8. September 2021
Wegen der anhaltenden Knappheit an Halbleitern wird 2021 erneut ein schwaches Jahr für den Automobilstandort Deutschland. Zwar könnte in der aktuellen Konjunktur- und Lieferkrise der Tiefpunkt erreicht sein, eine Rückkehr zu früheren Höchstständen ist jedoch – auch mittelfristig – unwahrscheinlich. Die deutschen Autohersteller dagegen legen positive Ergebnisse vor und gewinnen Anteile in wichtigen Märkten. Die Diskrepanz zwischen Automobilstandort Deutschland und deutscher Automobilindustrie wird offenkundig.
[mehr]Automobilproduktion in Deutschland weiter auf Sparflamme – „Peak-Auto“ liegt hinter uns
Eric Heymann
Wegen der anhaltenden Knappheit an Halbleitern wird 2021 erneut ein schwaches Jahr für den Automobilstandort Deutschland. PROD0000000000519891 1 | 8. September 2021 Aktueller Kommentar 8. September 2021 Automobilproduktion in Deutsch land weiter auf Sparflamme - „Peak-Auto" liegt hinter uns Eric Heymann +49(69)910-31730 eric.heymann@db.com Autor www.dbresearch.de Deutsche Bank Research Management Stefan Schneider Wegen der anhaltenden Knappheit an Halbleitern wird 2021 erneut ein schwaches Jahr für den Automobil-standort Deutschland. Zwar könnte in der aktuellen Konjunktur- und Lieferkrise der Tiefpunkt erreicht sein, eine Rück kehr zu früheren Höchstständen ist jedoch - auch mittelfristig - unwahr scheinlich. Die deutschen Auto-hersteller dagegen legen positive Ergebnisse vor und gewinnen Anteile in wichtigen Märkten. Die Diskrepanz zwischen Au tomobilstandort Deutschland und deutscher Automobilindustrie wird offen kundig. Eigentlich sollte 2021 das Jahr werden, in dem die Automobilindustrie in Deutschland die Produktionseinbußen aus den Vorjahren zumindest zum Teil wieder wettmachen wollte. Doch daraus wird nichts. Auch 2021 wird ein sehr schwaches Jahr für den Automobilstandort Deutschland. Zunächst ein kurzer Blick zurück: Vor allem wegen der rückläufigen globalen Pkw-Nachfrage sank die Produktion der Automobilindustrie in Deutschland (gemessen am Produktionsindex) bereits 2018 um 1,7% und 2019 um weitere 11,3%. Es folgte das Corona-Jahr 2020 mit einem Produktionseinbruch um 23,5%. Zwar erholte sich dabei die Fertigung im Verlauf des 2. Halbjahres 2020. Doch seit Jahresbeginn ist der Wurm drin. Die damaligen Lockdown- Maßnahmen waren natürlich nicht hilfreich für die konjunkturelle Erholung. Der wesentliche Grund für die Produktionsschwäche liegt jedoch in den an haltenden Lieferengpässen bei Halbleitern, die die Automobilindustrie beson ders hart treffen. Im 1. Quartal 2021 sank die Fertigung um 10,4% gg. Q4 2020. Im 2. Quartal folgte ein Minus von 11,3% gg. Vorquartal. Der Juli brachte nur eine leichte Erholung. Und der August wird wohl kaum besser, denn die stückzahlmäßige Pkw-Produktion, die bereits statistisch erfasst wur de, lag in diesem Monat um 32% unter dem niedrigen Niveau des Vorjahres. Angesichts der genannten Lieferengpässe konzentrieren sich die Autoher steller auf die Produktion von margenträchtigen Autos. Darunter leidet das Produktionsvolumen. Hinzu kommt, dass der Anteil an Elektroautos an der gesamten Produktion in Deutschland steigt. Diese benötigen in der Regel je doch mehr Chips als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Ferner mindert die Umrüstung von einzelnen Fabriken auf die Produktion von Elektroautos die verfügbare Kapazität. Darüber hinaus gerät die Produktion von Teilen und Komponenten, die in Diesel-Pkw und Benzinern verbaut werden, wegen der Transformation hin zur E-Mobilität nach und nach unter Druck; der Netto-Ef fekt dieser Transformation für die gesamte automobile Wertschöpfung in Deutschland ist negativ. In der aktuellen Krise könnten sich zudem strukturel le (konzerninterne) Produktionsverschiebungen innerhalb von Europa be schleunigen, die - z.B. aus Kostengründen - zulasten von Deutschland gehen. Automobilproduktion in Deutschland auf Sparflamme Quelle: Statistisches Bundesamt Facebook Twitter Xing LinkedIn Eric Heymann eric.heymann@db.com www.dbresearch.de Automobilproduktion in Deutschland weiter auf Sparflamme - „Peak-Auto" liegt hinter uns 2 | 8. September 2021 Aktueller Kommentar Es ist zumindest auffällig, dass die Knappheit bei Halbleitern in anderen EU- Ländern weniger tiefe Spuren in den Produktionszahlen hinterlässt als in Deutschland. Positiv ist, dass der Tiefpunkt in der aktuellen Konjunktur- und Lieferkrise er reicht sein könnte. Dafür spricht, dass die Produktions- und Exporterwartun gen der Automobilindustrie im August spürbar gestiegen sind. Das ist zwar keine Entwarnung bezüglich der Knappheit bei Vorprodukten. Es dürfte aber immerhin nicht noch schlimmer kommen. Ferner liegen die Auftragseingänge in der Branche - gemessen an den Produktionsdaten - auf einem recht hohen Niveau. Die Nachfrage ist also vorhanden und dürfte produktionswirksam werden, sobald die Lieferketten wieder besser funktionieren. In Summe dürfte die Automobilproduktion in Deutschland im Gesamtjahr 2021 um weniger als 5% wachsen. Dies ist gegenüber dem ohnehin niedrigen Niveau von 2020 enttäuschend. Zwar wird sich das Produktionswachstum in der Branche im nächsten Jahr voraussichtlich beschleunigen; ein statistischer Überhang wird dabei eine Rolle spielen. Weil jedoch die Chip-Knappheit 2022 noch immer einen dämpfenden Effekt haben dürfte, wachsen wohl auch im nächsten Jahr die Bäume nicht in den Himmel. Strukturell halten wir es ohne hin für wenig wahrscheinlich, dass das Vorkrisenniveau bei der Automobilpro duktion in Deutschland noch einmal erreicht werden kann. Dies gilt zumindest für die stückzahlmäßige Pkw-Fertigung. Insofern liegt der Höhepunkt der Au toproduktion am Standort Deutschland bereits hinter uns. Wir haben in unserem Bericht zur Zukunft des Automobilstandorts Deutsch land von Anfang des Jahres geschrieben: „Die deutsche Autoindustrie ist besser für die elektromobile Zukunft und andere strukturelle Herausforderun gen der Branche gerüstet als der Automobilstandort Deutschland." Dies zeigt sich in der aktuellen Krise ganz deutlich: Während die Automobilproduktion in Deutschland weiter auf Sparflamme läuft, haben die deutschen Autohersteller immer mehr Elektroautos im Angebot, gewinnen Marktanteile in wichtigen Automärkten und legen gute finanzielle Ergebnisse vor. Die Diskrepanz zwi schen Automobilstandort Deutschland und deutscher Automobilindustrie wird offenkundig. Automobilproduktion in Deutschland weiter auf Sparflamme - „Peak-Auto" liegt hinter uns 3 | 8. September 2021 Aktueller Kommentar © Copyright 2021. Deutsche Bank AG, Deutsche Bank Research, 60262 Frankfurt am Main, Deutschland. Alle Rechte vorbehalten. Bei Zitaten wird um Quellenangabe „Deutsche Bank Research" gebeten. Die vorstehenden Angaben stellen keine Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung dar. Alle Meinungsaussagen geben die aktuelle Einschätzung des Verfassers wieder, die nicht notwendigerweise der Meinung der Deutsche Bank AG oder ih rer assoziierten Unternehmen entspricht. 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