Arbeitsmarkt mit verhaltenem Jahresauftakt Der Arbeitsmarkt ist nach wie vor ein Stabilitätsanker für die deutsche Wirt schaft. Dennoch könnte sich dessen positive Dynamik zumindest bis in das Frühjahr hinein abschwächen. Zum einen kommen von der Konjunktur im aus laufenden Winterhalbjahr noch Gegenwinde. Zum anderen dürften auch struktu relle Faktoren sowohl den Beschäftigungsaufwuchs als auch den Abbau der Ar beitslosigkeit dämpfen. In den ersten beiden Monaten des laufenden Jahres ging die saisonbereinigte Arbeitslosenzahl um insgesamt 10.000 zurück. Im Vergleich zu den letzten fünf Jahren vor Ausbruch der Pandemie (2015 - 19: Jan. + Feb. durchschn. -23.000) war der Jahresauftakt 2023 aber eher verhalten. Auch für die nächsten Monate signalisieren vorlaufende Arbeitsmarktindikatoren (ifo, IAB, PMI-Komponenten) in ihrer Gesamtschau vorerst eine Fortsetzung der aktuellen Tendenz. Wird zu dem der Basiseffekt des Vorjahres berücksichtigt, dürfte die Arbeitslosenzahl in 2023 trotzt Konjunkturbelebung im Sommerhalbjahr bei durchschnittlich rund 2,48 Mio. liegen, nach knapp 2,42 Mio. in 2022. Die Arbeitslosenquote würde so von 5,3% auf 5,4% ansteigen. Im Jahr 2024 könnte sie dann wieder auf 5,2% zurückgehen. Sollte der Zustrom von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine erneut stark anwach sen, könnte die Arbeitslosenzahl durch deren Erfassung bei den Arbeitsagentu ren und Jobcentern zunächst sogar wieder deutlich zulegen. Das ist gegenwär tig aber nicht unser Basisszenario. Auch wenn der Bestand offener Stellen schon einige Monate in Folge abnimmt, sind Arbeitskräfte nach wie vor gesucht. Laut ifo-Befragung melden immer noch viele Unternehmen (Jan: 43,6%; Allzeithoch im Juli 2022: 49,7%) einen Mangel an Fachkräften. Aus struktureller Sicht dürfte ein kräftigerer Rückgang der Arbeitslosigkeit bzw. ein stärkerer Beschäftigungsaufbau auch zunehmend von der Diskrepanz zwi schen dem Anforderungsniveau zu besetzender Stellen und den Qualifikationen Arbeitsloser gebremst werden. Wie angespannt der deutsche Arbeitsmarkt ist, lässt sich mit der „Beveridge-Kurve" illustrieren. Die jüngsten Datenpunkte wei sen eine hohe Vakanzrate (offene Stellen in Relation zur Erwerbsbevölkerung) bei geringer Arbeitslosenquote aus. Es erscheint plausibel anzunehmen, dass in dieser Situation auch Probleme des „Job(mis)matching" eine wichtige Rolle spielen. 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 2021 22Q1 22Q2 22Q3 22Q4 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Beveridge-Kurve für Deutschland 3 Quellen: Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Bank Research Vakanzrate Arbeitslosenquote in % 4,5 5,0 5,5 6,0 6,5 7,0 400 450 500 550 600 650 700 750 800 850 900 16 17 18 19 20 21 22 23 Offene Stellen (links) Arbeitslosenquote (rechts) '000 % Deutscher Arbeitsmarkt weiter stabil, Jahresauftakt 2023 eher verhalten 1 Quelle: Bundesagentur für Arbeit -5 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 18 19 20 21 22 IAB-Arbeitsmarktbarometer (Komponente A: Arbeitslosigkeit) ifo-Beschäftigungsbarometer PMI Beschäftigungskomponente Standardisierte Werte Quellen: ifo, IAB, IHS Markit, Bundesagentur für Arbeit Arbeitsmarktfrühindikatoren 2 13 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung weiter im Aufwärtstrend Die Erwerbstätigkeit legte in saisonbereinigter Rechnung in Q4 nochmals um 1,1% gg. Vj. zu und kletterte im Januar auf einen neuen Höchstwert von 45,8 Millionen. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung entwickelte sich ebenfalls weiterhin gut und erreichte nach vorläufiger Schätzung im Dezember einen Rekordstand von 34,7 Mio. Personen (+446.000 gg. Vj.). Allerdings ließ die positive Dynamik des Stellenaufwuchses im Vorjahresvergleich zuletzt et was nach, auf 1,3% gg. Vj., verglichen mit noch gut 2% in Q1 2022. Der langanhaltende Aufwärtstrend in der sozialversicherungspflichtigen Be schäftigung wird schon seit geraumer Zeit durch die Zuwanderung von Arbeits kräften getragen. Im Dezember (akt. Datenstand) lag deren Anteil am Beschäfti gungswachstum im Vorjahresvergleich bei 95% (+424.000 gg. +14.000 Deut sche). Tarifverhandlungen für rund 11 Mio. Beschäftigte Angesichts der massiven Kaufkraftverluste geben vor allem die Forderungen der Arbeitnehmer nach kräftigem Inflationsausgleich in den laufenden Tarifver handlungen den Ton an. Zudem dürfte sich die Arbeitnehmerseite infolge der allgemeinen Knappheit an Arbeitskräften gestärkt sehen. So fordert die Gewerk schaft ver.di für den Öffentlichen Dienst von Bund und Gemeinden (2,8 Mio. Be schäftigte) eine Entgeltsteigerung von 10,5% (dritte Verhandlungsrunde am 27./29. März). Die Eisenbahnergewerkschaft EVG (180 Tsd.) fordert bei einer Laufzeit von 12 Monaten eine Tariflohnanhebung um 12%, mindestens aber ei nen Lohnzuwachs von EUR 650 pro Monat. Noch zeichnet sich in keinem dieser Tarifbereiche eine Einigung ab. Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, kommt es bereits zu Warnstreiks, u.a. an Flughäfen, Kliniken oder bei der Müllabfuhr sowie im ÖPNV. In den kommenden Wochen dürfte es zu weiteren Aktionen kommen. Hingegen konnten sich ver.di und die Deutsche Post jüngst auf einen Tarifver trag mit einer Laufzeit von 24 Monaten einigen, sodass ein längerer Streik abge wendet werden konnte. Für das laufende Jahr wurden eine kräftige steuer- und abgabenfreie Einmalzahlung von EUR 1.020 im April vereinbart, gefolgt von weiteren monatlichen Inflationsausgleichszahlungen in Höhe von EUR 180 bis zum März 2024. Im April des nächsten Jahres soll eine tabellenwirksame Anhe bung von EUR 340 pro Monat erfolgen. Sie wird sich dann aber auf das Jahr Tarifverhandlungen in ausgewählten* Branchen 5 Quelle: WSI-Tarifarchiv, Deutsche Bank Research -300 -200 -100 - 100 200 300 400 500 16 17 18 19 20 21 22 Nichtdeutsche Deutsche Entwicklung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung nach Staatsangehörigkeit 4 Quellen: Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Bank Research Veränderung gg. Vj. in Tsd. -14 -12 -10 -8 -6 -4 -2 0 2 4 6 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 10 12 14 92 96 00 04 08 12 16 20 Effektivöhne Lohndruck-Index (rechts) Entwicklung der Effektivlöhne und Lohndruck-Index 6 Quellen: Deutsche Bundesbank, Deutsche Bank Research % gg. Vj. Index Tarifbereich Kündigungstermin Beschäftigte Öffentlicher Dienst (Bund, Gemeinden) laufend 2.777.300 Deutsche Bahn AG laufend 119.200 Einzelhandel (Hessen) 31. Mrz. 2023 592.700 Kfz-Gew erbe 31. Mrz. 2023 409.500 Einzelhandel (NRW und w eitere Regionen) 30. Apr. 2023 1.583.900 Groß- und Außenhandel (NRW und w eitere Regionen) 30. Apr. 2023 1.175.300 Einzelhandel (Sachsen Anhalt, Thüringen, Sachsen) 31. Mai. 2023 212.200 Einzelhandel (Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg) 30. Jun. 2023 234.400 Öffentlicher Dienst (Länder o. Hessen) 30. Sep. 2023 938.800 Holz und Kunststoff verarbeitende Industrie (versch. Regionen) 30. Nov. 2023 178.900 *Verhandlungen für mehr als 100.000 tariflich gebundene Beschäftigte 14 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach 2022 beziehen, da der Effekt der Einmalzahlungen entfällt. Bezogen auf den Jahresdurchschnitt 2024 wird der jährliche Lohnanstieg mit rund 4% verhaltener ausfallen, als es auf den ersten Blick angesichts der EUR 340 pro Monat er scheinen mag. Das verdeutlicht insbesondere der Jahresvergleich der Anstiege der Aprilzahlungen im Jahr 2023 gegenüber 2024. Rückblickend konnten Gewerkschaften etwa 40% ihrer geforderten prozentua len Lohnanhebungen durchsetzen. Da in diesem und im kommenden Jahr noch steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämien möglich sind, könnten so die prozentualen Anhebungen gedämpft werden. Damit dürften die ohnehin zu erwartenden Zweitrundeneffekte etwas geringer ausfallen. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitergeberverbände hat zuletzt auf die an gespannte Kassenlage der Gemeinden verwiesen, bei denen die Personalkos ten etwa ¼ der Gesamtausgaben ausmachen dürften. Auf einen hohen Tarifab schluss dürften die Kommunen mit Leistungskürzungen bzw. Gebührenanhe bungen reagieren, was aus Inflationssicht ein typischer Zweitrundeneffekt wäre. Insgesamt werden im kommenden Jahr für knapp 11 Mio. Arbeitnehmer neue Tarifverträge ausgehandelt. Zu den größten Gruppen (knapp oder mehr als 1 Mio. Beschäftigte) zählen der schon genannte Öffentliche Dienst von Bund und Gemeinden, der Einzelhandel in den verschiedenen Regionen, wie auch der Groß- und Außenhandel und nicht zuletzt der Öffentliche Dienst der Länder (ohne Hessen). Letztlich dürften sich diese, aber auch die vielen kleineren Be reiche, wohl an den Tarifabschlüssen in der Metall- und Elektroindustrie und ins besondere dem der Deutschen Post orientieren. Die Ergebnisse könnten sich aus vergleichsweise moderaten prozentualen Lohnsteigerungen und kräftigen Einmalzahlungen in Form von steuer- und abgabenfreien „Inflationsausgleichs prämien" zusammensetzen. Nach diesem Muster dürften die Tariflöhne in Jahr 2023 um gut 4% zulegen. Dank der zu erwartenden Einmalzahlungen könnten die Effektivverdienste sogar um gut 5% ansteigen. Die aus den Tarifverhandlungen resultierenden Lohnerhöhungen dürften die Kerninflation auf einem aus Sicht der EZB unerwünschten Niveau halten. Nach einer Schätzung der Bundesbank könnte der sogenannte Pass-Through-Faktor für Deutschland bei etwa einem Drittel liegen. Damit würde eine Veränderung der Löhne um 1% die Verbraucherpreise um etwa 0,3% beeinflussen. Die Er gebnisse der Analyse zeigen jedoch auch, dass der vollständige Anpassungs prozess der Preise länger als ein Jahr dauern dürfte. Marc Schattenberg (+49 69 910-31875, marc.schattenberg@db.com) 0 1 2 3 4 5 6 7 2009 2011 2013 2015 2017 2019 2021 Gewerkschaftsforderungen (Mittelwert) Tarifverdienste insg. (Stundenbasis) Gewerkschaftsforderungen und Tariflohn entwicklung im zeitlichen Vergleich 7 % Quellen: WSI Tarifarchiv, Deutsche Bundesbank, Deutsche Bank Research 15 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Deutsche Industrie: Erneut leichter Rückgang im Jahr 2023 wahrscheinlich, aber Automobil- industrie erholt sich - Wir erwarten, dass die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe in Deutsch land im Jahr 2023 um 0,5% schrumpfen wird (2022: -0,4%). Unter der An nahme einer nur moderaten konjunkturellen Erholung in der EWU in den Jahren 2023 und 2024 und einer wahrscheinlichen Rezession in den USA im ersten Halbjahr 2024 könnte die Inlandsproduktion des deutschen Verar beitenden Gewerbes im nächsten Jahr um bescheidene 1% steigen. Das Produktionsniveau läge damit immer noch um 7% unter dem historischen Höchststand von 2018. - Auch für 2023 rechnen wir mit einem deutlichen Produktionsrückgang in den energieintensiven Industrien. In der chemischen Industrie ist erneut ein zweistelliger Rückgang zu erwarten (2022: -11,6%). Die Automobilindustrie könnte angesichts nachlassender Versorgungsprobleme bei Halbleitern und eines hohen Nachholbedarfs einen Anstieg der Inlandsproduktion um 10% verzeichnen. Bei den anderen Investitionsgüterherstellern sind wir etwas vorsichtiger: Die Produktion im Maschinenbau könnte 2023 um 1% steigen. Die Elektrotechnik könnte ein Plus von 3% erreichen (hoher Auftragsbe stand). - Die deutschen Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte sind im Jahres durchschnitt 2022 um mehr als ein Drittel expandiert. Dies ist der mit Ab stand höchste Anstieg seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1949. Seit Oktober 2022 sind die Erzeugerpreise im Vormonatsvergleich rückläufig. Angesichts niedrigerer Energiepreise und schwächerer Auftragseingänge könnte sich dieser Trend noch einige Monate fortsetzen. Im Durchschnitt könnten die Erzeugerpreise gegenüber dem Niveau von 2022 sogar leicht sinken. Energieintensive Industrien stark betroffen Die inländische Produktion des Verarbeitenden Gewerbes in Deutschland ist im Jahr 2022 um 0,4% gesunken. Dies war der dritte Rückgang in den letzten vier Jahren. Höhere Energiepreise und die eingeschränkte Verfügbarkeit von Gas und Strom haben vor allem in energieintensiven Branchen Spuren hinterlassen. Den stärksten Rückgang musste die chemische Industrie hinnehmen, die große Mengen an Gas sowohl als Energieträger als auch als Rohstoff einsetzt. Hier ging die Produktion im Jahr 2022 im Durchschnitt um fast 12% zurück. Im Be reich der Metallerzeugung schrumpfte die Produktion um 4,6%, in der Baustoff industrie um 1,9% und in der Papierindustrie um 5,6%. Investitionsgüterproduzenten profitieren von hohem Auftragsbe stand Im Gegensatz zu den energieintensiven Sektoren entwickelten sich die Investiti onsgüterproduzenten im Jahr 2022 besser, obwohl ihr Geschäft nach wie vor durch Engpässe bei der Versorgung mit Vorleistungsgütern beeinträchtigt wurde. Die Elektrotechnik verzeichnete einen Anstieg der Inlandsproduktion um 4,3%. Die Branche profitiert weiterhin von einer höheren Nachfrage aufgrund von strukturellen Trends wie der Digitalisierung und Investitionen in grüne Tech nologien. Zudem wirkte ein hoher Auftragsbestand unterstützend, der sich in den letzten Jahren aufgrund anhaltender Störungen in der Lieferkette aufgebaut hatte. Die Produktion im deutschen Maschinenbau stieg 2022 um bescheidene 60 70 80 90 100 110 120 17 18 19 20 21 22 23 Produktion Aufträge Verarbeitendes Gewerbe in DE, 2015=100 Quelle: Statistisches Bundesamt Produktion unter früheren Höchst ständen 1 60 70 80 90 100 110 120 17 18 19 20 21 22 23 Chemieindustrie Metallerzeugung Baustoffe Papierindustrie Produktion in ausgewählten Industriebranchen in DE, 2015=100 Quelle: Statistisches Bundesamt Spürbarer Produktionsrückgang in energieintensiven Sektoren 2 16 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach 0,6%. Auch diese Branche hat nach wie vor einen hohen Auftragsbestand. Al lerdings gingen die Auftragseingänge im Jahr 2022 aufgrund höherer Zinsen und wirtschaftlicher Unsicherheiten angesichts des Krieges in der Ukraine um 6% zurück. Die Automobilindustrie in Deutschland verzeichnete 2022 erstmals seit 2017 wieder einen Produktionsanstieg (+3,1%). Dennoch lag der Produktionsindex rd. 24% unter dem früheren Höchststand von 2017. Keine andere Branche hatte mehr Probleme mit Lieferengpässen (Halbleiter) als die Automobilindustrie. Der Sektor hat zu Beginn der COVID-19-Pandemie Aufträge storniert und war da nach nicht in der Lage, ausreichend Nachschub zu beschaffen, da die Produkti onskapazitäten in der Halbleiterindustrie voll ausgelastet waren (mehr Nach frage aus anderen Sektoren). Diese Engpässe und andere Unterbrechungen der Lieferkette im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine haben die Pro duktion in Deutschland in den letzten Jahren belastet. Da sich die Nachfrage nach Neufahrzeugen im Laufe der Zeit erholt hat, ist der Auftragsbestand in der deutschen Automobilindustrie bis zum dritten Quartal 2022 gestiegen. Die Pro bleme in der Lieferkette sind noch nicht gelöst. In der jüngsten ifo-Umfrage für Februar 2023 haben 74% aller Automobilhersteller noch immer Engpässe bei Vorleistungsgütern gemeldet. Diese Zahl liegt zwar unter früheren Spitzenwer ten, ist aber immer noch die höchste unter allen Industriezweigen. In struktureller Sicht hat der generelle Trend hin zur Elektromobilität an vielen Produktionsstandorten in Deutschland (auch bei den Zulieferern) Reorganisati onsmaßnahmen ausgelöst, die die verfügbaren Kapazitäten reduziert haben. Es hat sich zuletzt auch gezeigt, dass Automobilwerke in Deutschland im Segment der Volumenfahrzeuge Schwierigkeiten haben, sich im Wettbewerb mit konzern internen Standorten in anderen Ländern zu behaupten. Der Anstieg der Inlands produktion um 3,1% im Jahr 2022 hat den Abwärtstrend der letzten Jahre zwar gestoppt, und für 2023 ist eine weitere Erholung wahrscheinlich, wenn sich die Störungen in der Lieferkette weiter abschwächen. Die generellen strukturellen Probleme für den Automobilstandort Deutschland sind jedoch weiterhin akut. Dies gilt insbesondere für Autohersteller im Volumensegment und für die Zulie ferer, die in ihrem Portfolio einen starken Fokus auf Teile und Komponenten für Autos mit Verbrennungsmotor haben. Den höchsten Produktionszuwachs in Deutschland verzeichnete 2022 die Phar maindustrie (+5,1%). Sie ist der dynamischste Industriezweig in Deutschland, was die Inlandsproduktion betrifft. Im Jahr 2022 lag der Produktionsindex um 23% höher als 2015 (Verarbeitendes Gewerbe insgesamt: -3,3%). Viele Men schen in Deutschland litten im vergangenen Jahr an Atemwegserkrankungen, darunter auch COVID-19. Einige Medikamente waren wegen der hohen Nach frage sogar zeitweise nicht verfügbar. Die Branche profitiert auch von strukturel len Trends wie einer alternden Gesellschaft. Inländische Produktion könnte 2023 erneut leicht sinken - weitere divergierende Entwicklung erwartet Die Stimmungsindikatoren im deutschen Verarbeitenden Gewerbe haben sich in den letzten Monaten verbessert. Die ifo Geschäftserwartungen sind im Februar den vierten Monat in Folge gestiegen. Mit einem Wert von -10 liegen sie jedoch weiterhin im negativen Bereich. Der Index für die Knappheit an Vorleistungsgü tern ist im Februar 2023 abermals gesunken. Aber es sind nach wie vor fast 46% aller Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes von solchen Engpässen betroffen, wobei bei den Investitionsgüterproduzenten die Knappheiten beson ders gravierend sind. Der Wert von 46% liegt immer noch weit über dem Durch schnitt seit 1991 von 9%. 0 20 40 60 80 100 120 17 18 19 20 21 22 23 Automobilindustrie Maschinenbau Elektrotechnik Quelle: Statistisches Bundesamt Produktion in ausgewählten Industriebranchen in DE, 2015=100 Automobilindustrie erholt sich von lang anhaltender Krise 3 -60 -40 -20 0 20 40 60 17 18 19 20 21 22 23 Erwartungen Lage Verarbeitendes Gewerbe, Saldo aus positiven und negativen Firmenmeldungen Quelle: ifo Institut Geschäftserwartungen noch überwiegend pessimistisch 4 17 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Der Auftragsbestand im Verarbeitenden Gewerbe ist immer noch hoch, aber der Höhepunkt ist überschritten. Wir rechnen damit, dass der Auftragsbestand in den nächsten Monaten zurückgehen wird, da die Auftragseingänge in letzter Zeit deutlich nachgegeben haben. Im 4. Quartal 2022 lag der Auftragseingang im gesamten Verarbeitenden Gewerbe um 8% unter dem entsprechenden Vor jahresniveau. Angesichts des insgesamt schwachen wirtschaftlichen Umfelds in Europa und den USA, steigender Zinsen, hoher Energiepreise, eines recht star ken Euro und der Unsicherheit über die weitere Entwicklung des Krieges in der Ukraine sehen wir kurzfristig keine schnelle Erholung der Auftragseingänge. Die Unterbrechungen in der Lieferkette werden im Laufe des Jahres 2023 wahr scheinlich nicht ganz verschwinden, aber sie sollten sich zumindest weiter ab schwächen. Die hohen Auftragsbestände werden daher der Produktion einen gewissen Impuls verleihen. Der Fachkräftemangel bleibt in vielen Branchen ein Problem, während die Kurzarbeit in energieintensiven Industrien an Bedeutung gewinnen könnte. Positiv ist, dass China angesichts der Aussetzung der COVID-19-Maßnahmen und des hohen Nachholbedarfs wahrscheinlich ein hö heres Wirtschaftswachstum verzeichnen wird. Für das Verarbeitende Gewerbe in Deutschland erwarten wir 2023 einen Rück gang der Inlandsproduktion um 0,5%. Unter der Annahme einer nur moderaten konjunkturellen Erholung in der EWU in den Jahren 2023 und 2024 und einer wahrscheinlichen Rezession in den USA im ersten Halbjahr 2024 könnte die In landsproduktion des deutschen Verarbeitenden Gewerbes im nächsten Jahr um bescheidene 1% steigen. Das Produktionsniveau läge damit immer noch um 7% unter dem historischen Höchststand von 2018. Keine Erholung für energieintensive Industrien Die Energiekrise hat sich in den letzten Monaten entspannt. Wir erwarten keine physische Knappheit bei der Gasversorgung. In unserem Basisszenario dürfte der Füllstand der Gasspeicher im Spätwinter 2022/23 nicht unter 60% und im Spätwinter 2023/24 auf etwa 70% fallen. Selbst wenn die Gasnachfrage auf das durchschnittliche Niveau der letzten Jahre zurückkehren sollte, dürften die Gas speicher im Spätwinter 2023/24 noch zu etwa 30% gefüllt sein. Auch die Gas preise sind deutlich gesunken. Die TTF-Gaspreise in Europa (1-Monats-For ward) liegen derzeit deutlich unter EUR 50 pro MWh und damit weit unter den im August 2022 erreichten Spitzenwerten von EUR 300. Allerdings sind die ak tuellen Preise immer noch dreimal so hoch wie im Jahresdurchschnitt 2019 und fünfmal so hoch wie in den USA (TTF gegenüber Henry Hub). Der Gaspreisun terschied zu den USA wird bestehen bleiben und zu „Investment Leakage" in energieintensiven Industrien führen, die Gas als Ressource für industrielle Pro zesse benötigen. Wir erwarten, dass ein gewisser Rückgang der industriellen Gasnachfrage dauerhaft sein wird (Schließung von Anlagen, allgemeine Effi zienzsteigerungen, Wechsel der Energieträger). Große energieintensive Pro duktionsanlagen laufen in der Regel rund um die Uhr und können nicht in Ab hängigkeit von den aktuellen Gaspreisen oder der Verfügbarkeit von Energie hoch- oder heruntergefahren werden. Angesichts der Ungewissheit über die Gaspreise dürften die betreffenden Unternehmen mit ihren Produktions- und In vestitionsplänen für 2023 zurückhaltend bleiben. Risiken bestehen nicht nur bei den Energiepreisen, sondern auch bei der Si cherheit der Energieversorgung. Deutschland strebt den Ausstieg aus der Koh leverstromung (idealerweise) bis 2030 an. Der Ausbau der erneuerbaren Ener gien liegt aktuell jedoch hinter den politischen Zielen zurück. Zudem besteht die Notwendigkeit, neue Gaskraftwerke, die auch mit Wasserstoff betrieben werden können, als Back-up für Zeiten zu bauen, in denen die wetterabhängigen Erneu erbaren nur unzureichend Strom liefern. Sie sind auch notwendig, um die gesi cherte installierte Erzeugungskapazität auf Basis von Kohle und Kernenergie zu 0 10 20 30 40 50 60 70 80 91 94 97 00 03 06 09 12 15 18 21 Quelle: ifo Index* für Knappheit von Vorprodukten im Verarb. Gewerbe, DE, Anteil der Nennungen, % * Quartalswerte. Q1 2023 = Durchschnitt Jan. und Feb. Störungen der Lieferkette lassen nach 5 50 100 150 200 250 15 16 17 18 19 20 21 22 23 Automobilindustrie Maschinenbau Elektrische Ausrüstungen DV-Geräte, elektr. u. opt. Erzeugnisse Chemieindustrie Verarbeitendes Gewerbe Auftragsbestand nach Sektor in Deutschland, 2015=100 Quelle: Statistisches Bundesamt Auftragsbestand bei Investitionsgüter herstellern noch immer hoch 6 0 50 100 150 200 250 300 350 400 19 20 21 22 23 TTF, EUR/MWh Henry Hub, USD/MWh JKM, USD/MWh Gaspreise in Europa deutlich über dem US-Niveau 7 Gaspreis in Europa (TTF), den USA (Henry Hub) und Japan/Korea (JKM) Quellen: Bloomberg Finance LP, NYMEX 18 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach ersetzen (die 2022 in Deutschland 40 GW installierte Leistung oder etwa 50% der Spitzenlast ausmachte). Ausreichende neue Gaskraftwerksprojekte sind nicht in Sicht. Die Bundesnetzagentur rechnet derzeit nur mit einer zusätzlichen gesicherten Stromerzeugungskapazität von 3,3 GW bis 2025. Gleichzeitig wird erwartet, dass die Stromnachfrage bis 2030 um 20% gegenüber 2022 steigen wird (mehr elektrische Wärmepumpen, E-Mobilität, Elektrifizierung von Indus trieprozessen, Digitalisierung etc.) Diese potenzielle Lücke könnte bei Investiti onsentscheidungen von energieintensiven Unternehmen eine Rolle spielen. Für 2023 erwarten wir erneut einen deutlichen Rückgang der Produktion in energieintensiven Industrien. Für die chemische Industrie zeichnet sich ein wei terer zweistelliger Rückgang der Inlandsproduktion ab. Ein massiver statisti scher Unterhang Ende 2022 trägt dazu bei. Für die Metallerzeugung (Prognose 2023: -2%), die Baustoffindustrie (-4%) und die Papierindustrie (-6%) sind eben falls Produktionsverluste zu erwarten. Deutlicher Produktionsanstieg in der Automobilindustrie - Elektro technik und Maschinenbau weniger dynamisch Bei nachlassenden Versorgungsproblemen mit Halbleitern und hohem Nachhol bedarf könnte die Automobilindustrie in Deutschland einen Anstieg der Inlands produktion um 10% verzeichnen. Dabei ist das absolut niedrige Produktionsni veau zu bedenken. Dies wird deutlich, wenn man die stückzahlmäßige Pkw-Pro duktion betrachtet, die 2022 bei 3,5 Mio. lag, gegenüber 5,9 Mio. im Jahr 2011, dem Allzeithoch. Bei den anderen Investitionsgüterherstellern sind wir etwas vorsichtiger. Die Produktion im Maschinenbau könnte 2023 um 1% steigen. Die Elektrotechnik könnte einen Anstieg von 3% erreichen (hoher Auftragsbestand)). Wir erwarten, dass die Pharmaindustrie auch im nächsten Jahr die Inlandsproduktion in Deutschland erhöhen wird. Erzeugerpreise werden nach historischem Höchststand voraus sichtlich sinken Die deutschen Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte sind im Jahr 2023 im Durchschnitt um mehr als ein Drittel expandiert. Dies ist der mit Abstand höchste Anstieg seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1949. Der massive Zuwachs der Erzeugerpreise zeigt, dass die Unternehmen die höheren Kosten in vielen Fällen an ihre Kunden weitergeben konnten. Einige Unternehmen konnten ihre durchschnittlichen Gewinne steigern, indem sie sich auf Produkte mit hohen Ge winnspannen konzentriert haben (z.B. die Automobilhersteller). Die Erzeuger preise sind jedoch seit Oktober 2022 im Vormonatsvergleich gesunken. Ange sichts niedrigerer Energiepreise und eines schwächeren Auftragseingangs könnte sich dieser Trend im Laufe des Jahres 2023 fortsetzen. Im Durchschnitt könnten die Erzeugerpreise sogar leicht gegenüber dem Niveau von 2022 sin ken. Dies ist nicht unbedingt eine negative Nachricht für die Gewinne der Unterneh men. Die jüngsten PMI-Daten für die Einkaufs- und Verkaufspreise im Verarbei tenden Gewerbe haben gezeigt, dass die Einkaufspreise stärker und schneller gesunken sind als die Verkaufspreise (sinkende Energiepreise als ein Grund). Eine aktuelle ifo-Studie zeigt jedoch, dass sich der Anteil des Betriebsüber schusses an der Bruttowertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe in den letz ten Quartalen nicht wesentlich verändert hat. Eric Heymann (+49 69 910-31730, eric.heymann@db.com) -20 -10 0 10 20 30 40 50 05 07 09 11 13 15 17 19 21 23 Quelle: Statistisches Bundesamt Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte in Deutschland, % gg. Vj. Wachstum der Erzeugerpreise lässt nach 8 20 40 60 80 100 17 18 19 20 21 22 23 Einkaufspreise Verkaufspreise Quelle: IHS Markit Einkaufspreise geben schneller nach als Verkaufspreise 9 PMI Verarbeitendes Gewerbe, Deutschland 19 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Quo vadis Hauspreise: Massive Korrektur oder Preisdelle? Basis-Szenario: Preisdelle - Der Boom ist zu Ende. Haus- und Wohnungspreise fallen als Folge des Zinsschocks. - Die Bauindustrie, Häuslebauer und Investoren kämpfen an vielen Fronten. Die Unsicherheit über die künftige Marktentwicklung ist groß. - Aufgrund der zum Teil gegenläufigen Effekte ist der Preisfindungsprozess zwischen potenziellen Käufern und Verkäufern schwierig. Das Transaktions volumen ist niedrig. - Hohe Refinanzierungskosten deuten auf weitere Preisrückgänge hin. Aber hohes Mietenwachstum, ein großer Angebotsengpass und ein Inflations schutz sind wichtige Argumente, die die Preisrückgänge begrenzen sollten. - Käufer kalkulieren heute regelmäßig Sanierungskosten ein. Dies dürfte zu der Preisdivergenz zwischen neuen und älteren Häusern beigetragen ha ben. Zinsschock legt kräftige Preisrückgänge nahe Die Hauspreise in Deutschland fallen seit dem Frühjahr 2022. Jedoch ist die Marktlage sehr unklar. Einige Indizes fielen um mehr als 10%. Laut Europace gingen die Wohnungspreise gegenüber dem Hochpunkt im März 2022 um 15% zurück. Die vdp Indizes zeigen aber nur einen marginalen Preisrückgang um rund 1,5% ggü. dem Vorquartal in Q4, der erste Rückgang seit dem Jahr 2010. Die Zahl der Transaktionen ist sehr gering. Daher dürfte der Anteil der Notver käufe, zum Beispiel durch Jobwechsel oder durch das Umziehen in betreutes Wohnen, ungewöhnlich groß sein. Die Verhandlungen zwischen potenziellen Käufern und Verkäufern sind oft zäh. Die Verkäufer veräußern ein knappes Gut und erwarten einen hohen Preis. Die Käufer müssen aber die hohen Refinanzie rungskosten stemmen und wollen deutliche Preisabschläge durchsetzen. Um auch zu Beginn einer Investition einen positiven Cash-Flow zu generieren, müssten die Preise oftmals um 20% bis 25% relativ zum Hochpunkt fallen. Soll ten die Zinsen weiter anziehen, ergeben sich noch größere Preisabschläge. Diese Überlegung ist aus unserer Sicht richtig, aber nicht vollständig. Fundamentale Lage: Hohe Nachfrage und geringes Angebot Die fundamentale Angebotsknappheit ist groß, insbesondere in den Metropolen und Metropolregionen. Die Einwohnerzahl wächst aufgrund der Flüchtlingsbe wegungen aus der Ukraine, Syrien und Afghanistan sowie der Migration vom Westbalkan und in der EU. Zudem haben wir mehrmals auf die kräftige Zu nahme des Zuzugs aus Indien hingewiesen. Bis zum Ende der Dekade dürfte Indien das Hauptherkunftsland werden. Des Weiteren ist die Binnenwanderung bedeutend. Wirtschaftlich schwache Regionen dürften künftig tendenziell noch mehr Herausforderungen bewältigen müssen. Der Wegzug aus diesen Regio nen erhöht die Wohnungsnachfrage in den Ballungsgebieten, in denen das An gebot schon vor dem Zinsschock niedrig war. Nun wurden viele Entwicklungen verschoben oder gleich ganz aufgegeben. Bleiben die Zinsen hoch, wird das Angebot über Jahre gedämpft bleiben. Da viele Arbeitnehmer am Bau in Rente gehen, verschärft sich der Arbeits- und Fachkräftemangel in den kommenden Jahren. Automatisierung, serieller und modularer Bau stecken in den Kinder 100 110 120 130 20 21 22 23 Europace vdp Wohnimmobilienpreisindizes 1 2020 Q1 = 100 Quellen: Deutsche Bank Research, Hypoport, vdp 0 100 200 300 400 500 600 Jan 22 Apr 22 Jul 22 Okt 22 Quellen: Deutsche Bank Research, Statistisches Bundesamt 2022: Nettozuwanderung 2 in '000 pro Monat 20 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach schuhen. Ein Fortbestehen der Knappheiten am Wohnungsmarkt ist wahr scheinlich. Dies ist ein wesentlicher Grund, weshalb wir nur eine Preisdelle er warten. Knappes Angebot und hohe Inflation treibt Mieten nach oben Hierfür spricht auch das höhere Mietwachstum. Laut vdp sind die Neuvertrags mieten im vierten Quartal um 6,5% gegenüber Vorjahr gestiegen, ein neues All zeithoch. Bestandsmieten steigen ebenfalls. Die Mietinflation erhöhte sich im Januar 2023 um 2,0% ggü. Vorjahr, der höchste Wert seit dem Jahr 1997. Der Anteil der Indexmieten ist gering, aber institutionelle und professionelle Investo ren haben sie wohl regelmäßig eingeführt. Auch Ausweichbewegungen könnten die Mieten erhöhen. Laut Medienberichten erhöht sich der Anteil der möblierten Mietwohnungen und der Anteil der Kurzvermietungen. Beide Teilmärkte sind weniger reguliert als die Standardmietverträge. Hierdurch sind deutlich höhere Mieten durchsetzbar. Generell gewinnen solche Ausweichbewegungen ange sichts der Angebotsknappheit an Attraktivität. Quo vadis Hauspreise? Preisdelle bleibt das Basis-Szenario Ein kräftigeres Mietwachstum und die Angebotsknappheit sind unserer Ansicht nach die Basis für eine temporäre Preisdelle. Dieses Szenario erfordert aber das Ende weiterer Zinsanstiege im Laufe des Jahres 2023. Wir prognostizieren nur noch eine Seitwärtsbewegung der 10-jährigen Bundrenditen für den Rest des Jahres 2023. Sollten die Zinsen jedoch weiter zulegen, dann dürften alle Vermögenspreise weiter fallen. Dies erhöht auch die potenziellen Rezessionsri siken, was wiederum die Zinsanstiege limitieren sollte. Neben den genannten Gründen könnte auch eine hohe Inflation die Hauspreise steigen lassen. Histo risch erhöhen sich in Phasen hoher Inflation die Hauspreise schneller als die Konsumentenpreise. Folglich könnten Käufer, die eine strukturell hohe Inflation unterstellen, am Anfang einer Investitionsperiode auch einen negativen Cash Flow akzeptieren. Dies war bereits vor den Boom-Jahren nicht unüblich. Die ak tuelle Marktphase kann man daher als Normalisierung des Wohnungsmarktes in unnormalen Zeiten bezeichnen. Klimapolitik führt zu einer substanziellen Preisdifferenzierung Die CO 2 -Emissionen im deutschen Gebäudesektor sind zu hoch. Entsprechend ambitioniert sind die Klimaziele für das Jahr 2030 und 2045. Über die letzten neun Jahre sanken die Emissionen um 9%, während wir bis zum Jahr 2030 eine weitere Reduktion um mehr als 40% anstreben. Im Jahr 2045 wollen wir klima neutral sein. Die Regierung steuert gegen und wird mehr Austausch- und Sanie rungspflichten für Eigentümer und Investoren einführen. Dies trifft insbesondere auf Gebäude mit sehr hohen CO 2 -Emissionen zu. Aufgrund der wachsenden Einwohnerzahl und der Angebotsknappheit halten wir es für sehr unwahrschein lich, dass die Regierung Wohngebäude regulatorisch vom Markt nimmt. Stran ded assets dürfte es im Wohnungsmarkt folglich keine geben. Die Austausch- und Sanierungspflichten reduzieren aber wohl bereits heute die Marktpreise. Laut Europace sind die Hauspreise für neue Objekte seit dem März 2022 leicht gestiegen, für Bestandshäuser dagegen um rund 12%. Diese Preisdifferenzie rung wird wohl dauerhaft bestehen. Preise für neue Häuser mögen deshalb wo möglich gar nicht fallen, während Preise für bestehende Häuser womöglich ih ren Boden finden, sobald Sanierungskosten eingepreist sind. Jochen Möbert (+49 69 910-31727, jochen.moebert@db.com) 0 2 4 6 8 03 05 07 09 11 13 15 17 19 21 23 Neuvertragsmieten (vdp) Bestandsmieten (VPI) 2003-2022: Mieten 3 % gg. Vj. Quellen: Deutsche Bank Research, Statistisches Bundesamt 0 20 40 60 80 100 120 140 160 2 0 1 0 2 0 1 5 2 0 2 0 2 0 2 5 2 0 3 0 2 0 3 5 2 0 4 0 2 0 4 5 2010-2045 Treibhausgasemissionen: Ist und Ziele im Gebäudesektor 4 in Mio. t CO ₂ -äquivalent Quelle: Umweltbundesamt 21 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Unternehmenskredite: Jetzt folgt der Kater - Die Kreditvergabe an Unternehmen und Selbständige hat sich in Q4 etwas abgekühlt, blieb aber in H2 mit Neukrediten von netto EUR 42 Mrd. (ohne Notkredite an Energiefirmen) insgesamt stark. - Die Kreditnachfrage ist mittlerweile rückläufig, was auf die nachlassende Energieunsicherheit und Rezessionsängste in den letzten Wochen sowie die weiter kräftig steigenden Zinsen zurückzuführen ist. Ebenso haben die Banken ihre Kreditstandards moderat verschärft. Dies deutet für 2023 auf eine deutliche Abschwächung der Kreditdynamik hin. - Das Auseinanderlaufen der Einlagenzinsen führt zu einer Umschichtung von Sicht- in Termineinlagen. Trotz einer gewissen Abschwächung im vierten Quartal nahmen die deutschen Unternehmen im zweiten Halbjahr 2022 weiterhin in hohem Tempo Kredite auf. Selbst wenn man die Notkredite an Energiefirmen ausklammert, beliefen sich die Neukredite netto auf beachtliche EUR 42 Mrd., was auf den Bedarf an kurz fristigen Mitteln zur Finanzierung des laufenden Betriebs („Working Capital") und die Unsicherheit angesichts des Ukraine-Kriegs und einer drohenden Rezession zurückzuführen ist. Die Unternehmen haben große Liquiditätspuffer aufgebaut. Hinzu kamen Hilfskredite in Höhe von EUR 13 Mrd., worin bereits eine Teilrück zahlung in Q4 enthalten ist - als die Regierung einen großen Gasimporteur ver staatlichte, brachte sie frisches Eigenkapital ein, was es ermöglichte, die von den Banken zuvor gewährten kurzfristigen Kredite zu reduzieren. Insgesamt ist der Bestand an Unternehmenskrediten 8,2% höher als vor einem Jahr (7,3% ohne die Notkredite an den Energiesektor). Dies ist deutlich mehr als im Euro gebiet insgesamt (5,5%) und spiegelt wahrscheinlich die stärkeren Auswirkun gen der Energiekrise auf die deutsche Wirtschaft wider, aber auch die zugrunde liegende Wachstumsdynamik, die in manchen Branchen nach einem mehrjähri gen Boom immer noch vorhanden ist, z.B. bei Wohnungsunternehmen, am Bau sowie bei den unternehmensnahen Dienstleistungen. Kurz- und mittelfristige Kredite mit Laufzeiten von bis zu 5 Jahren waren die Haupttreiber (+18% bzw. +17% ggü. Vj.). Aber auch die fundamentale Dynamik blieb robust, denn die langfristigen Kredite stiegen um 5,3%. Wachstum gab es in einem breiten Spektrum von Branchen: Notfallkredite an Energieunternehmen wurden in drei verschiedenen Bereichen verbucht (Verkehr: +16½% ggü. Vj., Handel: +14% und Versorger/Bergbau: +7½%, nach der teilweisen Rückzah lung), aber auch die Kredite an die Chemie (+31%) und Maschinenbau/Auto (+15%) legten enorm zu. Im Dienstleistungssektor war die Kreditvergabe an Be teiligungsgesellschaften (+17%), Wohnungsunternehmen (+8%) und Tele kom/Beratung/Werbung, d.h. die unternehmensnahen Dienstleistungen (+7%), besonders stark. Das Kreditplus am Bau (+11%) war höchstwahrscheinlich auf die kräftige Inflation zurückzuführen. Unter den verschiedenen Bankengruppen ragten die staatlichen Förderbanken und die Auslandsbanken heraus (ausstehendes Kreditvolumen +28% bzw. +21%), wobei Erstere von den Hilfskrediten „profitierten". Beide hatten jedoch im Vorjahr Marktanteile verloren. Alle anderen großen Bankengruppen - Genos senschaftsbanken (+7,6%), Sparkassen (+5,8%), Großbanken (+5,4%) und Landesbanken (+4,1%) - blieben weit zurück. Der sprunghafte Anstieg der Zinsen für Bankkredite ist beispiellos (ebenso wie das extrem niedrige Ausgangsniveau), steht aber gleichzeitig in vollem Einklang mit dem Anstieg der Leitzinsen. Über alle Kreditgrößen und Zinsbindungsfristen hinweg war das Zinsniveau bis Dezember um 2-2,5 %-Punkte gegenüber Vor jahr in die Höhe geklettert. Die EZB hatte ihre Leitzinsen bis zur Sitzung Mitte Dezember um 2 %-Punkte angehoben, bevor sie sie erneut um 0,5 %-Punkte -2 0 2 4 6 8 10 12 17 18 19 20 21 22 ggü. Vorjahr ggü. Vorquartal Kredite an inländische Unternehmen und Selbstständige* 1 % * ohne sonstige Finanzinstitute Quellen: Deutsche Bundesbank, Deutsche Bank Research -15 -10 -5 0 5 10 15 17 18 19 20 21 22 Verarbeitendes Gewerbe Dienstleistungssektor Selbstständige ... nach Branche 2 % gg. Vj. Quellen: Deutsche Bundesbank, Deutsche Bank Research -20 -10 0 10 20 30 40 17 18 19 20 21 22 Kurzfristige Kredite Mittelfristige Kredite Langfristige Kredite ... nach Fristigkeit* 3 * ohne sonstige Finanzinstitute Quellen: Deutsche Bundesbank, Deutsche Bank Research % gg. Vj. -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 30 17 18 19 20 21 22 Kreditbanken darunter Großbanken darunter Auslandsbanken Landesbanken Sparkassen Kreditgenossenschaften ... nach Bankengruppe* 4 * ohne sonstige Finanzinstitute % gg. Vj. Quellen: Deutsche Bundesbank, Deutsche Bank Research 22 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach erhöhte. Die Zinssätze der Banken für neue Kleinkredite (EUR < 1 Mio.) sowie für Kredite an Personengesellschaften und Selbstständige liegen nun bei über 4% - zum ersten Mal seit 2011. Die einzige Ausnahme von diesem Trend findet sich auf der Einlagenseite: Die Sichteinlagenzinsen sind kaum gestiegen, nur um wenige Basispunkte auf 0,1%, während die Termingeldzinsen im Verlauf von 2022 von -0,5% auf +1,7% nach oben geschnellt sind. Das hat einen Sub stitutionseffekt, der ein Jahrzehnt anhielt, beendet. In H2 wuchsen die Sichtein lagen nicht mehr auf Kosten der Termineinlagen. Erstere sanken um EUR 15 Mrd., während Letztere aufgrund ihrer gestiegenen Attraktivität massiv um EUR 67 Mrd. zunahmen und damit im Großen und Ganzen die kombinierten Verluste der Jahre 2019-21 ausglichen. Das auffällige Auseinanderlaufen der verschie denen Einlagenzinsen dürfte jedoch im Wesentlichen ein vorübergehendes Phänomen sein und nicht mehr lange anhalten. Die Zinsen sind seither weiter gestiegen und dürften dies auch noch einige Mo nate lang tun. Das hat bereits begonnen, die Kreditnachfrage zu dämpfen, und dürfte noch stärker zu einem Hemmschuh werden. Im Bank lending survey für das vierte Quartal meldeten netto 32% der deutschen Banken einen Rückgang der Kreditnachfrage von Unternehmen im Vergleich zum Vorquartal. Die Haupt gründe dafür waren eine geringere Investitionsneigung - und das erheblich hö here Zinsniveau. Für Q1 rechnet ein ähnlicher Anteil der Banken (26%) mit ei nem weiteren Rückgang, nicht zuletzt weil sich die Lage bei vielen der bisheri gen Treiber in den letzten Wochen entspannt hat: der Energieunsicherheit, Infla tion und Sorge vor einer Rezession. Außerdem haben die Banken ihre Kredit standards moderat verschärft. Dementsprechend dürfte sich das Wachstum der Unternehmenskredite im Jahr 2023 insgesamt deutlich verlangsamen. Der his torische Kreditboom in Deutschland steht vor dem Ende. Siehe auch: Kreditvergabe: Jetzt folgt der Kater - Konjunktur kommt mit blauem Auge davon Jan Schildbach (+49 69 910-31717, jan.schildbach@db.com) 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 5,0 17 18 19 20 21 22 23 Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften, ≤ EUR 1 Mio. Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften, > EUR 1 Mio. Kredite an Selbstständige und Personengesellschaften % Ø-Zins im Kredit-Neugeschäft, nach Kredithöhe 5 Quelle: EZB 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5 17 18 19 20 21 22 23 Kredite mit Zinsbindung ≤ 1 Jahr Kredite mit Zinsbindung von 1-5 Jahren Kredite mit Zinsbindung > 5 Jahre ... nach Zinsbindungsfrist 6 %, Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften Quelle: EZB 23 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Wirtschaftspolitischer Ausblick 2023 - vom Kri senmanagement zu grundlegenderen Reformen - Zusammenhalt der Dreierkoalition: Weniger (fiskalischer) Spielraum für Kompromisse. Der Übergang vom Ad-hoc-Krisenmanagement zu grundle genderen Reformen bringt einige koalitionsinterne Konfliktlinien wieder zum Vorschein, da jeder Koalitionspartner bestrebt ist, seine Kernprojekte im zweiten Jahr der vierjährigen Legislaturperiode voranzutreiben. Insgesamt sollten die aktuellen Meinungsverschiedenheiten bei der Analyse der Koaliti onsstabilität nicht zu sehr ins Gewicht fallen. Da die Haushaltszwänge nach der Wiedereinhaltung der Schuldenbremse in diesem Jahr jedoch größer sind, gibt es weniger (fiskalischen) Spielraum für Kompromisse. - Wirtschaftspolitischer Ausblick 2023: Fokus auf industrielle Wettbewerbsfä higkeit und Energiewende. Im Jahr 2023 verlagert sich der Politikschwer punkt von der Sicherung der Energieversorgung und der Abfederung der Auswirkungen der Energiekrise auf die Verbesserung der industriellen Wett bewerbsfähigkeit, die Beschleunigung der Energiewende, die Verbesserung der Verteidigungsfähigkeit und die gleichzeitige Sicherung der sozialen Sta bilität. Sowohl Wirtschaftsminister Habeck als auch Finanzminister Lindner dürften in Kürze Vorschläge für eine grüne Industriepolitik (z.B. Investitions- und Betriebskostenzuschüsse) und eine Unternehmensteuerreform vorle gen. - Landtagswahlen: Wird die FDP ihr marktliberales Profil weiter schärfen? Für die FDP war die Berliner Abgeordnetenhaus-Wahl im Februar die fünfte Landtagswahlniederlage in Folge seit dem Amtsantritt der Ampelkoalition im Dezember 2021. Dies könnte den Zusammenhalt der Koalition auf Bundes ebene auf die Probe stellen. Die FDP dürfte ihr marktliberales Profil ange sichts der weiteren drei bevorstehenden Landtagswahlen noch mehr schär fen. Dies könnte auch Auswirkungen auf die laufenden Diskussionen auf EU-Ebene über die Reform der EU-Fiskalregeln auf dem EU-Gipfel am 23./24. März und die Einrichtung eines EU-Souveränitätsfonds als Teil der Halbzeitüberprüfung des langfristigen EU-Budgets im Sommer haben (hier bei hat Finanzminister Lindner eine neue gemeinsame EU-Schulden aufnahme ausgeschlossen). Koalitionszusammenhalt: Von Kompromiss zu Konflikt? Alle drei Regierungsparteien haben in den vergangenen zwölf Monaten ein ho hes Maß an Pragmatismus in der Krisenbewältigung und Flexibilität hinsichtlich ihrer Kernpositionen bewiesen (die Grünen in Bezug auf das Wiederhochfahren von Kohlekraftwerken, die FDP in Bezug auf das EUR 200 Mrd. Sondervermö gen und die SPD in Bezug auf die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine). Aber was steht für das Jahr 2023 auf der Agenda? Der Wechsel vom Ad-hoc Krisenmanagement zu grundlegenderen Reformen bringt einige koalitionsin terne Konfliktlinien wieder zum Vorschein, da jeder Koalitionspartner bestrebt ist, seine Kernprojekte im zweiten Jahr der vierjährigen Legislaturperiode voran zutreiben. Die Drei-Parteien-Koalition macht derzeit Schlagzeilen mit einer Reihe von koalitionsinternen Meinungsverschiedenheiten, die vom Haushalt 2024 (Liberale vs. Grüne) über die Nationale Sicherheitsstrategie (SPD vs. Grüne) bis hin zur Modernisierung von Schienennetz und Autobahnen (Grüne vs. Liberale) und das neue Gebäudeenergiegesetz (Grüne vs. Liberale) reichen. Insgesamt sollten die aktuellen Meinungsverschiedenheiten bei der Analyse der Koalitionsstabilität nicht zu stark gewichtet werden. Da die Haushaltszwänge nach der Wiedereinhaltung der Schuldenbremse in diesem Jahr jedoch größer sind, gibt es weniger (fiskalischen) Spielraum für Kompromisse. Die jüngsten 24 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Diskussionen auf der Klausurtagung auf Schloss Meseberg am vergangenen Wochenende scheinen darauf hinzudeuten, dass es nicht einfach sein wird, sich bei allen offenen Fragen schnell zu einigen. Es könnte mindestens bis zum nächsten Koalitionsausschuss Ende März dauern, bis (einige) greifbare Ergeb nisse präsentiert werden können. Haushalt 2024: Nicht genug Spielraum für die Finanzierung aller Prioritäten. Das Verfahren zur Aufstellung des Bundeshaushalts 2024 befindet in der ersten Phase des jährlichen Zyklus (siehe Abbildung 1). Am 9. März wurde bekannt, dass Finanzminister Lindner die für den 15. März geplante Vorstellung der Eck werte für den Bundeshaushalt 2024 im Kabinett verschieben wird (SZ, 9. März). Im Vorfeld dieser Diskussion geäußerte „Wunschlisten" der verschiedenen Mini sterien scheinen das Gesamtziel des bisherigen mehrjährigen Haushaltsplans um 70 Mrd. EUR zu überschreiten (u.a. EUR 10 Mrd. für Verteidigung, EUR 10 Mrd. für die Modernisierung des Schienennetzes, EUR 12 Mrd. für die Kinder grundsicherung ab 2025 usw. 5 ). Auf der Einnahmenseite schließt die FDP Steu ererhöhungen (eine ihrer Kernpositionen) oder eine Umwidmung des Wirt schaftsstabilisierungsfonds (WSF, der zur Finanzierung des EUR 200 Mrd. schweren „Doppel-Wumms" eingerichtet wurde) aus, sodass der Schwerpunkt u.a. auf dem Abbau bestehender klimaschädlicher Subventionen (nach Anga ben des Umweltbundesamtes bis zu EUR 65 Mrd.) liegen könnte. Insgesamt er warten wir für den Bund in diesem Jahr ein Defizit von 2,6% des BIP - es wird also eine intensive Debatte über die Priorisierung von Ausgabenposten geben. Einfache Kompromisse in dem Sinne, dass für jeden Euro, der für die Verteidi gung ausgegeben wird, auch ein Euro für sozialpolitische Vorhaben ausgege ben wird, sind nicht möglich. Keine andere gangbare Koalitionsoption für die FDP. Im zweiten Jahr der vier jährigen Legislaturperiode sind die Wählerinnen und Wähler von SPD und Grü nen mit dem Handeln der aktuellen Regierung überwiegend zufrieden (siehe Grafik 2). Dies gilt jedoch nicht für die Wähler der dritten Partei in der Koalition, der FDP. Für die FDP dürften die Verluste bei den letzten fünf Landtagswahlen in Folge (für weitere Einzelheiten siehe unten) zu einer zunehmenden Inflexibili tät in Bezug auf ihren finanzpolitischen Kurs führen - wie der jüngste schriftliche Meinungsaustausch zwischen Finanzminister Lindner und Wirtschaftsminister Habeck über mögliche Steuererhöhungen zeigt. Die aktuellen Meinungsumfra gen zeigen, dass die FDP keinen Anreiz haben dürfte, die derzeitige Regie rungskoalition zu verlassen. Sie liegt in den Umfragen relativ nahe an der 5% Hürde für den Einzug in den Bundestag (siehe Abbildung 3). Dies weckt Erinne rungen an 2013, als die FDP (nachdem sie mit der CDU/CSU regiert hatte) bei den Bundestagswahlen die 5%-Hürde verfehlte und vier Jahre lang nicht mehr im Bundestag vertreten war. Trotz gelegentlicher Rückschläge und Divergenzen dürfte die Regierungskoalition aus heutiger Sicht die gesamte Legislaturperiode Bestand haben. (Wirtschafts-) Politischer Ausblick 2023: Vom Krisenmanagement zu grundlegenderen Reformen Im Jahr 2023 verlagert sich der wirtschaftspolitische Schwerpunkt von der Si cherung der Energieversorgung und der Abfederung der Auswirkungen der Energiekrise auf die Verbesserung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit, die Beschleunigung der Energiewende, die Verbesserung der Verteidigungsfähig keit und die gleichzeitige Sicherung der sozialen Stabilität. Fiskalische Zwänge schränken das Ausmaß ein, in dem all diese Themen gleichzeitig angegangen werden können. 5 Siehe auch: FAZ, 3. März 2023, Finanzminister Lindner. Der „Bad Cop" der Ampel Prozess zur Aufstellung des Bundeshaus halts 1 Quellen: Bundesfinanzministerium, Deutsche Bank 0 50 100 Alle Wähler Anhänger der SPD Anhänger der Grünen Anhänger der FDP Anhänger der CDU/CSU Anhänger der AfD Keine Partei sehr zufrieden/zufrieden weniger zufrieden/gar nicht zufrieden k.A. in % Quellen: ARD Deutschlandtrend März, Deutsche Bank Research SPD- und Grünen-Anhänger zufrieden mit der Arbeit der Regierung 2 19,9 29,7 17,1 5,9 14,3 5,1 8,0 25,7 24,1 14,8 11,5 10,3 4,9 8,7 0 5 10 15 20 25 30 35 SPD CDU/CSU Grüne FDP AfD Linke Sonstige % der Stimmen *Durchschnitt der Ergebnisse jüngster Umfragen führender Meinungsforschungsinstitute (Kantar, Forsa, INSA, Infratest) 25 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Aktuelle Umfrageergebnisse & Ergebnis der Bundestagswahl 2021 3 Aktuelle Umfragen* Bundestagswahl 20 21 Quelle: Wahlrecht.de, Deutsche Bank Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Verbesserung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit - strategische grüne Tech nologiesektoren im Fokus. Der Mix aus hohen Energiekosten (siehe Abbildung 4), einer hohen Steuerbelastung und einem Mangel an qualifizierten Arbeitskräf ten bedroht die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Der im ver gangenen August beschlossene USD 379 Mrd. US-Inflation Reduction Act wirkte als Katalysator für eine Debatte über eine europäische/deutsche grüne Industriepolitik. Der Hauptunterschied zwischen der US- und der EU-Politik be steht weniger in der Höhe der für die grüne Transformation aufgewendeten För dermittel, sondern in der Wahl sehr gezielter Instrumente für die Förderung stra tegischer grüner Technologiesektoren (z.B. einfach zu handhabende Steuergut schriften in den USA gegenüber langwierigen Beihilfeverfahren in der EU). Die industriepolitische Antwort der EU nimmt derzeit ebenfalls Gestalt an. Im Fe bruar stellte die EU-Kommission ihren Green Deal Industrial Plan vor. Der Plan zielt darauf ab, durch eine vorübergehende Lockerung des EU-Beihilferegimes ein günstigeres Umfeld für den Ausbau der EU-Produktionskapazitäten für Netto-Null-Technologien und -Produkte zu schaffen. Darüber hinaus soll der Net Zero Industry Act der EU (der am 14. März vorgelegt werden soll) Ziele für grüne Industriekapazitäten bis 2030 enthalten (ähnlich den Produktionszielen des EU Chips Act). Laut einem Entwurf dürfte er auch regulatorische Sandkäs ten, Vorschläge für europäische Normen für kohlenstoffarme Technologien und für die öffentliche Beschaffung und Förderung enthalten. Ergänzend zu den Maßnahmen auf EU-Ebene erwarten wir flankierende nationale Maßnahmen, da wir davon ausgehen, dass das Thema in diesem Jahr ganz oben auf der Agenda der deutschen Regierung stehen wird. In einem kürzlich veröffentlichten Strategiepapier schlägt das deutsche Wirtschaftsministerium zusammen mit an deren Stakeholdern eine Reihe von Maßnahmen zur Steigerung der deut schen/europäischen PV- und Windturbinenproduktion vor, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen (u. a. Investitions- und Betriebskos tenzuschüsse sowie staatliche Garantien für die Windturbinenproduktion). Es ist noch unklar, welche dieser Maßnahmen umgesetzt und wie viele Mittel dafür zur Verfügung stehen werden. Energieintensive Unternehmen können zudem ab April sogenannte „Carbon Contracts for Difference" beantragen (dies ist ein Subventionsinstrument, mit dem emissionsarme Technologien für den Einsatz in der Produktion wettbewerbsfähig gemacht werden sollen). Dafür sollen EUR 68 Mrd. bereitgestellt werden (Handelsblatt, 8. März 2023), wobei die Veröffentli chung einer entsprechenden „Förderrichtlinie Klimaschutzverträge" in Kürze er wartet wird. Angekündetes Steuerpaket - es ist keine umfassende Unternehmensteuerre form zu erwarten. Die letzte Unternehmensteuerreform in Deutschland liegt mehr als ein Jahrzehnt zurück. Nun will Finanzminister Lindner Ende März ei nen detaillierten Reformvorschlag für die Unternehmensbesteuerung vorstellen. Die Reform soll laut Medienberichten (Spiegel, 17. Februar) eine Investitions prämie für Unternehmen, die in den Klimaschutz investieren, einführen. Auch sollen Investitionen in Digitalisierung mit günstigeren Abschreibungsregeln ge fördert werden. Geplant sind weiter Steuervergünstigungen für Personengesell schaften und Einzelfirmen. Obwohl diese mehr als 70% der deutschen Unter nehmen ausmachen, werden ihre Gewinne bisher mehr belastet als diejenigen von Kapitalgesellschaften (AGs oder GmbHs). Der Reformvorschlag könnte auch eine großzügigere Regelung für den Verlustvortrag und einen Ausbau der steuerlichen Forschungsförderung beinhalten. Jedoch bietet der Haushalt 2024 kaum Spielraum für Einnahmekürzungen, weshalb Finanzminister Lindner mit seinen Plänen bei den Koalitionspartnern auf Widerstand stoßen dürfte. Verteidigungspolitik - neuer Minister, neues Momentum? Boris Pistorius hat sein Amt am 19. Januar angetreten und macht bereits mit zwei Anliegen von sich hö ren: (1) Er fordert eine Aufstockung des regulären Verteidigungshaushalts ab 2024 um EUR 10 Mrd. und (2) er betrachtet das 2%-Ausgabenziel der NATO als Untergrenze. Pistorius steht vor der Mammutaufgabe, die „Zeitenwende" in der 0 50 100 150 200 250 300 350 400 Jun. 22 Sep. 22 Dez. 22 Mrz. 23 TTF US Gas (Henry Hub) Asien Spot LNG EU-Gaspreise noch immer viel höher als US-Preise 4 Spotpreis in EUR/MWh Quellen: Bloomberg Finance LP, Deutsche Bank Research 26 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach deutschen Verteidigungspolitik voranzutreiben, während die Waffenlieferungen an die Ukraine und die hohe Inflation die bestehenden Rüstungsengpässe wei ter verschärfen. Für das laufende Jahr sind EUR 8,4 Mrd. vom EUR 100 Mrd. Sondervermögen veranschlagt. Darüber hinaus hat das Verteidigungsministe rium im Rahmen des Sondervermögens Aufträge im Wert von EUR 30 Mrd. ge nehmigt (Pressekonferenz, 22. Februar). Diese Mittel werden fließen, sobald die bestellten Rüstungsgüter ausgeliefert sind. Allerdings ist es bisher zu keiner spürbaren Beschleunigung im Beschaffungsprozess gekommen, wie befragte Rüstungsunternehmen berichten (The Pioneer, 9. Januar). Zudem kann das Sondervermögen zwar zwischenzeitlich die Lücke zum 2%-Ausgabenziel der NATO schließen. Jedoch droht Deutschland das Ziel ab 2027 zu verfehlen, was im Widerspruch zu Kanzler Scholz Bekräftigung an der Münchner Sicherheits konferenz steht, dass Deutschland dauerhaft 2% des BIP für Verteidigung aus geben werde (siehe Grafik 5 und 6). Die Eckwerte des Haushalts 2024 werden Mitte März zeigen, wie viele zusätzliche Mittel dem neuen Verteidigungsminister zugesichert wurden. Jede nennenswerte Erhöhung des Verteidigungsetats wäre ein positives Signal an die NATO-Partner. Erste Nationale Sicherheitsstrategie - Verlagerung des Risikomanagements auf die nationale Ebene. Die von Bundeskanzler Scholz am 27. Februar 2022 aus gerufene „Zeitenwende" manifestiert sich auch darin, dass die Regierung derzeit ihre erste Nationale Sicherheitsstrategie vorbereitet. Zum Vergleich: Die Natio nale Sicherheitsstrategie der USA ist ein seit 1986 gesetzlich vorgeschriebener Bericht. Die erste deutsche Strategie soll im Laufe der nächsten Wochen vorge stellt werden. Dies zeigt, dass die nationale Verteidigungs- und Sicherheitspoli tik in Zukunft eine wichtigere Rolle spielen wird, wobei auch die Handels- und Investitionspolitik durch das Prisma der nationalen Sicherheit betrachtet werden. Allerdings scheint es noch keinen vollständigen Konsens über Schlüsselele mente der Strategie zu geben, wie z.B. die Frage, ob der Nationale Sicherheits rat oder ein ähnliches Gremium Teil des Außenministeriums oder des Bundes kanzleramtes sein wird und ob zusätzliche Verteidigungsausgaben mit zusätzli cher ziviler und humanitärer Krisenprävention/-schutz einhergehen müssen (siehe Spiegel, 28. Januar). In Verbindung mit dieser nationalen Sicherheitsstra tegie wird derzeit auch eine deutsche China-Strategie erarbeitet, die möglicher weise noch vor dem Sommer vorgelegt werden soll - wobei die Beiträge des Außenministeriums, des Wirtschaftsministeriums und des Kanzleramtes noch koordiniert werden (siehe unseren jüngsten Focus Germany). Insgesamt dürfte der Schwerpunkt der neuen Strategie auf der Risikominimierung durch Diversifi kation und nicht auf der Abkopplung von China liegen. Energiepolitik: Beschleunigte Genehmigungsverfahren für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien. Während es im Jahr 2022 vor allem um die Versor gungssicherheit ging, wird es 2023 mehr um Umweltverträglichkeit und Wettbe werbsfähigkeit gehen. Die USD 370 Mrd. an Subventionen und Steuergutschrif ten im Rahmen des US-Inflation Reduction Act haben als Katalysator für wirt schaftspolitische Maßnahmen auf nationaler und EU-Ebene gewirkt. Die Be schleunigung der Verfügbarkeit erschwinglicher grüner Energie (bei gleichzeiti ger Gewährleistung der Versorgungssicherheit) ist zum wichtigsten Ziel gewor den, wobei die Auswirkungen einiger wirtschaftspolitischer Maßnahmen wahr scheinlich erst mittelfristig spürbar sein werden. Am 22. Dezember verabschie dete die Europäische Kommission die Verordnung zur Beschleunigung des Aus baus erneuerbarer Energien, welche als im übergeordneten öffentlichen Inte resse liegend eingestuft werden. Die Fristen für die Erteilung von Genehmigun gen werden auf maximal einen, drei oder sechs Monate begrenzt (z.B. für Solar anlagen und elektrische Wärmepumpen). Die Verordnung wird 18 Monate lang gültig sein und dürfte den Ausbau der erneuerbaren Energien (zumindest leicht) beschleunigen. Deutschland hat die Umsetzung der beschleunigten Genehmi gungsverfahren in nationales Recht Anfang März umgesetzt. Allerdings dürften 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 2 0 1 0 2 0 1 2 2 0 1 4 2 0 1 6 2 0 1 8 2 0 2 0 2 0 2 2 2 0 2 4 2 0 2 6 EUR 100Mrd. Sondervermögen Regulärer Verteidigungsetat 2%-Natoziel Deutschland droht langfristig das NATO-Ziel zu verfehlen 5 Quellen: Institut der deutschen Wirtschaft, Deutsche Bank Research Verteidigungsausgaben, Mrd. EUR 62 6 32 0 50 100 Ja Weiß nicht Nein Mehrheit der Deutschen für höhere Verteidigungsausgaben 6 Quellen: ZDF Politbarometer vom März, Deutsche Bank Research Mehr Geld für Bundeswehr auch bei Einsparungen/ Schulden, zusätzlich zum Sondervermögen, in % 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 90 94 98 02 06 10 14 18 22 Mineralöl Erdgas Braunkohle Steinkohle Kernenergie Erneuerbare* Fossile Brennstoffe dominieren den Energiemix 7 Anteil der Energieträger am Primärenergie verbrauch in Deutschland, % Quelle: BMWK * Inklusive Sonstige 27 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach angebotsseitige Engpässe (Fachkräftemangel, Engpässe bei bestimmten Kom ponenten) weiterhin als bremsend wirken. Im Jahr 2022 machten erneuerbaren Energien 18% des gesamten Primärenergiebedarfs in Deutschland aus (siehe Abbildung 7). Ausblick Landtagswahlen: Welche Auswirkungen haben sie auf die Bundesebene und anstehende EU-Entscheidungen? Berliner Wahlwiederholung vom Februar - die fünfte Wahlniederlage in Folge für die FDP. Nach dem derzeitigen Stand der Koalitionsverhandlungen wird die CDU wahrscheinlich die bisherige Linksregierung ablösen und eine Mitte-Koali tion mit der SPD bilden. Die Ergebnisse dieser ersten Abgeordnetenhauswahl im Jahr 2023 sind aus zwei Gründen bemerkenswert: Erstens zeigen sie, dass die CDU viele Wähler hinzugewinnen konnte (+10 %-Punkte, siehe Grafik 8), in dem sie ihre Kampagne auf innere Sicherheit sowie die Verbesserung der eher dysfunktionalen Bürokratie ausrichtet (zugegebenermaßen könnte dies Berlin spezifische Gründe haben). Zweitens ist dies für die FDP die fünfte Wahlnieder lage in Folge, seit die Ampelkoalition im Dezember 2021 die Arbeit aufgenom men hat. Dies könnte den Zusammenhalt der Koalition auf Bundesebene auf die Probe stellen, da die FDP ihr marktliberales Profil angesichts der bevorstehen den drei weiteren Landtagswahlen weiter schärfen könnte (siehe Grafik 9). Gleich nach der Wahl betonte Parteichef Lindner, dass sich die FDP für Auto fahrer, die Bekämpfung der illegalen Migration, den Bürokratieabbau und Steu ersenkungen einsetzt (FAZ, 13. Februar). Was bedeutet das für die anstehenden Entscheidungen und politischen Debat ten auf EU-Ebene? Finanzminister Lindner dürfte sein Profil als „freundlicher Falke in der EU-Haushaltsdebatte" weiter schärfen. Dies könnte sich auf (1) die laufenden Diskussionen über eine Reform der EU-Schuldenregeln auf dem Gip fel am 23./24. März und (2) die Einrichtung eines „EU-Souveränitätsfonds" im Rahmen der Halbzeitüberprüfung des langfristigen EU-Haushalts im Sommer auswirken - Finanzminister Lindner schließt bislang eine neue gemeinsame EU Schuldenaufnahme aus. Bereits auf die EU-Ebene übergeschwappt ist der Streit zwischen FDP und Grünen über die Abschaffung des Verbrennungsmo tors ab 2035. Die formale Schlussabstimmung im Europäischen Rat über dieses Kernelelement des EU-Green Deals musste verschoben werden (auch Italien, Polen und Bulgarien haben Vorbehalte geäußert). Nach Ansicht der FDP sollten Autos, die mit E-Fuels angetrieben werden, vom Verbot von Verbrennungsmoto ren ab 2035 ausgenommen werden. Bisher besteht dazu nur ein unverbindli cher Zusatz im Entwurf der EU-Gesetzgebung. Die FDP fordert nun, dass die Kommission dazu einen konkreten verbindlichen Vorschlag ausarbeitet. Bayern und Hessen - wird die CDU/CSU an der Macht bleiben? Bayern wird höchstwahrscheinlich eine konservative Hochburg bleiben, wobei die CSU der zeit in den Umfragen bei etwa 40 % liegt. In Hessen ist die Lage weniger klar. Dort ist der CDU-Ministerpräsident Rhein erst seit Mai 2022 im Amt und dürfte daher nicht vollumfänglich vom üblichen Amtsinhaber-Bonus profitieren. Außer dem tritt er gegen die bekannte SPD-Bundesinnenministerin Faeser an. Man gels aktueller Umfragen lässt sich momentan nicht sagen, wer hier bessere Chancen hat. Faesers Ankündigung, bei einer Wahlniederlage in Hessen Bun desinnenministerin bleiben zu wollen, kam jedoch nicht bei allen Wählern gut an. Zudem könnte Faesers Doppelrolle auch zu Spannungen in der Ampelkoali tion führen (SZ, 2. Februar). Ein Wahlsieg der CDU in Hessen würde die Partei vermutlich auch in ihrer Oppositionsrolle auf Bundesebene stärken. Für die Grü nen könnte ein erfolgreiches Wahljahr mit dem Eintritt in die bayerische Landes regierung und dem Verbleib in der hessischen Regierung gekrönt werden. Für Anstehende Landtagswahlen 9 Quelle: Wahlrecht.de 28,2 18,4 18,4 12,2 9,1 4,6 9,0 18,0 21,3 18,9 14,1 8,0 7,1 12,5 0 5 10 15 20 25 30 CDU SPD Grüne Linke AfD FDP Sonstige Abgeordnetenhauswahl 2023 Abgeordnetenhauswahl 2021 CDU gewinnt die Berliner Abgeordnetenhauswahl 8 % der Zweitstimmen Quellen: Landeswahlleiter Berlin, Deutsche Bank Research Datum Landtagswahlen in ... Regierungs koalition* 12. Feb. Berlin (Wiederholung Wahlen von 2021) alt neu 14. Mai Bremen 8. Okt. Bayern 8. Okt. Hessen * Politische Parteien CDU/CSU SPD Grüne Linke FW 28 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach die FDP wird es darum gehen, weitere Wahlniederlagen zu verhindern. Das Ab schneiden der FDP dürfte auch für den Zusammenhalt der Ampelkoalition auf Bundesebene von Bedeutung sein. Marion Mühlberger (+49 69 910-31815, marion.muehlberger@db.com) Ursula Walther (ursula.walther@db.com) 29 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach EZB: Einlagenzinssatz im Sommer bei 3 ¾% - zunehmende Aufwärtsrisiken Aufgrund der aktuellen Wirtschaftsentwicklung in der EWU (robuster Arbeits markt, hartnäckige Kerninflation) und der Kommentare von EZB-Ratsmitgliedern erwarten wir nun im März und im Mai Zinsanhebungen um je 50 Basispunkte (Bp.), gefolgt von weiteren 25 Bp. im Juni. Die Zielrate des Einlagenzinssatzes erwarten wir somit nun bei 3,75% (zuvor 3,25% im Mai). Dabei dürfte die EZB zunehmend datengetrieben agieren. Im März wird die EZB zudem mit dem Ab schmelzen der Zentralbankbilanz beginnen. Dafür sollen die APP-Reinvesti tionen von März bis Juni um durchschnittlich EUR 15 Mrd. pro Monat reduziert werden. Darüber hinaus sind weitere TLTRO- Rückzahlungen fällig. Hinsichtlich der Inflationsdynamik bestehen verschiedene Unsicherheiten. Dazu zählen unter anderem die Entwicklung der Energiepreise, das Ausmaß des Pass-Through der Straffung der Finanzierungsbedingungen und letztlich die Konjunktur in der EWU insgesamt. Daher erscheint uns für die Einordnung der Risiken und deren potenzielle Auswirkungen, eine „Landezone" für den Einla gensatz zwischen 3,50 und 4,00%, plausibel. Mit den jüngsten Überraschungen seitens der (Kern-)Inflation beginnen sich auch die Risiken für die Leitzinsen nach oben zu verlagern. Zinssenkungen wohl nicht vor Mitte 2024 Die Entscheidung, wie lange das Leitzinsniveau von 3,75% beibehalten werden soll - und wann implizit mit einer Senkung der Zinssätze zu rechnen ist - wird auf der Überzeugung beruhen, dass die Inflation(-serwartungen) mittelfristig wieder nachhaltig bei 2% verankert sind. Dahingehend lassen wir unser Ba sisszenario vorerst unverändert und rechnen ab Juni 2024 mit Zinssenkungen von je 25 Bp. pro Quartal, bis Ende 2025 ein weitgehend neutrales Niveau (2%) erreicht sein wird. Je höher die Leitzinsen angehoben werden, desto größer wird die Gefahr, dass die EZB die Zügel zu stark anzieht. Angesichts des derzeit robusten Arbeits marktes mag die Gefahr nicht übermäßig groß erscheinen, jedoch wirkt die Straffung der Geldpolitik mit einer langen Verzögerung. Wenn sich die Risiken dann doch realisieren, könnte dies infolge der Verzögerungseffekte aber erst im Nachhinein offenbar werden. Die Kreditvergabe der Banken könnte in einem solchen Szenario wahrscheinlich erste Hinweise geben. In dieser Situation könnte die EZB die Zinssätze auch früher als Mitte 2024 und schneller als die 25 Bp. pro Quartal senken. Mark Wall (+44 20 754-52087, mark.wall@db.com) Marc Schattenberg (+49 69 910-31875, marc.schattenberg@db.com) -1 1 3 5 7 9 11 17 18 19 20 21 22 EWU HVPI EWU Kernrate Kerninflation in der EWU erweist sich als hartnäckig 1 % gg. Vj. Quelle: Eurostat 30 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Marc Schattenberg, Sebastian Becker & Jochen Möbert (+49 69 910-31727, jochen.moebert@db.com) Deutschland: Datenkalender DX Datum Uhrzeit Daten Berichtszeitraum DB Schätzung Letzter Wert 24.03.2023 9:30 PMI Verarbeitendes Gewerbe (Flash) März 49,0 46,3 24.03.2023 9:30 PMI Dienstleistungssektor (Flash) März 52,0 50,9 27.03.2023 10:00 ifo Geschäftsklima (Index, sb.) März 92,0 91,1 30.03.2023 14:00 Vorläufiger VPI (% gg. Vj.) März 7,2 8,7 31.03.2023 9:55 Arbeitslosenrate (%, sb.) März 5,5 5,5 31.03.2023 8:00 Einzelhandelsumsätze (Index, sb.), % gg. Vm.* Februar 1,5 -0,3 04.04.2023 8:00 Warenexporte (% gg. Vm., sb.) Februar 0,7 2,1 04.04.2023 8:00 Warenimporte (% gg. Vm., sb.) Februar 1,0 -3,4 04.04.2023 8:00 Handelsbilanz (EUR Mrd., sb.) Februar 16,5 16,7 05.04.2023 8:00 Auftragseingang im Ver. Gewerbe (% gg. Vm., sb.) Februar 1,3 1,0 06.04.2023 8:00 Industrieproduktion (% gg. Vm., sb.) Februar 1,0 1,8 28.04.2023 8:00 Reales BIP (% gg. Vq., sb.) - Schnellmeldung Q1 2023 -0,3 -0,4 25.05.2023 8:00 Reales BIP (% gg. Vq., sb.) - Tiefer gegliederte Ergebnisse Q1 2023 -0,3 -0,4 *lt. Statistischem Bundesamt auch früherer Veröffentlichungstermin möglich Quellen: Deutsche Bank Research, Statistisches Bundesamt, Bundesagentur für Arbeit, ifo, Markit 31 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Finanzmarktprognosen DX US JP EWU GB CH SE DK NO PL HU CZ Leitzinssatz, % Aktuell 4,625 -0,10 2,50 4,00 6,75 16,30 7,00 Mrz 23 4,875 -0,10 3,00 4,25 6,75 16,00 7,00 Jun 23 5,375 -0,10 3,75 4,25 6,75 14,00 7,00 Sep 23 5,625 -0,10 3,75 4,25 6,75 12,00 6,50 3M Geldmarktsatz, % Aktuell 5,12 0,00 Mrz 23 4,30 0,00 Jun 23 4,25 0,00 Sep 23 3,60 0,00 Rendite 10J Staatsanleihen, % Aktuell 3,91 0,51 2,64 Mrz 23 4,10 0,50 2,50 Jun 23 4,05 0,75 2,60 Sep 23 3,65 0,70 2,60 Wechselkurse EUR/USD USD/JPY EUR/GBP GBP/USD EUR/CHF EUR/SEK EUR/DKK EUR/NOK EUR/PLN EUR/HUF EUR/CZK Aktuell 1,06 136,11 0,89 1,19 0,99 11,32 11,25 4,68 379,15 23,59 Mrz 23 1,08 130,50 0,88 1,23 1,00 11,42 11,16 Jun 23 1,10 125,00 0,88 1,25 1,00 11,70 11,25 4,70 395,00 23,50 Sep 23 1,13 122,50 0,89 1,27 1,00 11,60 11,13 Quellen: Bloomberg Finance LP, Deutsche Bank Research 32 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach Deutschland: Datenmonitor DX Q4 2021 Q1 2022 Q2 2022 Q3 2022 Q4 2022 Sep 2022 Okt 2022 Nov 2022 Dez 2022 Jan 2023 Feb 2023 Konjunkturumfragen Gesamtwirtschaft ifo Geschäftsklima 96,5 95,0 92,5 87,5 86,5 84,4 84,4 86,4 88,6 90,1 91,1 ifo Geschäftserwartungen 94,2 92,8 86,3 79,1 79,6 75,3 75,6 80,0 83,1 86,4 88,5 Produzierendes Gewerbe ifo Verarbeitendes Gewerbe 101,6 99,5 94,1 89,3 88,5 86,8 86,4 88,1 90,9 93,3 Produktion (% gg. Vp.) 2,6 -0,2 -0,8 0,4 0,2 1,4 -0,5 0,7 -1,4 1,8 Auftragseingang (% gg. Vp.) -4,5 2,8 -5,5 -1,2 -3,9 -2,9 0,6 -4,4 3,4 1,0 Grad der Kapazitätsauslastung 85,4 86,0 84,9 85,0 84,9 Bauhauptgewerbe Produktion (% gg. Vp.) 1,2 4,0 -3,3 -1,5 -0,1 0,4 3,4 0,3 -9,5 10,4 Auftragseingang (% gg. Vp.) 1,2 -0,6 -13,4 -2,3 -0,8 -3,6 7,3 -5,6 1,8 ifo Bauhauptgewerbe 106,3 101,9 94,3 92,5 90,2 90,4 89,4 90,7 90,4 90,5 Konsumentennachfrage EC Konsumentenbefragung -4,5 -8,9 -19,0 -26,2 -25,1 -29,4 -28,3 -25,1 -22,0 -19,2 -15,8 Einzelhandelsumsätze (% gg. Vp.) 1,2 0,5 -2,7 -0,9 -2,1 1,7 -2,7 0,8 -1,7 -0,3 Neuzulassungen PKW (% gg. Vj.) -31,0 -4,6 -16,7 0,5 29,6 14,1 16,8 31,4 38,1 -2,6 2,8 Außenhandel Auslandsaufträge (% gg. Vp.) -6,9 6,1 -8,3 1,4 -5,9 -5,2 2,2 -6,9 2,0 5,5 Exporte (% gg. Vp.) 5,0 4,0 6,2 1,9 -0,3 -0,6 1,0 0,5 -6,3 2,1 Importe (% gg. Vp.) 9,8 5,2 10,0 4,2 -5,6 -1,9 -2,0 -3,2 -5,6 -3,4 Nettoexporte (EUR Mrd.) 29,3 26,8 15,4 6,9 28,1 2,7 6,6 11,5 10,0 16,7 Arbeitsmarkt Arbeitslosenquote (%) 5,3 5,1 5,1 5,5 5,5 5,5 5,5 5,5 5,5 5,5 5,5 Veränderung Arbeitslosigkeit (Tsd. gg. Vp.) -118,7 -90,3 10,0 154,0 31,0 13,0 8,0 15,0 -12,0 -12,0 2,0 Beschäftigung (% gg. Vj.) 0,9 1,5 1,5 1,1 1,0 1,1 1,1 1,0 1,0 1,0 ifo Beschäftigungsbarometer 103,5 102,9 103,3 100,5 99,0 99,5 97,8 99,6 99,6 100,1 99,4 Preise, Löhne und Arbeitskosten Preise HVPI (% gg. Vj.) 5,4 6,1 8,2 9,4 10,8 10,9 11,6 11,3 9,6 9,2 9,3 Kern-HVPI (% gg. Vj.) 3,6 3,1 3,7 3,8 5,2 4,7 5,1 5,1 5,4 5,1 5,4 Harmonisierter PPI (% gg. Vj.) Rohstoffe ohne Energie (% gg. Vj.) 33,4 33,6 23,5 12,4 1,9 14,3 6,9 2,7 -3,6 -8,3 -11,9 Rohöl, Brent (USD/Bbl) 79,6 96,2 111,7 98,7 89,6 92,1 94,1 91,7 83,4 88,4 84,8 Inflationserwartungen EC Haushaltsumfrage 45,1 51,1 56,7 53,3 42,9 54,4 50,9 42,7 35,2 27,6 24,0 EC Unternehmensumfrage 53,6 60,3 67,0 55,6 49,5 61,1 55,3 51,4 41,7 36,0 25,0 Lohnstückkosten (gg. Vj.) Lohnstückkosten 3,2 2,4 3,7 3,2 6,0 Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer 3,3 4,7 3,8 3,4 5,0 Arbeitnehmerentgelt je Stunde 2,7 3,0 4,8 2,3 6,8 Monetärer Sektor (gg. Vj.) M3 5,7 5,2 5,5 6,8 5,1 6,8 6,1 5,9 5,1 4,2 Trend von M3* 6,7 6,7 6,3 5,7 5,1 Kredite an Unternehmen und Privatpersonen 5,3 5,5 6,6 8,2 8,2 7,7 7,5 6,8 0,0 Kredite an öffentliche Haushalte 2,6 16,0 13,6 18,5 18,5 15,3 5,8 7,3 -3,6 % gg. VP = Veränderung gegenüber der Vorperiode; * zentrierter 3M-Durchschnitt Quellen: Bundesagentur für Arbeit, Deutsche Bundesbank, Europäische Kommission, Eurostat, Statistisches Bundesamt, HWWI, ifo, IHS Markit 33 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach 34 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach 35 | 13. März 2023 Ausblick Deutschland Ausblick Deutschland Unsere Publikationen finden Sie unentgeltlich auf unserer Internetseite www.dbresearch.de Dort können Sie sich auch als regelmäßiger Empfänger unserer Publikationen per E-Mail eintragen. Für die Print-Version wenden Sie sich bitte an: Deutsche Bank Research Marketing 60262 Frankfurt am Main Fax: +49 69 910-31877 E-Mail: marketing.dbr@db.com Schneller via E-Mail: marketing.dbr@db.com  Die deutsche Wirtschaft - ein Jahr danach  Neue globale Realitäten ........................................ 21. Dezember 2022  Kein Konjunkturabsturz, aber immer noch Rezession .................................. 25. November 2022  Auf dem Weg in die Rezession ......................................... 19. Juli 2022  Ringen mit der Zeitenwende .............................................. 24. Mai 2022  Krieg in der Ukraine - Neue Realitäten 2.0 ..................... 9. März 2022  Ausblick 2022: Neue Realitäten ............................ 17. Dezember 2021  Ärger in der Luft ..................................................... 10. November 2021  Halbzeitbilanz: Realwirtschaft auf Kurs, aber höhere Inflation ................ 14. Juni 2021  Deutsche Wirtschaft startklar für den Aufschwung - Wahlumfragen hängen in der Schwebe ........................... 11. Mai 2021  Robustes BIP 2021, trotz Q1-Rückschlag - Inflation klettert auf 2% .............................................. 19. Februar 2021  Ausblick 2021: Corona-Konjunktur ........................ 14. Dezember 2020  November Lockdown = Q4 BIP Knockdown ........... 4. November 2020  Deutsche Wirtschaft unerwartet robust ................ 25. September 2020  Wie stark fällt die Erholung in Q3 aus? ...................... 12. August 2020  Allmählich aus der Konjunkturschlucht ............................... 1. Juli 2020  Liebling, wir haben die Wirtschaft geschrumpft! ............... 13. Mai 2020  Deutsche Konjunktur weiterhin sehr zerbrechlich ..... 12. Februar 2020  Ausblick 2020: Vorsicht, zerbrechlich! ................... 19. Dezember 2019  Schwache Konjunktur und Groko-Turbulenzen ....... 4. November 2019  Klimapaket: Kein Kurswechsel in der Fiskalpolitik ................... 30. September 2019  Nur eine „technische Rezession"? Die Risiken sind entscheidend! .................................. 20. August 2019  Schwarz-Grün im Bund - schmerzhafte Kompromisse drohen ................................... 8. Juli 2019  Nicht über den Berg, Politik ist keine Hilfe ....................... 17. Mai 2019  Export und Autos bremsen die Konjunktur aus ................ 8. April 2019  Die Achillesferse der deutschen Wirtschaft ..................... 6. März 2019  Die R-Frage ................................................................. 5. Februar 2019  Ausblick 2019: Verlangsamung, aber keine harte Landung .......... 13. Dezember 2018 ISSN (Print): 2512-2371; ISSN (Online): 2568-1079 ................... 13. März 2023 © Copyright 2023. Deutsche Bank AG, Deutsche Bank Research, 60262 Frankfurt am Main, Deutschland. Alle Rechte vorbehalten. 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