21. Juni 2017
Die traditionelle Automobilindustrie sowie bislang branchenfremde Unternehmen arbeiten mit Hochdruck an Software-Lösungen, Fahrassistenzsystemen und anderen Technologien, die ein vernetztes, autonomes, stau- und unfallfreies Fahren ermöglichen sollen. Das „digitale Auto“ in seiner Idealform ist somit keine utopische Zukunftsvision mehr, sondern nimmt allmählich Gestalt an. Der Weg zum „digitalen Auto“ wird allerdings eher einer Evolution statt einer Revolution gleichen. Dafür sprechen Faktoren auf der Angebots- und der Nachfrageseite. Zu nennen sind die langen Entwicklungszeiten in der Branche sowie die Langlebigkeit des Produkts Auto. Ferner dürften sich die seit Jahrzehnten gewachsenen Konsumpräferenzen nur langsam ändern. Es werden noch mehrere Jahrzehnte vergehen, bis das „digitale Auto“ den Pkw-Bestand weitgehend durchdrungen hat; vor 2040 wird dies wohl nicht der Fall sein.
[mehr]Das „digitale Auto“: Mehr Umsatz, mehr Konkurrenz, mehr Kooperation
Eric Heymann
Die traditionelle Automobilindustrie sowie bislang branchenfremde Unternehmen arbeiten mit Hochdruck an Software-Lösungen, Fahrassistenzsystemen und anderen Technologien, die ein vernetztes, autonomes, stau- und unfallfreies Fahren ermöglichen sollen. Das "digitale Auto": Mehr Umsatz, mehr Konkurrenz, mehr Kooperation Deutschland-Monitor Digitale Ökonomie und struktureller Wandel Die traditionelle Automobilindustrie sowie bislang branchenfremde Unterneh- men arbeiten mit Hochdruck an Software-Lösungen, Fahrassistenzsystemen und anderen Technologien, die ein vernetztes, autonomes, stau- und unfall- freies Fahren ermöglichen sollen. Das „digitale Auto“ in seiner Idealform ist so- mit keine utopische Zukunftsvision mehr, sondern nimmt allmählich Gestalt an. Der Weg zum „digitalen Auto“ wird allerdings eher einer Evolution statt einer Revolution gleichen. Dafür sprechen Faktoren auf der Angebots- und der Nach- frageseite. Zu nennen sind die langen Entwicklungszeiten in der Branche sowie die Langlebigkeit des Produkts Auto. Ferner dürften sich die seit Jahrzehnten gewachsenen Konsumpräferenzen nur langsam ändern. Es werden noch meh- rere Jahrzehnte vergehen, bis das „digitale Auto“ den Pkw-Bestand weitgehend durchdrungen hat; vor 2040 wird dies wohl nicht der Fall sein. Die für das „digitale Auto“ notwendigen Technologien werden das Umsatz- wachstum in der Autoindustrie begünstigen. Die meisten Technologien müssen zusätzlich in „digitalen Autos“ verbaut werden. Um das höhere Marktvolumen werden Unternehmen kämpfen, die bislang nicht oder nur am Rande in der Automobilindustrie aktiv waren. Der Sektor wird gegenüber heute deutlich heterogener und komplexer. Branchenübergreifende Kooperationen werden in den kommenden Jahren das Bild der Branche ändern. Trotz dieser Kooperatio- nen bleibt der Wettbewerb in der erweiterten Automobilindustrie intensiv. Es gibt kein Unternehmen, welches hinsichtlich des Gesamtpakts „digitales Auto“ uneinholbar vorne läge. Unternehmen etwa aus der IT-Welt haben in Teil- bereichen des „digitalen Autos“ (etwa dem künftig stark wachsenden automobi- len Datenmarkt) Wissensvorsprünge gegenüber der klassischen Automobil- industrie. Allerdings stellt die Beherrschung der gesamten automobilen Wert- schöpfungskette in einem Massenmarkt eine beachtliche Marktzutrittsbarriere für Newcomer dar. Die eigentliche Automobilproduktion bleibt wohl relativ wenig angreifbar und auch künftig die Domäne der traditionellen Autohersteller. Parallel zur Entwicklung des „digitalen Autos“ verändert sich das gesellschaftli- che Mobilitätsverhalten. Innovative Mobilitätsdienstleistungen auf der Basis von Carsharing und Ridesharing gewinnen Marktanteile, gerade in Großstädten, wo künftig mehr private Haushalte auf einen eigenen Pkw verzichten. Auf der An- gebotsseite steht hier in den nächsten Jahren eine Konsolidierungswelle an. Das „digitale Auto“ wird nicht die Lösung für die Verkehrsprobleme in hochver- dichteten Städten sein – vor allem nicht in Schwellenländern. Diese brauchen in erster Linie einen gut funktionierenden ÖPNV, um den Verkehrskollaps zu ver- hindern. Allerdings kann das „digitale Auto“ gegenüber einem Business-as- usual-Szenario zu einem verbesserten Verkehrsfluss in den Städten beitragen. Das Verkehrsaufkommen insgesamt muss dabei nicht zwangsläufig sinken; die Auslastung der betreffenden Fahrzeuge wird steigen. Autoren Eric Heymann +49 69 910-31730 eric.heymann@db.com Janina Meister Editor Stefan Schneider Deutsche Bank AG Deutsche Bank Research Frankfurt am Main Deutschland E-Mail: marketing.dbr@db.com Fax: +49 69 910-31877 www.dbresearch.de DB Research Management Stefan Schneider 19. Juni 2017 Das „digitale Auto“ Mehr Umsatz, mehr Konkurrenz, mehr Kooperation Das „digitale Auto“ 2 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor 1. Einleitung: Der digitale Strukturwandel fordert die Automobil- industrie heraus Das Auto, das wichtigste Verkehrsmittel des 20. Jahrhunderts, befindet sich in einem durch Digitalisierung getriebenen Strukturwandel. Dieser Digitalisie- rungsprozess verändert sowohl das Produkt Auto als auch die gesamte auto- mobile Wertschöpfungskette. Automobilindustrie und branchenfremde Unter- nehmen arbeiten mit Hochdruck an Software-Lösungen, Fahrassistenzsystemen und anderen Technologien, die ein vernetztes, autonomes, stau- und unfall- freies Fahren ermöglichen sollen und das Automobil immer mehr in einen rol- lenden Computer verwandeln. Das „digitale Auto“ ist somit keine utopische Zu- kunftsvision mehr, sondern nimmt allmählich Gestalt an. Hinzu kommt ein sich veränderndes gesellschaftliches Mobilitätsverhalten, das z.B. die Entwicklung von innovativen Mobilitätsdienstleistungen auf der Basis von Carsharing sowie der intelligenten Vernetzung verschiedener Verkehrsmittel vorantreibt. Aufgrund staatlicher Regulierungen zum Klima- und Umweltschutz, durch veränderte Konsumentenpräferenzen sowie angesichts der Endlichkeit der Ölressourcen rücken zudem alternative, CO 2 -arme und energieeffiziente Antriebstechnologien stärker in den Fokus. Diese Trends stellen die Automobilindustrie vor große Herausforderungen: — Technologische Anforderungen: Die Erwartungen der Öffentlichkeit an das „digitale Auto“ sind enorm. Es wird umfangreiche Kapazitäten bei den betei- ligten Unternehmen beanspruchen, diese Erwartungen (zeitnah) zu erfüllen. — Markt- und Wettbewerbsstrukturen: Neue Marktakteure vor allem aus der IT- und Datenwirtschaft verändern die klassischen Marktstrukturen in der Automobilindustrie. Sie sorgen für Innovations- und Positionierungsdruck und verschärfen den Wettbewerb in der Branche erheblich. — Staatliche Regulierung: Die technologischen Entwicklungen rund um das „digitale Auto“ stehen im Fokus staatlicher Regulierung; dies betrifft u.a. Sicherheitsaspekte oder den Datenschutz. Die Regulierung bewegt sich da- bei immer in einem Spannungsfeld: Sie sollte einerseits technischen Fort- schritt und fairen Wettbewerb ermöglichen und andererseits unerwünschte Entwicklungen verhindern (z.B. den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung oder die Zulassung nicht ausgereifter Technologien). — Gesellschaftliche Mobilitätstrends: Ein verändertes Konsum- und Nutzungs- verhalten vieler (nicht nur) junger urbaner Kunden vor allem in den Indust- rieländern sowie ein steigendes Interesse an Dienstleistungen rund um Carsharing bzw. die flexible Nutzung verschiedener Verkehrsmittel werfen die Frage auf, ob der Besitz eines eigenen Autos an Attraktivität verlieren könnte und welche Konsequenzen aus neuartigen Mobilitätskonzepten für das Absatzpotenzial der Hersteller resultieren. Aus volks- und verkehrswirt- schaftlicher Sicht ist natürlich auch der Einfluss dieser Trends auf das ge- samte Verkehrsaufkommen gerade in Städten relevant. Auswirkungen auf die Automobilindustrie Im vorliegenden Bericht betrachten wir die Auswirkungen der Digitalisierung des Autos auf die Automobilbranche. Dabei gehen wir u.a. der Frage nach, wie schnell und in welchen Schritten sich das „digitale Auto“ durchsetzen könnte. Wir geben zunächst einen Überblick über den aktuellen Stand der Technik so- wie über die öffentliche Erwartungshaltung an die neuen Technologien. Dazu erläutern wir, was wir unter dem Schlagwort „digitales Auto“ eigentlich verstehen (Kapitel 2). Wir analysieren aus volkswirtschaftlicher Perspektive, wie sich die Markt- und Wettbewerbsstrukturen auf der Angebotsseite der Branche künftig Das „digitale Auto“ nimmt allmählich Gestalt an Staatliche Regulierung bewegt sich in einem Spannungsfeld Das „digitale Auto“ 3 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor verändern dürften (Kapitel 3). Hierbei stellen wir die potenziellen Wettbewerbs- vorteile neuer Marktakteure z.B. aus der IT- und Datenwirtschaft den Stärken klassischer Unternehmen der Automobilindustrie gegenüber. Wir betrachten die Position der deutschen Anbieter detaillierter und erörtern die Frage, ob die neu- en Marktakteure künftig eher zu Konkurrenten oder Partnern der traditionellen Automobilindustrie werden dürften. Im 4. Kapitel beleuchten wir die Nachfrageseite: Wie schnell könnte sich das „digitale Auto“ bei den Kunden durchsetzen? Welche Treiber und Hemmschuhe existieren aus Konsumentensicht? Zum einen gehen wir dabei der Frage nach, inwieweit das Auto als Besitzobjekt (speziell in Deutschland) an Bedeutung ver- lieren könnte. Welche Konsequenzen würden daraus für das Absatzpotenzial der Hersteller resultieren? Zum anderen beschäftigen wir uns mit der Frage, wie Fahrassistenzsysteme und alternative Mobilitätskonzepte (am Beispiel Carsharing in Deutschland) beim Nutzer ankommen und beleuchten die Zu- kunftsperspektiven des Carsharing-Marktes. Abschließend gehen wir der Frage nach, welche Konsequenzen die neuen, auf digitalen Technologien basierenden Mobilitätsmöglichkeiten für das absolute Verkehrsaufkommen im (städtischen) Straßenverkehr haben könnten (Kapitel 5). Kann das „digitale Auto“ die hohen Erwartungen in puncto Verkehrsfluss und Verkehrssicherheit, Effizienz, Be- quemlichkeit und bestenfalls auch Umweltverträglichkeit erfüllen? Oder kann (auch) das „digitale Auto“ die hochverdichteten urbanen Zentren nicht vor dem Verkehrskollaps bewahren? Zu diesen Fragen skizzieren wir vier Szenarien. Im Rahmen unseres Berichts betrachten wir weniger die technischen Entwick- lungsschritte und Herausforderungen auf dem Weg zum „digitalen Auto“. Wir gehen darüber hinaus nicht auf die (unbestritten wichtige) Frage ein, wie die Digitalisierung den Produktionsprozess in der Automobilindustrie verändern wird (Stichworte: Industrie 4.0, Internet der Dinge, Einzelfertigung in Großserie). Zu- dem lassen wir weitgehend außen vor, wie schnell und in welchem Umfang sich alternative Antriebstechnologien (z.B. E-Mobilität) auch im „digitalen Auto“ durchsetzen werden, wobei sich grundsätzlich abzeichnet, dass der Elektrifizie- rungsgrad der Fahrzeuge in den nächsten Jahren schrittweise zunimmt. Es würde jedoch den Rahmen dieses Berichts sprengen, die drei genannten As- pekte zusätzlich (ausführlich) zu beleuchten. Die Idee des „digitalen Autos“ lässt die Utopie einer Welt ohne Unfälle und Staus im Straßenverkehr greifbar nah erscheinen. Ohne die Ergebnisse unseres Berichts im Detail vorwegzunehmen, dürfte dieser Weg jedoch eher einer konti- nuierlichen Evolution als einer radikalen Revolution gleichen. 2. Mobilität heute und morgen: Das Auto bleibt – aber wie? 2.1 Ein Massenverkehrsmittel im Wandel Die Digitalisierung des Autos schreitet in großen Schritten voran. Der technische Fortschritt bei der Entwicklung des „digitalen Autos“ ist in den Medien stark prä- sent; das Meinungsspektrum ist dabei durchaus breit. Manche Marktbeobachter sehen – nicht zuletzt angesichts der ambitionierten Forschungsaktivitäten der Tech-Konzerne z.B. aus dem Silicon Valley – im konventionellen Auto und so- gar in der gesamten klassischen Automobilindustrie ein Auslaufmodell. Tatsache hingegen ist: Das Automobil ist in den westlichen Industriestaaten das mit Abstand wichtigste Verkehrsmittel – und das im Grunde schon seit der nach dem 2. Weltkrieg einsetzenden Massenmotorisierung in den meisten Industrie- ländern. Immer mehr Schwellenländer folgen diesem Muster. Weltweit und auch in Deutschland steigt die Zahl der Pkw auf den Straßen weiterhin stetig an. Die Automobilindustrie selbst ist in vielen Ländern ein wichtiger Arbeitgeber und Technologische Aspekte des „digita- len Autos“ sowie Digitalisierung des Produktionsprozesses stehen nicht im Fokus des Berichts 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 Pkw-Bestand wächst stetig 1 Quellen: OICA, eigene Schätzungen Weltweiter Pkw-Bestand, Mrd. Das „digitale Auto“ 4 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor investiert hohe Summen in neue oder bestehende Produktionsstätten sowie in Forschung und Entwicklung. Das Produkt Automobil wurde in den letzten Jahrzehnten stetig verbessert. Dies gilt für ganz verschiedene Kriterien wie Leistungsfähigkeit, Sicherheit, Komfort, Energieeffizienz bzw. Umweltverträglichkeit oder Zuverlässigkeit. Das Design der Fahrzeuge hat sich im Laufe der Zeit ebenso gewandelt und spielt bis heute eine sehr wichtige Rolle für die Kunden. Auch das Image einer Automarke hat nach wie vor einen sehr großen Einfluss auf die Kaufentscheidung vieler Auto- fahrer. Insofern war und ist das Auto für viele Kunden ein sehr emotionales Pro- dukt und auch privater Rückzugsraum. Natürlich bleibt die Funktion eines Autos, individuelle Mobilität flexibel zu ermöglichen, der entscheidende Erfolgsfaktor. Allerdings verändern sich die Ansprüche der Kunden an das Auto. Kommunika- tion und Vernetzung mit anderen Verkehrsteilnehmern, mit Familie, Freunden oder Geschäftspartnern sind zunehmend gefragt. Für immer mehr Nutzer ist es wichtig, dass ihr Auto internetfähig ist und eine Schnittstelle z.B. zu den eigenen mobilen Endgeräten (Smartphone & Co.) bietet. Diese Trends werden dank des technischen Fortschritts im IT-Sektor auch von der Angebotsseite stetig voran- getrieben. Daher befindet sich das Automobil weiterhin im Wandel. Die „Digitali- sierung“ ist neben der Umwelt- und Klimaverträglichkeit bzw. Energieeffizienz der Fahrzeuge derzeit der bestimmende technologische Megatrend in der Auto- industrie. Was ist aber gemeint, wenn wir vom „digitalen Auto“ sprechen? Was ist mit dem „digitalen Auto“ gemeint? Das Auto verfügt heute und noch mehr in Zukunft über viele zusätzliche Funk- tionen, die es in dieser Form vor wenigen Jahren – zumindest in Serienfahrzeu- gen – noch nicht gab. Die so genannten Fahrassistenzsysteme (FAS; engl. Advanced Driver Assistance Systems (ADAS)) nehmen dem Autofahrer (wäh- rend der Fahrt) immer mehr Aufgaben ab. 1 So unterstützen sie beim Lenken, Bremsen oder Einparken. Einige Assistenzsysteme sind sogar schon gesetzlich verpflichtend. Beispielsweise schreibt eine EU-Verordnung seit 2011 den Ein- bau des Elektronischen Stabilitätsprogramms (kurz: ESP) für alle in der EU neu zugelassenen Fahrzeuge vor. Dieses erleichtert es dem Autofahrer, durch eine verbesserte Brems- und Lenkfunktion in schwierigen Fahrsituationen (z.B. bei Glätte, Regen oder Schnee) die Spur zu halten. Solche Assistenzsysteme sind der Einstieg in eine Entwicklung, die perspekti- visch zum autonom fahrenden Automobil führt. Um eine solche Entwicklung zu ermöglichen, werden Autos mit immer mehr Software, Sensoren oder Radar- und Kamerasystemen ausgestattet. Ferner werden Technologien benötigt, die eine Kommunikation der Fahrzeuge untereinander oder mit Verkehrsleitsyste- men und anderen festinstallierten Einrichtungen außerhalb der Fahrzeuge ge- währleisten (Car-to-X-Kommunikation). Zwar ist noch offen, wie die notwendi- gen Technologien im Detail aussehen werden und welche Möglichkeiten sich daraus für Autofahrer im Alltag ergeben. Der digitale Wandel rund um das Au- tomobil bedeutet aber in jedem Fall eine große Herausforderung für Autoher- steller, Zulieferer und sonstige Firmen, die sich in diesem Markt positionieren. Wem es gelingt, diese Herausforderungen zu meistern, dem eröffnen sich neue Wachstumschancen. Das „digitale Auto“ der Zukunft ist also voll vernetzt und kann mit seinem Umfeld kommunizieren. Für eine Unterscheidung der verschiedenen Stufen des auto- nomen Fahrens bietet eine Einteilung der Arbeitsgruppe „Rechtliche Folgen zunehmender Fahrautomatisierung“ der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) eine hilfreiche Orientierung. Diese reicht von „Driver only“ (Stufe 0) über 1 Vgl. Deutsche Bank Markets Research (2016). Pricing the Car of Tomorrow – Part II“. FITT- Report. London. Auto ist ein sehr emotionales Produkt Fahrassistenzsysteme gewinnen an Bedeutung Das „digitale Auto“ ist voll vernetzt und kommuniziert mit seinem Umfeld Das „digitale Auto“ 5 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor „teil-, hoch- und vollautomatisiert“ (Stufen 2 bis 4) bis hin zum vollständig „fahrerlosen Fahren“ (Stufe 5). Während jegliche Längs- und Querschnitts- aufgaben der Fahrzeugführung (Beschleunigen, Verzögern, Lenken) auf den Stufen „assistiert“ (Stufe 1) und „teilautomatisiert“ (Stufe 2) dem Fahrer oblie- gen, kann das System auf den Stufen „hochautomatisiert“ (Stufe 3) und „vollau- tomatisiert“ (Stufe 4) zunehmend mehr Fahrsituationen automatisch bewältigen. Für unseren Überblick über den Stand der Technologie orientieren wir uns an jenen Entwicklungsstufen. Natürlich können diese lediglich der groben Orientie- rung dienen. Das „digitale Auto“ entspräche im technologischen Endzustand damit der höchsten Automatisierungsstufe „fahrerlos“ (Stufe 5), die eine tech- nisch funktionierende vollumfängliche Vernetzung und Kommunikation des Fahrzeugs mit der Umwelt voraussetzen würde. Enorme technologische Herausforderungen Auf dem Weg zum „digitalen Auto“ müssen enorme technologische Hürden überwunden werden, die wir hier nur kurz anreißen können. Der Straßenverkehr ist von Millionen von ständig wechselnden und immer wieder neuen Situationen und Unwägbarkeiten geprägt. Diese erfordern in Bruchteilen von Sekunden Entscheidungen, welche im Extremfall über Leben und Tod entscheiden kön- nen. 2 Sämtliche Entscheidungen haben unmittelbar Rückwirkungen auf andere beteiligte Verkehrsteilnehmer. Autobahnfahrten, bei denen der Gegenverkehr oder Fußgänger (im Normalfall) keine Rolle spielen, sind z.B. weniger komplexe Verkehrssituationen als der Straßenverkehr in hochverdichteten Städten mit sehr unterschiedlichen Verkehrsteilnehmern. Ein solches „chaotisches“ System zu automatisieren, ist hochkomplex. 3 Erschwert wird das Vorhaben dadurch, dass die technologischen Möglichkeiten der Fahrzeuge im Bestand in einer Übergangsphase von mehreren Jahrzehnten unterschiedlich fortschrittlich sind (siehe auch Kapitel 4). Damit ist auch der (fehleranfällige) Einfluss des Menschen auf das Gesamtsystem im Zeitablauf unterschiedlich stark ausgeprägt. In 20 Jahren könnten sich z.B. vollautomati- sierte Autos die Straßen mit Fahrzeugen teilen, die noch komplett manuell vom Menschen gesteuert werden. Die Prozesse der Entscheidungsfindung bei Men- schen und digitalen Algorithmen unterscheiden sich stark. Diese unterschiedli- chen Technologiestandards so zu harmonisieren, dass eine hohe Verkehrs- 2 Intensiv wird beispielsweise die Frage diskutiert, wie automatisiert fahrende Autos in Situationen entscheiden sollen, in denen ein Unfall zwar unvermeidlich ist, jedoch die Art des Unfalls offen ist. Soll ein Algorithmus in erster Linie die Fahrzeuginsassen schützen, auch auf die Gefahr hin, dass z.B. Fußgänger vom Auto erfasst werden statt eines massiven Gegenstands? Neben dem mora- lischen Aspekt sind hier natürlich auch versicherungstechnische Fragen relevant. 3 Beispielsweise ist der Schienenverkehr allein schon wegen der trassengebundenen Verkehrsfüh- rung und der geringeren Zahl an Fahrzeugen leichter zu automatisieren als der Straßenverkehr. Fahrerloses Fahren als Endstufe der Automatisierung Straßenverkehr ist chaotisches System mit vielen Unwägbarkeiten, aber auch regelbasiert Fahrzeuge mit unterschiedlichem Automatisierungsgrad werden künftig gleichzeitig auf den Straßen unter- wegs sein kein System aktiv System übernimmt Assistenz System übernimmt einige Fahr- funktionen System übernimmt zahlreiche Fahr- funktionen System übernimmt (fast) alle Fahr- funktionen System fährt ohne Fahrer Fahrer führt das Fahrzeug Fahrer führt das Fahrzeug Fahrer überwacht das System keine Überwachung durch Fahrer notwenig kein Fahrer erforderlich 0% 20% 40% 60% 80% 100% Stufe 0 Driver only Stufe 1 Assistiert Stufe 2 Teilautomatisiert Stufe 3 Hochautomatis. Stufe 4 Vollautomatisiert Stufe 5 Fahrerlos Quelle: VDA Stufen des automatisierten Fahrens (Automatisierungsgrad) 2 Das „digitale Auto“ 6 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor sicherheit gewährleistet ist, ist nicht einfach. Hinzu kommt, dass es immer auch Verkehrsteilnehmer geben wird, die nicht digital mit Fahrzeugen vernetzt sind (z.B. Fußgänger, Kinder, Radfahrer, Tiere, Gegenstände unterschiedlichster Art auf der Fahrbahn). Verfolgt man die aktuelle Berichterstattung über das „digitale Auto“ bzw. autonomes Fahren, kann der Eindruck entstehen, als seien diese technologischen Hürden leicht zu überwinden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Gleichwohl erwarten wir, dass das „digitale Auto“ in seiner Idealform langfristig möglich sein wird und dass die Verkehrssicherheit durch mehr Automation künf- tig zunimmt. 2.2 Viele Unternehmen treiben den technischen Fortschritt voran Während die Vision vom „digitalen Auto“ schon in den fortschrittsgläubigen 1950er Jahren künstlerisch Gestalt annahm, nähert sich diese frühere Zukunfts- vision derzeit schrittweise der technischen Realität. Hinsichtlich des Automatisierungsgrads befinden wir uns derzeit im Übergang zwischen der teil- und der hochautomatisierten Fahrtechnologie (Stufen 2 und 3). Das bedeutet: Der menschliche Fahrer ist bis dato erforderlich und verpflich- tet, das Fahrgeschehen zu jeder Zeit zu überwachen. Dieser technologische Status entspricht auch den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen nach dem „Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr“ von 1968. Dieses sieht vor, dass ein Fahrzeug jederzeit von einem Fahrzeugführer kontrolliert werden muss, solange es bewegt wird. Die deutsche Bundesregierung hatte 2016 einer Änderung dieses Übereinkommens zugestimmt. Sie sieht eine Lockerung der bisherigen Regelungen grundsätzlich vor und schafft damit einen ersten gesetz- lichen Rahmen für teilautonome Assistenzsysteme. Im 1. Halbjahr 2017 haben Bundestag und Bundesrat ein Gesetz zum autonomen Fahren (inklusive hoch- automatisiertem Fahren) verabschiedet. Danach ist der Betrieb von hoch- und vollautomatisiert fahrenden Autos grundsätzlich zulässig. Allerdings muss der Fahrer jederzeit die Kontrolle über das Auto übernehmen können, u.a. wenn er vom System dazu aufgefordert wird; er muss also „wahrnehmungsbereit“ sein. Bezüglich der Haftung bei Unfällen muss u.a. geklärt werden, ob das Fahrzeug im automatisierten Modus unterwegs war oder ob der Autofahrer schnell genug auf die Aufforderung des Systems reagiert hat. Im Einzelfall dürfte es häufig notwendig sein zu klären, ob die Versicherung der Fahrzeughalters oder des Fahrzeugherstellers für Schäden des Unfallbeteiligten aufkommen muss. Der technische Fortschritt schreitet derweil voran: Assistenzsysteme und Fahr- zeuge mit teilautomatisierten Fahreigenschaften werden inzwischen von fast allen großen Automobilherstellern in Serie produziert. Diese sind z.B. mit Tem- pomat, Beschleunigungs- und Bremsassistent, Einparkhilfe, Bergabfahr- und Anfahrhilfe, Notbremssystem oder Abstandsregeltempomat ausgestattet. Neben den großen etablierten Automobilherstellern aus Europa, den USA, Japan und Korea bietet auch der noch recht junge US-amerikanische Autoproduzent Tesla Fahrzeuge an, die teilautomatisiertes Fahren ermöglichen. Zudem sind hier auch die (bislang) branchenfremden IT-Konzerne Google und Apple aktiv, wenngleich die betreffenden Fahrzeuge (noch) nicht am Markt verfügbar sind. Der Fahrdienstvermittler Uber ist ein Beispiel für die Anwendung dieser neuen Technologien und Fahrzeuge, ohne selbst hauptverantwortlich in deren Ent- wicklung oder Produktion involviert zu sein. Die aktuellen Forschungsaktivitäten richten sich primär auf die hoch- und vollau- tomatisierte Fahrtechnik. So testet Daimler das hochautomatisierte Forschungs- fahrzeug „015 Luxury in Motion“ sowie das Assistenzsystem „Highway Pilot“ für vollautomatisierte Nutzfahrzeuge. Google, Apple und Uber befinden sich eben- falls bereits seit geraumer Zeit in der Testphase von vollautomatisierten Proto- typen. Auch andere Hersteller wie Toyota, PSA, BMW und Volkswagen testen ähnliche Technologien bereits in der Praxis. Der US-amerikanische Autoherstel- Gesetzlicher Rahmen für autonomes Fahren in Deutschland steht Fahrzeuge mit teilautomatisierten Fahreigenschaften werden in- zwischen in Serie produziert Forschung ist schon weiter vorange- schritten Das „digitale Auto“ 7 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor ler Ford gab bekannt, man wolle bis zum Jahr 2021 autonome Fahrzeuge ohne Lenkrad und Pedale produzieren. Ebenso stellte Volkswagen auf dem letzten Pariser Automobilsalon sein neues für 2020 geplantes Elektroauto vor, welches bis 2025 auch in einer autonom fahrenden Version auf den Markt kommen soll. Die Liste der Forschungsaktivitäten von Autoherstellern und Kfz-Zulieferern auf diesem Gebiet wird stetig länger, weshalb hier nur eine Auswahl genannt wer- den kann. Die Beispiele verdeutlichen: Treiber des technischen Fortschritts sind sowohl die großen Automobilhersteller (und ihre traditionellen Zulieferer) als auch bis- lang branchenfremde IT-Konzerne. Diese bringen die etablierten Unternehmen in Zugzwang. Insofern gilt hier das Sprichwort, dass Konkurrenz das Geschäft belebt. Es ist plausibel, dass das Engagement der traditionellen Autohersteller im Bereich des autonomen Fahrens bzw. des „digitalen Autos“ ohne die Initiati- ven der „Newcomer“ weniger groß ausgefallen wäre. 2.3 Das „digitale Auto“ weckt große Hoffnungen und Erwartungen Während die Anbieter die Technologien rund um das „digitale Auto“ vorantrei- ben, wachsen öffentliches Interesse und Erwartungen. Zunehmende Verkehrs- engpässe (vor allem in den Großstädten der Schwellenländer), Luftverschmut- zung durch Abgase und ein erhöhtes Unfallrisiko in vielen Ländern sind uner- wünschte Entwicklungen, die mit dem bisherigen Mobilitätsverhalten einherge- hen. Die Hoffnungen und Erwartungen bestehen, diese Trends durch eine intel- ligentere Mobilität u.a. mittels „digitaler Autos“ abzumildern oder umzukehren: — Verkehrsaufkommen und Verkehrsfluss: Weltweit befinden sich derzeit be- reits über 1 Milliarde Kraftfahrzeuge in Gebrauch (inklusive Nutzfahrzeuge). Seit 2005 dürfte der weltweite Kfz-Bestand um insgesamt knapp 50% zuge- nommen haben. Auch die Verkehrsleistung im Straßenverkehr steigt stetig. Staus zählen in vielen Städten und an Verkehrsknotenpunkten zum Alltag. Intelligente Fahrtechnologien könnten den Verkehrsfluss erhöhen und im Idealfall – so die Hoffnung vieler Marktakteure – das Verkehrsaufkommen senken bzw. zumindest die Wachstumsrate des Verkehrsaufkommens ver- ringern. — Klima- und Umweltwirkungen: Auf den Straßenverkehr entfallen knapp 18% der weltweiten energiebedingten CO 2 -Emissionen. Das „digitale Auto“ könn- te z.B. über einen verbesserten Verkehrsfluss, eine höhere Fahrzeugaus- lastung bzw. ein verringertes Verkehrsaufkommen dazu beitragen, Fort- schritte auf dem Weg zu einem langfristig angestrebten klimaneutralen Straßenverkehr zu erzielen. Dazu müsste dieser in den nächsten Jahrzehn- ten natürlich vor allem auf (bezahlbare) erneuerbare Energien umgestellt werden; der Einfluss allein des „digitalen Autos“ ist stark begrenzt, solange diese überwiegend mit fossilen Kraftstoffen betrieben werden. — Verkehrssicherheit: Weltweit sterben laut Weltgesundheitsorganisation jähr- lich rd. 1,25 Mio. Menschen im Straßenverkehr, bei leicht steigender Ten- denz. In Deutschland ist die Zahl zwar rückläufig, es waren 2016 aber im- mer noch etwas mehr als 3.200 Menschen. Die Unfallursachen bei Stra- ßenverkehrsunfällen mit Personenschaden in Deutschland lagen nach An- gaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) 2015 bei knapp 88% der Fälle beim Fahrzeugführer. Mehr Sicherheit und weniger Unfälle im Straßenverkehr zählen daher zu den wichtigsten Erwartungen an das „digitale Auto“. — Zugang zu individueller Mobilität: Der Anteil der erwachsenen Personen mit Führerschein ist in Deutschland mit zuletzt rd. 87% (Stand: 2014) sehr hoch. Dennoch ist die Automobilität – etwa aus Kostengründen – nicht für alle zugänglich. Das „digitale Auto“ könnte individuelle Mobilität für mehr Verschiedene Unternehmen treiben technischen Fortschritt voran 42,1 19,2 17,5 21,2 Strom- und Wärmeerzeugung Industrie und Bau Straßenverkehr Sonstige Quelle: IEA Straßenverkehr wichtige Emissionsquelle 3 Anteil einzelner Sektoren an globalen energie- bedingten CO 2 -Emissionen, 2014 0 2.000 4.000 6.000 8.000 10.000 12.000 91 93 95 97 99 01 03 05 07 09 11 13 15 Zahl der Verkehrstoten im Straßenverkehr in Deutschland Quellen: DIW Verkehr in Zahlen, Statistisches Bundesamt Zahl der Verkehrstoten sinkt in Deutschland tendenziell 4 Das „digitale Auto“ 8 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor gesellschaftliche Gruppen ermöglichen. Freilich liegt hierin ein gewisser Widerspruch zum Ziel, das Verkehrsaufkommen insgesamt zu senken. — Mehr Komfort und frei verfügbare Zeit: Fahrassistenzsysteme bieten schon heute einen hohen Fahrkomfort. Das „digitale Auto“ könnte den Komfort in Zukunft noch steigern und es dem Fahrer ermöglichen, während der Fahrt produktiveren Tätigkeiten nachzugehen oder sich zu entspannen. In den folgenden Ausführungen diskutieren wir, inwiefern die hier skizzierten Erwartungen an das „digitale Auto“ erfüllt werden dürften. 3. Die Angebotsseite: Das „digitale Auto“ sorgt für spürbare Marktverschiebungen Die hohe Geschwindigkeit des technischen Fortschritts auf dem Weg zum „digi- talen Auto“ basiert auf einem Wettrennen der beteiligten Unternehmen. Der Konkurrenzdruck zwischen alteingesessenen Automobilherstellern und bislang branchenfremden Akteuren aus dem IT-Sektor ist dabei ein wichtiger Treiber. Beim Blick auf die mediale Berichtserstattung entsteht häufig sogar der Ein- druck, als befinde sich die klassische Automobilindustrie in der Rolle des Ge- triebenen. Aber stehen die Marktchancen für die traditionellen Autohersteller wirklich so schlecht? Bevor wir uns den Zukunftsperspektiven der Branche ins- gesamt widmen, ist aus volkswirtschaftlicher Sicht eine kurze Skizze des Auto- mobilmarkts aufschlussreich. Wie genau verändert der Digitalisierungsprozess die Markt- und Wettbewerbsbedingungen? Markt- und Wettbewerbsstrukturen im Automobilsektor: ein Überblick Der gesamte Automobilsektor umfasst eine viel größere Zahl an Akteuren, als es auf den ersten Blick scheint: Zu nennen ist die eigentliche Automobilindust- rie, die sich nach offizieller statistischer Abgrenzung aus den Autoherstellern, den Kfz-Zulieferern sowie dem recht kleinen Bereich der Hersteller von Karos- serien, Aufbauten und Anhängern zusammensetzt. Darüber hinaus spielen wei- tere vor- und nachgelagerte Sektoren eine wichtige Rolle. So liefern auch Unternehmen aus der Elektrotechnik, der Metall-, Chemie-, Kunststoff- oder Textilindustrie Vorprodukte an die eigentliche Automobilindustrie. Bedeutsam sind ferner die Ausrüster von Automobilfabriken, vor allem der Maschinenbau. Eine große Rolle spielen zudem verschiedene Forschungseinrichtungen. Zu den nachgelagerten Sektoren gehören u.a. Kfz-Händler und Werkstätten. Die automobile Wertschöpfungskette wird zum Teil von spezialisierten Logistik- unternehmen organisiert. Schließlich gibt es eine Reihe automobilspezifischer Dienstleistungen (z.B. Kfz-Banken, Versicherungen und Sachverständige, Ent- wicklungsbüros, TÜV). Die Zahl der Anbieter fällt in den einzelnen Teilbereichen unterschiedlich hoch aus. In der eigentlichen Automobilindustrie stehen dabei recht wenige, dafür aber zumeist große Autohersteller sehr vielen Zulieferern gegenüber. Bei letzte- ren reicht das Spektrum von kleinen und mittelständischen Betrieben bis hin zu global agierenden Konzernen. Die Vielzahl beteiligter Akteure deutet auf einen intensiven brancheninternen Wettbewerb hin. Charakteristisch für den Sektor und das Produkt Auto ist außerdem das hohe Maß an Regulierung. Dies gilt vor allem für die Bereiche Ökologie bzw. Klimaschutz und Sicherheit. Die Bedeutung der Zulieferer für die Innovationskraft der gesamten Automobil- industrie ist immens. Das Produktportfolio der Zulieferer ist besonders vielfältig. In Zukunft dürfte sich dies noch verstärken, denn durch die Digitalisierung des Automobils werden (noch) mehr software- statt hardwarebasierte Systeme be- nötigt. Dies bindet erhebliche finanzielle und personelle Kapazitäten bei den Zulieferern. Für die Branche bedeutet dies eine große Herausforderung, zumal Automobile Wertschöpfungskette ist sehr komplex Wenige Automobilhersteller, viele Zulieferer 87,6 0,9 3,4 3,4 4,7 Ursachen bei Fahrzeugführern Ursachen bei Fahrzeugen Ursachen bei Fußgängern Straßenverhältnisse Sonstige Unfallursachen liegen meist beim Fahrzeugführer 5 Unfallursachen bei Straßenverkehrsunfällen mit Personenschaden in DE, 2015, Anteile, % Quelle: DIW Verkehr in Zahlen Das „digitale Auto“ 9 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor gleichzeitig aus Kostengründen der Produktionsprozess fortlaufend optimiert werden muss. Die Notwendigkeit, alternative Antriebstechnologien zur Marktrei- fe zu bringen, erfordert parallel dazu weitere Ressourcen und stellt perspekti- visch ganze Geschäftsbereiche in Frage. Bei der Umstellung vom herkömmli- chen Verbrennungsmotor zur batterieelektrischen Mobilität wird nämlich eine Reihe an Bauteilen (z.B. Getriebe oder Abgasreinigung) schlicht überflüssig, wenngleich dies nicht von heute auf morgen geschieht. Insgesamt erweitert sich der Kreis potenzieller Zulieferer infolge der Digitalisie- rung des Autos (vor allem in den Bereichen Elektrotechnik, Software und Da- tenverarbeitung sowie digitale Sicherheit). Für die Marktstrukturen der Branche heißt das: Der Automobilsektor wird noch komplexer, neue Produktsparten und potenzielle Marktakteure treten hinzu, und eine klare Trennung zwischen Auto- mobilsektor und angrenzenden Bereichen wird immer schwieriger. Warum erläutern wir diese Marktstrukturen? Nun, angesichts der skizzierten Komplexität der gesamten automobilen Wertschöpfungskette, des intensiven Wettbewerbs sowie wegen des hohen Maßes an Regulierung erscheint die Branche auf den ersten Blick für Neu- und Quereinsteiger wenig attraktiv bzw. nur schwer anfechtbar. Dennoch sind im Zuge der Digitalisierung des Auto- mobils (und durch den Bedeutungsgewinn alternativer Antriebe) neue Akteure auf dem Sprung. Dies stellt die Automobilhersteller, die großen und international agierenden Zulieferer sowie kleine und mittelständisch geprägte Zulieferer vor unterschiedliche Herausforderungen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht gilt es des- halb, ein differenziertes Bild zu zeichnen. Wer könnte den Sprung in welche Bereiche des automobilen Sektors der Zukunft wagen? 3.1 Neue Marktakteure sind bereits gestartet Mit Google und Apple mischen zwei branchenfremde Unternehmen im Rennen um das „digitale Auto“ kräftig mit. Angesichts ihrer Innovationskraft und Finanz- stärke gelten sie als neue Konkurrenten der Automobilindustrie, seit ihre Ambi- tionen auf diesem Gebiet bekannt wurden. So testete Google bereits 2009 sei- nen ersten Prototypen eines autonom fahrenden Autos und gilt für viele Markt- beobachter als Pionier auf diesem Gebiet. Doch die neuen Akteure sind weitaus vielfältiger. Daher gibt es auch keine einfache Antwort auf die Frage, wie groß das Bedrohungspotenzial für die traditionelle Automobilindustrie ist. Wer sind die neuen Marktakteure und weshalb interessieren sie sich für das Automobilgeschäft (oder auch nicht)? Für eine genauere Betrachtung der neuen Konkurrenzsituation in der Automo- bilindustrie verwenden wir die nachfolgende Klassifizierung, anhand derer wir potenzielle Konkurrenten für die traditionelle Automobilindustrie mit ihren jüngs- ten Aktivitäten und der Ausrichtung ihrer Geschäftstätigkeit vorstellen: i . Neue Automobilhersteller ii. Neue Zulieferer iii. Digitale Ökosysteme iv. Digitale Mobilitätsdienstleister und Carsharing-Anbieter Neue Automobilhersteller Weltweit ist die Zahl der unabhängig agierenden Automobilhersteller in den letzten Jahrzehnten fast stetig gesunken; der intensive Wettbewerb sowie die Bedeutung von Größenvorteilen in Einkauf, Produktion und Vertrieb haben maßgeblich zu diesem Konsolidierungsprozess beigetragen. Neue Anbieter mit Grenzen zwischen eigentlicher Au- tomobilindustrie und angrenzenden Sektoren verschwimmen Komplexität der automobilen Wert- schöpfungskette bildet Marktzutrittsbarriere Digitale Ökosysteme zählen zu den neuen Akteuren im Automobilsektor Nur wenige neue Autohersteller Das „digitale Auto“ 10 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor überregionaler Bedeutung sind die absolute Ausnahme. Und es gibt tatsächlich keinen (neuen) Anbieter, der vor allem durch die Themen „digitales Auto“ oder „autonomes Fahren“ getrieben ist. Eine direkte Konkurrenz im Kerngeschäft der Automobilproduktion besteht derzeit also kaum. Am ehesten passt hier das US- amerikanische Unternehmen Tesla Motors ins Bild, welches 2003 gegründet wurde. Das Unternehmen ist vor allem dafür bekannt, vollständig auf elektrische Antriebe zu setzen – bislang mit einem Fokus auf Fahrzeuge der automobilen Oberklasse. Allerdings erzielt Tesla auch im Bereich autonomes Fahren erhebli- che Fortschritte. So hat Tesla als erster Hersteller angekündigt, seine Autos mit der nötigen Hardware auszustatten, die zu einem späteren Zeitpunkt autono- mes Fahren ermöglichen soll. Zudem gab das Unternehmen Pläne bekannt, eine Online-Plattform für die Vermittlung von Mobilitätsdiensten einzurichten. Damit positioniert sich Tesla in den Geschäftsfeldern „autonomes Fahren“ und „digitale Mobilitätsdienstleistungen“. Betriebswirtschaftlich erwirtschaftet Tesla aus verschiedenen Gründen bislang zwar ganz überwiegend Verluste und ist gemessen an den abgesetzten Fahrzeugen nach wie vor ein Nischenanbieter. Aufgrund der Ausrichtung des Unternehmens auf den Bau von Elektrofahrzeu- gen, die perspektivisch autonomes Fahren ermöglichen sollen, ist Tesla derzeit aber wohl der einzige (recht) neue direkte Konkurrent der klassischen Automo- bilhersteller im Kerngeschäft des Automobilbaus. Neue Zulieferer Ohne die Innovationskraft der Kfz-Zulieferer dürfte das „digitale Auto“ wohl nur schwer den Weg auf die Straße finden. Es ist zu erwarten, dass viele der etab- lierten Unternehmen ihr Produktspektrum in diesen Bereich erweitern. Gleich- wohl treten auch neue Anbieter in den Markt ein. Die Gruppe potenzieller neuer Zulieferer ist groß und schwer überschaubar. Einerseits signalisieren breit auf- gestellte IT- und Softwarekonzerne wie Google, Apple oder der chinesische Suchmaschinenanbieter Baidu Interesse, ihre Geschäftsmodelle in den Bereich des „digitalen Autos“ auszuweiten, andererseits finden sich auf dem Markt hoch spezialisierte Hersteller z.B. von Fahrassistenzsystemen wie der israelische Hersteller Mobileye. Hier entstehen derzeit zahlreiche neue strategische Part- nerschaften und Kooperationen. Auch der Bereich Sicherheit wird für die Auto- mobilbranche zunehmend relevanter und eröffnet u.a. jungen Unternehmen den Zugang zur Branche. Das israelische Start-up-Unternehmen Argus Cyber Secu- rity spezialisierte sich beispielsweise auf die Car-Hacking-Problematik. Digitale Ökosysteme In der öffentlichen Wahrnehmung werden so genannte digitale Ökosysteme aus der IT- und Datenwirtschaft häufig als größte Konkurrenten der traditionellen Automobilindustrie eingeschätzt. Die bekanntesten Beispiele sind sicherlich Google und Apple. Während Google mit seiner Suchmaschine ursprünglich als Anbieter von softwarebasierten Internetdienstleistungen startete, wurde Apple als einer der ersten Anbieter von Computern für die private Nutzung zunächst als Hardwareanbieter bekannt. Beide Unternehmen erweiterten ihr Angebot im Laufe der Jahre stark; ihr breites Produktspektrum ist inzwischen zu einem Mar- kenzeichen geworden. Sowohl Google als auch Apple haben Technologien entwickelt, mit denen eine Vernetzung von Smartphones, die mit dem jeweils eigenen Betriebssystem ausgestattet sind, mit dem Kommunikationssystem der Fahrzeuge ermöglicht wird (Android Auto und Apple CarPlay). Apple sorgt seit 2014 mit dem „Project Titan“ für Aufmerksamkeit in der Bran- che. Laut Medienberichten hatte Apple zahlreiche Spezialisten aus der Automo- bilindustrie abgeworben. Daher sind die anhaltenden Diskussionen nachvoll- ziehbar, dass das Unternehmen an einem autonom fahrenden und elektrisch Tesla macht Fortschritte beim autonomen Fahren Für alte und neue Zulieferer eröffnet sich umfangreiches Produktspektrum Apple und Google erweitern ihr Angebot stetig Das „digitale Auto“ 11 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor angetriebenen „Apple Car“ arbeite. Zwischenzeitlich konnte man der Presse jedoch auch Nachrichten über Unsicherheiten bezüglich der konkreten Fortfüh- rung des Projekts entnehmen. Im Frühjahr 2017 stellte Apple in den USA den Antrag, Testfahrten mit autonom fahrenden Autos durchführen zu können. Google sorgt mit seinen autonomen Testversuchen seit einiger Zeit für Schlag- zeilen. Die bereits im Oktober 2016 angekündigten Pläne, die bisherige For- schungsabteilung auf diesem Gebiet in eine eigenständige Firma überführen zu wollen, konkretisierten sich. Seit Dezember 2016 treibt eine neue Tochterfirma unter dem Namen „Waymo“ die Entwicklung autonomer Fahrtechnologien vor- an. Gleichzeitig sorgte eine Meldung für Aufsehen, wonach Google auch im Mobilitätsdienstleistungssegment aktiv werden wolle. Grundsätzlich bemühen sich beide Unternehmen um Partnerschaften mit Auto- herstellern und digitalen Mobilitätsdienstleistern. So beteiligte sich Google am Mobilitätsdienstleister Uber und kooperiert mit dem Autobauer Fiat Chrysler, dessen Fahrzeuge das Unternehmen für seine Testversuche im Bereich auto- nomes Fahren umbaut. Apple ist beim chinesischen Mobilitätsdienstleister Didi Chuxing eingestiegen, und eine Kooperation mit dem indischen Fahrdienstleis- ter Ola ermöglicht es den Fahrgästen des indischen Marktführers, das Musikan- gebot von Apple zu nutzen. Aufgrund ihrer Herkunft ist es naheliegend, dass die beiden Unternehmen in ganz besonderem Maß daran interessiert sind, digitale Serviceleistungen aus- zubauen und zu vermarkten, die rund um den Straßenverkehr und darüber hin- aus nützlich sein können. Es geht ihnen letztlich also (auch) darum, die Daten- flut zu monetarisieren, die vor, während und nach einer Autofahrt verfügbar ist bzw. generiert wird. Je umfangreicher der Zugriff der Unternehmen auf die je- weils aktuellen und zu erwartenden Daten der einzelnen Autofahrer sowie der eingesetzten Fahrzeuge ist, desto leichter wird dieses Vorhaben fallen. Letztlich dürften die Nutzer quasi mit ihren persönlichen Daten dafür zahlen, dass ihnen im weitesten Sinne maßgeschneiderte Informationen rund um ihre Autofahrt angeboten werden oder dass sie die Fahrtzeit besser nach individuellen Präfe- renzen für geschäftliche und private Zwecke nutzen können. Fragen der Daten- hoheit und -sicherheit werden damit relevant. Erfahrungen aus anderen digita- len Geschäftsfeldern (z.B. aus den sozialen Medien) zeigen, dass viele Inter- netnutzer bezüglich ihrer Datenhohehit recht gleichgültig, großzügig oder zu- mindest unbekümmert agieren. Digitale Mobilitätsdienstleister und Carsharing-Anbieter Eine große Gruppe neuer Akteure bilden schließlich die digitalen Mobilitäts- dienstleister im weitesten Sinne. Ein Vergleich der bekanntesten Unternehmen hinsichtlich Produktangebot bzw. Geschäftsmodell sowie Absatzmarkt zeigt, dass die Anbieter sehr verschieden ausgerichtet sind und sich ihre Geschäfts- modelle im Wandel befinden. Eine Gemeinsamkeit liegt darin, dass es sich überwiegend um recht junge Unternehmen handelt. Am bekanntesten ist wohl der US-amerikanische Fahrdienstleister Uber (seit 2009). Das Unternehmen ist in sehr vielen Ländern aktiv und vermittelt Fahrgäste über eine App an Fahrer mit Mietwagen oder privatem Pkw. Google und Toyota sind an Uber beteiligt. Seit 2016 macht das Unternehmen mit seinen autonomen Testfahrten mit Fahr- zeugen des Autoherstellers Ford auf sich aufmerksam. Direkter Konkurrent auf dem US-amerikanischen Markt ist das Unternehmen Lyft (seit 2012), an dem unter anderem General Motors beteiligt ist. Das 2010 gegründete israelisch-amerikanische Unternehmen Gett ist in mehr als 100 Städten weltweit aktiv. Seit 2016 ist VW an Gett beteiligt. Im Gegensatz zu Uber (und Lyft) arbeitet Gett ausschließlich mit lizensierten Taxifahrern zu- sammen und entgeht damit rechtlichen Grauzonen, mit denen Uber derzeit vor Vielfältige Beteiligungen Automobildaten sind für digitale Öko- systeme sehr interessant Viele junge Unternehmen bieten digitale Mobilitätsdienste an Das „digitale Auto“ 12 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor allem auf dem europäischen Markt zu kämpfen hat. Dabei geht es zum einen (mit Blick auf die Auswahl der Fahrer) um entsprechende Lizenzen, die bei pri- vaten Fahrern meist nicht vorhanden sind. In diesem Zusammenhang bleiben viele versicherungstechnische Fragen (z.B. bezüglich der Haftung bei Zwischen- fällen) beim Geschäftsmodell von Uber Gegenstand rechtlicher Grauzonen. Daher ist das Vermittlungsangebot z.B. in Deutschland per Gerichtsbeschluss zurzeit grundsätzlich als rechtswidrig eingestuft und wurde in der Folge deutsch- landweit vorerst eingestellt. Zum anderen befinden sich arbeitsrechtliche Fragen zum Thema Anstellungs- und Lohnverhältnisse derzeit in der öffentlichen Dis- kussion. Wie diese rechtliche Debatte um private digitale Mobilitätsdienstleis- tungen ausgehen wird, ist derzeit nicht absehbar. Von Land zu Land unter- schiedliche Lösungen sind wahrscheinlich. Auf dem chinesischen Markt ist der Mobilitätsdienst Didi Chuxing (seit 2012) aktiv. Hier hält Apple eine Beteiligung. Der Anbieter Grab-Taxi (seit 2012) ist im südostasiatischen Raum marktführend und kooperiert mit dem Start-up nuTonomy, welcher in Singapur autonome Taxidienstleistungen testet. Der in- dische Markt für Mobilitätsdienstleistungen wird vom lokalen Anbieter Ola be- dient, der ebenfalls seit November 2016 mit Apple kooperiert. Im noch jungen Mobilitätsdienstleistungssektor herrscht also eine hohe Dynamik. Gleichzeitig kämpft die Start-up-Szene mit Vorwürfen, das Geschäftsmodell funktioniere maßgeblich aufgrund von schlecht bezahlten Arbeitsplätzen (v.a. in Form von Scheinselbstständigkeit) bzw. ungeregelten Arbeitszeiten. Solche Vorwürfe sind auch aus anderen, auf digitalen Servicedienstleistungen basierenden Bereichen bekannt (z.B. Bezahlung und Arbeitszeiten von Paketzustellern im Bereich E- Commerce oder von Kurieren bei so genannten Food-Delivery-Services). So- lange regulatorische Marktzutrittsbarrieren gering sind, ist dennoch zu erwarten, dass weitere Unternehmen auf den Markt für digitale Mobilitätsdienstleistungen drängen und neue Städte/Regionen erschlossen werden. Da aber zugleich Netzwerkeffekte und Größenvorteile für die Nutzerakzeptanz sowie die Kosten- basis der Anbieter wichtig sind, ist eine Konsolidierung wohl unvermeidbar; man vergleiche hierzu den Markt für Fernbuslinienverkehre in Deutschland, wo sich nach einem anfänglichen raschen Zuwachs der Zahl neuer Anbieter nur noch wenige große Anbieter tummeln (die jedoch auf Subunternehmen zurückgrei- fen). Während das Geschäftsmodell der digitalen Mobilitätsdienstleister fast aus- schließlich auf das digitale Vermitteln von Fahrdiensten ausgelegt ist, richten Carsharing-Anbieter ihr Angebot stärker auf die Vermietung von Fahrzeugen. Ein Blick auf die größeren Carsharing-Anbieter zeigt allerdings, dass diese ihren Ursprung – zumindest in Deutschland – häufig bei den Automobilherstellern (und Autovermietern) selbst haben und somit letztlich keine komplett neuen Akteure darstellen. So ist z.B. das Angebot Car2Go (seit 2012) ein Dienst von Daimler in Zusammenarbeit mit der Autovermietung Europcar. Der Carsharing- Dienst DriveNow wird von BMW in Kooperation mit dem Mietwagenunterneh- men Sixt angeboten und expandiert unter dem Namen ReachNow auf den ame- rikanischen Markt. Autovermietungen haben ohnehin eine natürliche Nähe zum Thema Carsharing. Der größte Carsharing-Anbieter in den USA (Zipcar) wird beispielsweise von der Autovermietung Avis betrieben. Es lässt sich festhalten, dass sowohl die Unternehmen, die sich auf das Vermit- teln von Fahrdiensten spezialisiert haben, als auch die Carsharing-Anbieter nicht direkt mit der klassischen Automobilindustrie in der Automobilproduktion konkurrieren. Vielmehr verändert ihre Marktdurchdringung das Nutzungsverhal- ten bzw. die Nachfrage der Autofahrer nach individueller Mobilität. Auf die Aus- wirkungen eines veränderten Nachfrageverhaltens auf die Autohersteller gehen wir im 4. Kapitel ein. Kritik am Geschäftsmodel l von Anbietern digitaler Mobilitäts- dienstleistungen Konsolidierung auf Anbieterseite wahrscheinlich Autohersteller im Carsharing- Markt aktiv Nutzung des Produkts Auto ändert sich durch Carsharing & Co. Das „digitale Auto“ 13 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor 3.2 Vielfältige Konkurrenz für die klassische Automobilindustrie – Markt- chancen für die neuen Akteure, aber auch Alteingesessene Es ist unsicher, wie groß der Markt rund um das „digitale Auto“ künftig sein wird. Dies gilt auch für die Frage, wer die neuen Märkte wie schnell und wie profitabel erschließen kann. Aktuelle Schätzungen vermitteln jedoch einen ungefähren Eindruck von den entsprechenden Größenordnungen. Laut einer Studie von McKinsey 4 könnte der weltweite Umsatz im Automarkt (Autoverkauf, Aftermarket, Shared Mobility sowie Datenmarkt und digitale Servicedienst- leistungen) bis 2030 um jährlich 5% auf über USD 7.000 Mrd. wachsen; dies entspräche einer Verdopplung im Vergleich zu heute. Überdurchschnittliche Wachstumstreiber sind dabei die jungen digitalen Teilmärkte. So würde nach dieser Einschätzung der Anteil des Datenmarktes sowie der digitalen Service- dienstleitungen 2030 (je nach Umsatzentwicklung) etwa 6 bis 10% des Ge- samtumsatzes ausmachen (aktuell ist er praktisch nicht existent). Stark zulegen dürften auch die Märkte rund um die geteilte Mobilität. Während die Umsätze in diesem Bereich heute nicht einmal 1% (rd. USD 30 Mrd.) des gesamten Marktes betragen, könnte ihr Anteil den Schätzungen zufolge bis 2030 auf über 20% (rd. USD 1.400 Mrd.) steigen. Zwar sind solche Langfristprognosen stets mit Vor- sicht zu genießen; und eine trennscharfe Abgrenzung der Märkte ist nicht mög- lich. Aber die Größenordnungen in der zitierten Schätzung deuten darauf hin, dass der mit dem Autoverkehr zusammenhängende Daten- und Dienstleis- tungsmarkt sowie der Bereich Shared Mobility enorme Potenziale bergen. In welchen Zukunftsmärkten dürften sich die neuen Akteure vor allem positionie- ren? Und wie sind ihre jeweiligen Marktchancen einzuschätzen? Konkurrenz in einzelnen Marktsegment unterschiedlich ausgeprägt Betrachtet man die neuen Marktakteure, lässt sich feststellen, dass die Konkur- renzbeziehungen zur klassischen Automobilindustrie in den einzelnen Berei- chen (Automobilproduktion, Entwicklung von neuen Technologien rund um das autonome Fahren, Mobilitätsdienstleistungen, Carsharing und digitale Daten- dienstleistungen) sehr unterschiedlich ausfallen: Automobilproduktion: Da kaum ein neuer Anbieter mit seinen Aktivitäten speziell auf die Automobilproduktion abzielt, dürfte sich nach unserer Einschätzung der Wettbewerb in diesem traditionellen Kerngeschäft nur wenig ändern. Natürlich hat sich Tesla in einzelnen Märkten zu einem wichtigen Wettbewerber gerade für die deutschen Hersteller im Bereich der automobilen Oberklasse entwickelt; dies gilt vor allem für Automärkte, in denen die Elektromobilität staatlich geför- dert wird. 5 Das Unternehmen hat den Innovationsdruck auf die etablierten An- bieter im Bereich der Elektromobilität auch durch geschicktes Marketing massiv erhöht. Selbst wenn es Tesla aber gelänge, seine ehrgeizigen Wachstumspläne umzusetzen und dabei dauerhaft positive Ergebnisse zu erwirtschaften, bliebe das Unternehmen, gemessen an der gesamten weltweiten Fahrzeugproduktion, auf Jahre hinaus ein relativ kleiner Anbieter. Aus heutiger Sicht rechnen wir zudem nicht damit, dass die großen digitalen Ökosysteme ihr Geschäftsmodell auf die Automobilproduktion ausdehnen. Meh- rere Argumente sprechen für unsere These: — Die Automobilindustrie ist ein stark regulierter Markt. Die Anforderungen an die Fahrzeuge werden z.B. in Sachen Umwelt- und Klimaverträglichkeit oder Sicherheit weiter steigen. Warum sollten Unternehmen, die bislang in 4 Vgl. McKinsey (2016). Monetizing car data. New service business opportunities to create new customer benefits. 5 Vgl. Heymann, Eric (2017). Elektroautos legen Fehlstart hin – Dilemma für Autoindustrie und Staat. Deutsche Bank Research. Aktueller Kommentar. Frankfurt am Main. Wettbewerb im traditionellen Kernge- schäft der Automobilproduktion dürfte sich nur wenig ändern Viel spricht dagegen, dass digitale Ökosysteme in die Autoproduktion einsteigen 2.750 4.000 720 1.200 30 1.400 450-750 0 2.000 4.000 6.000 8.000 10.000 Heute Ca. 2030 Autoverkauf Aftermarket Shared Mobility Datenmarkt Neue Märkte rund um das "digitale Auto" eröffnen sich 6 Geschätztes jährliches Umsatzpotenzial nach Sparten der Automobilindustrie, Mrd. USD Quelle: McKinsey Das „digitale Auto“ 14 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor deutlich weniger regulierten Märkten unterwegs sind, ihre eigene regulatori- sche Belastung spürbar erhöhen? — Die durchschnittlichen Renditen in der Automobilindustrie fallen u.a. auf- grund des intensiven Wettbewerbs niedriger aus, als dies Unternehmen aus der IT- und Datenwirtschaft grundsätzlich gewohnt sind und auch anstre- ben. Ein Engagement in der eigentlichen Automobilproduktion könnte die durchschnittlich zu erzielende Rendite spürbar schmälern. — Die oben skizzierten gewachsenen Strukturen in der gesamten automobilen Wertschöpfungskette bilden eine gewisse Marktzutrittsbarriere. Denn allein mit der Automobilproduktion ist es natürlich nicht getan. Kurz- bis mittelfri- stig könnten die digitalen Ökosysteme ein „Komplettpaket“ wohl nur durch externes Wachstum – also durch Zukäufe – anbieten. Ihre Finanzkraft wür- de den digitalen Ökosystemen natürlich ein solches externes Wachstum ermöglichen. Die Frage ist dann wiederum, ob nicht andere Investments renditeträchtiger wären. — Der gewerkschaftliche Organisationsgrad dürfte bei Mitarbeitern in der ei- gentlichen Automobilproduktion im Durchschnitt höher sein als bei der klas- sischen Belegschaft der digitalen Ökosysteme. Technologien rund um das autonome Fahren: Viele Unternehmen werden in den nächsten Jahren Technologien entwickeln, die das „digitale Auto“ voran- bringen. Die Konkurrenz zu bislang branchenfremden Akteuren dürfte dabei sehr viel größer ausfallen, als wir das für die eigentliche Automobilproduktion erwarten. Unternehmen aus der Elektrotechnik oder der IT- und Softwareindust- rie haben hier gute Startbedingungen. Marktchancen für neue und auch etab- lierte Zulieferer ergeben sich vermutlich vor allem im Bereich hochspezialisierter Software für Fahrassistenzsysteme sowie im Bereich digitaler Sicherheitstech- nik. Der durch diese neuen Technologien generierte Umsatz erhöht das Wachs- tumspotenzial der gesamten Automobilindustrie. Der zusätzliche Umsatz dürfte 2030 auf globaler Ebene im dreistelligen Milliarden-US-Dollar-Bereich pro Jahr liegen. Ob neue oder traditionelle Anbieter einen größeren Teil des Umsatzes auf sich vereinen, ist aus heutiger Sicht schwer zu beurteilen. Die neuen Akteu- re dürften aber durchaus in der Lage sein, etwa die Hälfte des zusätzlichen Um- satzes für sich zu verbuchen. Digitale Mobilitätsdienstleistungen: Im Bereich der digitalen Mobilitätsdienst- leistungen haben neue Akteure sogar gute Chancen auf noch höhere Anteile am künftigen Marktvolumen. Die digitalen Mobilitätsdienstleister (Uber & Co.) zeichnen sich besonders durch ihre starke Orientierung an den Bedürfnissen jener Konsumenten aus, für die der Besitz eines eigenen Fahrzeugs nicht unbedingt erstrebenswert ist. Ihre Geschäftsideen basieren auf softwarebasier- ten Vermittlungsdienstleistungen und sind relativ leicht aufzubauen, weil z.B. keine Kosten für den Bau von Produktionsstätten anfallen. Zudem haben die bekanntesten Vermittlungsdienste Uber, Lyft, Gett und Didi Chuxing in der jün- geren Vergangenheit von einem enormen Zustrom an Finanzmitteln profitiert. Die Marktchancen für Mobilitätsdienstleister stehen daher durchaus gut, wobei Wachstumsperspektiven u.a. stark vom regulatorischen Umfeld und dem bishe- rigen Motorisierungsgrad abhängen dürften. Wo eine relativ lockere Gesetzes- lage herrscht – etwa in China – könnten die Geschäftsmodelle der Fahrdienst- leister deutlich stärker wachsen als etwa in Europa, wo sie regulatorisch noch umstritten sind. Eine offene Frage ist allerdings, ob die Mobilitätsdienstleister zukünftig eigenständig bleiben oder (wie das große Investitionsinteresse von vielen Seiten andeutet) zuletzt von größeren Unternehmen aus der IT-Wirtschaft oder sogar von großen Autoherstellern übernommen werden. Im Bereich Carsharing könnten die traditionellen Autohersteller sowie Vermie- tungsgesellschaften auch künftig eine sehr wichtige Rolle spielen. Gleichwohl dürften auch neue Unternehmen mit (regional begrenzten) Carsharing- Relativ niedrige Renditen in der Automobilindustrie Unternehmen aus der Elektrotechnik sowie der IT- und Softwareindustrie können vom Trend zum digitalen Auto profitieren Digitale Mobilitätsdienstleistungen: Neue Anbieter könnten hohe Markt- anteile erreichen Das „digitale Auto“ 15 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor Angeboten auf den Markt drängen. Da Größenvorteile für die Anbieter aus Kos- tengründen und Netzwerkeffekte für die Kunden hinsichtlich der Nutzerfreund- lichkeit wichtige Faktoren sein dürften, dürfte es längerfristig zumindest auf je- weils nationaler Ebene zu Konsolidierungstendenzen kommen. Digitale Datendienste und Vernetzung: In den datenbasierten Bereichen rund um digitale Dienstleistungen und Vernetzung ergeben sich insbesondere für Daten- und IT-Konzerne wie Google, Apple oder den chinesischen Suchma- schinenanbieter Baidu besonders gute Perspektiven. Die Chancen von digitalen Ökosystemen, die im Autoverkehr anfallenden Daten zu monetarisieren (z.B. über Werbung oder den anonymisierten Verkauf an Dritte), dürften davon ab- hängen, in welcher Form und wie erfolgreich sie mit Partnern v.a. aus der Au- tomobilindustrie kooperieren. Ebenfalls relevant ist in diesem Zusammenhang natürlich die Frage, wem die anfallenden Daten eigentlich gehören und wem letztlich die Einnahmen zustehen, die aus einer Vermarktung der Daten resultie- ren: demjenigen, der sie generiert, oder demjenigen, der sie tatsächlich ver- markten kann? Diese Frage dürfte von den beteiligten Unternehmen, den Auto- fahrern und letztlich vom Gesetzgeber sowie von Land zu Land unterschiedlich beantwortet werden. Mit den digitalen Ökosystemen sowie den Autoherstellern begegnen sich grundsätzlich Unternehmen mit jeweils sehr umfangreichen spezifischen Stär- ken und ausgeprägtem Selbstbewusstsein. Neben ihrer Finanzkraft liegt die größte Stärke der digitalen Ökosysteme in der Vermarktung großer Datenmen- gen, denn dies ist ein wesentlicher Teil ihres Geschäftsmodells. Diesen Vor- sprung dürften die Autohersteller wohl auch nicht einholen können. Mit dem Zugriff auf automobilnahe Daten und deren Vermarktung entwickeln sich die Internet-Konzerne zu einflussreichen Unternehmen im künftigen Automobil- markt. Denn sie dürften einen großen Teil des zusätzlichen Marktwachstums in diesem Segment für sich erobern; dafür sprechen u.a. ihre langjährige Erfah- rungen in diesem Segment sowie der weit über den Automobilsektor hinausge- hende Kundenstamm. Gleichzeitig werden die etablierten Autoproduzenten das neu entstehende Feld nicht freiwillig der Konkurrenz überlassen. Sie verfügen schließlich über enge und zum Teil langfristig gewachsene Beziehungen zu ihren Kunden und möchten diese weiter intensivieren. Und natürlich verstehen die Autohersteller mehr vom Produkt Automobil und der automobilen Wert- schöpfungskette als die Konkurrenz aus der IT-Welt. Die skizzierte Konstellation spricht dafür, dass digitale Ökosysteme und Autohersteller ihre jeweiligen Stär- ken kooperativ bündeln. Aus heutiger Sicht ist dies zumindest wahrscheinlicher als eine dauerhafte Konfrontation. Automobiler Datenmarkt: auf dem Weg zum „Null-Euro-Auto“? Der Markt für digitale Fahrzeugdaten wird unbestritten rasant wachsen. Die oben erwähnten potenziellen Umsatzzahlen geben hierfür eine grobe Orientie- rung, wenngleich es nicht einfach ist, den relevanten Markt abzugrenzen. Zäh- len jene Umsätze dazu, die auf einer Raststätte oder in einem Restaurant getä- tigt werden, welche dem Autofahrer während der Fahrt über digitale Medien angezeigt wurden? Zählen Online-Käufe per Smartphone, die im Fahrzeug ge- tätigt werden, zum digitalen automobilen Datenmarkt? Nicht einfach zu beantworten ist zudem die Frage, wieviel die Daten pro Fahr- zeug künftig wert sein werden. Einige Marktbeobachter gehen so weit zu sagen, dass der Wert dieser Daten über die Lebensdauer eines Autos künftig den Kaufpreis des Neuwagens übersteigen könnte. In letzter Konsequenz, so die Argumentation, könnten Autos dann auch an die Nutzer verschenkt werden, weil das von ihnen und ihren Fahrzeugen generierte Datenvolumen werthaltiger als das Fahrzeug an sich sei. Datenmarkt dürfte Domäne der digi- talen Ökosysteme werden – Wem gehören die Daten? Autohersteller und Internet-Kon zerne begegnen sich auf Augenhöhe … … und könnten Stärken kooperativ bündeln Das „digitale Auto“ 16 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor Nun ist es schlicht unmöglich, den technischen Fortschritt im automobilen Da- tenmarkt, die Monetarisierungsmöglichkeiten sowie die wirtschaftlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen für die nächsten 20 Jahre vorherzusagen. Diese Vision eines „Null-Euro-Autos“ (Zero Dollar Car) halten wir aus heutiger Sicht jedoch für unwahrscheinlich. Warum? Dagegen spricht, dass ein großer Teil der Autofahrten heute und wohl auch in Zukunft recht standardisiert ist (z.B. Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte oder für Einkaufszwecke). Gleich- zeitig ist die zurückgelegte Entfernung bei diesen Fahrten häufig sehr gering. Sind die dann anfallenden Daten wirklich so wertvoll, dass sie eine kostenfreie Abgabe an den Autonutzer ermöglichen? Sind die Autofahrer – oder bei (teil-) autonom fahrenden Autos die Fahrgäste – bei solchen standardisierten und kurzen Fahrten wirklich derart empfänglich für Werbung? Hinzu kommt, dass überwiegend privat genutzte Fahrzeuge wohl auch in Zu- kunft einen großen Teil des Tages ungenutzt sind. So liegt die durchschnittliche Verkehrsleistung eines Pkw in Deutschland derzeit bei etwa 14.000 Kilometern pro Jahr, also durchschnittlich bei weniger als 40 Kilometern pro Tag. Bei einer angenommen mittleren Geschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde bedeutet dies, dass ein durchschnittliches Auto zu 97% der verfügbaren Zeit nicht genutzt wird und damit keine (mobilen) Daten produziert. Selbst wenn man unterstellt, dass durch Carsharing & Co. die durchschnittliche Verkehrsleistung und Nut- zungsdauer pro Auto massiv steigt, stellt die geringe Kapazitätsauslastung ei- nes Autos ein Problem für die Realisierung eines „Null-Euro-Autos“ dar. Interes- sant ist in diesem Zusammenhang, dass private Autonutzer heute den hohen Anschaffungspreis der Autos trotz der tatsächlich sehr niedrigen Nutzungsdauer in Kauf nehmen. Für die Möglichkeit, jederzeit auf das eigene Auto zugreifen zu können, existiert also offensichtlich eine sehr hohe Zahlungsbereitschaft. Eine weitere Hürde für das „Null-Euro-Auto“ besteht schließlich darin, dass es eine komplette Änderung der Zahlungsströme voraussetzte. Dies gilt zumindest für den Fall, dass die Automobilindustrie die anfallenden Daten nicht oder nur zu einem kleinen Teil selbst monetarisieren könnte. Letztlich müssten die Unter- nehmen, welche die automobilen Daten monetarisieren können, die Autos von den Herstellern erwerben und im Extremfall an die Nutzer kostenfrei abgeben. Wir halten eine solche Entwicklung innerhalb der nächsten 20 Jahre für sehr unwahrscheinlich. Unsere Skepsis lässt sich auch mit dem Blick auf die aktuelle Situation illustrieren: Heute geben Internetnutzer – freiwillig oder unfreiwillig – eine Vielzahl von Informationen über sich während der Nutzung preis. Als Gegenleistung erhalten sie Zugang zu Kommunikationskanälen wie sozialen Medien, allgemeinen oder persönlich maßgeschneiderten Informationen und vielen anderen digitalen Services. Es fließt jedoch kein Geld an die Nutzer; die- se müssen zudem in aller Regel einen Preis für ihre Endgeräte zahlen (direkt oder indirekt). Das „Null-Euro-Smartphone“ oder der „Null-Euro-PC“ existiert wohl auch deshalb nicht, weil die individuellen Informationen des einzelnen Internetnutzers für ihn selbst keinen wesentlichen monetären Wert darstellen. Eventuell reicht aber auch die Fantasie der Autoren des vorliegenden Berichts nicht aus, um die künftigen Potenziale der digitalen automobilen Datenwelt bes- ser einschätzen zu können. Es bleibt in jedem Fall spannend. 3.3 Zwischenfazit: Kerngeschäft Automobilproduktion bleibt relativ unange- tastet, der neue Datenmarkt bietet digitalen Ökosystemen Chancen Insgesamt lässt sich aus unserer Sicht festhalten: Die eigentliche Automobilpro- duktion bleibt wohl relativ wenig angreifbar und auch künftig die Domäne der traditionellen Autohersteller. Fraglich ist, ob noch weitere neue Unternehmen wie Tesla den Sprung in die Automobilproduktion wagen werden oder ob z.B. bislang national agierende chinesische Anbieter mit einem Fokus auf autono- mes Fahren & Co. auf andere Automärkte drängen. Das Beispiel Tesla zeigt zumindest, dass es kurz- bis mittelfristig nicht trivial ist, ein betriebswirtschaftlich Das „Null-Euro-Auto“ ist aus unserer Sicht unwahrscheinlich Geringe Kapazitätsauslastung von Autos erschwert Umsetzung des „Null-Euro-Autos“ Zahlungsströme müssten sich komplett ändern Das „digitale Auto“ 17 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor tragfähiges Geschäftsmodell im Kerngeschäft der Automobilindustrie zu etablie- ren. Aus unserer Sicht werden die digitalen Ökosysteme ihr Geschäftsmodell nicht um die eigentliche Automobilproduktion (in Großserie) erweitern. Sie dürf- ten sich vor allem auf die Ausrüstung der „digitalen Autos“ mit Soft- und Hard- ware sowie auf den wachsenden automobilen Datenmarkt konzentrieren. Hier haben sie gegenüber den traditionellen Autoherstellern auch spürbare Startvor- teile, weshalb es ihnen gelingen könnte, einen großen Teil des zusätzlichen Umsatzes in diesem datenaffinen Segment für sich zu vereinnahmen. Dies dürf- te durch einen besonderen Fokus auf Technologien begleitet werden, die per- spektivisch autonomes Fahren ermöglichen sollen. Neue Zulieferer werden den Wettbewerb im Markt der digitalen Automobiltechnologien intensivieren. Und bei digitalen Mobilitätsdienstleistungen (Fahrdienste, Carsharing usw.) existieren für traditionelle und neue Anbieter gleichermaßen gute Chancen. Größenvorteile bzw. Netzwerkeffekte sprechen hier perspektivisch für eine starke Konsolidie- rung. Insgesamt verschwimmen die Grenzen innerhalb des gesamten Automo- bilsektors. Grundsätzlich lohnt eine Einschätzung zur zeitlichen Dimension des Struktur- wandels. Verfolgt man die Berichterstattung über das „digitale Auto“, kann man den Eindruck gewinnen, dass die Branche nicht nur in technologischer, sondern auch in zeitlicher Hinsicht vor einer regelrechten Revolution stehe. Gleichwohl sprechen viele Gründe dafür, dass der Weg zum „digitalen Auto“ in zeitlicher Perspektive evolutionär und nicht revolutionär sein wird. Zu nennen sind die Langlebigkeit der Fahrzeuge, traditionelle Verhaltensmuster der Autofahrer und regulatorische Hürden. Trotz des schnellen technischen Fortschritts, der sämtli- che beteiligten Unternehmen herausfordert, sind die technologischen Probleme auf dem Weg zum autonomen, unfall- und staufreien Fahrzeug noch groß. Wir kommen auf diese Aspekte zurück. Automobilindustrie: von Schockstarre keine Spur – mehr Kooperationen Die etablierten Automobilhersteller reagieren auf den verstärkten Innovations- und Wettbewerbsdruck. Sie investieren in Technologien rund um das „digitale Auto“ bzw. das autonome Fahren und werden vollautomatisierte Fahrzeuge in den nächsten Jahren in Richtung Serienreife vorantreiben; der Gesetzgeber dürfte die Regulierung an die Technologie anpassen, wobei den Sicherheitsas- pekten auch künftig besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Im Geschäfts- feld der digitalen Mobilitätsdienstleistungen dürften die Autohersteller ebenfalls aktiv bleiben. Die erwähnten Carsharing-Angebote Car2Go und DriveNow seien als Beispiele genannt. Hinzu kommen weitere digitale Services wie Taxivermitt- lung (z.B. die myTaxi-App von Daimler), Online-Parkplatzvorbestellung (ParkNow) oder Ladestationsvermittlung für Elektroautos (ChargeNow). Zudem können die Autofahrer während der Fahrt immer mehr (digitale) Echtzeitinforma- tionen über ihre Route, Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants, Tankstellen, Hotels usw. erhalten und bei immer mehr Autoherstellern auch Service-Mitarbeiter persönliche kontaktieren, die für den Kunden während der bestimmte Tätigkei- ten durchführen (z.B. Restaurant- oder Hotelreservierungen). Der Weg zum „digitalen Auto“ ist von einer Vielzahl an branchenübergreifenden Kooperationen, Beteiligungen und Übernahmen geprägt. Dieser Trend dürfte sich künftig fortsetzen. Die deutschen Automobilhersteller zeigen sich hier sehr kooperationsfreudig, wie folgende weitere Beispiele zeigen: Audi, BMW und Daimler haben 2015 gemeinsam den Online-Geodaten- und Kartendienstleister HERE übernommen. Ferner wurde im Herbst 2016 die 5G Automotive Association gegründet. Hier kooperieren die drei genannten deutschen Auto- hersteller mit Ericsson, Huawei, Intel, Nokia und Qualcomm, um Fortschritte beim vernetzten Fahrzeug zu erzielen. Das Bündnis kann durchaus als Antwort auf die Aktivitäten der digitalen Ökosysteme interpretiert werden. Auch im Seg- Wettbewerbsstrukturen werden sich je nach Teilgebiet der Automobil- industrie stark unterscheiden Viele Faktoren sprechen für eine evolutionäre Entwicklung hin zum „digitalen Auto“ Autohersteller erweitern ihrerseits ihr Produktspektrum Branchenübergreifende Kooperatio- nen an der Tagesordnung Das „digitale Auto“ 18 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor ment der Kfz-Zulieferer oder bei den digitalen Mobilitätsdienstleistern gibt es Kooperationen und Übernahmen. Insgesamt wird fast täglich über neue (bran- chenübergreifende) Kooperationen berichtet, die auf das „digitale Auto“ ausge- richtet sind. Die hier und an anderer Stelle des Berichts genannten Beispiele zeigen also nur einen kleinen Ausschnitt der Aktivitäten. Traditionelle Stärken der Automobilindustrie bleiben erhalten Die Stärken der traditionellen Automobilhersteller dürften auch auf dem Weg zum „digitalen Auto“ bedeutsam bleiben. Zu nennen sind langfristig gewachsene Geschäftsbeziehungen zu anderen Firmen aus der automobilen Wertschöp- fungskette sowie das Beherrschen dieser Wertschöpfungskette, von der For- schung und Entwicklung bis hin zum Vertrieb und After-Sales-Service. Ein Indiz, welches die Innovationskraft der (deutschen) Automobilindustrie unterstreicht, ist die Zahl der erteilen Patente im Bereich autonomes Fahren. Demnach gin- gen 57% der (seit 2010) weltweit erteilten Patente in diesem Bereich an deutsche Hersteller und Zulieferer. 6 Die internationale Ausrichtung schützt in gewissem Maße vor konjunkturellen Schwankungen; auch hier haben deutsche Unternehmen in den letzten Dekaden enorme Fortschritte erzielt. In Sachen Markenbekanntheit und Image brauchen sich viele Autohersteller nicht vor der neuen Konkurrenz aus der IT-Industrie zu verstecken, wobei es natürlich Kun- dengruppen gibt, die sich stärker an den Marken aus der IT-Welt orientieren. Für den Autofahrer sind die Änderungen auf der Angebotsseite des Automobil- sektors grundsätzlich positive Nachrichten. Es tummeln sich mehr Unternehmen in diesem Markt, die das bisherige automobile Angebot verbessern und um digi- tale Services erweitern wollen. Der Wettbewerb begünstigt Innnovationen und niedrigere Preise. Ob diese Angebote auch auf fruchtbaren Boden fallen, wer- den wir im nächsten Kapitel beleuchten. 4. Die Nachfrageseite: Was will eigentlich der Nutzer? Wir haben gesehen, dass viele Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen an der Entwicklung des „digitalen Autos“ arbeiten. Wenn man so will, ist die Angebotsseite bestrebt, zusätzliche Nachfrage zu schaffen. Dabei wird das „di- gitale Auto“ – sofern es keinen staatlichen Zwang gibt und Alternativen existie- ren bleiben – gegen den Willen des Nutzers nicht den Weg auf die Straßen fin- den. Im folgenden Kapitel versuchen wir einzuschätzen, inwiefern die Präferen- zen der (potenziellen) Nutzer sowie gesellschaftliche Mobilitätstrends als Treiber bei der Entwicklung des „digitalen Auto“ wirken können. Im Mittelpunkt stehen dabei folgende Fragen: Wie steht der Nutzer dem „digitalen Auto“ gegenüber? Welche Eigenschaften schätzt er besonders und bei welchen Technologien ist er skeptisch? Inwieweit verliert der Besitz eines eigenen Autos durch Carsharing und alternative Mobilitätskonzepte an Bedeutung? Wie wirken sich veränderte Mobilitätspräferenzen auf die Automobilindustrie aus, und wie sind die Unter- nehmen hier aufgestellt? 4.1 Das „digitale Auto“ stiftet zusätzlichen Nutzen – aber wieviel? Das „digitale Auto“ in seiner Idealform wird dem Autofahrer – oder besser: dem Insassen – spürbaren zusätzlichen Nutzen stiften. Beispielsweise kann die im Auto verbrachte Zeit flexibler genutzt werden, wenn das Fahrzeug autonom fährt; maßgeschneiderte Informationen erleichtern den Alltag. Wie hoch dieser Nutzen ausfällt bzw. wie wertvoll er von den einzelnen Nutzern eingeschätzt wird, hängt u.a. von deren individuellen Präferenzen, dem Zweck und der Länge 6 Vgl. Bardt, Hubertus (2016). Autonomes Fahren. Eine Herausforderung für die deutsche Autoin- dustrie. Institut der deutschen Wirtschaft. IW-Trends 2/2016. Köln. Deutsche Hersteller forschungsstark Gegen den Willen des Kunden geht wenig Das „digitale Auto“ 19 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor der Autofahrt sowie von den zum jeweiligen Zeitpunkt gegebenen technischen Möglichkeiten des Fahrzeugs und damit den Freiheitsgraden des Nutzers ab. Insofern lässt sich die Frage, wie attraktiv das „digitale Auto“ für den Nutzer tatsächlich ist, nicht einfach beantworten. Diese erste Einschätzung deckt sich gut mit den sehr unterschiedlichen Ergeb- nissen von Umfragen zum digitalen Auto bzw. zum autonomen Fahren, die in den letzten Monaten und Jahren veröffentlicht wurden bzw. über die berichtet wurde. So kommt eine Umfrage von McKinsey zu dem Ergebnis, dass 81% aller deutschen Autokäufer auf einen autonom fahrenden Pkw umsteigen würden, sofern sie weiterhin die Möglichkeit besäßen, jederzeit selbst die Fahrzeugkont- rolle zu übernehmen. 7 Eine Studie von Deloitte sagt aus, dass sich etwa die Hälfte der Befragten vorstellen kann, autonomes Fahren zu nutzen. Dabei wol- len aber 90% der Befragten jederzeit die Kontrolle über das Fahrzeug über- nehmen können. Nach dieser Umfrage steht die junge Stadtbevölkerung dem Thema „autonomes Fahren“ besonders aufgeschlossen gegenüber; die größte Skepsis herrscht bei der älteren Landbevölkerung. 8 Zurückhaltender sind die Ergebnisse einer Umfrage des ADAC von Ende 2016: Danach kommt für ein Drittel der Befragten (ADAC-Mitglieder) grundsätzlich in Frage, ein autonomes Fahrzeug zu nutzen. Zugleich ist dies für 35% der Umfrageteilnehmer jedoch keine Option. 9 Weitere Umfragen bestätigen dieses gemischte Bild. Unterschiedliche Einschätzungen gibt es auch zur Frage, bis wann sich auto- nome Autos durchsetzen könnten. Eine Forsa-Umfrage im Auftrag der DEKRA vom Herbst 2015 ergab, dass 8% der befragten Personen in Deutschland damit rechnen, dass sich autonome Fahrzeuge innerhalb der nächsten 10 Jahre durchsetzen würden; weitere 26% glaubten, dass dies 10 bis 20 Jahre dauern werde. 32% der Umfrageteilnehmer erwarteten damals sogar, dass mehr als 20 Jahre vergehen würden, während 31% der Meinung waren, dass sich vollstän- dig autonom fahrende Autos niemals durchsetzen würden. Die gleiche Umfrage wurde auch in anderen Ländern durchgeführt. Am zuversichtlichsten zeigten sich dabei die US-Amerikaner: Hier glaubten 33% der Befragten an einen Durchbruch der Technologie innerhalb der nächsten 10 Jahre, und 29% waren der Meinung, dass dies noch 10 bis 20 Jahre dauern würde. 10 In aktuellen Umfragen wird zudem unterschiedlich eingeschätzt, in welchen Fahrsituationen autonome Fahrtechnologien wohl am ehesten oder am schnellsten zum Einsatz kommen werden. Beispielhaft sei eine auf dem Online- Portal Statista veröffentlichte Umfrage vom Sommer 2015 genannt. Auf die Fra- ge, in welchen Situationen die Umfrageteilnehmer grundsätzlich bereit wären, die Kontrolle über ihr Fahrzeug abzugeben, antworteten 63% „beim Parken“ und 45% der Befragten „im Stau auf der Autobahn“ (Mehrfachantworten waren mög- lich). Nur 7% konnten sich vorstellen, die Kontrolle während der ganzen Fahrt abzugeben, und für 27% kam es überhaupt nicht in Frage, die Kontrolle auf das Auto zu übertragen. Laut der oben erwähnten Umfrage von Deloitte sind Staus sowie Stop-and-go-Verkehre jene Fahrsituationen, in denen die Umfrageeil- nehmer am ehesten bereit wären, für autonome Fahrtechnologien zu zahlen. 7 Vgl. McKinsey (2016). Fahrdaten werden zum Milliardengeschäft. Pressemitteilung. Düsseldorf. 8 Deloitte (2016). Autonomes Fahren in Deutschland – wie Kunden überzeugt werden. 9 Vgl. ADAC (2016). Mitglieder rechnen mit autonomen Autos. 10 Dekra Automobil GmbH (2016). Leben retten durch technische Sicherheit. In: Verkehrssicher- heitsreport 2016 – Personenverkehr. Stuttgart. Umfragen kommen zu sehr unter- schiedlichen Ergebnissen Wann etabliert sich autonomes Fahren? Meinungen gehen weit auseinander Autofahrer würde Kontrolle im "Stop-and-go-Verkehr" und im Stau gerne abgeben Das „digitale Auto“ 20 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor Erfahrungswerte für digitale Autos fehlen Wie lassen sich die großen Unterscheide in den zitierten und anderen Umfragen erklären? Zunächst sind Umfrageergebnisse stets mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. Nicht selten weichen Aussagen in Umfragen zum geplanten vom tatsächlichen Handeln ab. Im konkreten Fall kommt als Erklärung für die unter- schiedlichen Einschätzungen hinzu, dass Erfahrungswerte (weitgehend) fehlen, welche Möglichkeiten das „digitale Auto“ den Insassen bieten wird. Da die Um- frageteilnehmer z.B. autonomes Fahren noch nicht selbst erlebt haben, ist eine skeptische Haltung nachvollziehbar. So ist zu erklären, dass die Bereitschaft der Befragten heute gering ist, die Kontrolle über das Auto gänzlich abzugeben. Dies ist u.a. ein Zeichen für fehlendes Vertrauen in die noch junge Technologie. Berichte über Unfälle mit autonom fahrenden Testwagen beeinflussen kurzfristig entsprechende Umfragen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass der Mehrwert der digitalen Technologien (des autonomen Fahrens) für den Autofah- rer eigentlich noch sehr eingeschränkt ist, solange er jederzeit die Kontrolle über das Fahrzeug übernehmen muss und/oder im Falle eines Unfalls eventuell haften muss. Jedenfalls kommen die potenziellen Vorteile des autonomen Fah- rens – mehr Zeit für andere Dinge als das Steuern des Fahrzeugs, Bequemlich- keit, im Idealfall mehr Sicherheit – dann nur begrenzt zur Geltung. Eigentlich müsste die Bereitschaft, die Kontrolle komplett abzugeben, also viel größer sein, weil nur dann die frei gewordene Zeit auch genutzt werden kann. Dies ist wohl eine Frage des im Zeitablauf steigenden Vertrauens. Die Umfrageergebnisse zeigen auch, dass die Gruppe der Autofahrer alles an- dere als homogen ist. Für einen Teil der Autofahrer ist das Autofahren selbst mit Emotionen und Freude verbunden – zumindest zeitweise. Diese Autofahrer haben also (heute noch) überhaupt kein ausgeprägtes Interesse, sich chauffie- ren zu lassen, sondern wollen ihren Wagen selbst steuern. In der Autowerbung steht nicht zuletzt deshalb häufig die Botschaft im Mittelpunkt, dass Autofahren Spaß macht. Andere Autofahrer würden dagegen lieber heute als morgen auf Autopilot umsteigen, um die im Auto verbrachte Zeit anders zu nutzen. Im Laufe der nächsten Jahre werden die Autofahrer immer mehr positive Erfah- rungen mit den Möglichkeiten des teilautonomen Fahrens machen. Jede Mo- dellgeneration wird hier Verbesserungen bringen. Dies erhöht schrittweise das Vertrauen der Nutzer – allerdings nur, wenn die Technologien reibungslos funk- tionieren und der Anschaffungspreis für die Autokunden nicht dramatisch steigt. Wenn parallel zum technischen Fortschritt auch regulatorische Fragen (z.B. Versicherungsaspekte und Haftungsfragen, Datensicherheit) geklärt werden, dürfte sich die Einstellung zum autonomen Fahren verbessern. Nicht zuletzt wegen der Langlebigkeit der Fahrzeuge wird dieser Prozess allerdings viele Jahre dauern. Die meisten Autos, die heute gebaut und entwickelt werden, ver- fügen in puncto „automatisiertes Fahren“ nur über eingeschränkte Möglichkei- ten. Allerdings werden viele dieser Fahrzeuge auch in den 2030er Jahren noch auf den Straßen unterwegs sein, falls dies nicht vom Gesetzgeber unterbunden wird (was aus heutiger Sicht sehr unwahrscheinlich ist). Beispielsweise waren Anfang 2017 mehr als ein Drittel des Pkw-Bestands in Deutschland (knapp 16 Mio. Autos) bereits im Jahr 2005 oder früher erstmals zugelassen worden. Letzt- lich zeigt sich hier abermals, dass das „digitale Auto“ in seiner Idealform den tatsächlich genutzten Fahrzeugbestand erst am Ende einer evolutionären Ent- wicklung dominieren wird. Wir sprechen hier von mehreren Jahrzehnten. Berichte über Unfälle mit autonom fahrenden Autos beeinflussen Meinungsbild Gruppe der Autofahrer ist alles andere als homogen Nutzer werden mehr und mehr positi- ve Erfahrungen mit Technologie ma- chen 0 2 4 6 8 2000 u. älter 02 04 06 08 10 12 14 16 Viele alte Autos unterwegs 7 Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt Verteilung des Pkw - Bestands in DE Anfang 2017 nach Jahr der Erstzulassung, Mio. Pkw Das „digitale Auto“ 21 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor Zahlungsbereitschaft ist grundsätzlich vorhanden Über Erfolg oder Misserfolg des „digitalen Autos“ und seine Akzeptanz beim Nutzer entscheiden nicht zuletzt die Kosten, die mit den zusätzlichen Technolo- gien verbunden sind. Grundsätzlich muss hier zwischen einmaligen Kosten, die auf den Anschaffungspreis aufgeschlagen werden, und laufenden Kosten, etwa für das Nutzen digitaler Assistenzsysteme, unterschieden werden. Bezüglich der einmaligen Kosten zeigt das Beispiel der Elektromobilität, dass ein (zu) hoher Kaufpreis für Elektroautos vom durchschnittlichen Autokäufer nicht akzeptiert wird. Es ist zu erwarten, dass viele Technologien, die das „digitale Auto“ ermög- lichen, zunächst in der automobilen Oberklasse eingesetzt werden, wo die rela- tiven Preisaufschläge auf den Listenpreis recht gering sind und auf eine höhere Zahlungsbereitschaft treffen. Durch Größenvorteile und Produktivitätsfortschritte in der Produktion sinken dann im Laufe der Zeit die Kosten, sodass nach und nach ein Einsatz im Volumensegment möglich wird. Ein solches Muster, also eine Diffusion neuer Technologien „von oben nach unten“, konnte in den letzten Jahrzehnten sehr häufig in der Automobilindustrie beobachtet werden (z.B. bei Sicherheitstechnologien). Die Kosten für Technologien, die vor allem auf Soft- ware basieren, dürften besonders schnell sinken und dadurch für den Massen- markt einsatzfähig werden. Bei elektrischen Ausrüstungen dürften die Produkti- onskosten ebenfalls rasch zurückgehen; der stetige Preisverfall bei Konsum- elektronik ist hierfür ein Indiz. Die jeweiligen Preisaufschläge bleiben nach unse- rer Einschätzung für den durchschnittlichen Endkunden auch deshalb verkraft- bar, weil die Ausrüstung der Fahrzeuge mit „digitalen Technologien“ (Hardware und Software) schrittweise mit jeder Modellgeneration und nicht schlagartig umfangreicher wird. Die zusätzlichen Kosten dürften, in Abhängigkeit von der Fahrzeugklasse und der technologischen Ausstattung, im drei- bis vierstelligen Euro-Bereich liegen. Dies wären gerade im Volumensegment deutlich geringere Preisaufschläge, als sie derzeit noch für Autos mit alternativen Antrieben (Elekt- roautos oder Plug-in-Hybride) erhoben werden. Umfragen zeigen, dass grundsätzlich eine Zahlungsbereitschaft für digitale Assistenzdienste vorhanden ist. Laut einer Umfrage von Berylls Strategy Advisors und mm customer strategy unter deutschen und chinesischen poten- ziellen Neuwagenkäufern aus dem Jahr 2016 wäre eine überwiegende Mehrheit (80% der Befragten in Deutschland und 97% in China) prinzipiell bereit, für digi- tale Assistenzsysteme zu zahlen. Dies gilt jedoch vor allem für Dienste, die sich direkt auf das Fahrzeug beziehen (Sicherheit, Navigation, Reparatur und War- tung). Deutlich geringer ist die Zahlungsbereitschaft für Dienste, die sich nicht auf das Fahrzeug beziehen und z.B. auch mit dem eigenen Smartphone genutzt werden können. Die Befragten in Deutschland beziffern ihre Zahlungsbereit- schaft für digitale Assistenzdienste auf immerhin EUR 400 (einmalige Zahlung) für die ersten drei Jahre. 11 Die erwähnte Umfrage von Deloitte signalisiert eine deutliche Präferenz der Umfrageteilnehmer für Einmalzahlungen beim Kauf des Autos. Fortlaufende nutzungsabhängige Zahlungen oder zeitliche Abonnements werden dagegen eher abgelehnt. Eine Umfrage des Deutschen Verkehrssicherheitsrates von 2016 verdeutlicht, dass die Gründe, warum Autokäufer auf neue Assistenzsysteme verzichten, weniger in den Kosten als vielmehr in einem (noch) geringen Bekanntheitsgrad oder einer fehlenden Verfügbarkeit der Technologien im bevorzugten Automo- dell zu finden sind. 12 Bei beiden Aspekten sind in den kommenden Jahren Ver- besserungen sehr wahrscheinlich. 11 Vgl. Berylls Strategy Advisors (2016). Endkunden-Studie zum vernetzten Fahrzeug. Presseinfor- mation. München. 12 Vgl. Deutscher Verkehrssicherheitsrat (2016). Fahrerassistenzsysteme: geringe Verbreitung trotz hoher Akzeptanz. Pressemitteilung. Bonn. Kosten der neuen Technologien dürften durch Größenvorteile im Zeitablauf deutlich sinken Preisaufschläge dürften für die meisten Endkunden verkraftbar sein Zahlungsbereitschaft vor allem für Dienste, die sich unmittelbar auf das Fahrzeug beziehen Das „digitale Auto“ 22 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor Autonomes Fahren der Zukunft: staatlicher Zwang oder Freiwilligkeit Eine höhere Sicherheit im Straßenverkehr wird häufig als ein positives Argu- ment genannt, wenn es um das „digitale Auto“ bzw. das autonome Fahren geht. In diesem Zusammenhang sind Fragen interessant, die bislang recht wenig diskutiert werden: Wird der Gesetzgeber langfristig – sobald die technologi- schen Möglichkeiten dafür gegeben sind – den Autonutzer zum autonomen Fahren verpflichten, um die „Fehlerquelle“ Mensch im Straßenverkehr aus- zuschalten? Wird die individuelle Komponente der privaten Autonutzung elimi- niert, z.B. bezüglich der gewünschten Geschwindigkeit oder des allgemeinen Fahrverhaltens? Geht autonomes Fahren Hand in Hand mit einem allgemeinen Tempolimit? Würden die Autonutzer angesichts des heute noch vorhandenen Wunsches, jederzeit selbst ins Fahrgeschehen eingreifen zu können, eine sol- che Pflicht akzeptieren? Diese Fragen zu beantworten, wäre spekulativ. Klar ist jedoch, dass eine solche allgemeine Pflicht, aber wohl schon eine „Entmündi- gung“ des Autofahrers nur auf ausgewählten Strecken oder in bestimmten Fahrsituationen auf erhebliche Widerstände eines Teils der Autofahrer stoßen würde. Zudem hätte dies einen erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidun- gen der Autonutzer und damit letztlich auch die Ausstattung der Fahrzeuge, denn der „Spaßfaktor“ beim eigentlichen Autofahren würde eliminiert. Wir kom- men hierauf im Kapitel 4.3 zurück. 4.2 Gewinnt das „geteilte Auto“ an Bedeutung? Oder: Was der Nutzer am eigenen Auto schätzt, und was es ihn kostet Im vorherigen Kapitel haben wir uns damit befasst, welchen zusätzlichen Nut- zen der technologische Fortschritt in Richtung „digitales Autos“ den Autofahrern stiften kann. Im Folgenden beschäftigen wir uns mit der Frage, ob der Besitz eines eigenen Autos zugunsten z.B. von Carsharing oder alternativen Mobili- tätsdienstleistungen aktuell oder in Zukunft an Bedeutung verliert. Dass diese Frage nicht einfach zu beantworten ist, zeigen folgende Daten: — Der so genannte Motorisierte Individualverkehr (MIV) ist seit Jahren mit einem recht konstanten Anteil von rd. 80% an der gesamten Verkehrslei- stung der mit Abstand wichtigste Verkehrsträger im Personenverkehr in Deutschland. In der EU insgesamt sowie in den USA kommt der MIV auf ähnlich hohe und ebenfalls recht konstante Anteile. Zu berücksichtigen ist hier zwar, dass der MIV auch den Taxi- und Mietwagenverkehr umfasst. De- ren Anteil am gesamten MIV dürfte jedoch klein sein. — Die hohe Bedeutung des Autos als „alltägliches“ Gebrauchsgut zeigt auch folgende Zahl: In Deutschland verfügen laut Statistischem Bundesamt etwa 77% aller privaten Haushalte über einen Pkw. Auch dieser Wert ist seit vie- len Jahren weitgehend konstant. — Der Anteil der erwachsenen Personen mit Führerschein lag 2014 in Deutschland bei 87%. 2005 waren es 84%. Der Zuwachs ist vor allem auf einen höheren Anteil von weiblichen Führerscheinbesitzern zurückzuführen. Nach dieser Statistik ist von „Automüdigkeit“ also nichts zu spüren. Gleich- zeitig nimmt jedoch laut vielen Medienberichten der Anteil junger Menschen in Deutschland (und in anderen Industrieländern) zu, die keine Führer- scheinprüfung ablegen, wenn sie das dafür notwendige Alter erreicht haben. Laut Kraftfahrt-Bundesamt wurden 2013 in Deutschland (über alle Alters- klassen hinweg) gut 12% weniger allgemeine Fahrerlaubnisse für Pkw er- teilt als 2004 (seit 2013 werden keine Daten mehr erhoben). Im gleichen Zeitraum sank die Zahl der Personen im Alter von unter 20 Jahren aber ebenfalls um rd. 12%; insofern ist die demografische Entwicklung eine wich- tige erklärende Variable. Fraglich ist zudem, ob die betreffenden jungen Sind die Autofahrer der Zukunft be- reit, Freiheiten im Straßenverkehr aufzugeben? Hoher Anteil der Bevölkerung verfügt über Führerschein 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 98 00 02 04 06 08 10 12 14 Eisenbahnen Öffentl. Straßenpersonenverkehr Motorisierter Individualverkehr Quelle: DIWVerkehr in Zahlen Auto wichtigstes Verkehrsmittel 8 Verkehrsleistung einzelner Verkehrsträger in Deutschland, Bill. Personenkilometer Das „digitale Auto“ 23 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor Menschen „für immer“ auf einen Führerschein verzichten oder diesen ledig- lich später erwerben. Dies kann noch nicht abschließend beurteilt werden. — Allerdings haben junge Menschen in Deutschland im langfristigen Vergleich als Autokäufer an Bedeutung verloren. 13 Entfielen auf die unter 30-Jährigen 1999 noch 9,6% aller Pkw-Neuzulassungen der privaten Halter, waren es 2016 nur noch 6,9%. Für diese Entwicklung sind mehrere Gründe maß- geblich: Ganz banal liegt dies an den erwähnten kleineren Jahrgängen. Zudem treffen tendenziell steigende Kosten der Fahrzeughaltung auf einen höheren Anteil an Studierenden (mit geringeren finanziellen Möglichkeiten). Zu nennen ist ferner, dass Familien immer später gegründet werden, was den Verzicht auf ein Auto erleichtert. Darüber hinaus ist der zunehmende Anteil der städtischen Bevölkerung ein Faktor, denn das ÖPNV-Angebot ist in Städten umfangreicher als auf dem Land. Bemerkenswert ist jedoch, dass der Bedeutungsverlust junger Menschen als Neuwagenkäufer in Deutschland seit einigen Jahren nicht weiter voranschreitet, sondern auf dem genannten niedrigen Niveau verharrt. — Einige der zuvor genannten Trends sind dafür maßgeblich, dass in Deutsch- land und anderen Ländern das steigende Carsharing-Angebot auf größere Beliebtheit stößt. Laut Bundesverband CarSharing e.V. waren Anfang 2017 mehr als 1,7 Mio. Fahrberechtige für Carsharing-Angebote gemeldet. Dies entspricht einem Zuwachs von 36% gegenüber 2016. Insgesamt waren zu- letzt etwa 150 Anbieter im Markt aktiv. Die Zahl der Fahrzeuge belief sich Anfang 2017 auf gut 17.000. Die stationsunabhängigen Carsharing- Angebote erfreuten sich in den letzten Jahren eines besonders starken Zu- laufs. Während es zu Beginn der laufenden Dekade in Deutschland noch keine stationsunabhängigen Angebote gab, waren zuletzt rd. 73% aller Fahrberechtigten bei solchen Anbietern registriert. Trotz des starken Wachstums im deutschen Carsharing-Markt verdeutlicht u.a. die niedrige Zahl der eingesetzten Fahrzeuge, dass Carsharing gemessen am gesamten MIV nur ein Nischenmarkt ist; in Deutschland befanden sich Anfang 2017 etwa 45,8 Mio. Pkw im Bestand. Nach Schätzungen von Berylls deckt Carsharing lediglich 0,05% des Mobilitätsbedarfs in Deutschland. 14 Die genannten Zahlen unterstreichen die hohe Bedeutung des Autos für die alltägliche Mobilität. Was macht das Auto in den Augen der Nutzer so wertvoll? Eine Umfrage unter Pkw-Haltern, über die im DAT-Report 2016 berichtet wird, gibt hierüber Aufschluss: 80% der Befragten (maximal drei Nennungen waren möglich) schätzen vor allem die individuelle Mobilität und Freiheit, die ein eige- nes Auto ermöglicht. Als zweiwichtigsten Grund geben 64% der Befragten an, auf das eigene Auto angewiesen zu sein. Auf den Plätzen 3 und 4 folgen der Faktor Zeitersparnis (48%) sowie der höhere Komfort gegenüber öffentlichen Verkehrsmitteln (41%). Der Kostenfaktor spielt dagegen eine untergeordnete Rolle: Lediglich 20% der Befragten nannten als Grund für den eigenen Autobe- sitz, dass das Verhältnis von Kosten zu Nutzen besser sei als bei öffentlichen Verkehrsmitteln. 15 Hohe Zahlungsbereitschaft für mobile Freiheit, Flexibilität und Bequemlichkeit Tatsächlich ist das Auto jedoch ein wichtiger Kostenfaktor für private Haushalte. So beziffert der ADAC die gesamten Kosten für einen VW Golf je nach Ausstat- tung und Motorisierung auf etwa EUR 600 pro Monat. Dabei werden sämtliche Kosten der Autonutzung berücksichtigt (Wertverlust, Fix- und Betriebskosten, 13 Vgl. Heymann, Eric (2013). Junge kaufen weniger Autos. Deutsche Bank Research. Aktueller Kommentar. Frankfurt am Main. 14 Vgl. Berylls Strategy Advisors (2015). Carsharing – der große Durchbruch steht noch bevor. Presseninformation. München. 15 Vgl. Deutsche Automobil Treuhand GmbH (2016). DAT-Report 2016. Ostfildern. 0 2 4 6 8 10 99 01 03 05 07 09 11 13 15 Anteil an Neuzulassungen privater Halter* Anteil an allen Neuzulassungen Junge Autokäufer verlieren zuletzt nicht mehr an Bedeutung 9 Anteil der unter 30-Jährigen an den Pkw- Neuzulassungen in Deutschland, % * Sämtliche Halter, deren Alter bekannt ist (also ohne Pkw-Zulassungen von juristischen Personen) Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt 0 200 400 600 800 1.000 1.200 1.400 97 99 01 03 05 07 09 11 13 15 17 Fahrberechtigte bei stationsbasierten Angeboten Fahrberechtigte bei stationsungebundenen Angeboten Carsharing: Stationsungebundene Angebote auf dem Vormarsch 10 Fahrberechtigte bei Carsharing-Angeboten in Deutschland, '000 Quelle: Bundesverband CarSharing e.V. 0 2 4 6 8 10 97 99 01 03 05 07 09 11 13 15 17 Fahrzeuge bei stationsbasierten Angeboten Fahrzeuge bei stationsungebundenen Angeboten Fahrzeuge bei Carsharing-Angeboten in Deutschland, '000 Quelle: Bundesverband CarSharing e.V. Zahl der Carsharing - Fahrzeuge steigt stetig 11 Das „digitale Auto“ 24 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor Wartung und Reparatur) sowie eine Fahrleistung von 15.000 Kilometern pro Jahr unterstellt. Aus rein wirtschaftlicher Sicht dürfte sich ein eigenes Auto für viele Autobesitzer nicht lohnen, was vor allem auf den hohen Wertverlust bei zugleich niedriger „Kapazitätsauslastung“ (also langen Standzeiten) zurückzu- führen ist. Offensichtlich sind die Autofahrer jedoch bereit, für individuelle mobile Freiheit, Flexibilität und Bequemlichkeit diese Kosten in Kauf zu nehmen, wie auch die zuvor erwähnte Umfrage bestätigt. Um den durchschnittlichen Autofahrer von heute dazu zu bewegen, auf sein Auto zu verzichten und stattdessen auf alternative (digitale) Mobilitätsdienst- leistungen und/oder Carsharing-Angebote umzusteigen, müssen letztere ihre potenziellen Nutzer offenbar also vor allem in Sachen Flexibilität und Bequem- lichkeit überzeugen. Dies wird kein leichtes Unterfangen, wie eine weitere Um- frage im bereits erwähnten DAT-Report von 2016 signalisiert. Danach ist Carsharing für 88% der Pkw-Halter keine Alternative zum eigenen Auto. Als wichtigster Ablehnungsgrund wird der hohe Aufwand genannt, der (tatsächlich oder vermutet) damit verbunden ist, einen Pkw zur gewünschten Zeit zu finden. Es folgt die Begründung, dass Carsharing in der Nähe der Befragten nicht an- geboten wird. Ferner gaben die Umfrageteilnehmer an, dass sie ein Auto nicht mit anderen teilen wollten und dass Carsharing nicht flexibel genug sei. Interes- santerweise meint nur ein kleiner Teil der Befragten (12%), dass das Verhältnis von Kosten zu Nutzen bei Carsharing-Angeboten zu schlecht sei. Langjährige Mobilitätsgewohnheiten hohe Hürde für Carsharing & Co. Es nicht gänzlich überraschend, dass Pkw-Halter eine hohe Affinität zu einem eigenen Auto haben. Dies muss bei der Interpretation der Umfrageergebnisse aus dem DAT-Report berücksichtigt werden, denn hier wurden ausschließlich Pkw-Halter befragt. Die Skepsis gegenüber Carsharing fiele wohl weniger groß aus, wenn in den erwähnten Umfragen auch Personen befragt worden wären, die nicht über einen eigenen Pkw verfügen. 16 Grundsätzlich sprechen die Um- fragen jedoch dafür, dass Menschen, die es seit Jahren oder Jahrzehnten ge- wohnt sind, jederzeit auf ein eigenes Auto zugreifen zu können, schwerer von alternativen Mobilitätskonzepten zu überzeugen sind, als Personen, die noch nie ein Auto besessen haben (Status-quo-Bias). Insofern stellen langjährig ge- wachsene Mobilitätsgewohnheiten gepaart mit dem hohen Motorisierungsgrad eine Hürde für Carsharing & Co. dar. Die Umfragen deuten darauf hin, dass diese Gewohnheiten für die Autonutzer relevanter sind als Kostenargumente. Letztlich stellt Carsharing nur eine von vielen Formen geteilter Nutzung eines Autos dar. Die klassischen Formen (z.B. Taxibetrieb, Autovermietung) werden durch neue Angebote ergänzt (Vermittlung von Mitfahrgelegenheiten oder Fahr- diensten). Durch digitale Technologien wird es für Kunden leichter möglich, die- se Dienste zu nutzen und sie mit anderen Verkehrsträgern wie dem ÖPNV zu verknüpfen, der letztlich auch eine Form der geteilten Mobilität ist. Die heute gegenüber dem eigenen Auto noch existierenden Nachteile in puncto Flexibilität und Bequemlichkeit werden somit kleiner. Für wen kommt Carsharing am ehesten in Frage? Studien zum Thema Carsharing 17 sowie die empirischen Daten zeigen, dass Carsharing vor allem für innerstädtische Strecken, für Fahrten, die größeren Einkäufen dienen, Wochenendausflüge oder Kurzurlaube genutzt wird. Die zitierte Studie des Instituts für Mobilitätsforschung weist darauf hin, dass die 16 Dies erklärt sich auch aus dem Besitz-Bias, nachdem Menschen ein Produkt wertvoller einschät- zen, wenn sie es besitzen. 17 Siehe hierzu beispielsweise Institut für Mobilitätsforschung (2016). Carsharing 2025 – Nische oder Mainstream? Dresden, Wien. Die meisten Pkw-Halter sehen im Carsharing keine Alternative zum eigenen Auto Wer ein eigenes Auto hat, ist schwer von Alternativen zu überzeugen Zugang zu digitalen Mobilitätsdienst- leistungen wird künftig einfacher Das „digitale Auto“ 25 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor stationsunabhängigen Angebote überdurchschnittlich oft für (vermutlich häufig spontane) innerstädtische Fahrten genutzt werden, während für Transporte oder Kurzurlaube stärker auf stationsabhängige Angebote zurückgegriffen wird; bei diesen ist die durchschnittlich zurückgelegte Strecke demnach auch länger. Letztlich zielt Carsharing (bislang) vor allem auf jüngere, städtische Bevöl- kerungsschichten ab, die in der Regel nicht über ein eigenes Autos verfügen. Es ist interessant für Menschen, die im Alltag mit dem ÖPNV, per Fahrrad oder zu Fuß mobil sind, aber gelegentlich ein Auto benötigen. Die tatsächlichen Nut- zerprofile sind zwar viel heterogener, aber in den nächsten Jahren dürfte die Nachfrage nach Carsharing-Angeboten weiterhin vor allem in den Städten wachsen. Da die Bevölkerungszahl in urbanen Zentren überall auf der Welt wächst, steigt auch das Marktpotenzial für Carsharing & Co. Durch digitale Technologien dürften eventuell anfallende einmalige Kosten für die Registrie- rung bei einem Carsharing-Anbieter oder jährliche Fixkosten sinken. In der Fol- ge dürfte die Zahl der registrierten Nutzer schneller wachsen als die Zahl der verfügbaren Fahrzeuge; dies war in Deutschland schon in den letzten Jahren der Fall. Laut Berylls wird Carsharing in Deutschland nur von 6% der Registrier- ten intensiv genutzt. Je ländlicher eine Region geprägt ist, desto mehr sind private Haushalte im Alltag auf ein eigenes Auto angewiesen; letztlich besitzen sie gerade deshalb häufig auch ein eigenes Auto. Zusammen mit der geringeren Bevölkerungsdich- te auf dem Land erschwert dies ein wirtschaftlich tragfähiges Geschäftsmodell von Carsharing-Anbietern außerhalb größerer Städte. Dies gilt grundsätzlich auch für das Vermitteln von Fahrdiensten. Es ist zwar denkbar, dass Carsharing in ländlichen Regionen privat organisiert wird (Nachbarn teilen sich ein Auto). Allerdings schätzen wir das Potenzial hierfür klein ein, obwohl solche privaten Carsharing-Modelle für die beteiligten privaten Haushalte wirtschaftlich lukrativ sein dürften. Vor allem der Faktor Bequemlichkeit verhindert wohl eine stärkere Verbreitung. Machen digitale Mobilitätsdienste den Besitz eines Autos überflüssig? Wir erwarten, dass Mobilitätsdienste wie Carsharing in den nächsten Jahren durch digitale Technologien für viele Kunden attraktiver werden. Dies betrifft sowohl den bequemen Zugang zu solchen Diensten als auch deren Nutzung (z.B. Buchungs- und Abrechnungsprozess, das Auffinden von Fahrzeugen oder Parkplätzen, individualisierte Zusatzinformationen). Ferner wird sich das Kos- ten-Nutzen-Verhältnis für die Kunden verbessern. Durch den Zuzug in die Städ- te steigt die Zahl der Personen, die vorübergehend oder gar dauerhaft auf einen eigenen Pkw verzichten wollen und können und im Bedarfsfall Carsharing, Mietwagen oder Fahrdienste nutzen. Dennoch halten wir es für sehr unwahr- scheinlich, dass (digital gestützte) Mobilitätsdienste den privaten Pkw-Besitz schnell und umfassend ersetzen werden. Mehrere Gründe sprechen dagegen: — Kosten: Die Frage, ob ein eigener Pkw oder das Nutzen von alternativen Mobilitätsdiensten günstiger ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Dies hängt von den individuellen Mobilitätsbedürfnissen ab. Carsharing & Co. sind jedenfalls kein Garant für eine stets kostengünstige Mobilität. — Bequemlichkeit: In Sachen Bequemlichkeit ist der jederzeitige Zugriff auf ein eigenes Auto wohl auch künftig nicht zu schlagen. Die gilt auch für Flexibili- tät, Unabhängigkeit usw. Die oben genannten Umfragen haben gezeigt, dass für diese Faktoren eine hohe Zahlungsbereitschaft bei privaten Haus- halten besteht. — Gefestigte Konsummuster und Langlebigkeit der Autos: Der durchschnittli- che Autofahrer ist es seit vielen Jahren oder Jahrzehnten gewohnt, ein Auto selbst zu besitzen. Diese gefestigten Konsummuster dürften nicht leicht Carsharing kommt für junge, urbane Bevölkerung besonders in Frage Carsharing & Co. haben es in ländlichen Gebieten schwer Marktpotenzial für Carsharing steigt, bleibt aber vorerst in der Nische Das „digitale Auto“ 26 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor aufzubrechen sein, zumal der private Neuwagenkäufer in Deutschland im Mittel etwa 53 Jahre alt ist und damit (noch) nicht zu den „Digital Natives“ zählt. Die bereits erwähnte Langlebigkeit eines Automobils verzögert eben- falls den Umstieg vom eigenen Auto auf Mobilitätsdienste. Das Durch- schnittsalter der Pkw-Flotte in Deutschland lag Anfang 2017 bei 9,3 Jahren. Zumindest dürften die meisten privaten Haushalte ihr Fahrzeug nicht „ohne Not“ verkaufen. Hinzu kommt die emotionale Bindung vieler Autofahrer an ihr eigenes Fahrzeug. Traditionelle Konsummuster können übrigens auch erklären, warum alternative Antriebstechnologien wie die Elektromobilität weltweit nur langsam nennenswerte Marktanteile erobern, obwohl in einigen Automärkten Subventionen für Elektroautos gewährt werden. — Problem der Spitzenlast. Auf der Angebotsseite finden sich ebenfalls Grün- de, warum digitale Mobilitätsdienste, Carsharing & Co. den privaten Pkw- Besitz nur eingeschränkt ersetzen können. Dies hängt mit der ungleichmä- ßigen Verteilung der Verkehrsströme im Tages-, Wochen- und Jahresver- lauf zusammen. So sind innerhalb eines Werktages die Morgen- und Abendstunden typischerweise Spitzenlastzeiten, also Zeiten, in denen viele Verkehrsteilnehmer unterwegs sind (v.a. Fahrten zur Arbeit oder zur Bildungsstätte). In dieser Zeit werden entsprechend viele Fahrzeuge gleich- zeitig genutzt, die (heute) für den Rest des Tages, also in den Schwachlast- zeiten, kaum bewegt werden. Spitzen- und Schwachlastzeiten sind für die meisten Verkehrsträger charakteristisch. Trotz zunehmender Flexibilisierung der Arbeitszeiten dürften diese Unterschiede auch langfristig bestehen blei- ben. Auch durch zeitliche Preisdifferenzierung (hohe Preise in der Spitzen- lastzeit, niedrige in der Schwachlast) können die Unterschiede nur bedingt nivelliert werden. Es ist unwahrscheinlich, dass Carsharing-Anbieter ihre Fahrzeugkapazitäten an den Spitzenlastzeiten ausrichten. Die Auslastung der Kapazitäten in der Schwachlast wäre zu niedrig, weshalb ein solches Angebot betriebswirtschaftlich wohl kaum rentabel zu betreiben wäre. Zu- dem könnte bei einer Ausrichtung auf die Spitzenlast die Zahl der Parkplät- ze im öffentlichen Raum knapp werden, weil privat genutzte Fahrzeuge zu- mindest zeitweise auf privaten Grundstücken geparkt werden. Je mehr An- bieter im jeweils relevanten Markt aktiv sind, desto größer würde das Pro- blem nicht ausgelasteter Kapazitäten in der Schwachlast. Langfristig wür- den zudem jene autonom fahrenden Autos das Angebot erhöhen, die sich in Privatbesitz befinden, aber von Dritten für Fahrten gebucht werden kön- nen, wenn der eigentliche Besitzer das Auto nicht benötigt. Dies würde die Kapazitätsauslastung gewerblicher Carsharing-Anbieter zusätzlich unter Druck setzen. Wie wir bereits ausgeführt haben, sind private Pkw-Besitzer (heute) bereit, für die geringe Auslastung des eigenen Autos (also die ho- hen Fixkosten) zu zahlen, obwohl dies betriebswirtschaftlich häufig nicht rentabel ist. Gewerbliche Anbieter von Mobilitätsdiensten müssen dagegen in der Lage sein, Gewinne zu erzielen. Dabei stellt die Kapazitätsauslastung der Fahrzeuge einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar. Alternative Mobilitätsdienstleistungen werden ein Milliardenmarkt Die genannten Gründe zeigen, dass das privat gehaltene bzw. genutzte Auto (inklusive Dienstwagen usw.) auch mittel- bis längerfristig noch kein Auslauf- modell ist. Flexibilität und Bequemlichkeit sind wohl die entscheidenden Vorteile gerade für Menschen, die häufig bzw. regelmäßig ein Auto benötigen. Gleich- wohl gewinnen alternative Mobilitätsdienste wie Carsharing oder Fahrdienst- vermittlungen in den nächsten Jahren in Deutschland und anderswo an Bedeu- tung. Primäre Zielgruppe ist die junge städtische Bevölkerung. Letztlich ent- wickelt sich hier ein Milliarden-Euro-Markt. Dies verdeutlicht eine einfache Überschlagsrechnung: Man nehme an, der Anteil alternativer (autogestützter) Mobilitätsdienstleistungen an der gesamten (heutigen) Fahrleistung der existie- Anbieter von Carsharing dürften ihre Kapazitäten nicht an der Spitzenlast ausrichten 6,5 7 7,5 8 8,5 9 9,5 98 00 02 04 06 08* 10 12 14 16 * Der Rückgang des Jahres 2008 ist auf eine Änderung der statistischen Bemessungsgrundlage zurückzuführen Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt Autos auf Deutschlands Straßen werden immer älter 12 Durchschnittsalter von Pkw im Bestand in Deutschland, Jahre Das „digitale Auto“ 27 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor renden Pkw-Flotte in Deutschland (2015: 635 Mrd. Kilometer) steige in den kommenden 10 bis 15 Jahren auf 5% (dies wäre grob geschätzt ein um den Faktor 100 höherer Marktanteil als heute). Man nehme ferner an, dass die Nut- zer für jeden gefahrenen Kilometer 30 Cent zahlen. In einem solchen (nicht unrealistischen) Szenario würde der Umsatz dieser Mobilitätsdienste allein in Deutschland knapp EUR 10 Mrd. pro Jahr betragen (ohne pauschale Gebühren der Nutzer usw.). Carsharing: ein aussichtsreicher Business-Case für Automobilhersteller? Das große Marktpotenzial von Carsharing & Co. ist ein wesentlicher Grund da- für, dass die Automobilindustrie selbst in diesem Bereich aktiv ist. Während amerikanische Autohersteller bislang vorwiegend auf Beteiligungen an neuen Mobilitätsdienstleistern setzen, ist die Gründung eigener Carsharing-Dienste durchaus ein deutsches Phänomen. Unter dem Strich steigt das Angebot an alternativen Pkw-Nutzungsformen. Neben schon länger existierenden Diensten (z.B. teilAuto (1992), stadtmobil (1999), Cambio (2000), Flinkster (2001)) sind in Deutschland auch Autohersteller mit eigenen Carsharing-Diensten aktiv. Zu nennen sind BMW mit seinem Carsharing-Dienst DriveNow (2011), Daimler mit car2go (2012) oder die PSA-Gruppe mit Free2Move (2017). Zudem sind natio- nal und international Beteiligungen von Autoherstellern an alternativen Mobili- tätsdienstleistern zu beobachten. Der VW-Konzern kooperiert (ähnlich wie Ge- neral Motors und Ford) mit dem israelischen Mobilitätsdienst Gett und setzt mit dem Ende 2016 gestarteten Tochterunternehmen MOIA nach eigenen Angaben auf IT-basierte On-Demand-Angebot (u.a. Fahrtenvermittlung). Zwar werden für viele Carsharing-Dienste, die von Autoherstellern betrieben werden, keine betriebswirtschaftlichen Kennzahlen veröffentlicht. Aber es ist ein offenes Geheimnis, dass dieses Geschäftsfeld für die Hersteller bislang in der Regel noch nicht rentabel ist. Die anfallenden Verluste werden bislang jedoch in Kauf genommen, da viele Hersteller im Markt für Mobilitätsdienstleistungen ei- nen Fuß in der Tür haben und eigene Erfahrungen sammeln wollen, wenn sich die Nutzungsweise ihres Produktes strukturell ändert. Zudem bietet die Carsharing-Flotte einen nicht zu vernachlässigenden Marketing-Effekt. Einer Studie zufolge werden gut ein Viertel der Carsharing-Nutzer zu Neukunden der entsprechenden Marke, während nur knapp ein Zehntel der Carsharing-Nutzer plant, das eigene Auto abzuschaffen. Es bleibt abzuwarten, ob und wie schnell es gelingt, Carsharing-Angebote zu etablieren, die dauerhaft betriebswirtschaft- lich rentabel sind. Dass eine Konsolidierung im Carsharing-Markt mittel- bis langfristig wahrscheinlich ist, hatten wir bereits ausgeführt (Größenvorteile und Netzwerkeffekte). Zwischenfazit: Nutzer zeigt skeptische Aufgeschlossenheit gegenüber „digitalem Auto“ Die Summe aller Autofahrer ist eine heterogene Gruppe. Der durchschnittliche Nutzer steht dem „digitalen Auto“ insofern sowohl neugierig und aufgeschlossen als auch mit einer gehörigen Portion Skepsis gegenüber. Angesichts der weit- gehend fehlenden Erfahrungen mit den neuen Technologien ist eine solche Haltung verständlich. Je weiter der technologische Fortschritt voranschreitet, desto mehr werden Vertrauen und Akzeptanz der Nutzer zunehmen. Dazu müs- sen die Technologien natürlich einen echten Mehrwert bieten und nicht nur „Spielereien“ darstellen. Das Thema Sicherheit genießt höchste Priorität. Der Weg zum vollständig autonom fahrenden Auto im Massenmarkt wird auch auf der Nachfrageseite evolutionär und nicht revolutionär erfolgen. Wir halten es zudem für wahrscheinlich, dass das eigene Auto in den kommen- den Jahren aus den genannten Gründen für den Großteil der Autofahrer der Einige Autohersteller tummeln sich im Carsharing-Markt Carsharing hat für Autohersteller auch einen Marketing-Effekt Neue Technologien müssen echten Mehrwert bieten Carsharing & Co.: Marktanteil von 5% am gesamten MIV in den nächsten 10 bis 15 Jahren möglich Das „digitale Auto“ 28 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor Normalfall bleibt, obwohl Carsharing, Fahrtenvermittlung und andere Mobilitäts- dienste gerade in urbanen Zentren an Bedeutung gewinnen werden. Innerhalb der nächsten 10 bis 15 Jahre könnte der Anteil dieser Angebote am gesamten MIV in Deutschland auf 5% steigen; der Markanteil wird von Land zu Land un- terschiedlich ausfallen und u.a. von der jeweiligen Regulierung abhängen. Recht wenig haben wir das Thema Datenzugriff und Datensicherheit diskutiert. Der „gläserne Autofahrer“ wird durch das digitale Auto technologisch möglich. Bis zu welchem Maße dies vom Autofahrer akzeptiert wird, bleibt abzuwarten. Der durchschnittliche Smartphone- und Internetnutzer geht heute recht sorglos mit seinen Daten um. Wird er dieses Verhalten auch im Autoverkehr beibehal- ten? Die bei einer Autofahrt individuell anfallenden Daten sind für den eigentli- chen Nutzer nur wenig wert. Durch Aggregation der Daten vieler Verkehrsteil- nehmer werden sie aber vor allem für digitale Ökosysteme wertvoll, denn deren Monetarisierungsstrategie basiert auf dem Zugang zu den Daten. Wertvoll sind sie auch für die Autohersteller (Informationen zum Fahrverhalten, Wartung, Ver- kehrsinformationen durch Aggregation der Daten aller Fahrzeuge eines Anbie- ters). Auch Versicherungen haben ein Interesse an den Daten, denn Unfälle können mit digitalen Autos sehr viel leichter rekonstruiert werden (die „Black Box“ im Auto). Nicht zuletzt hat auch der Staat ein Interesse an den anfallenden Daten; dies gilt für die Verkehrslenkung, aber auch für das Verfolgen von Straf- taten. Der Kampf um die Daten dürfte spannend werden. Ob der einzelne Auto- nutzer auf seine Datenhoheit pochen bzw. diese auch tatsächlich durchsetzen kann, ist fraglich. 4.3 Weniger Autos und weniger Premium durch Carsharing und autonomes Fahren? Die Nachfrage nach Autos bzw. autogestützter Mobilität wird sich in den nächs- ten Jahren ändern; zwar evolutionär und regional mit unterschiedlichem Tempo, aber doch dauerhaft. Die Bedeutung von Carsharing, flexiblen Fahrtenvermitt- lungsdiensten (Ridesharing) und anderen Angeboten dieser Art nimmt zu. Dies beeinflusst sowohl die absolute Zahl der abgesetzten Autos als auch die Aus- stattung der Fahrzeuge. — Mehr Menschen werden auf ein eigenes Auto verzichten, wenn sich die Möglichkeiten verbessern, auf alternative (autobasierte) Mobilitätsdienstleis- tungen zurückgreifen zu können. Perspektivisch kann ein autonom fahren- des Auto mehrere konventionelle Fahrzeuge ersetzen. Bei sonst gleichen Bedingungen sinkt also das Absatzpotenzial im betreffenden Automarkt. Die Kollegen von Deutsche Bank Markets Research haben beispielsweise er- rechnet, dass der Kfz-Bestand in den USA um etwa 7% sinken würde, wenn 15% der privaten Haushalte von zwei herkömmlichen auf nur noch ein autonom fahrendes Auto umsteigen würden. Dies sind zunächst schlechte Nachrichten für die Automobilindustrie. Gleichwohl kann der skizzierte Ef- fekt dadurch überkompensiert werden, dass die absolute jährliche Fahrleis- tung pro Fahrzeug stark steigt. Da die Lebensdauer eines Autos ganz ent- scheidend von der Fahrleistung abhängt, dürften jene Autos, deren durch- schnittliche Auslastung und Fahrleistung überdurchschnittlich hoch ausfällt, schneller ersetzt werden. Ein zusätzlicher Impuls könnte daraus resultieren, dass durch autonome Fahrtechnologien auch Menschen in die Lage ver- setzt werden, ein Auto zu nutzen, die z.B. keinen Führerschein haben oder körperlich eingeschränkt sind. In Summe könnten dann sogar mehr Fahr- zeuge verkauft werden. 18 18 Vgl. Deutsche Bank Markets Research (2016). Pricing the Car of Tomorrow – Part II. FITT- Report. London. In diesem Bericht sind weitere akademische Studien aufgeführt, die Aussagen darüber treffen, in welchem Umfang autonome Fahrzeuge zu einem insgesamt geringeren Fahr- Datensicherheit und Datenschutz bleiben kontroverse Themen Durch autonom fahrende Autos kann der Pkw-Bestand sinken, aber Fahr- leistung pro Fahrzeug steigt Funktionalität rückt bei Carsharing in den Vordergrund Das „digitale Auto“ 29 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor — Gerade für deutsche Autohersteller mit ihrem Fokus auf Fahrzeuge der automobilen Oberklasse und ihrem Premium-Anspruch ist von Bedeutung, wie sich die Ansprüche der Kunden an das Auto ändern, wenn sie häufiger Carsharing nutzen oder perspektivisch autonomes Fahren zum Alltag wird. Beim Carsharing steht die Funktionalität in der Regel mehr im Vordergrund als bei einem eigenen Auto, das für viele Kunden ein sehr emotionales Pro- dukt ist. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Ansprüche der Kunden an ein Auto aus einer Carsharing-Flotte in Sachen Ausstattung, Motorisierung usw. geringer sind als bei einem Fahrzeug, dass man selbst konfiguriert und dann für einige Jahre nutzt. Daher dürfte die durchschnittliche Ausstattung eines Carsharing-Autos weniger umfangreich ausfallen als bei einem privat genutzten Fahrzeug. In der Folge würden die Möglichkeiten der Autoherstel- ler sinken, über eine besonders hochwertige Ausstattung oder Motorisie- rung zusätzliche Erträge zu generieren. Bei autonom fahrenden Autos in privatem Besitz werden sich die Kundenpräferenzen ebenfalls verschieben. Wenn man selbst nicht mehr lenkt oder das Gaspedal bedient, verliert die Motorisierung des Autos an Bedeutung zugunsten einer hochwertigen Aus- stattung im Innenraum der Autos. „Freude am Fahren“ bezieht sich dann weniger auf die Motorleistung oder Beschleunigung, sondern auf möglichst viel Komfort. Der Motorenbau, Kernkompetenz und wichtiger Renditebringer der Autohersteller, verlöre damit längerfristig an Bedeutung. Dies gilt noch mehr, wenn elektrische Antriebstechnologien nach und nach den Verbren- nungsmotor verdrängen. Unter dem Strich dürfte bei autonom fahrenden Autos die Zahlungsbereitschaft für die Premium-Ausstattung unter der Mo- torhaube sinken; mit Sicherheit würde dies gelten, wenn autonomes Fahren verpflichtend eingeführt würde. Letztlich dürfte eine solche Entwicklung für die Autohersteller die größere Gefahr darstellen als eventuell sinkende Stückzahlen durch mehr Carsharing & Co. Die genannten Entwicklungen werden sich über viele Jahre hinziehen, weshalb alle beteiligten Unternehmen grundsätzlich die Möglichkeit haben, sich an die sich ändernden Kundenpräferenzen anzupassen (wenngleich es nicht allen gelingen dürfte). Für die eigentlichen Autohersteller ist zudem wichtig, dass der Nachholbedarf in Sachen individuelle Mobilität sowie der Wunsch nach einem eigenen Fahrzeug in vielen Ländern noch stark ausgeprägt sind. Die Nachfrage nach Autos wird in den nächsten Jahren global wachsen. Premium wird dabei auch künftig eine wichtige Rolle spielen. Gerade jene Kundschaft, die sich hochpreisige Autos leisten kann, wird nur bedingt Carsharing nutzen oder ihr Fahrzeug mit anderen teilen wollen. Grundsätzlich dürften sich gesellschaftliche Mobilitätspräferenzen (z.B. die vermeintliche Abkehr vom eigenen Auto) nur sehr langsam ändern; in den Städten schneller als auf dem Land. Den Autoher- stellern könnte es gelingen, im Markt für alternative Mobilitätsdienstleistungen langfristig eine wichtige Rolle zu spielen. 5. Das „digitale Auto“: eine Lösung für hochverdichtete Städte? Eine wesentliche Erwartung an das „digitale Auto“ ist es, den Verkehrsfluss in hochverdichteten urbanen Zentren zu verbessern. Im Folgenden skizzieren wir in vier Szenarien, wie eine auf digitalen Technologien basierende Automobilität das städtische Verkehrsaufkommen sowie den Verkehrsfluss in 15 bis 25 Jah- ren verändern kann. Wir beschreiben die Szenarien daher in etwa aus der Sicht des Jahres 2035. Die in den Szenarien behandelte Fragestellung (Einfluss des digitalen Autos auf städtische Verkehrsentwicklung) basiert aus unserer Sicht auf zwei wesentlichen Einflussfaktoren: Erstens ist dies der Grad des techni- schen Fortschritts beim „digitalen Auto“ selbst. Zweitens ist die Nachfrageseite relevant, also die Mobilitätspräferenzen der Nutzer. Für beide Einflussfaktoren zeugbestand führen können. Nicht eindeutig sind die Aussagen jedoch bezüglich des zeitlichen Rahmens, also bis wann diese Entwicklungen eintreten könnten. Unternehmen können sich anpassen Privat genutzte autonome Autos: Interieur wichtiger als Motorisierung Technischer Fortschritt und Mobili- tätspräferenzen der Autonutzer wichtige Einflussfaktoren Das „digitale Auto“ 30 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor legen wir jeweils zwei Ausprägungen fest: So kann der technische Fortschritt beim „digitalen Auto“ zum einen schnell und umfangreich oder zum anderen langsam und unzureichend voranschreiten (digitale Mobilität versus teilweise digitale Mobilität). Das „digitale Auto“ in seiner Idealform könnte also entweder rasch zur technischen Realität werden. Oder die Entwicklung hin zum „digitalen Auto“ verläuft weniger reibungslos, sodass der Straßenverkehr noch für viele Jahre durch lediglich teilautomatisiertes Fahren dominiert bleibt. Die Mobilitäts- präferenzen der Nutzer könnten sich wiederum entweder mehrheitlich zuguns- ten von alternativen Mobilitätsdienstleistungen auf der Basis von Carsharing und Ridesharing verändern oder stärker bei der bisher dominierenden indivi- duellen Automobilität mit einem hohen Besitzanteil verharren (geteilte versus private Mobilität). Je nach Ausprägung beider Faktoren ergeben sich vier Szenarien (siehe sche- matische Darstellung), wobei sich die einzelnen Ausprägungen nicht einfach quantifizieren lassen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass weitere Rahmenbe- dingungen einen erheblichen Einfluss auf die Verkehrsentwicklung (nicht nur) in Städten sowie auf die Attraktivität einzelner Verkehrsträger haben werden. Dazu zählen z.B. Kraftstoff- bzw. Energiepreise, die staatliche Regulierung des Ver- kehrs z.B. in Form von Beschränkungen oder Begünstigungen einzelner Ver- kehrsmittel, die relativen Kosten alternativer Verkehrsformen oder die Sied- lungsstruktur (weitere Verdichtung in den Innenstädten oder Renaissance und Ausdehnung der „Speckgürtel“). Zu nennen sind ferner sozio-demografische Entwicklungen: Wie entwickelt sich die durchschnittliche Zahl der Personen pro Haushalt? Hält die Zuwanderung an? Wie schnell altert die Gesellschaft? Wann werden Familien gegründet? Relevant sind darüber hinaus Umbrüche in der Arbeitswelt (z.B. Bedeutung von Home Office), Änderungen der Einkaufsmög- lichkeiten (E-Commerce versus stationären Handel), die Leistungsfähigkeit der IT-Infrastruktur (z.B. zur Bewältigung des durch „digitale Autos“ anfallenden Datenvolumens), die Bedeutung von Dienstwagen für die Autonutzer oder Ver- sicherungsfragen. Auf diese Rahmenbedingungen können wir hier nicht im De- tail eingehen. Insofern können die im Folgenden beschriebenen Szenarien eine mögliche Zukunft nur rudimentär beschreiben und sollen vor allem zum Nach- denken anregen. Szenario I: das „digitale Robo-Taxi“ Im Szenario I (digitale geteilte Mobilität) verzichten große Teile der städtischen Bevölkerung (mehr als 60% der privaten Haushalte) im Jahr 2035 auf ein eige- nes Auto. Sie nutzen im Alltag stattdessen digitale Mobilitätsdienstleistungen wie Car- und Ridesharing und natürlich den ÖPNV oder das Fahrrad. Zum Ver- gleich: Heute kommen auf jeden privaten Haushalt in den drei deutschen Stadt- staaten etwa 0,66 Pkw; außerhalb der Stadtstaaten sind es rechnerisch 1,14 Pkw pro Haushalt. Die digitalen Mobilitätsdienste sind 2035 kostengünstig sowie flexibel und bequem zu erreichen. Nach einer Konsolidierungswelle auf der An- bieterseite ist in diesem Sektor deutschlandweit nur noch eine Handvoll Unter- nehmen aktiv. Dies ermöglicht Größenvorteile. Die Kunden können in vielen Städten mit mehr als etwa 100.000 Einwohnern das Angebot der gleichen Unternehmen nutzen; die Zugangsschwellen zu den Mobilitätsdiensten sind gering. Auf dem „platten Land“ bilden solche Angebote jedoch noch immer die Ausnahme. Trotz der hohen absoluten Nutzerzahlen kommt die Spitzenlastpro- blematik nur wenig zur Geltung, weil für städtische und stadtnahe Pendlerver- kehre der ÖPNV das wichtigste Standbein bleibt – auch dank staatlicher Förde- rung. Zudem haben sich die Arbeitszeiten gerade in den Städten weiter flexibili- siert. In diesem Szenario sind absolut gesehen weniger Autos auf den städti- schen Straßen unterwegs; deren durchschnittliche Auslastung ist jedoch deut- lich gestiegen. Der schnelle technische Fortschritt ermöglicht eine effiziente Verkehrsführung und einen relativ reibungslosen Verkehrsfluss. In vielen Groß- Szenario I: deutlich weniger Pkw pro Haushalt in den Städten Geteilte Mobilität Digital Teilweise digital Private Mobilität SZENARIO I - "Digitales - Robo-Taxi" SZENARIO IV - Car- und Ridesharing SZENARIO III - Privater Pkw SZENARIO II- "Digitaler privater Pkw" Schematische Darstellung der vier Szenarien 13 X - Achse: Grad der technologischen Entwicklung Y-Achse: Mobilitätspräferenz des Nutzers Quelle: Deutsche Bank Research Das „digitale Auto“ 31 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor städten zählen komplett autonom fahrende Autos von gewerblichen Anbietern bereits zum täglichen Straßenbild (Robo-Taxis). Auch Privatleute stellen ihre autonom fahrenden Autos Dritten für Fahrdienste zur Verfügung; dies wird durch effiziente Abrechnungssysteme und entsprechende Versicherungspro- dukte ermöglicht. Die autonom fahrenden Autos werden auch von Menschen genutzt, die selbst keinen Führerschein besitzen (inklusive Kinder und Jugendli- che) oder körperlich eingeschränkt sind. Die Fahrzeuge gewerblicher Anbieter sind funktional ausgestattet; die reine Transportfunktion steht im Vordergrund. Bezüglich des Designs haben diese autonom fahrenden Autos wenig mit der heutigen Fahrzeuggeneration gemeinsam. Durch den technischen Fortschritt haben sich die Unfallzahlen in den Städten deutlich reduziert. Zu den Verlierern zählen klassische Taxi-Betriebe, die spürbar weniger von Privatleuten genutzt werden. Für Urlaubsfahrten oder andere nicht alltägliche Zwecke können die „autolosen“ privaten Haushalte von verschiedenen Anbietern Fahrzeuge mieten, die zu ihren jeweiligen Bedürfnissen passen. Dies verursacht zwar recht hohe einmalige Kosten. Für die Nutzer ist es finanziell dennoch lukrativ, weil sie im Rest des Jahres keine Fixkosten für ein eigenes Fahrzeug tragen müssen. Szenario II: der „digitale private Pkw“ Auch im zweiten Szenario (digitale private Mobilität) entwickelte sich der techni- sche Fortschritt bis 2035 so schnell, dass „digitale Autos“ rasch Marktanteile erobern und dank ihrer zahlreichen Funktionen eine fahrerlose, komfortable und sichere Fahrt ermöglichen. Ein im Vergleich zu Szenario I größerer Teil der Kunden möchte jedoch nach wie vor ein eigenes Fahrzeug besitzen; die uner- reichbar hohe Flexibilität ist hierfür der maßgebliche Grund. Diese Zurückhal- tung auf der Nachfrageseite erschwert es gewerblichen Anbietern, finanziell attraktive und zugleich betriebswirtschaftlich dauerhaft tragfähige Carsharing- oder Ridesharing-Angebote zu unterbreiten. In einigen Großstädten mit über 250.000 Einwohnern und somit einem ausreichend hohen Kundenpotenzial gibt es zwar solche Angebote, die auch autonomes Fahren einschließen. In den meisten kleineren Städten konnten sie sich jedoch nicht durchsetzen. Dank des „digitalen Autos“ können 2035 mehr private Haushalte, vor allem Familien, auf einen Zweit- oder Drittwagen verzichten. So können autonome Fahrzeuge zeit- lich versetzt ihre Besitzer zum Arbeitsplatz, die Kinder zur Schule, zum Verein oder zu Freunden bringen oder Einkäufe bei darauf spezialisierten Einzelhänd- lern erledigen. Die autonomen Fahrzeuge werden vor allem innerhalb eines Familienverbundes geteilt, in einigen Fällen aber auch mit Nachbarn oder Freunden; dazu passende Versicherungsangebote machen dies möglich. Die Ausstattung der Fahrzeuge ist grundsätzlich stärker auf Komfort ausgerichtet als im ersten Szenario. Der Premium-Anspruch bleibt aufgrund des Eigentums am Auto bedeutsam. Die absolute Zahl an Autos in den Städten hat sich bis 2035 gegenüber der heutigen Situation verringert, aber noch immer besitzt knapp die Hälfte der privaten Haushalte ein eigenes Auto. Dabei gilt der Grundsatz: Je größer die Stadt, desto geringer die Eigentumsquote. Dank einer relativ gleich- mäßigen Auslastung der Autos verbessert sich auch im zweiten Szenario der Verkehrsfluss in den Städten spürbar. Ohne einen effizienten und kunden- freundlichen ÖPNV wäre dies jedoch nicht möglich. Szenario III: der „private Pkw“ Im Szenario III (teilweise digitale private Mobilität) verlief der technische Fort- schritt bis 2035 deutlich schleppender. Das „digitale Auto“ in seiner Idealform ist zwar auch hier schon seit einigen Jahren am Markt verfügbar. Autonomes Fah- ren ist jedoch ganz überwiegend auf Autobahnen und bestimmte Bundesstra- ßen beschränkt, wo die Verkehrsflüsse leichter digital zu steuern sind. Im Stadt- verkehr spielt das autonome Fahren noch keine große Rolle, sondern ist auf Szenario II: Private Haushalte kön- nen dank autonom fahrender Autos auf Zweit- oder Drittwagen verzichten Szenario III: fehlende Größenvorteile erschweren betriebswirtschaftlich rentablen Betrieb von digitalen Mobilitätsdienstleistungen Das „digitale Auto“ 32 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor wenige Städte und einzelne Strecken begrenzt; dies schränkt die Vorteile für die Nutzer deutlich ein. Die langsame Entwicklung ist auch darauf zurückzuführen, dass der Gesetzgeber aufgrund einiger Unfälle mit autonom fahrenden Autos stets vorsichtig agierte. Zugleich präferiert in diesem Szenario ein Großteil der Nutzer den Besitz eines eigenen Autos. Digitale Mobilitätsdienste stellen (auch aufgrund der nicht ausgereiften Technik) für viele Kunden in Sachen Flexibilität und auch in finanzieller Hinsicht keine attraktive Alternative zum eigenen Auto dar. Aufgrund fehlender Größenvorteile beim Betrieb der Fahrzeugflotten fallen die Gebühren für die Nutzer nämlich recht hoch aus. In den Anfangsjahren wur- den solche Geschäftsmodelle von den Anbietern häufig noch quersubventio- niert. Viele Unternehmen verabschiedeten sich jedoch im Laufe der Jahre von dieser betriebswirtschaftlich nicht tragfähigen Strategie. Ab der Mitte der 2020er Jahre sank auch in diesem Szenario die Zahl der Pkw pro Haushalt in den Städ- ten, jedoch weniger stark als in den beiden ersten Szenarien. Maßgeblich für die geringere Pkw-Dichte waren u.a. höhere Kosten der Fahrzeughaltung, die auch regulatorisch bedingt waren (City-Maut und regionale Fahrverbote in ein- zelnen Städten und für einzelnen Fahrzeugtypen). Die regulatorische Belastung des MIV wurde von Seiten der Politik sowohl ökologisch als auch mit häufig auftretenden Staus in den Innenstädten begründet. Fahrzeuge mit geringen lokalen Schadstoff- & CO 2 -Emissionen (Elektroautos) werden vom Regulierer dagegen deutlich begünstigt. In hoch verdichteten Städten ist das Problem der Ladeinfrastruktur jedoch nicht umfassend gelöst. Der private Pkw-Besitz ist in diesem Szenario stärker als heute ein Zeichen für wohlhabende Haushalte. Die meisten Haushalte, die in diesem Szenario ein Auto trotz der höheren regulato- rischen und fiskalischen Belastungen selbst besitzen, legen besonderen Wert auf die Ausstattung der Fahrzeuge. Innerhalb der Automobilindustrie verloren die Volumenhersteller bis 2035 Marktanteile zugunsten der Unternehmen im Premium-Segment. Außerhalb der Städte ist die private Pkw-Nutzung nach wie vor das Standardmodell. Der Motorisierungsgrad ist hier unverändert hoch. Szenario IV: das klassische Car- und Ridesharing Im Szenario IV (teilweise digitale geteilte Mobilität) hat sich das „digitale Auto“ in seiner Idealform noch nicht im Massenmarkt etabliert. Wie schon in Szenario III findet vollständig autonomes Fahren überwiegend auf Autobahnen und Bundes- traßen statt. Da allerdings die fixen und variablen Kosten der privaten Pkw- Haltung bis 2035 stark gestiegen waren, haben sich mehr private Haushalte gegen einen eigenen Pkw und für alternative Mobilitätsdienste entschieden. Hier gab es auf der Angebotsseite einen massiven Konsolidierungsprozess, sodass nur noch wenige Anbieter auf dem Markt aktiv sind. Besonders erfolg- reich sind solche Angebote in Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern, weil hier leichter Größenvorteile zu erzielen sind, die Auslastung der Fahrzeuge hö- her ist und sich damit die Nutzergebühren für die Kunden in Grenzen halten. Es dominieren stationsunabhängige Dienste, trotz der höheren logischen Heraus- forderungen für die Unternehmen (Parkplatzverfügbarkeit, Betankung bzw. Auf- ladung der Batterie bei Elektroautos, Reinigung, Wartung usw.). Die betreffen- den Autos können leicht per Smartphone geortet, gebucht und nach der Fahrt wieder an einem beliebigen Ort abgestellt werden. Die Nutzer sitzen jedoch ganz überwiegend selbst am Steuer. In kleineren Städten ist das Angebot an Car- und Ridesharing deutlich übersichtlicher. Die betreffenden Unternehmen haben gelernt, unter welchen Voraussetzungen (Einwohnerzahl, Siedlungs- struktur, Bedeutung des ÖPNV, Pendlergewohnheiten usw.) wirtschaftlich trag- fähige Angebote möglich sind. Konsequenterweise haben sie sich aus Märkten zurückgezogen, wo diese Voraussetzungen nicht gegeben sind. Außerhalb der Großstädte haben private Sharing-Modelle (z.B. unter Nachbarn) an Bedeutung gewonnen. Autovermietungen, Autohändler und Autohersteller kooperieren mit neuen Akteuren im Bereich des städtischen Car- und Ridesharing. Sie bieten Szenario IV: klassisches Carsharing vor allem in Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern sehr erfolgreich Das „digitale Auto“ 33 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor zudem flexible Lösungen für jene (städtischen) Haushalte an, die ein Auto für längere Zeit (Urlaubsfahrten) größere Strecke und/oder besondere Anlässe mieten möchten. Die Kunden haben sich daran gewöhnt, dass die variablen Kosten solcher Angebote auf den ersten Blick hoch ausfallen, gemessen am Besitz eines Autos jedoch noch immer wirtschaftlich vertretbar sind. Im skizzier- ten Szenario hat sich der innerstädtische Verkehrsfluss verbessert; weniger Autos sind auf den Straßen unterwegs. Die Funktionalität des Autos hat an Be- deutung gewonnen, während die emotionale Bindung der Nutzer zum Auto ge- sunken ist. Dies spiegelt sich sowohl in der reduzierten Motorisierung als auch im „nüchternen“ Interieur wider. Eine solche Entwicklung stellte die deutschen Autohersteller im Premium-Segment vor Herausforderungen, wenngleich viele kaufkräftige Haushalte mit eigenem Pkw nach wie vor eine komfortable Ausstat- tung ihrer Autos wertschätzen. Das Auto ist nicht die Lösung für innerstädtische Verkehrsprobleme Die vier Szenarien sollen und können eine mögliche Zukunft nur in Grundzügen skizzieren. Einige Muster sind jedoch zu erkennen. Beispielsweise nimmt der individuelle Motorisierungsgrad in den Städten nicht nur, aber auch aufgrund des „digitalen Autos“ in allen Szenarien langfristig ab. Dies gilt natürlich in erster Linie für Städte in Industrieländern, wo die Pkw-Dichte schon heute recht hoch ist. In vielen Entwicklungs- und Schwellenländern dürfte der Nachholbedarf ge- paart mit höheren Einkommen jedoch vorerst für eine steigende individuelle Motorisierung sorgen. Zu erkennen ist auch, dass das Auto weder in seiner „digitalen“ noch in seiner „herkömmlichen“ Form die Verkehrsprobleme in urbanen Zentren löst. Auch ein autonom fahrendes und gut ausgelastetes Auto benötigt pro Passagier verhält- nismäßig viel Platz, der gerade in den hochverdichteten und stark wachsenden Großstädten der Entwicklungs- und Schwellenländern schlicht nicht vorhanden ist. Diese Städte benötigen einen gut funktionierenden ÖPNV, um den Ver- kehrskollaps zu vermeiden. Für einen hohen Anteil des MIV sind sie jedenfalls nicht ausgelegt, wie viele Beispiele aus den großen Ballungsräumen der Erde schon heute zeigen. Letztlich sind massive, kostenintensive Investitionen in die ÖPNV-Infrastruktur und entsprechende Fahrzeuge nötig. Das „digitale Auto“ kann gegenüber einem Business-as-usual-Fall die Verkehrsprobleme lediglich mildern. Durch den gestiegenen Anteil von Elektroautos und schadstoffärmere Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor verringern sich die lokalen Schadstoffemis- sionen. 2035 werden in allen Szenarien noch viele Fahrzeuge auf den Straßen unter- wegs sein, die in technologischer Hinsicht weit vom „digitalen Auto“ in seiner Idealform entfernt sind. Dazu zählen sowohl ältere Fahrzeuge, die z.B. in den frühen 2020er Jahren zugelassen wurden, als auch junge Autos, deren Ausstat- tung aber lediglich teilautomatisiertes Fahren ermöglicht. Die Automärkte wer- den sich also aller Voraussicht nach in etwa 20 Jahren (immer noch) in einer Übergangsphase befinden (was auch für Antriebstechnologien gelten wird). Angesichts der derzeit häufig dominierenden „Schwarz-Weiß-Betrachtung“ zur Zukunft des Automobils ist es sicherlich sinnvoll, sich die vielen möglichen Grautöne vorzustellen, durch die die Branche künftig geprägt sein dürfte. Klar ist auch, dass es große regionale Unterschiede hinsichtlich der Marktdurchdrin- gung „digitaler Autos“ geben wird. Diese Unterschiede dürften sowohl zwischen einzelnen Ländern als auch innerhalb einzelner Länder zu beobachten sein. 6. Fazit und Ausblick Die künftigen Entwicklungen rund um das „digitale Auto“ zu prognostizieren, gleicht angesichts der technologischen, wirtschaftlichen, politischen, gesell- Motorisierungsgrad in den Städten kann durch das „digitale Auto“ sinken Funktionierende ÖPNV wichtig, um Verkehrskollaps zu verhindern Lange Übergangsphase sehr wahrscheinlich Das „digitale Auto“ 34 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor schaftlichen und sonstigen Unsicherheiten einem Blick in die Glaskugel. Er- schwert wird der Ausblick auf die Zukunft auch durch das weitgehende Fehlen einer (quantitativen) Historie zu diesem Thema. Dennoch ist es aus unserer Sicht möglich, einige belastbare Aussagen zum „digitalen Auto“ zu treffen. Wir haben in diesem Bericht an verschiedenen Stellen das Bild aufgegriffen, dass der Weg zum „digitalen Auto“ einer Evolution statt einer Revolution glei- chen wird. Dafür sprechen Faktoren auf der Angebots- und der Nachfrageseite. Wir erinnern an die langen Entwicklungszeiten in der Branche sowie die Lang- lebigkeit des Produkts Auto an sich. Zu nennen sind ferner die seit Jahrzehnten gewachsenen Konsumpräferenzen, die sich wohl nur langsam ändern. Die Summe aller Autofahrer ist sehr heterogen. Grundsätzlich erwarten wir, dass das „digitale Auto“ in seiner Idealform techno- logisch möglich ist und auch in komplexen Verkehrssituationen wie dem Stadt- verkehr zum alltäglichen Straßenbild zählen wird. Autonomes Fahren ist keine Utopie. Es werden jedoch noch mehrere Jahrzehnte vergehen, bis das „digitale Auto“ den Pkw-Bestand weitgehend durchdrungen hat; vor 2040 wird dies wohl nicht der Fall sein. Voraussetzung für einen hohen Anteil autonom fahrender Fahrzeuge ist zudem, dass die Autonutzer bereit sind, Freiheiten im Straßen- verkehr aufzugeben, die für sie heute selbstverständlich zum Autofahren dazu- gehören. Ein Teil der Autonutzer wird freiwillig auf solche Freiheiten verzichten. Einen anderen Teil wird man durch staatliche Regulierung zwingen müssen. Die politischen Diskussionen hierzu dürften kontrovers ausfallen. Das „digitale Auto“ dürfte dazu beitragen, dass die Unfallzahlen im Straßenverkehr langfristig sin- ken; der „Unsicherheitsfaktor“ Mensch verliert an Bedeutung. Zudem wird sich (ceteris paribus) der Verkehrsfluss durch mehr Automation verbessern. Die für das „digitale Auto“ notwendigen Technologien werden das Umsatz- wachstum in der Automobilindustrie begünstigen. Die meisten Technologien (Software und Hardware) müssen zusätzlich in „digitalen Autos“ verbaut wer- den. Sie ersetzen nicht zwangsläufig andere Teile. Dies ist ein erheblicher Un- terschied zu den alternativen Antriebstechnologien in der Automobilindustrie. Beispielsweise werden bei batterieelektrischen Autos viele Teile und Kompo- nenten eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor nicht mehr benötigt. Der Umsatz in der Automobilindustrie wird durch das „digitale Auto“ also stei- gen. Um das höhere Marktvolumen werden Unternehmen kämpfen, die bislang nicht oder nur am Rande in der Automobilindustrie aktiv waren. Die Angebots- struktur wird gegenüber heute deutlich heterogener. Branchenübergreifende Kooperationen sind bereits an der Tagesordnung und werden auch in den kommenden Jahren das Bild der Branche ändern. Durch solche Kooperationen können die Stärken der einzelnen Akteure am besten gebündelt werden. Trotz vermehrter Kooperationen bleibt der Wettbewerb in der „erweiterten“ Automobil- industrie intensiv. Gerade die deutsche Automobilindustrie muss sich in Deutschland recht häufig den Vorwurf anhören, wichtige Entwicklungen auf dem Weg zum „digitalen Au- to“ komplett zu verschlafen oder verschlafen zu haben. Solche Vorwürfe waren und sind auch bei anderen Themen zu vernehmen, etwa bei der Elektromobili- tät. In ihrer Pauschalität sind sie aber schlicht falsch. Sicherlich haben einige Unternehmen etwa aus der IT-Welt in Teilbereichen des „digitalen Autos“ (z.B. dem wachsenden automobilen Datenmarkt) Wissensvorsprünge gegenüber der klassischen (deutschen) Automobilindustrie. Aber es gibt kein Unternehmen, welches hinsichtlich des Gesamtpakets „digitales Auto“ uneinholbar vorne läge. Zudem haben wir in diesem Bericht gezeigt, dass die Beherrschung der gesam- ten automobilen Wertschöpfungskette in einem Massenmarkt eine beachtliche Marktzutrittsbarriere für Newcomer darstellt. Nicht zuletzt aufgrund der evolutio- nären Entwicklung hin zum „digitalen Auto“ haben sämtliche Unternehmen grundsätzlich die Möglichkeit, sich an technologische, gesellschaftliche oder Das „digitale Auto“ 35 | 19. Juni 2017 Deutschland-Monitor regulatorische Trends anzupassen. Natürlich wird dies manchen Unternehmen nicht gelingen, was letztlich jedoch nur einem Ausleseprozess entspricht. Die Diskussionen um das „digitale Auto“, um autonomes Fahren, Carsharing, Fahrdienste und andere digitale Mobilitätsdienstleistungen sowie um neue Kon- kurrenten der Automobilindustrie erinnern ein wenig an die euphorischen Ein- schätzungen zur Elektromobilität vor knapp zehn Jahren. Einige Marktbeobach- ter erwecken nun abermals den Eindruck, als bliebe in der Branche kurzfristig (also in den nächsten fünf Jahren) kein Stein auf dem anderen. Dabei drängt sich der Eindruck auf, dass eine Meinung medial umso mehr Gehör findet, je extremer sie ausfällt. Aus unserer Sicht ist mehr Nüchternheit angezeigt: Natür- lich ist die Digitalisierung des Automobils (neben der Entwicklung alternativer Antriebstechnologien sowie einer verbesserten Energieeffizienz und Klimabilanz der Fahrzeuge) ein wesentlicher Megatrend in der Branche. Sie stellt die Unter- nehmen technologisch und finanziell vor große Herausforderungen, verändert das Produkt Automobil und seine Nutzung dauerhaft und führt zu komplett neu- en Wettbewerbskonstellationen. Unter dem Strich ist der Automarkt jedoch we- niger anfällig für kurzfristige (technologische) Revolutionen als z.B. der Markt für recht kurzlebige elektronische Konsumgüter. Es kann sich natürlich kein Unter- nehmen leisten, die Hände in den Schoß zu legen und abzuwarten. Aber ange- sichts der Innovations- und Anpassungsfähigkeit sowie dank des Beherrschens der gesamten automobilen Wertschöpfungskette, wäre es nicht überraschend, wenn auch in 15 bis 25 Jahren noch viele der heute aktiven Automobilhersteller (nicht nur aus Deutschland) sowie ihre Zulieferer technologische Trends beim „digitalen Auto“ maßgeblich mitbestimmen würden. Eric Heymann (+49 69 910-31730, eric.heymann@db.com) Janina Meister In der Reihe „Deutschland-Monitor” greifen wir politische und strukturelle Themen mit großer Bedeutung für Deutschland auf. Darunter fallen die Kommentierung von Wahlen und politischen Weichenstellungen sowie Technologie- und Branchenthemen, aber auch makroökonomische Themen, die über konjunkturelle Fragstellungen – die im Ausblick Deutschland behandelt werden – hinausgehen. Deutschland-Monitor © Copyright 2017. Deutsche Bank AG, Deutsche Bank Research, 60262 Frankfurt am Main, Deutschland. Alle Rechte vorbehalten. 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Januar 2017 * Deutscher Häuser- und Wohnungsmarkt 2017: Ausblick auf Preise und Mieten der Städte Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München ............ 10. Januar 2017 * Krümel oder Kuchen – wie stark profitiert Frankfurts Immobilienmarkt vom BREXIT? ............ 28. November 2016 * Logistik: Schwaches Umfeld – Trendwende nicht in Sicht .............................................................. 26. Oktober 2016